Martin Trenker

Vor­ge­stell­t: Zi­vil­ver­fah­rens­recht er­for­schen

Martin Trenker ist seit März 2021 neuer Leiter des Instituts für Zivilgerichtliches Verfahren an der Universität Innsbruck. Seine Forschung befasst sich mit der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche und den unterschiedlichen Verfahren, die hierfür zur Verfügung stehen.

Um seinen Forschungsschwerpunkt zu erklären, beginnt Martin Trenker zunächst mit einer kurzen Einführung in sein Fach. „Im Gegensatz zum Strafrecht geht es beim Zivilrecht um Ansprüche zwischen Bürger*innen, die in einer Rechtsbeziehung zueinanderstehen stehen, also zum Beispiel einen Vertrag geschlossen haben“, erzählt er. „Der Staat wird im Zivilrecht also nicht hoheitlich tätig, er ist weder Gegner noch Mitwirkender. In manchen Fällen müssen diese Ansprüche aber mit staatlichem Zwang durchgesetzt werden – in solchen Situationen greift dann das Zivilverfahrensrecht, der Forschungsgegenstand unseres Instituts.“

Von Erkenntnis zur Sanierung

„Die erste Etappe bildet in der Regel das Erkenntnisverfahren“, sagt Trenker. „Es muss darin über den jeweils geltend gemachten Anspruch „erkannt“ werden. Es wird also beispielsweise geklärt, ob A gegen B einen Anspruch auf eine Zahlung von 10 000€ hat.“ Das primär einschlägige Gesetz für das Erkenntnisverfahren ist die österreichische Zivilprozessordnung – die ZPO. Wie viele Fragen und Probleme darin zu regeln sind, zeigt sich schon daran, dass dieses Gesetz über 600 Paragrafen enthält.  Zusätzlich kann mit dem Außerstreitverfahren noch ein zweites Erkenntnisverfahren stattfinden.

„Wurde ein Anspruch festgestellt, stellt sich die Frage der eigentlichen Rechtsdurchsetzung. Salopp gesagt, muss man sich bei Geldansprüchen überlegen, woher das geschuldete Geld kommen soll. Das ist Regelungsgegenstand der Exekutionsordnung“, erklärt Trenker.

Reicht das Vermögen des*der Schuldner*in nicht mehr für die Befriedigung aller Gläubiger*innen, soll es schließlich zu einem Insolvenzverfahren kommen. Dieses Verfahren soll einerseits sicherstellen, dass alle Gläubiger*innen gleichbehandelt werden, andererseits soll es aber auch eine Sanierung oder Entschuldung des*der Schuldner*in erleichtern. Das Insolvenzrecht ist neben der ZPO der Hauptforschungsschwerpunkt von Trenker.

„Das Zivilverfahrensrecht ist innerhalb der Rechtswissenschaften sicher der Bereich, der öffentlich am wenigsten wahrgenommen wird“, sagt Trenker. „Aber Jurist*innen, die praktisch tätig sind, werden allesamt bestätigen, dass dieses Fach eines der wichtigsten in der Praxis ist.“

Eine Karriere an der Universität

Trenker, gebürtiger Tiroler, absolvierte zwei Diplomstudien in Rechtswissenschaften und Wirtschaftsrecht an der Universität Innsbruck. Nach seiner Promotion in Rechtswissenschaften am Institut für Unternehmens- und Steuerrecht wechselte er ans Institut für Zivilgerichtliches Verfahren der Universität Innsbruck. Zudem war er in den folgenden Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Obersten Gerichtshof, als Rechtspraktikant am Handelsgericht Wien und Bezirksgericht Innere Stadt Wien tätig. Wissenschaftlich prägend waren zwei Forschungsaufenthalte in Hamburg und Zürich, zudem lehrte Trenker als Gastprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien und kehrte schließlich wieder nach Innsbruck zurück, wo er sich im November 2019 habilitierte und im März 2021 - mit erst 34 Jahren - die Leitung des Instituts für zivilgerichtliches Verfahren übernahm.

„Ich habe mich an der Universität Innsbruck immer äußerst wohl gefühlt, deswegen war es umso erfreulicher, dass ich hier den größten Teil meiner wissenschaftlichen Karriere absolvieren konnte und mir nach jeder absolvierten ‚Etappe‘ neue Türen geöffnet wurden“, sagt Trenker. „Es ist nunmehr eine besondere Ehre für mich, in meinem Alter bereits Institutsleiter zu sein. Natürlich ist diese Aufgabe durchaus eine Herausforderung, die aber auch sehr viel Spaß macht. Ich leite das Team gerne und es ist sicher auch ein Vorteil, einen stärkeren Bezug zu den jüngeren Mitarbeiter*innen zu haben.“

Unternehmen wieder lebensfähig machen

Zurzeit arbeitet Trenker an einem von der Österreichischen Nationalbank geförderten Projekt, das sich mit der neuen Restrukturierungsordnung, kurz ReO, befasst. Diese geht auf eine europäische Richtlinie zurück, die im Sommer 2021 in Österreich umgesetzt wurde. „Die Idee dahinter ist, dass mit der Sanierung eines Unternehmens nicht bis zum letzten Moment gewartet wird. Stattdessen soll dies bereits in die Wege geleitet werden, bevor ein*e Unternehmer*in offiziell insolvent ist“, erklärt Trenker. „Dazu muss man verstehen, dass es im Insolvenzrecht grundsätzlich nicht nur darum geht, dass alle Gläubiger*innen ihre Quote bekommen, sondern dass man auch versucht, ein insolventes Unternehmen wieder lebensfähig zu machen.“

In einem früheren Stadium ist dies jedoch besser möglich, weshalb das sogenannte Restrukturierungsverfahren noch vor einem etwaigen Insolvenzverfahren greift. Dazu wurde ein komplett neues Gesetz geschaffen. Im Rahmen des Projekts begleitete Trenker unter anderem den Gesetzgebungsprozess. Zusammen mit einem Mitarbeiter verfasste er eine nahezu 100 Seiten lange Stellungnahme zum ersten Ministerialentwurf, deren Anregungen vom Gesetzgeber in zahlreichen Punkten aufgegriffen wurde. „Das ist der übliche Ablauf, wenn ein Gesetz erlassen wird“, erklärt Trenker diesen Vorgang. „Zunächst gibt es einen Ministerialentwurf. Dazu gibt es dann ein Begutachtungsverfahren und diverse Stellungnahmen von verschiedensten Stellen, in denen darauf hingewiesen wird, was an dem Gesetz noch widersprüchlich ist, nicht konsequent, oder was noch nicht ganz funktioniert. Anschließend wird das Gesetz idealerweise noch angepasst oder umgestaltet.“

Im Rahmen des erwähnten Forschungsprojekts arbeitet Trenker auch an einem Gesetzeskommentar, der sich mit jedem einzelnen Paragrafen des neuen Gesetzes befassen wird. „In Gesetzeskommentar wird versucht, möglichst praxisnah zu erläutern, wie die einzelnen Bestimmungen auszulegen sind. In welchem Zusammenhang stehen sie zueinander und zum Rest der Rechtsordnung? Wo gibt es noch ungelöste Probleme und Unklarheiten und welche Lösungsvorschläge sind denkbar und am überzeugendsten? Der Gesetzeskommentar ist das vielleicht wichtigste Publikationsmedium der Jurist*innen und ist insbesondere für Rechtsanwält*innen und Richter*innen ein Nachschlagewerk.“

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Institut für Zivilgerichtliches Verfahren

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