Teamfoto des NewsEye-Projekts.
Das internationale NewsEye-Team beim Kick-off an der Universität La Rochelle.

„NewsEye“: Digi­tale Erschlie­ßung von Zeitungs­archiven

In historischen Zeitungen zu Ergebnissen zu kommen ist eine Herausforderung. Ebenso ist es etwa für Ahnenforscher_innen kein Kinderspiel, Informationen über ihre Familie in alten Zeitungen zu recherchieren. Digitale Zeitungskorpora erleichtern zwar die Arbeit, doch das Auffinden relevanter Informationen ist nach wie vor ein Glücksfall. Das Projekt „NewsEye“ soll nun Abhilfe schaffen.

In Zeitungen finden sich Informationen zu kulturellen, politischen und sozialen Ereignissen in einem Detailreichtum, wie er in keiner anderen öffentlichen Quelle zu finden ist. Seit dem ersten Schreiben von Zeitungen im 17. Jahrhundert sammeln sie Millionen von Ereignissen, Geschichten, Namen und Bildern in beinahe jeder modernen Sprache, in jedem Land und das meist auch täglich. Zeitungen waren und sind darüber hinaus ein wichtiges Medium für die gesellschaftliche und politische Meinungsmache, für das Sprechen über Kunst, Kultur und Literatur. Diese thematische Vielfalt positioniert Zeitungen im Zentrum des Interesses jener Personenkreise, die sich mit dem kulturellen Erbe Europas beschäftigen. In vielen Fällen sind Zeitungen zudem in Bibliotheken und Archiven nahezu vollständig konserviert. Das alles machte sie zu einem idealen Experimentierfeld für Digitalisierungsprojekte der letzten Jahre. Doch allein die Tatsache, dass Zeitungskorpora online zugänglich sind, bedeutet nicht automatisch, dass sie auch sinnvoll genutzt werden können.

Das Horizon-2020-Projekt „NewsEye“ wird einen wichtigen Beitrag zur besseren Nutzbarkeit vorhandener Online-Zeitungsarchive schaffen. An der Universität Innsbruck sind gleich zwei Einrichtungen am Projekt beteiligt: Die Gruppe „Digitalisierung & Elektronische Archivierung“ (DEA) des Instituts für Germanistik unter der Federführung von Mag. Dr. Günter Mühlberger, der gleichzeitig auch der Leiter des Forschungszentrums Digital Humanities ist, wird ihre europaweit ausgewiesene Expertise in Digitalisierungsfragen einbringen. Das Institut für Zeitgeschichte, vertreten durch assoz. Prof. Mag. Dr. Eva Pfanzelter, unterstützt mit ihrem Team die Verbesserung der Zugangsmöglichkeiten durch gezielte historische, inhaltliche Fragestellungen. Das Projekt wird von der Europäischen Union im Rahmen der Projektschiene Horizon 2020 gefördert und stellt für das Institut für Zeitgeschichte einen Meilenstein dar, „da damit der auch die Geschichtswissenschaften betreffende Wandel aufgrund der digitalen Welt einmal anhand konkreter historischer Beispiele durchgespielt werden kann“, weiß Institutsleiterin Mag. Dr. Ingrid Böhler.

Der europaweiten Forschungsgruppe gehören neben Innsbruck die Universitäten La Rochelle (FRA), Helsinki (FIN), Montpellier (FRA), Rostock (GER) und nicht zuletzt Wien (AUT) sowie die Nationalbibliotheken Österreichs, Frankreichs und Finnlands an. Wissenschaftler_innen aus den Gebieten der Geisteswissenschaften, der Informatik und der Informationsaufbereitung werden zusammen mit den Nationalbibliotheken die komplexen Aufgabenstellungen bearbeiten, die sich bei der Digitalisierung und Online-Zurverfügungstellung von Millionen von Zeitungsseiten auf Deutsch, Französisch, Finnisch und Schwedisch stellen. Das Besondere dabei ist, dass als Zielpublikum nicht nur die akademische Welt, sondern besonders auch Schulen, öffentliche Bibliotheken sowie interessierte Laien-Historiker_innen gelten.

Die Innsbrucker Projektteile von „NewsEye“ werden vom Institut für Zeitgeschichte koordiniert. Assoz. Prof. Mag. Dr. Eva Pfanzelter, Expertin im Bereich der digitalen Geschichtswissenschaften und stellvertretende Leiterin des Innsbrucker Forschungszentrums für Digital Humanities, koordiniert zudem die in Helsinki, Wien, Montpellier und Innsbruck angesiedelten Teams aus dem Bereich der Digital Humanities – Historiker_innen und Linguist_innen. Pfanzelter ist von den Möglichkeiten des Projekts begeistert: „Natürlich arbeiten wir als Historiker_innen immer auch mit Zeitungen, aber die Ergebnisse, die die digitalen Zugänge liefern, sind häufig frustrierend. Jetzt haben wir die Möglichkeit, unsere Expertise und unsere Herangehensweisen durch die enge Zusammenarbeit mit Menschen aus der Informatik und den Digitalisierungsabteilungen einzubringen und auszutesten. Ich erwarte mir einen großen Schritt in Richtung verbesserte Nutzung der riesigen Zeitungsbestände für alle – nicht nur für die Wissenschaft.“

Die Gesamtkoordination von „NewsEye“, welches mit rund 3 Mio. Euro gefördert wird, ist an der Universität La Rochelle angesiedelt. Dort fand am 23. und 24. Mai 2018 auch die Kick-Off-Veranstaltung des länderübergreifenden Forschungsprojektes statt, welches für die nächsten drei Jahre quer über Europa verteilt seine Arbeit fortsetzen wird. Verläuft alles nach Plan, wird es Benutzer_innen mithilfe von „NewsEye“ schon bald möglich sein, ungeachtet ihres Hintergrundes oder Kenntnisstandes in den reichen Korpora der Zeitungsquellen jederzeit und unkompliziert zu zufriedenstellenden Ergebnissen zu kommen.

(Eva Pfanzelter/Stefan Hechl)

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