Studierende und SchülerInnen an der Hadassim School
Studierende und SchülerInnen an der Hadassim School

„Schul­prak­tischer“ Erfah­rungs­aus­tausch in Is­rael

Was bedeutet Schulpraxis außerhalb von Österreich? Wie organisieren andere Hochschulen Schulpraktika? Welche Herausforderungen gibt es in einem völlig anderen organisatorischen, kulturellen und geographischen Kontext? Sind die Hürden andere oder womöglich dieselben wie bei uns? Wie sieht es mit dem Umgang mit Konflikt aus, wie ist die Feedbackkultur?

Im Dezember 2019 reiste eine kleine Delegation aus Innsbruck auf Anraten des Dekans zur Partnerinstitution der Fakultät für LehrerInnenbildung, dem Beit-Berl-College in Tel Aviv, Israel: Ulrike Weyrer (Bildungsdirektion Tirol) und Marianne Prast (Praktikumsbüro der Fakultät für LehrerInnenbildung) machten sich auf den Weg, um Antworten auf diese Fragen zu finden.

Das Beit-Berl-College liegt etwas nördlich von Tel Aviv inmitten einer Region, die man einerseits „Silicon Wadi“ nennt, wo also Industrie und Innovation eine große Rolle spielen; und die andererseits geprägt ist durch die verschiedenen arabischen und jüdischen Dörfer und kleinen Städte, die in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander liegen. Das Beit-Berl-College hat sich dort als multikulturelle Bildungsinstitution etabliert. An der Faculty of Education arbeiten ca. 400 Personen, die Studierendenzahl beläuft sich auf ca. 4000. Eine Besonderheit am Beit-Berl-College ist die Professional Development School (PDS). Dabei handelt es sich um ein direkt am Beit-Berl-College verwaltetes Netzwerk, das eine Zusammenarbeit mit über 230 arabischen und jüdischen Schulen im Umkreis ermöglicht.

Der Innsbrucker Delegation wurden die organisatorischen Strukturen des Colleges nähergebracht, der Aufbau der Praxisanteile in den verschiedenen Studienprogrammen und die Organisation dieser Schulpraxis erläutert. Ilana Milstein, Leiterin des Teacher Training Programms erklärte detailliert die besonderen Chancen und Herausforderungen in der Zusammenarbeit mit den Praxisschulen und PraxislehrerInnen. Durch weitere Besuche in verschiedenen Organisationseinheiten wie zum Beispiel dem Curriculum Center und durch Gespräche mit der Leiterin der praktischen LehrerInnenausbildung in arabischen Schulen oder der Leiterin des International Office ergab sich ein Gesamtüberblick der Tätigkeiten des Colleges.

Nach einem langen Tag am College folgte dann der Blick in die Praxis: wir bekamen die Möglichkeit, in Schulen Studierende „live“ bei ihrer Schulpraxis zu begleiten. Beispielsweise konnten wir an der Hadassim School, eine der bekanntesten Schulen der Region, deren (internationale) SchülerInnen zu einem großen Teil in der internen Boarding School wohnen, einen guten Einblick in das israelische Schulsystem und die enge Verknüpfung von universitärer Lehre und Forschung mit dem Schul- bzw. LehrerInnenalltag bekommen.

Besonders interessant war der Besuch einer Lehrveranstaltung am Beit-Berl-College, in der die Studierenden ihre Erfahrungen aus dem Schulalltag reflektierten. In diesem Rahmen konnten wir beobachten, was Schulpraxis, egal ob in Tirol oder Israel, ausmacht: Spannung, ob die Planung durchführbar ist, Enttäuschung über ernüchterndes Feedback der Praxislehrerin, Begeisterung über eine besonders gelungene Stunde.

Man mag sich fragen, was uns im Verbund West der Besuch eines völlig unterschiedlichen Schulsystems, einer anderen Organisationskultur, einer kulturell völlig unterschiedlichen Region bringen kann. Die Antwort ist: einen Perspektivenwechsel. Zu sehen, wo die Unterschiede und Ähnlichkeiten unserer Organisationsformen liegen, ist wichtig und kann die eigene „Betriebsblindheit“ herausfordern. Die Themen Kommunikation mit Schulen und Praxislehrpersonen, Feedback geben und annehmen, persönliche Entwicklung als LehrerInnenpersönlichkeit, die Evaluation der bestehenden Strukturen und das ständige Hinterfragen des eigenen Handelns sind uns als wichtige Themen in Erinnerung geblieben und beeinflussen unser „Tun“ zuhause bereits spürbar. Ulrike Weyrer meint auf die Frage, was sie in Israel besonders beeindruckt hat: „Der enge Kontakt zwischen Schulen und College bzw. Universität. Hiervon kann man einiges übernehmen. Partnerschule einer Universität zu sein sollte auch bei uns ein noch erstrebenswerteres Prädikat werden, als es das bisher ist.“ Marianne Prast beantwortet diese Frage so: „Die interne Organisation und Kommunikation der Praxislehrpersonen an den besuchten Schulen hat für mich Vorbildcharakter. In sogenannten „Greenhouses“ an den Schulen wird versucht, für die Studierenden ein möglichst förderliches Klima zu schaffen. Die Verantwortung, die die Praxislehrpersonen ihren zukünftigen KollegInnen gegenüber empfinden, ist überall spürbar.“

Die Zusammenarbeit mit dem Beit-Berl-College und seinen Partnerschulen soll auf jeden Fall weiter ausgebaut werden. Konkret schwebt uns ein Projekt vor, das Schulpraxis sowohl von Studierendenseite, als auch von PraxislehrerInnenseite aus beleuchtet. Aus diesem Grund sollen nicht nur Universität bzw. College zusammenarbeiten, sondern auch jeweils Partnerschulen und deren Praxislehrpersonen.

In diesem Sinne: Auf eine weitere gute Zusammenarbeit, Shalom!

(Marianne Prast, MSc, Praktikumsbüro des Verbunds LehrerInnenbildung WEST)

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