Im Rahmen des Projekts „StudentsCoWeD – Students’ Coping Strategies, Well-Being, and Distress during the Covid-19-Pandemic“ gaben die rund 1.500 befragten Studierenden in einer Online-Umfrage an, dass sie vor allem an einer Mehrfachbelastung durch Arbeit(slosigkeit), Studium, Kinderbetreuung und existenziellen Sorgen, sowie psychischen und körperlichen Problemen litten. Zusätzlich zählten die Aufrechterhaltung einer Tagesstruktur, die Fertigstellung von Abschlussarbeiten und das latente Gefühl von Einsamkeit weitere Herausforderungen, die genannt wurden. Mehr als ein Drittel der Studienteilnehmer*innen litt während des ersten Corona-Semesters an psychischen Belastungen und war dadurch wahrscheinlich nicht mehr in der Lage ihr volles Potenzial und Leistungsvermögen auszuschöpfen.
„Basierend auf einem standardisierten Angst- und Depressionsscreening litten 36 Prozent der Befragten an Ängsten und ebenso viele an depressiven Verstimmungen. Diese Ergebnisse sind alarmierend, wenn bedacht wird, dass die Angst- und Depressionswerte bei Studierenden laut einer Studie der WHO (2018) bei ca. 19 Prozent liegen und somit die vorliegenden Prävalenzen unter Studierenden in Österreich während des Sommersemesters 2020 fast doppelt so hoch waren“, sagt Bernadette Vötter, Projektautorin und Studienleiterin der Psychologischen Studierendenberatung Innsbruck.
Sinkende Leistungsfähigkeit
Eine derart hohe psychische Belastung wirkt sich auch negativ auf die akademische Leistungsfähigkeit, das Immunsystem und die Lebenszufriedenheit und somit das persönliche Potenzial der Studierenden aus. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer*innen berichteten über ein geringes subjektives Wohlbefinden. Dieses äußerte sich vor allem durch hohe Stressbelastung, eine negative Grundstimmung, generelle Anspannung, geringe Vitalität und einem eingeschränkten Interesse an Geschehnissen. Im Durchschnitt gesehen hatten jene Studierende die sich als divers bezeichneten die größte psychische Belastung, gefolgt von den weiblichen Studierenden. Die Mehrheit der Studierenden gab an, dass Distant Learning ihr Lernverhalten merklich beeinflusst hat. Aufgrund der Änderungen im Studienalltag fühlten sich mehr als 60 Prozent der Teilnehmer*innen merklich gestresst. Auffallend war, dass sich die meisten Studierenden um die physische Gesundheit von nahestehenden Personen sorgten, jedoch nur relativ wenige um die eigene.
Handlungsbedarf
„Basierend auf unseren Studienergebnissen gäbe es von Seiten der Hochschulpolitik durchaus Handlungsbedarf hinsichtlich der Förderung des psychischen Wohlergehens von Studierenden in Österreich. Neben leistbaren und niederschwelligen psychologischen Beratungs- und Behandlungsangeboten für Studierende, sollten unterstützende Zusatzprogramme (online) angeboten werden. Im besten Fall sollte ein ressourcenorientiertes, skalierbares und ortsunabhängiges Angebot für Studierende entwickelt werden, um ihnen in Krisensituationen unterstützend unter die Arme greifen zu können und die psychische Gesundheit – auch präventiv - zu fördern“, sagt Bernadette Vötter.
Im Zuge des Projektes „StudentsCoWeD“ werden künftig weitere Follow-up-Erhebungen und Interventionsstudien durchgeführt. Dadurch können empirische Erkenntnisse zur psychischen Gesundheit von Studierenden in Österreich gewonnen und darauf aufbauend gezielte Gesundheitsförderungsprogramme entwickelt werden.
Bis 31.1.2021 können Studierende an der Studie zum Wohlbefinden während des zweiten Corona-Semesters teilnehmen: https://www.soscisurvey.de/WiSe20_21/