„Auch wenn es bereits zahlreiche Wirkstoffe gegen entzündliche Prozesse für bekannte Targets – also Zielmoleküle, an denen medizinische Wirkstoffe den Krankheitsverlauf beeinflussen können – gibt, haben wir in unserem Projekt versucht, Wirkstoffe für neue, bisher weniger bearbeitete Targets zu finden“, beschreibt Daniela Schuster, Pharmazeutische Chemikerin am Institut für Pharmazie der Uni Innsbruck. Dabei legten die WissenschaftlerInnen ihren Fokus auf das 5-Lipoxygenase-aktivierende Protein (FLAP). „FLAP ist ein Protein, das selbst keine Reaktion katalysiert. Es transportiert allerdings die durch mechanischen oder chemischen Schaden in der Zellmembran freigewordene Arachidonsäure zur 5-Lipoxygenase, die die Entzündungskaskade – unter anderem im Zusammenhang mit bronchialem Asthma und Schmerz – in Gang setzt. Wird der Transport der Arachidonsäure durch die Hemmung von FLAP reduziert, können wir auch die entzündlichen Prozesse hemmen“, erklärt Daniela Schuster.
Rechenarbeit
Um einen passenden Wirkstoff für das Zielprotein FLAP zu finden, entwickelten die Wissenschaftlerinnen um Daniela Schuster ein Computermodell, das durch Strukturabgleich die Substanz mit den besten Bindeeigenschaften finden soll. Insgesamt 200.000 Wirkstoffe wurden so abgeglichen. „Im Zuge des Auswahlverfahrens legten wir immer wieder neue Filter über das Rechenmodell, so dass am Ende 20 erfolgsversprechende Wirkstoffkandidaten herausgefiltert werden konnten“, beschreibt die Pharmazeutin den Vorgang. Diese 20 Substanzen wurden anschließend von der Arbeitsgruppe um Oliver Werz an der Universität Jena umfangreichen In-vitro- und In- vivo–Tests unterzogen.
Duale Wirkung
Gleichzeitig zum Target FLAP untersuchten die WissenschaftlerInnen auch mögliche Wirkstoffkandidaten für das ebenfalls in der Arachidonsäure-Kaskade eine Rolle spielende Zielmolekül lösliche Epoxidhydrolase (sEH). Von den 20 vorberechneten FLAP-Hits wurden jene auf ihre Aktivität an der löslichen Epoxidhydrolase untersucht, die in ein Computermodell für sEH-Hemmung passten. „Am Ende unserer Tests fanden wir zwei Substanzen, die eine Aktivität sowohl an FLAP als auch an der löslichen Epoxidhydrolase zeigten. Eines davon – wir nannten es im Verlauf des Testverfahrens I-12 – hatte eine besonders hohe Aktivität. Die anschließenden Tests der Kollegen in Jena mit I-12 bestätigten unsere Ergebnisse“, freut sich Daniela Schuster, die nun an weiteren Modifikationen des mittlerweile zum Patent angemeldeten Wirkstoffs arbeitet.
Derzeit zeigt I-12 noch schlechte Löslichkeit in Wasser, weshalb die WissenschaftlerInnen gemeinsam mit SynthetikerInnen nun verschiedene Modifikationen vornehmen wollen, um die – für die orale Bioverfügbarkeit notwendige – Wasserlöslichkeit zu verbessern. „Ein derzeit am Markt verfügbares Medikament, das gegen leichtes und mittleres Asthma bronchiale eingesetzt wird, zielt auf die 5-Lipoxygenase ab; das heißt, wenn uns das Wirkstoffdesign bei I-12 so gelingt, dass wir die Wasserlöslichkeit verbessern und es dadurch auch oral besser bioverfügbar wird, hat I-12 eventuell großes Potenzial für die Asthma-Prophylaxe und -Behandlung.“