Drei Personen auf einem Podium, daneben spricht jemand an einem Rednerpult.

Die „Völkerrechtsfreundlichkeit“ von Verfassungen stand im Zentrum einer Tagung in Innsbruck.

Die völ­ker­rechts­freund­li­che Ver­fas­sung

Wissen­schaft­ler*innen aus Öster­reich, Deutsch­land und der Schweiz haben am 20. und 21. Oktober an der Uni­ver­sität Inns­bruck im Rahmen einer von Univ.-Prof. Dr. Andreas Müller und Univ.-Prof. Dr. Werner Schroeder veran­stal­teten Fach­ta­gung dis­ku­tiert, wie „völker­rechts­freund­lich“ ihre natio­nalen Ver­fassun­gen wirklich sind. Die Frage, wie offen sich Staaten für die Rezep­tion des Völkerr­echts zeigen, ist gerade im Angesicht zahl­reicher globaler Krisen beson­ders aktuell.

Die gegenwärtigen globalen Krisen, der Klimawandel, die COVID-19-Pandemie sowie zahlreiche bewaffnete Konflikte in der Welt können von den Staaten nicht im Alleingang, sondern nur gemeinsam gelöst werden. Als eines der wichtigsten Instrumente, das der internationalen Gemeinschaft dabei zur Verfügung steht, erweist sich das Völkerrecht. Dieses gilt zunächst zwischen den Staaten, aber auch im Verhältnis zu internationalen Organisationen und anderen Völkerrechtsubjekten. Es hat zwar globale Wirkung, bedarf jedoch meist einer Implementierung durch die Staaten. Ob und inwieweit das bestehende Völkerrecht effektiv in den Staaten und damit auch in die Gesellschaften hineinwirkt, wird maßgeblich durch die nationalen Verfassungen bestimmt.

Wie offen oder freundlich die Verfassung eines Staates dem Völkerrecht gegenüber tritt, ist daher für die Verwirklichung des Völkerrechts von erheblicher Bedeutung. Die Wirkung kann dabei vielfältig sein, wie Prof. Dr. Anne Peters LL.M., Direktorin des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg, in ihrem Keynote-Vortrag deutlich machte. Das nationale Recht kann dem Völkerrecht zur Geltung verhelfen, sich aber auch gegen dieses sperren. Prof. Peters und zahlreiche führende Wissenschaftler*innen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz waren der Einladung des Instituts für Europarecht und Völkerrecht gefolgt, diesen Forschungsbereich im Rahmen der Konferenz „Die völkerrechtsfreundliche Verfassung – Ein Grundsatz im deutsch-österreichisch-schweizerischen Rechtsvergleich“ (PDF) genauer zu analysieren. In zwei Tagen wurden Fragen rund um die nationalen verfassungsrechtlichen Grundlagen der Völkerrechtsfreundlichkeit und die unmittelbare Anwendung von völkerrechtlichen Verträgen und Völkergewohnheitsrecht innerhalb der Nationalstaaten sowie die Frage der völkerrechtskonformen Interpretation nationalen Rechts erörtert. Eine wichtige Rolle spielte dabei auch die Wirkung der Europäischen Menschenrechtskonvention in den beteiligten Ländern. Die Ergebnisse der Tagung werden in der Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht „ZaöRV“ publiziert und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

(Caroline Böck und Werner Schroeder)

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