Angestellte in einem Gespräch
Um erfolgreiche Unternehmensstrategien zu entwickeln, greifen Unternehmen immer öfter auf externes Wissen zu.

Unter­nehmen profi­tieren von Demo­krati­sierung

Eine Forschungsgruppe um Kurt Matzler untersuchte in einem vom Wissenschaftsfonds FWF finanzierten Projekt, wie Unternehmen Angestellte und externe Personen in ihre Strategieentwicklung einbinden und welche Auswirkungen das hat. Erreicht wird dadurch eine höhere Geschwindigkeit.

Neue Kommunikationsmedien erlauben Unternehmen seit einigen Jahren, ihre Angestellten bei der Suche nach innovativen Lösungen zu bestimmten Problemen einzubinden. Tools wie unternehmensinterne Soziale Medien erlauben solche Strategien, die „Crowdsourcing“ genannt werden. Neu ist aber, solche Methoden in der Strategieentwicklung von Unternehmen einzusetzen, einem Bereich, der traditionell als vertraulich gilt. Ein Team um den Strategieforscher Kurt Matzler untersuchte nun in einem vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Grundlagenprojekt, wie Unternehmen mit den neuen Methoden umgehen und welche Vorteile sie daraus ziehen.

Gruppen von Menschen intelligenter

„Eine Grundannahme hinter dem Projekt ist die Idee des Wisdom of the Crowd, der sogenannten Weisheit einer Gruppe“, erklärt Projektleiter Matzler. „Man hat festgestellt, dass unter bestimmten Bedingungen eine Gruppe von ganz durchschnittlichen Menschen viel intelligenter sein kann als die besten Experten.“ Matzler nennt mehrere Voraussetzungen: „Es braucht dafür eine große Diversität unterschiedlicher Sichtweisen. Eine weitere Bedingung ist Unabhängigkeit. Jedes einzelne Mitglied der Gruppe muss unabhängig von seiner Position im Unternehmen die Möglichkeit haben, sein Wissen beizutragen. Außerdem muss es möglich sein, dezentrales Wissen abzugreifen, etwa von Angestellten mit Kundenkontakt, und schließlich muss dieses Wissen vernünftig gesammelt werden.“ Dann sei es möglich, dass Gruppen ganz gewöhnlicher Menschen sehr intelligente Lösungen entwickeln.
Inzwischen verfügen viele Unternehmen über die notwendigen digitalen Technologien, um eine große Zahl von Angestellten vernünftig einbinden zu können. Diese Möglichkeit wird daher schon seit längerer Zeit in der Innovation genutzt. „Im Bereich der Strategieentwicklung ist dieser Zugang aber ein großer Kulturwandel“, erklärt der Forscher. „Früher war die Strategie etwas Exklusives, das dem Top-Management vorbehalten war. Wir sehen allerdings, dass es da eine Öffnung gibt und dass manche Unternehmen sogar externe Personen einbinden, obwohl das mit Risiken verbunden ist.“

Externes Wissen notwendig

Für Matzler und sein Team ging es darum, diese Fälle genauer zu untersuchen. „Wir haben uns mit den Motiven auseinandergesetzt, warum Unternehmen das machen“, sagt der Forscher. „Unser Ergebnis ist, dass die Geschwindigkeit der Veränderung und die Komplexität der Situation heute meist so hoch sind, dass man externes Wissen braucht, um eine vernünftige Strategie zu formulieren.“ Das gelte vor allem in der Geschäftsmodellinnovation. „Das Rad muss hier selten neu erfunden werden, vielfach geht es um das Kopieren und Übertragen von erfolgreichen Mustern aus anderen Branchen. Wer sich öffnet, kann hier viel erreichen“, so der Projektleiter.
Ein weiterer Vorteil dieses Zugangs sei, dass das Commitment der Angestellten eher steigt, wenn sie eingebunden werden. „Studien zeigen, dass 60 bis 80 Prozent der Strategien niemals umgesetzt werden oder zumindest nicht in der Form, wie sie ursprünglich geplant waren. Einer der Gründe dafür ist das fehlende Commitment der Angestellten“, so Matzler. Durch die Einbindung der Betroffenen steigt die Erfolgsrate von Strategien.

Nicht ohne Risiko

Matzler gibt zu, dass diese offene Strategieentwicklung riskant sein kann, verweist aber auf die Vorteile: „Es gibt Unternehmen, die den Zugang zu neuem Wissen und die höhere Geschwindigkeit höher bewerten als das Risiko, dass jemand etwas kopieren könnte.“ Für hochsensible Bereiche sei dieser Zugang natürlich nicht geeignet. Außerdem betont Matzler, dass die finale Entscheidung auch bei solchen Strategien immer noch beim Management liege, es gehe also um eine Demokratisierung des Prozesses, nicht der Entscheidung selbst.

Umfassende Fallstudie

Konkret bestand die Arbeit des Forschungsteams aus Fallstudien von 30 Fällen, dazu gab es eine Befragung von etwa 200 Unternehmen und eine Handvoll konkreter Unternehmensprojekte, die man begleitet hat. Die Ergebnisse waren überwiegend positiv. „Die zentrale Erkenntnis ist, dass die Qualität der Strategie und die Geschwindigkeit deutlich steigen. Außerdem konnten wir beobachten, dass völlig neue Ideen entstehen“, erklärt der Forscher.

(Scilog/FWF)

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