Prag
Blick auf die Prager Burg, Schauplatz des Fenstersturzes 1618.

Mord­versuch mit ver­hee­renden Folgen

Vor 400 Jahren löste der Prager Fenstersturz einen Krieg aus, der dreißig Jahre dauern, halb Europa verwüsten und Millionen Todesopfer fordern sollte. Der Historiker Robert Rebitsch arbeitet zu diesem Ereignis und zum Dreißigjährigen Krieg.

Am 23. Mai 1618 wurden drei Männer aus einem Fenster in Prag geworfen: Jaroslav Bořita von Martinitz, Wilhelm Slavata von Chlum und Košumberg und Philipp Fabricius waren Angehörige der Statthalterei des habsburgischen Königs in Prag, aus dem Fenster geworfen haben sie aufgebrachte Vertreter der böhmischen Stände. Die drei Betroffenen haben den Sturz aus 17 Metern Höhe vergleichsweise unbeschadet überlebt, die Staatsmacht konnte diesen Mordversuch aber nicht unbeantwortet lassen: Mit dem Dreißigjährigen Krieg begann damit der blutigste und verlustreichste Konflikt auf europäischem Boden vor dem Ersten Weltkrieg. „Jemanden aus Protest aus dem Fenster zu werfen, hatte in Prag auch zu der Zeit bereits eine gewisse Tradition – der Fenstersturz im Jahr 1618 ist der dritte“, erklärt der Historiker Robert Rebitsch.

Vorzeichen

Unmittelbarer Auslöser für die Proteste der böhmischen Stände waren protestantische Kirchen: Eine in Braunau (heute: Broumov) sollte geschlossen werden, eine in Klostergrab (heute: Hrob) ließ der zuständige katholische Erzbischof mit Erlaubnis des Kaisers abreißen. „Dieser religiöse Konflikt stand am Anfang des Dreißigjährigen Krieges, in dem sich zuerst die protestantischen böhmischen Stände gegen die katholischen Habsburger stellten“, sagt Robert Rebitsch. „Der Dreißigjährige Krieg begann als Religionskrieg, letztlich ging es aber auch um die Vorherrschaft im Heiligen Römischen Reich und in ganz Europa. Allianzen wechselten, Religion spielte zwar durchgehend eine Rolle, aber das hat etwa das katholische Frankreich nicht davon abgehalten, mit dem protestantischen Schweden zusammenzuarbeiten und am Ende war praktisch der gesamte Kontinent involviert.“

Schweden in Tirol?

Tirol wurde von den Kampfhandlungen weitgehend verschont, war allerdings Durchzugsgebiet für Soldaten und Söldner. Die Kämpfe sind aber auch hier ins kollektive Gedächtnis eingegangen: In Kirchberg im Bezirk Kitzbühel steht etwa die Schwedenkapelle mit der Inschrift „Bis hieher und nicht weiter kamen die Schwedischen Reiter – 1648“. „Wir wissen, dass die Schweden nie dort waren, aber Bayern stark verwüstet haben – die Angst vor einem ähnlichen Ereignis gab es wohl auch in Tirol und auch zur Schwedenkapelle gibt es eine entsprechende Legende, die besagt, dass Bauern aus der Region dort die Schweden zur Umkehr gezwungen haben. Das ist allerdings frei erfunden“, sagt der Historiker. Belegt ist ein Angriff eines sächsischen Heers auf die Ehrenberger Klause bei Reutte – allerdings eine von wenigen Ausnahmen.

Veranstaltungstipp: Am Abend des 23. Mai 2018, genau 400 Jahre nach dem Prager Fenstersturz, findet in der Aula im Universitätshauptgebäude ein Vortrag zu diesem Ereignis statt: Der Historiker Robert Rebitsch wird Auslöser und Verlauf des Dreißigjährigen Krieges analysieren. 23. Mai 2018, 19:00 Uhr, Aula der Universität Innsbruck, Innrain 52. Eintritt frei!

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