Eiscreme
Nicht jeder Kunde erhält gleich viel Eis: Nett sein zum Eisverkäufer kann sich lohnen.

Wirt­schafts­forscher: Nett sein kann sich lohnen

Wer zu Verkäufern nett ist, wird bevorzugt behandelt. Das zeigt eine aktuelle Studie von Innsbrucker Wirtschaftsforschern. Sie untersuchten die Wirkung von monetären und immateriellen Anreizen bei alltäglichen Kaufentscheidungen im Fastfood-Restaurant und am Dönerstand. Kunden, die sich anerkennend äußerten, erhielten im Feldversuch mehr Eiscreme oder Dönerkebab als andere Kunden.

Die Wirkung von Lob und Anerkennung im ökonomischen Kontext wurde bisher experimentell vor allem im Rahmen von Arbeitsverhältnissen erforscht. Welchen Einfluss immaterielle Belohnungen in der Konsumwelt haben, ist hingegen kaum bekannt. „Die Wahl zum Mitarbeiter des Monats steigert die öffentliche Reputation, während ein Kompliment beim Einkauf ein sehr persönlicher Akt ist“, erklärt START-Preisträger Michael Kirchler vom Institut für Institut für Banken und Finanzen der Universität Innsbruck. Er hat gemeinsam mit Stefan Palan in einer aktuellen Studie den Einfluss von monetären und immateriellen Anreizen wie Lob und Anerkennung bei alltäglichen Kaufentscheidungen experimentell untersucht.

Lob und Trinkgeld zeigen Wirkung

„Was passiert, wenn ich das Trinkgeld schon bei der Bestellung gebe? Diese Frage stand am Anfang unserer Studie“, erzählt Stefan Palan, der an den Universitäten Innsbruck und Graz forscht. „Wir haben die Fragestellung dann noch ergänzt, um die Wirkung von immateriellen Anreizen wie etwa Komplimenten zu erforschen.“ Die Wirtschaftsforscher schicken dazu mehrere Experimentatoren in Fastfood-Restaurants in Innsbruck und München. Diese kauften dort jeweils eine Tüte Eis, manchmal lobten sie bei der Bestellung das Produkt oder gaben ein Trinkgeld. Nach dem Kauf wogen sie das Eis ab. Das Experiment wurde in der Folge auch an Kebabständen in Graz, Innsbruck und München durchgeführt. Jeweils drei Experimentatoren gingen dabei an fünf aufeinanderfolgenden Tagen mit dem gleichen Auftrag zum gleichen Verkäufer oder zur gleichen Verkäuferin. Insgesamt kauften die Experimentatoren über 100 Tüten Eis und 800 Döner-Wraps.
Der Vergleich der gewonnenen Daten zeigt, wer schon bei der Bestellung Trinkgeld gibt und nett zu den Verkäufern ist, erhält deutlich mehr Ware als andere Kunden: 10 % mehr Eis bei Komplimenten und 17 % mehr beim Trinkgeld. Zieht man die Kosten des Trinkgelds wieder ab, fällt der Wert allerdings auf 7 %. Die Daten aus den Kebab-Bestellungen untermauerten diese Ergebnisse. „Interessant war, dass der Effekt beim Trinkgeld über mehrere Besuche gleichgeblieben ist, während er bei Komplimenten deutlich anstieg und nach fünf Besuchen sogar stärker war als jener mit Trinkgeld“, erzählt Palan. „Nachhaltiges Loben über mehrere Tage kann also die bevorzugte Behandlung noch einmal verstärken.“

Anerkennung als sozialer Kitt

„Reziprozität ist ein Konzept aus den Sozialwissenschaften, nach dem sich die Wichtigkeit von Lob und Anerkennung evolutionsbedingt sehr früh im Menschen entwickelt hat, da sie einen besseren Status in der jeweiligen Gesellschaft begründeten“, erklärt Michael Kirchler. „Wir zeigen mit unserer Studie, wie dieses Prinzip in heutigen Konsumentscheidungen nach wie vor wirkt, und dass immaterielle Anreize wie Anerkennung und Lob wohl unterschätzt und monetäre Anreize eher überschätzt werden.“ Es ist zu vermuten, dass diese Mechanismen in vielen alltäglichen Konsumentscheidungen ähnlich wirken, allerdings sind die Effekte nur in speziellen, klar abgegrenzten Situationen tatsächlich quantitativ messbar.

Die Studie wurde unter anderem vom FWF-Spezialforschungsbereich Vertrauensgüter, Anreize und Verhalten und der Forschungsplattform Empirische und Experimentelle Wirtschaftsforschung an der Universität Innsbruck finanziell unterstützt.

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