Mondsee
Limnologen der Universität untersuchen die Nanopartikel-Konzentration im oberösterreichischen Mondsee.

Winzig kleine Gefahr?

Wenn die Temperaturen steigen, locken Österreichs Alpenseen zahlreiche Badegäste. Wie neue Technologien ihre Wasserqualität beeinflussen, untersucht Josef Wanzenböck vom Forschungsinstitut für Limnologie: Gemeinsam mit Dunja Lamatsch und ihren Teams die Nanopartikel-Konzentration im oberösterreichischen Mondsee.

Nanopartikel: Sie kommen in Kosmetikartikeln, Sporttextilien, aber auch in Baumaterialien zum Einsatz und sind winzig klein. „Ein Nanometer entspricht einem Millionstel eines Millimeters. Nanopartikel sind per Definition kleiner als 100 Nanometer. Aufgrund ihrer geringen Größe können sie problemlos in Organismen eindringen“, erklärt Josef Wanzenböck vom Forschungsinstitut für Limnologie der Uni Innsbruck in Mondsee. Anwendung finden Nanopartikel beispielsweise vermehrt als physikalischer UV-Filter in Sonnencremes und Wandfarben in Form von Titandioxid-Nanopartikeln oder als Silber-Nanopartikel zur Geruchshemmung in Sporttextilien. „Noch ist nicht umfassend untersucht, welche Auswirkungen diese Substanzen in Form von Nanopartikeln auf den Menschen und die Umwelt haben. Von Studien an Fischembryonen weiß man allerdings, dass zum Beispiel Silber-Nanopartikel in sehr hohen Konzentrationen Entwicklungsschäden verursachen.“ Wenig bekannt ist bisher auch, ob Kläranlagen Nanopartikel aus den Abwässern filtern können. Um dies zu überprüfen, untersucht das europaweit gestartete Projekt FENOMENO die Nanopartikel-Konzentration im oberösterreichischen Mondsee. „Meist laufen die gereinigten Abwässer der Kläranlagen über Ringleitungen in die Ausflüsse der Seen. Im Mondsee dagegen werden diese direkt in den See geleitet“, erklärt Josef Wanzenböck, der neben dem Mondsee auch den benachbarten Irrsee – in den keine Abwässer fließen – untersucht.

Erste Entwarnung

Um die Nanopartikel-Konzentration im Mondsee zu messen, entnehmen die Wissenschaftler über zwei volle Jahreszyklen Proben an verschiedenen Stellen des Sees. „Wir untersuchen Wasserproben direkt am Ausfluss der Kläranlage, in einiger Entfernung davon und am Auslauf des Sees“, beschreibt Wanzenböck die Vorgehensweise. Neben den Wasserproben untersuchen die Limnologen auch Algen, Plankton, Muscheln und Fische, um eine mögliche Aufnahme von Nanopartikeln in den Nahrungskreislauf zu berücksichtigen. Nachdem nun Auswertungen aus dem ersten Jahreszyklus vorliegen, kann der Wissenschaftler erste Entwarnung geben: „Obwohl im Zulauf der Kläranlage höhere Konzentrationen von Silber- und Titandioxid-Nanopartikeln gemessen wurden, scheint die Kläranlage gut zu funktionieren: Über 90 Prozent der Nanopartikel im Kläranlagen-Zulauf bleiben in der Kläranlage; an der Einleitstelle im See konnten wir nur eine sehr geringe, knapp über der Nachweisgrenze liegende, Konzentration an Silber- und Titandioxid-Nanopartikeln nachweisen. Auch in den untersuchten Organismen wie Algen, Plankton und Fischen wurden keine Nanopartikel gefunden.“ Die Ergebnisse aus dem Mondsee unterscheiden sich nicht von denen aus dem Irrsee, in den keine Abwässer fließen. Um diese ersten Auswertungen zu sichern, sollen nun im zweiten Jahreszyklus weitere Messungen durchgeführt werden.

Baden erlaubt

Da Nanopartikel von Titandioxid vor allem in Sonnencremes zum Einsatz kommen, sind die Wissenschaftler zum Projektbeginn davon ausgegangen, dass die gemessenen Konzentrationen nach der Badesaison ansteigen. Die ersten Resultate haben diese Vermutung allerdings nicht bestätigt: „Die im Herbst entnommenen Wasserproben unterschieden sich nicht von denen im Frühjahr. Die Menge an Titandioxid-Nanopartikeln, die durch Badegäste in den See gelangt, scheint also vernachlässigbar zu sein.“ Ganz allgemein glaubt Josef Wanzenböck nicht, dass die Badesaison dem Ökosystem See schadet. „In sehr kleinen Seen mit schlammigem Untergrund können durch das Aufwirbeln des Schlamms kleinräumig Schäden auftreten, und auch natürliche Schilfgürtel können durch Badegäste beeinträchtigt werden – werden diese durch bauliche Maßnahmen wie Stege oder Absperrungen verhindert, belasten Badegäste ein funktionierendes Ökosystem aber kaum.“ Auch der im Hochsommer oft an der Wasseroberfläche zu sehende Ölfilm wird laut Wanzenböck nicht immer von Badegästen verursacht: „Viele Menschen sind der Meinung, dass der Ölfilm, der vor allem an sehr heißen Tagen mit regem Badebetrieb an der Wasseroberfläche zu sehen ist, von den Badegästen stammt. Besonders an sehr heißen, windstillen Tagen kann es aber auch sein, dass natürlich vorkommende Bakterien die Wasseroberfläche besiedeln, was optisch einem Ölfilm gleicht.“

Gewässerqualität

In Bezug auf eine Qualitätseinschätzung legt der Limnologe Wert darauf, von Gewässerqualität und nicht von Wasserqualität zu sprechen. Neben rein chemisch-physikalischen Werten der Wasserqualität werden hierbei auch die Struktur der Gewässer – Gumpen, Seitenarme oder flache und tiefe Bereiche – sowie die dort lebenden Organismen bewertet. „Nur dieses Gesamtbild gibt Aufschluss darüber, ob ein Gewässer auch ein funktionierendes Ökosystem ist“, erklärt Josef Wanzenböck. „Ein betoniertes Rinnsal ohne darin lebende Organismen kann eine gute Wasserqualität haben – ein funktionierendes Ökosystem ist es allerdings nicht“, so der Limnologe, der auch künftig daran arbeiten will, Gewässer in einer sich wandelnden Umwelt zu verstehen.

Dieser Artikel ist in der neuen Juni-Ausgabe des Magazins „wissenswert“ erschienen. Eine digitale Version ist hier zu finden (PDF).

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