Für das gesundheitspolitische Ziel „ambulant vor stationär“ haben sich mehrere Organisationen in Österreich verbunden, um die häusliche Pflege zu stärken. Neben der Universität Innsbruck besteht die Kooperation aus der connexia -Gesellschaft für Gesundheit und Pflege, den Tirol Kliniken, der Diakonie de La Tour, der Fachhochschule Kärnten und Fachhochschule Vorarlberg, der Salzburg Research Forschungsgesellschaft, der Unternehmen ESD, Fawo und Intefox sowie dem Zentrum für MigrantInnen in Tirol. Gemeinsam bilden diese Institutionen für die nächsten vier Jahre den TeleCareHub, eine neue Drehscheibe für Telepflege. Das Kick-Off-Meeting fand in Dornbirn am 30.März 2022 statt.
Was ist Telepflege?
Unter Telepflege versteht man ergänzende Pflege und Betreuung, die für zu Hause lebende Menschen aus der Ferne geleistet wird. Es sind digitale Technologien, die zwischenmenschliche Hilfe unterstützen oder möglich machen. Telepflege richtet sich in erster Linie an ältere Menschen, die so lange wie möglich in ihrem Zuhause unabhängig bleiben wollen. Mit digitalen Gesundheitsanwendungen, wie Apps, können Pflegebedürftige und pflegende Angehörige bei Bedarf zusätzliche gesundheitliche und soziale Betreuung durch professionelles Pflegepersonal in Anspruch nehmen. Auch Freunde, Nachbarn und Bekannte können über Telepflege orts- und zeitunabhängig Hilfe leisten. Telepflege zeigt auch positive Auswirkungen auf den Einsatz von Pflegepersonal: z.B. Fahrtzeiten und Hausbesuche können optimal geplant werden.
„Wie und wo man von wem im Alter gepflegt werden möchte, ist eine sehr individuelle Entscheidung“, sagt Markus Canazei vom Institut für Psychologie, Projektverantwortlicher für die Universität Innsbruck. „Der Ausbau von Telepflege wird zu einer Weiterentwicklung der Versorgungslandschaft in Österreich, mit positiver Auswirkung für alle Betroffenen, beitragen.“
Was macht der TeleCareHub?
TeleCareHub ist eine Anlaufstelle für alle, die sich für Telepflege interessieren, und bietet einen Überblick über entsprechende Personendienstleistungen und technische Lösungen in Österreich. Ältere Menschen erhalten über eine individuelle Beratung eine Erweiterung der Perspektive für ein langes, gesundes und selbständiges Leben zu Hause. Pflegenden Angehörigen und all jenen, die ältere Menschen zu Hause betreuen, werden Möglichkeiten vorgestellt, wie sie bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten entlastet werden.
Weiterhin werden professionellen Leistungserbringer*innen unterstützende Leistungen und technische Lösungen vorgeschlagen. Im österreichischen Gesundheitssystem können Versicherte, anders als in Deutschland, keine digitalen Gesundheitsanwendungen auf Kassenrezept beziehen. „Studien zeigen, dass durch den Einsatz mobiler Technologien eine bessere ambulante Versorgungsstruktur geschaffen wird“, sagt Canazei. „Der TeleCareHub, die neue Drehscheibe für Telepflege, will ein ähnliches Recht für die österreichische Bevölkerung in der Gesundheitspolitik erreichen.“
Aus diesem Grund wird in den nächsten Jahren unter anderem eine umfangreiche Feldstudie durchgeführt, die die Auswirkungen von digitalen Gesundheitsanwendungen auf Pflegende und pflegende Angehörige untersucht. Ergänzt wird das durch einen kontinuierlichen Austausch mit Interessensgruppen des Gesundheitswesens. Mit einem Anstieg des Bekanntheitsgrades für die Aktivitäten von TeleCareHub im Gesundheitsbereich soll das Vertrauen in Telepflege gestärkt und eine positive Meinungsbildung zu „App auf Rezept“ in Österreich initiiert werden. Im TeleCareHub wirken 24 weitere Organisationen mit, die Telepflege zu einem breiten Einsatz in der Praxis zu bringen.
Modellhafte Lösungen
Der österreichweite TeleCareHub wurde von der Österreichischen Forschungsfördergesellschaft (FFG) als Leitprojekt ausgewählt und ist im FFG-Programm „benefit“ vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) gefördert. Leitprojekte der FFG dienen der Stärkung eines Sektors und schaffen modellhafte Lösungen für wichtige gesellschaftliche Herausforderungen. Ziel ist ein stärkeres Bewusstsein für Telepflege in der Öffentlichkeit zu schaffen.
Guido Kempter/Red