So gut gefüllt wie an diesem Nachmittag war der Seminarraum in der Josef-Hirn-Straße schon lange nicht mehr. Lehrende, Studierende und allerlei Interessierte von Nah und Fern hatten sich am INTRAWI eingefunden, um dem Vortrag „TV-Dolmetschen in Theorie und Forschung, in Italien, in der Praxis” beizuwohnen. Mit Spannung wurden die Rednerinnen erwartet, da es sich um regelrechte Berühmtheiten der Dolmetschszene handelte. Bei der Nennung ihrer Namen wird den meisten Dolmetscherinnen und Dolmetschern dieselbe Reaktion entlockt: ein wissendes, anerkennendes, in manchen Fällen sogar fast ehrfürchtiges Nicken. Ihre gute Reputation eilte den Gästen also voraus – völlig zurecht, wie sich herausstellen sollte.
Den Anfang machte Prof. Dr. Dörte Andres aus Germersheim, die einen kurzen Überblick über die Geschichte des Fernsehdolmetschens gab, die Arbeitsbedingungen in verschiedenen Ländern verglich und auf die besonders hohen Anforderungen an die Sprachvermittlung in diesem Kontext gab. Oft hat man es mit kurzfristigen Engagements zu ungewöhnlichen Arbeitszeiten zu tun, bei denen zu allem Überfluss noch die Forderung nach Perfektion besteht, da das Publikum an fehlerlos vorgelesene Teleprompter-Reden gewöhnt ist. Zuhause auf dem gemütlichen Sofa, bewaffnet mit Snacks und Feierabendbier, verwandeln wir uns immerhin alle nur zu gerne in kritikfreudige Sprachprofis.
Prof. Dr. Alessandra Riccardi aus Triest ging im Anschluss näher auf die Situation in ihrem Heimatland ein. Seit der etwas chaotischen Übertragung der Mondlandung, die in Italien aufgrund von Kommunikationsproblemen einige Minuten früher als im Rest der Welt stattfand, hat sich die Rolle der TV-Dolmetscherinnen und Dolmetscher sehr gewandelt. Durch virale Videos, öffentliche Auftritte und beliebte Blogs werden manche von ihnen zu regelrechten Stars.
Abschließend berichtete Prof. Dr. Ingrid Kurz aus Wien von ihren Erfahrungen als renommierte ORF-Dolmetscherin. „Miss Apollo” kann sich eines mehr als beindruckenden Resümees rühmen: von der Mondlandung über US-Wahlen bis hin zu Fukushima und sämtlichen Royal Weddings fehlt kein mediales Großereignis. Den damit einhergehenden Druck tut sie mit einem Schulterzucken ab. „Stress is the salt of life – ohne wäre es ja langweilig. Ja, es ist ein Balance-Akt. Aber einer, der Spaß macht.”
(Magdalena Hirn)