Schienbein
Das Schienbein eines Schlaganfallpatienten wird im Extremitäten-Computertomografen untersucht.

Macht Schlag­an­fall die Kno­chen brü­chiger?

Dieser Frage geht das Forschungszentrum VASCage in einer neuen Studie nach. Mit Hilfe der hochauflösenden Computertomografie werden 3D-Modelle der Mikrostruktur von Schienbein und Speichenknochen analysiert. So soll das Risiko für Knochenbrüche erkannt und besser verstanden werden. An dem Projekt beteiligt ist die Forschungsgruppe um Markus Haltmeier am Institut für Mathematik.

Nach einem Schlaganfall kommt es häufiger zu Stürzen, weil die Betroffenen unter Lähmungen leiden. Schwere Knochenbrüche sind die Folge. Doch sogar diejenigen, die sich komplett von diesen Lähmungen erholen und wieder sicher gehen, haben nach dem Hirninfarkt ein erhöhtes Frakturrisiko. Wissenschaftler des Forschungszentrums für Gefäßalterung und Schlaganfall VASCage und der Medizinischen Universität Innsbruck vermuten daher, dass die Schädigung des Gehirns Umbauprozesse in den Knochen auslöst. Um diesen Zusammenhang erstmals aufzuklären, wird in der Pilotstudie „Post Stroke Osteopathy“ der Knochenzustand von rund 200 Patienten und Patientinnen in höchster Genauigkeit analysiert und Veränderungen über ein Jahr beobachtet. „Als Sponsor dieser spannenden neuen Studie freuen wir uns, nach umfangreicher Planung nun mit der Durchführung starten zu können“, sagt Geschäftsführer Matthias Ullrich.

Dabei kommt die hochauflösende Computertomografie an der Medizinischen Universität Innsbruck zum Einsatz (high resolution peripheral quantitative computer tomography, HR-pQCT), ein Gerät, bei dem nur ein Teil des Schienbeines oder der Speiche untersucht wird. Unter Beteiligung von Mathematikern der Universität Innsbruck werden hochkomplexe Computerberechnungen und Machine Learning-Verfahren durchgeführt, um ein 3D-Modell zu erzeugen, das die Innenstruktur eines nur zentimetergroßen Bereichs des Knochens präzise abbildet. „Eine Untersuchung ist nicht mit einer normalen Knochendichtemessung zur Osteoporose-Diagnose zu vergleichen“, macht VASCage-Wissenschaftler und Projektmanager Benjamin Dejakum deutlich, „sie ist weitaus genauer.“ Ergänzend zur Computertomografie wird das Blut der Patienten und Patientinnen an der Universitätsklinik Erlangen auf Biomarker für Knochenumbauprozesse untersucht.

Unsicherheiten beim Gehen werden auf dem Laufband entdeckt

Die Studie wird sich aber nicht nur auf die Vorgänge im Knochen beschränken. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen werden auch aufs Laufband geschickt, wo die VASCage-Wissenschaftlerin und Physiotherapeutin Patricia Meier ihren Gang genau beobachtet und aufzeichnet. So soll geklärt werden, ob diese Art der Ganganalyse künftig im Rahmen der klinischen Routine eine wirksame Methode sein könnte, um das Risiko für Stürze abzuschätzen. „Eine prospektive, also geplante Studie zu dem Thema in der Größe und mit diesem Detailreichtum ist meines Wissens einzigartig“, sagt der wissenschaftliche Leiter der Studie, Michael Knoflach von der Univ.-Klinik für Neurologie der Medizinischen Universität Innsbruck. „Wenn wir die zugrundeliegenden Prozesse besser verstehen, können wir neue innovative Behandlungsformen entwickeln, um die Patienten und Patientinnen besser vor Knochenbrüchen zu schützen.“

Die Post-Stroke Osteopathie-Studie wird mit verschiedenen Firmen- und wissenschaftlichen Partnern von VASCage durchgeführt und ist Teil der Stroke Card Registry Studie, die ebenfalls seit Kurzem im Rahmen von VASCage abläuft. Dieses Register begleitet das an der Medizinischen Universität Innsbruck etablierte Schlaganfall-Nachsorgeprogramm wissenschaftlich und baut zudem eine umfassende Biobank für die Schlaganfallforschung auf.

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