Der Klimawandel hat erhebliche Auswirkungen auf Pflanzen und Ökosysteme. Besonders deutlich zeigen sich Effekte des globalen Temperaturanstiegs in arktisch-alpinen Vegetationsräumen. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Team an Forscherinnen und Forschern in einem kürzlich erschienenen Artikel im renommierten Wissenschaftsmagazin Nature. Daran beteiligt war auch der Innsbrucker Ökologe Michael Bahn: „Schon länger bekannt ist, dass sich Veränderungen einzelner Pflanzenmerkmale auf ganze Ökosysteme auswirken können. Wir haben uns in dieser Studie genauer angesehen, ob und wie ein wärmeres Klima Pflanzenmerkmale in kühlen Lebensräumen beeinflusst“, so Michael Bahn. Dank der guten internationalen Zusammenarbeit konnte das Forscherteam den bisher umfangreichsten Datensatz, den es zu dieser Thematik gibt, analysieren. Insgesamt wurden 56.000 Beobachtungsdaten, die in einem Zeitraum von 3 Jahrzehnten an 117 Standorten gesammelt wurden, ausgewertet. „Die Studie liefert gleich zwei Erkenntnisse: Zum einen konnten wir zeigen, dass höhere Sommertemperaturen eine Reihe von Pflanzenmerkmalen in der Tundra verändert haben, und dass diese Veränderungen auch von der Bodenfeuchte beeinflusst werden. Wir stellten aber auch fest, dass während der letzten 30 Jahre die Reaktion der meisten Pflanzenmerkmale auf die Erwärmung langsamer stattfand, als sich aufgrund des Vergleichs kälterer und wärmerer Standorte vermuten ließe“, erklärt der Ökologe. Die Konsequenzen, welche besonders arktisch-alpine Regionen bereits jetzt durch den Klimawandel erfahren und die sich künftig verstärken dürften, wirken sich vor allem auf die Produktivität aus. „Ein rascheres Wachstum der Pflanzen kann sich sowohl auf die Artenvielfalt als auch auf die Kohlenstoffaufnahme durch die Tundra Vegetation auswirken, und damit letztlich auch überregionale Folgen haben“, erklärt Michael Bahn.
Stabilität durch Vielfalt
Die Ergebnisse dieser Studie führen zu der Frage, wie sich Ökosysteme gegen veränderte klimatische Bedingungen schützen können. Es ist bekannt, dass artenreichere Pflanzenbestände hinsichtlich Wetterextremen, aber auch Schädlingen, einen Vorteil gegenüber Monokulturen haben. Was genau der Stabilität artenreicher Ökosysteme zugrunde liegt, damit hat sich ein Team von Forscherinnen und Forschern in einer weiteren Studie beschäftigt, die bereits im August in Nature Ecology & Evolution erschienen ist. Auch daran war Michael Bahn beteiligt. „Überraschenderweise war die Produktivität von Pflanzengemeinschaften stabiler, wenn diese von langsam wüchsigen und damit weniger produktiven Arten dominiert waren“, erklärt der Ökologe. Ein weiterer zentraler Faktor für Stabilität ist die phylogenetische Vielfalt, also die Abstammungsvielfalt innerhalb von Pflanzengemeinschaften.„Unsere Studie zeigt, dass die Beziehung zwischen Biodiversität und Stabilität eine sehr komplexe ist und letztlich eng mit der Asynchronität von Arten, also deren unterschiedlicher Wachstumsrhythmik und der Vielfalt ihrer ökologischen Nischen gekoppelt ist“, fasst Michael Bahn die Ergebnisse der zweiten Studie zusammen. Dieses Wissen ist von großer Relevanz, will man Strategien für robustere Ökosysteme in einer Zeit des raschen globalen Wandels finden.
Links
- Institut für Ökologie
- Multiple facets of biodiversity drive the diversity–stability relationship. Dylan Craven, Nico Eisenhauer, William D. Pearse, Yann Hautier, Forest Isbell, Christiane Roscher, Michael Bahn et al. Nature Ecology and Evolution (2018)
- Plant functional trait change across a warming tundra biome. Anne Bjorkman, Isla H. Myers-Smith, Sarah C. Elmendorf, Signe Normand, Michael Bahn et al. Nature 2018