Studierende bei der Forschungsarbeit an der Vjossa
Beim Messen von Temperatur, Leitfähigkeit und Sauerstoffgehalt in der Vjosa. Die Bedingungen im Hauptarm des Flusses wurden erhoben, um dann Änderungen zu erkennen. Geänderte Bedingungen können auf Austritt von Wasser auf der Hyporheischen Zone hindeuten. V.l.: Sandra Djabarov, Elisabeth Weninger, Barbara Jechsmayr, Thea Schwingshackl.

Stu­die­ren­de for­schen mit

Ein Studium an der Uni Innsbruck ist mehr als bloße Theorie. Studierende berichten von ihren Forschungserfahrungen im Studium: von anwendungsorientierten Investment-Modellen über das Verständnis freifließender Gewässernetzwerke und dem Einsatz künstlicher Intelligenz bis hin zur Mehrsprachigkeit als komplexem System.

Innovativste Idee

Andreas Suire, Philipp Haas, David Stelzhammer und Christoph Schenkenfelder.

v.l.: Andreas Suire, Philipp Haas, David Stelzhammer und Christoph Schenkenfelder. 

Die vier Studenten Andreas Suire, Philipp Haas, David Stelzhammer und Christoph Schenkenfelder (im Bild von links nach rechts) aus dem Master in Banking and Finance konnten vergangenes Jahr sehr erfolgreich theoretisches Wissen in die Praxis umsetzen. Sie waren eines der insgesamt 114 international teilnehmenden Teams an der 5. McGill International Portfolio Challenge (MIPC).

Die MIPC ist eine der weltweit größten Buy-Side-Competitions für Studierende aus dem Bereich Finance. In den vergangenen Austragungen wurden Themen wie die Auswirkungen des Klimawandels, soziale Gleichberechtigung, Unterfinanzierung und das niedrige Zinsumfeld als Problem für Pensionsfonds betrachtet. In der diesjährigen Austragung sollten die teilnehmenden Teams ein hybrides Collective-Defined-Contribution-Modell (CDC) für einen fiktiven Pensionfonds aus den Niederlanden entwickeln.

„Es ging darum, eine Möglichkeit zu finden, dem demographischen Wandel entgegenzuwirken und so zukünftig auch in späteren Zeiten die Pensionen holländischer Arbeiter zu sichern. Neben der Entwicklung eines CDC-Modells mussten wir das derzeitige Portfolio des Pensionsfonds unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren wie beispielsweise der derzeit herrschenden niedrigen Zinsen restrukturieren“, erklärt Christoph Schenkenfelder die Ausgangssituation. Ihr Ansatz, einen Kredit beim derzeitigen Zinsumfeld als Grundlage für die intergenerationale Risikoverteilung aufzunehmen, wurde hierbei als besonders kreativ beurteilt und mit dem Preis für die innovativste Lösung ausgezeichnet. „Wir haben vorgeschlagen, mittels eines Kredits einen Risikopuffer aufzubauen und diesen für eine intergenerationale Risikoverteilung zu verwenden. Das heißt, das gesamte Kreditvolumen wurde in das von uns neu strukturierte Portfolio investiert und Gewinne in einem Puffer gespeichert, damit dieser in schlechten Zeiten fehlende Pensionszahlungen aufstocken kann. Der Vorteil hierbei lag in der Tatsache, dass dieser kollektive Puffer fremdfinanziert war und somit den einzahlenden Arbeitern keine Gewinne weggenommen wurden“, beschreibt Andreas Suire. Dieser von der Jury ausgezeichnete Ansatz  entstand allerdings nicht auf Anhieb: „Nachdem sich nach vielen Stunden Arbeit unsere ersten Ideen rechnerisch leider nicht umsetzen ließen, mussten wir noch lange tüfteln, bis wir eine starke und innovative Lösung präsentieren konnten. Dabei wurden wir auch von unserem Lehrveranstaltungsleiter Felix Kunz maßgeblich unterstützt“, betont Philipp Haas.

Die vier Master-Studenten beschreiben die Teilnahme am Wettbewerb als eine einmalige Erfahrung, ihre Lösung vor renommierten Asset-Managern sowie leitenden Persönlichkeiten kanadischer Pensionsfonds sowie von Black Rock, dem größten Vermögensverwalter weltweit, vorstellen zu dürfen. „Auch wenn wir aufgrund der derzeitigen COVID-19-Situation nicht live in Montreal präsentieren durften, so war dies trotzdem ein einmaliges Erlebnis und eine der besten und spannendsten Erfahrungen dieses Studiums und das mit guten Freunden“, so das Fazit von David Stelzhammer.

Begeisterung für Natur wecken

Thea Schwingshackl und Barbara Jechsmayer belegen beide das Masterstudium Ökologie und Biodiversität an der Uni Innsbruck. „Das Ökologiestudium vereint meine Interessensbereiche perfekt –  von Tieren über Pflanzen bis zum Modellieren und molekularen Techniken“, erklärt Thea Schwingshackl. Auch Barbara Jechsmayer hat während ihres Bachelorstudiums Landschaftsplanung an der BOKU Wien gemerkt, wie spannend sie die Hintergründe, Zusammenhänge und Komplexität der Natur findet und sich deshalb für dieses Masterstudium an der Uni Innsbruck entschieden.

Das Verständnis von Zusammenhängen in der Natur war auch Ziel einer Exkursion nach Griechenland und Albanien, die der Innsbrucker Gewässerökologe Gabriel Singer im vergangenen Studienjahr geleitet hat. „Bei dieser Exkursion ging es darum, das freifließende Gewässernetzwerk der Vjosa kennenzulernen und ganzheitlich zu betrachten.  Dazu mussten wir noch Forschungsfragen in kleinen Gruppen bearbeiten. In unserem Fall ging es darum, Konzentrationen von Methan und Kohlenstoffdioxid zu messen, und so auf Prozesse in der hyporheischen Zone – dem Bereich zwischen Grundwasser und Fluss – schließen zu können“, erklärt Thea Schwingshackl.  „Die Vjosa, eine in Europa einzigartige Flusslandschaft, so hautnah erkunden zu können, ist ein unglaubliches Erlebnis. Dabei hat sich mein Interesse an fließendem Wasser bestätigt und verstärkt. Auch der Wissensaustausch, sowohl mit Lehrenden als auch mit Studierenden, fand im Rahmen der Exkursion auf auf einer Ebene statt, die man im normalen Studienalltag nicht erlebt“, zeigt sich Barbara Jechsmayer begeistert. Beide Studentinnen wollen für ihre Masterarbeit an die Vjosa zurückkehren. „Die Exkursion hat für mich bestätigt, dass ich mich in die Richtung Fließgewässerökologie weiter entwickeln möchte und in diesem Themenbereich auch meine Masterarbeit schreiben will. Deshalb bin ich gerade dabei, meine Masterarbeit in der Forschungsgruppe von Gabriel Singer vorzubereiten, für die es wieder an die Vjosa gehen wird“, sagt Barbara Jechsmayr.

Thea Schwingshackl wird im Rahmen ihrer Masterarbeit den Lebensraum und das Vorkommen der in Europa mittlerweile sehr seltenen Eintagsfliegenart Prosopistoma pennigerum untersuchen; dazu wird sie die Vjosa und umliegende Flüsse beproben. „Mein aktuelles Forschungsgebiet fasziniert und begeistert mich so sehr, dass ich auch noch nach dem Studium dabeibleiben will. Daher liegt die Karriere als Wissenschaftlerin sehr nahe“, so Thea Schwingshackl. Angehenden Studierenden rät sie,  alle Möglichkeiten zum Austausch, Exkursionen, Vorträge, kleinere Jobs in Laboren oder bei Beprobungen etc. wahrzunehmen. „Je mehr Erfahrungen man sammelt, desto leichter fällt dann die Entscheidung über den eigenen Weg.“

Technologie begeistert

Ein anderes Forschungsgebiet, allerdings die gleiche Faszination dafür, hat Josef Gugglberger. Der Informatiker hat sich schon immer für Technologie begeistert: „Informatik hat für mich den besonderen Reiz, dass man aus dem Nichts einen Mehrwert schaffen kann, – alles, was man dafür braucht, ist ein PC.“ Im Rahmen seiner Masterarbeit im Fach Informatik hat Josef Gugglberger eine Bilderkennungs-Software mitentwickelt, die auf Künstlicher Intelligenz (KI) beruht. „Das Problem bei Bilderkennungs-KI ist, dass sie sehr ressourcenintensiv sind. Die meisten Modelle laufen auf großen und somit teuren Grafikkarten. Wir konnten ein Modell entwickeln, das etwas schlanker ist, aber trotzdem gleich gut funktioniert“, erklärt Gugglberger.

Konkret hat der 26-Jährige im Rahmen des Projekts mehrere Ideen von anderen Forschern, seinen Betreuern und auch seine eigenen kombiniert und ein neues Modell implementiert. Im Nachgang hat er zahlreiche Experimenten ausgeführt ,um diese Ideen zu validieren.

Josef Gugglberger

Josef Gugglberger hat im Rahmen seiner Masterarbeit eine auf KI basierte Bilderkennungs-Software mitentwickelt.

„Statt an einer ewig langen Masterarbeit zu schreiben, die nie jemand lesen wird, war es mir lieber, meine Arbeitszeit in das Schreiben einer wissenschaftlichen Publikationen zu investieren, von der im besten Fall die ganze Community profitieren kann. Zusätzlich bot sich mir durch diese Arbeit die Möglichkeit, auf einer Konferenz zu sprechen und damit auch Einblicke in die akademische Welt zu erhalten und mich auszutauschen“, so Gugglberger. Auch wenn für den Informatiker nach Abschluss seines Masterstudiums eine weitere wissenschaftliche Laufbahn infrage kam, entschied er sich für die Praxis. „Ich bin nun seit einiger Zeit als Software-Entwickler tätig. Der Einblick in die Forschung hat mir gefallen, meine Zukunft sehe ich darin aber nicht dauerhaft. In der Forschung ist das Ziel meist ein funktionierender Prototyp und eine Publikation dazu. Ich bevorzuge es aber, Software zu schreiben, die schnell und direkt bei den Leuten ankommt.“

Mehrsprachigkeit verstehen

Josephiter Mutagwaba bei der Durchführung ihrer Tests

Josephiter Mutagwaba bei ihrer Studienarbeit an einer tansanischen Schule.

Josephiter Mutagwaba aus Tansania absolviert seit 2017 das PhD-Studium Sprach- und Medienwissenschaft an der Universität Innsbruck. Im Rahmen ihrer PhD-Arbeit untersucht sie das Konzept der Mehrsprachigkeit in der Praxis in tansanischen Schulen. „Wie interagieren Sprachen und wie wirkt sich die Mehrsprachigkeit auf die kognitiven Fähigkeiten aus? Diese Fragen haben meine Neugierde für diesen Forschungsbereich geweckt. Für die Universität Innsbruck habe ich mich aufgrund ihrer internationalen Studierendenvielfalt und der dort vorhandenen Expertise für Mehrsprachigkeitsforschung entschieden. Ich bin dankbar, dass ich von Prof. Ulrike Jessner-Schmid, der Expertin für Mehrsprachigkeit, betreut werde. Außerdem liebe ich Herausforderungen und der Kontakt mit einem anderen Teil der Welt und die Interaktion mit neuen Kulturen und Sprachen hat meine sprachwissenschaftliche Laufbahn wesentlich erweitert“, erklärt Josephiter Mutagwaba.

Sie führt ihre Studie in den Regionen Kagera, Manyara und Tanga in Tansania statt. Tansania ist eine mehrsprachige Sprachgemeinschaft mit über 156 Sprachen, die im Land gesprochen werden. Das Bildungssystem ist zweisprachig und umfasst nur Kisuaheli (Kiswahili) und Englisch als Unterrichtssprachen in der Grundschule bzw. in der weiterführenden Schule. Die meisten tansanischen Schüler*innen sprechen mehr als eine Sprache, bevor sie mit dem Englischunterricht beginnen. An der Studie nehmen Schüler*innen der dritten Klasse der Sekundarstufe im Alter von 15 bis 16 Jahren teil, deren Sprachrepertoire entweder zwei oder drei Sprachen umfasst.

„Auf der Grundlage des dynamischen Modells der Mehrsprachigkeit erforsche ich die Komplexität und Dynamik der Prozesse, die am mehrsprachigen Lernen beteiligt sind, indem ich den Erwerb der Aussprache des Englischen im Kontext der sprachübergreifenden Interaktion und des unterschiedlichen Hintergrunds der Sprachfamilie bei mehrsprachigen Lernenden in Tansania untersuche”, erklärt die PhD-Studentin.  Nach ihrer Promotion möchte Josephiter Mutagwaba (im Bild Links bei  ihrer Studienarbeit an einer tansanischen Schule)  ihr erlangtes Wissen dem Schulsystem in Tansania zukommen lassen. „Ich plane ein Strategiepapier zu erstellen, um das tansanischen Bildungsministerium dabei zu unterstützen, Forschungsarbeit zur Mehrsprachigkeit zu forcieren. Außerdem werde ich das, was ich gelernt habe, mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Fachbereich Linguistik an meiner Universität teilen, damit wir weiter daran arbeiten können, die wissenschaftliche Forschung in diesem Bereich zu verbessern”, so die PhD-Studentin.

Dieser Artikel ist in der aktuellen Ausgabe des Magazins wissenswert erschienen.

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