Mann sitzt allein an einem Tisch
Die Angst vor dem Coronavirus nimmt zu.

Angst steigt und hilft Krise zu bewältigen

Die Angst vor dem Coronavirus nimmt zu. Als Alarmzeichen-Emotion hat Angst aber durchaus positive Aspekte, erklärte die Notfallpsychologin Pia Andreatta von der Uni Innsbruck der APA. Damit steigt die Bereitschaft, sich selbst und andere zu schützen.

„Ängste vor der Corona-Pandemie sind vorhanden und im Moment im Zunehmen, weil sie einen massiven Einfluss auf unser Alltagsverhalten hat“, sagte Andreatta, die am Institut für psychosoziale Intervention und Kommunikationsforschung der Universität Innsbruck forscht: Man könne das Ganze nicht mehr überspielen oder sich vormachen, dass alles „sehr weit weg“ ist. Dadurch steigt natürlich eine gewisse Sorge, ob Angehörige betroffen sein könnten oder sogar man selbst, und ob man das Virus vielleicht schon in sich trägt, erklärte sie.

Noch einmal zunehmen könnte die Angst, wenn etwa Erkrankungs- und Todeszahlen steigen. „Und zwar so lange, bis vielleicht erste Informationen kommen, dass ein gewisser Höhepunkt erreicht ist oder die Maßnahmen wie gewünscht greifen, was ja, wie Bundeskanzler Sebastian Kurz sagte, erst in einer Woche erkennbar sein wird“, sagte die Psychologin.

Alarmzeichen mit positiven Aspekten

„Angst ist als Emotion ein Alarmzeichen und hat natürlich auch positive Aspekte“, erklärte Andreatta. Sie veranlasst die Menschen, sich mehr an Vorsorge-Richtlinien zu halten sowie Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Ungünstig wäre jedoch, wenn sich Hilflosigkeits- oder Ohnmachtgefühle breit machen würden. Die aktuellen konkreten Empfehlungen und rigiden Maßnahmen wären sehr gut geeignet, dem vorzubeugen.

„Aufgrund meiner Erfahrung in Krisen- und Kriegsgebieten habe ich den Eindruck, dass sich keine Gesellschaft emotional auf Krieg, Konflikte und Epidemien wie durch das Coronavirus vorbereiten kann“, sagte sie. Die Menschen in Österreich wären gerade dabei, sich wirklich täglich an die veränderte Situation zu adaptieren und ihr Verhalten anzupassen. „Ich habe auch noch nirgends Panik feststellen können, sondern nur natürlich zunehmende Sorge vor allem bei Menschen in stark betroffenen Regionen wie dem Paznauntal“, so die Notfallpsychologin. Derzeit gäbe es hierzulande „nach wie vor eine gute emotionale Regulierung und einen guten Umgang mit der Situation, und ich glaube nicht, dass andere Kulturen das besser oder schlechter machen würden“, sagte sie.

Leitlinien gegen Quarantäne-Stress

Während man in Quarantäne ist, leistet man einen wichtigen Beitrag gegen die Corona-Pandemie, so die Expertinnen Pia Andreatta vom Institut für psychosoziale Intervention und Kommunikationsforschung, Barbara Juen vom Institut für Psychologie und Karin Unterluggauer, Expertin für Psychosoziale Betreuung vom Landesrettungskommando Salzburg des Österreichischen Roten Kreuzes. In dieser Zeit solle man:

Sicherheit herstellen: Sich regelmäßig aus offiziellen Quellen über die aktuellen Fakten informieren, damit sich Gedanken nicht verselbstständigen können. Somit würde man Sicherheit in einer Situation herstellen, wo Ängste und Sorgen "vollkommen normal und nachvollziehbar" sind.

Gefühle akzeptieren: Rasch wechselnde Emotionen sind normal in Krisensituationen, so die Expertinnen: "Von Hilflosigkeit, Angst, bis zur Wut, Ärger oder Gefühlen von Sinnlosigkeit und Leere können viele Emotionen in Erscheinung treten und rasch wechseln." In solch gefühlsbestimmten Zeiten solle man keine gravierenden Entscheidungen treffen.

Ziele setzen: Dies gäbe einem ein Gefühl der Kontrolle zurück. "Die Ziele müssen realistisch sein und den Umständen angemessen, das kann sein: ein Tagebuch schreiben, neue Fertigkeiten lernen, aufräumen, Arbeiten erledigen die sonst immer liegengeblieben sind", erklären sie.

Darüber reden: Mit Freunden und Angehörigen die Sorgen zu teilen, helfe in Krisensituationen.

In Kontakt bleiben: Mittels Telefon, Chats und Videotelefonie sollte man weiterhin regelmäßige soziale Kontakte pflegen. "Lassen sie dabei das Thema Coronavirus nicht das ganze Gespräch bestimmen", raten die Notfallpsychologinnen. Es gelte, auf das Gegenüber zu achten, um zu erkennen, wenn das Thema zu viel oder zu belastend wird.

Ablenkung suchen: In den Gesprächen sollte man sich auch immer wieder bewusst vom vorherrschenden Corona-Thema ablenken. "Lesen Sie!", raten die Expertinnen.

Humor zulassen: "Humor ist erlaubt!", schrieben sie. Er könne ein starkes Mittel gegen Hoffnungslosigkeit sein, Lächeln und Lachen bringt oft Erleichterung.

Aktiv bleiben: Man kann Dinge erledigen, für die man sonst nie Zeit hatte und bewusst positive Aktivitäten durchführen wie Handarbeiten, Basteln, Handwerken, sich etwas Gutes kochen und einen guten Film ansehen.

Körperlich betätigen: "Vergessen sie nicht auf den körperlichen Ausgleich. Sich auch körperlich zu betätigen, hilft Stress und Belastung abzubauen", raten sie.

Einen Alltagsrhythmus bewahren: "Versuchen sie auch in dieser Ausnahmesituation im gewohnten Ablauf zu bleiben", heißt es in den Leitlinien. Man solle demnach zu bestimmten Zeiten Aufstehen, zunächst Aufgaben erledigen, um dann Freizeit zu haben, und auch Essen und zu Bett gehen zu üblichen Zeiten. Dies sei vor allem für Kinder sehr wichtig.

Ressourcen aktivieren: Man solle sich Dinge suchen, die einem Mut machen, zum Beispiel Sätze überlegen, die einen selbst und die Familie beruhigen und Sicherheit geben, wie: "Wir werden die Situation gemeinsam bewältigen können!".

Die eigenen Stärken nicht aus den Augen verlieren: In Krisensituationen würde das Augenmerk "ganz automatisch" auf Ängste und "das was nicht funktioniert" gelenkt. Um dabei immer wieder einen Ausgleich im psychischen Befinden herzustellen, ist es notwendig, ganz bewusst das Gute, Gelingende, und Stärken in den Blick zu nehmen, raten die Psychologinnen.

(APA Science)

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