André Bucher (sprich: Büschérr) ist Schriftsteller, Biobauer und Holzfäller. Seit über dreißig Jahren lebt er im Tal von Jabron, an der Grenze zwischen der Drôme und der französischen Region „Provence-Alpes-Côte d’Azur“ – einer Landschaft, auf die man sich in einem kurzen Filmausschnitt, der die Lesung einleitete, einstimmen konnte. Landschaft und Menschenschicksale stehen in seinen Büchern gleichberechtigt da, sie beeinflussen einander und treten in Dialog. Das Pathos der großen Naturbeschreibung durchbricht Bucher aber bewusst mit originellen Vergleichen, etwa am Ende einer Liebesszene: „Dann fing die Nacht sie beide ein und bedeckte sie langsam, während die prallen Sterne über den Himmel liefen wie Trappen“. Seine Bücher spielen in seinem unmittelbaren Lebensraum: „Ich lege Wert darauf, bei jeder Szene genau angeben zu können, wo sie spielt“, erklärte er stolz. Einsamkeit, Flucht, Vergangenheitsbewältigung, Krieg, all diese aktuellen Themen inspirieren ihn zum Schreiben, wobei der Ausgangspunkt zum Beispiel ein „fait divers“, eine Zeitungs-Kurzmeldung, sein kann. Bei Bucher verwandelt sich das aber durch ein Wortspiel in „fée d’hiver“, also Winterfee, was der Titel eines seiner jüngsten Bücher ist. Ein anderes Buch stellt nicht einen Menschen, sondern einen Hirsch in den Mittelpunkt, der jedes Kapitel einleitet und beschließt und so die Protagonisten der Handlung in Perspektive setzt.
Bucher wurde bei seinem Innsbruck-Besuch von seinem Verleger Yves Jolivet begleitet; das nahm der Frankreich-Schwerpunkt zum Anlass, ein Podiumsgespräch mit Jolivet und drei Tiroler Verleger/inne/n über die aktuelle Lage des Verlagswesens in Frankreich und in Tirol zu organisieren. Es nahmen daran teil:
- Birgit Holzner vom Innsbrucker Universitätsverlag iup (innsbruck university press), die neben wissenschaftlichen Bänden auch eine Literatur-Reihe betreut;
- Bernd Schuchter vom Limbus Verlag, der in Innsbruck beheimatet ist, aber aktuelle Literatur wie auch Fundstücke aus der Vergangenheit ohne speziellen Ortsbezug publiziert;
- Gottfried Solderer vom Raetia Verlag (Bozen), der in seinem Programm einen regionalen Bezug und einen Bezug zu den Bergen hat, und sich außerdem derzeit diversifiziert;
- und schließlich Yves Jolivet, dessen Verlagshaus „le mot et le reste“ Literarisches und Bücher mit Natur-Bezug macht, seinen eigentlichen Schwerpunkt aber bei Büchern zum Thema Musik setzt.
Diskutiert wurden die Freuden und Leiden des Verleger-Daseins, die Unabdingbarkeit der Kulturförderung, die Zukunft der Print-Bücher und die Bedeutung der regionalen Verankerung bei der Kulturarbeit. Keine/r der Verleger/innen hätte den Beruf wechseln wollen, aber Gottfried Solderer hat seinen Aufgabenbereich – z.B. in Richtung Film – erweitert, und Birgit Holzner träumt davon, nicht in Tirol, sondern in Paris als Verlegerin zu arbeiten...
Das großteils studentische Publikum stellte eifrig Fragen und begann ganz offensichtlich, über Berufsperspektiven im Verlagswesen nachzudenken.
(Eva Lavric)