Strom kommt aus der Steckdose – eine Binsenwahrheit! Aber wie wird er erzeugt? Und wie groß ist unser Verbrauch? Nur mal ein kleines Gedankenspiel: Stellen wir uns einen Tag ohne Strom vor. Morgens würde der Radiowecker stumm bleiben, das Frühstück müssten wir im Dunkeln einnehmen. Aber wo bleibt der Kaffee, der Tee, der Toast oder das Ei? Die Dusche eher frostig, die Haare nass. Hinaus in das Chaos: Alle Ampeln sind ausgefallen, die Autos stehen im Stau … Geld abheben, Computer einschalten, Handy aufladen – nichts geht mehr! Ohne Strom nichts los. So ein Blackout wäre ein Katastrophenszenario und damit das nicht passiert, müssen Stromerzeugung und -verbrauch in einem Gleichgewicht zueinander stehen. Dank des sehr informativen Vortrags von Klaus Feistmantl wurde den Studierenden sowie interessierten KollegInnen des Institutes für Translationswissenschaft aufs Beste veranschaulicht, dass Strom einfach eine absolute Lebensgrundlage darstellt.
„Tirol hat zwar kein Erdöl und kein Gas, aber viel Wasser und große Höhenunterschiede“, erklärte Klaus Feistmantl. So baut die Stromerzeugung in Tirol stark auf diese Ressourcen, und in diesem Kontext wurde in den Jahren 1977 bis 1981 die Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz mit zwei Stufen und zwei Speichern – Finstertal und Längental – errichtet. Das Triebwasser für die Maschinen im Krafthaus Silz wird über einen stahlgepanzerten Druckschacht ins Inntal geleitet, wobei es eine Fallhöhe von 1258 m überwinden muss. Die sechs Wasserstrahlen treffen dann mit einer schwindelerregenden Geschwindigkeit von 550 km/h auf die Pelton-Turbinen auf. Die Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz ist ein Pumpspeicherbetrieb, d.h., sie weist zwei wesentliche Funktionen auf: Im Turbinenbetrieb wird Strom erzeugt, während im Pumpbetrieb Wasser nach oben befördert wird, um die Wasserspeicher aufzufüllen und dadurch Energie zu speichern. So können die starken Schwankungen anderer erneuerbarer Energieformen ausgeglichen werden und beispielsweise Sonnen- oder Windenergie mit ihrer variablen Erzeugung besser in das Verbundnetz integriert werden.
Mit vielen anschaulichen und beeindruckenden Bildern vermittelte Klaus Feistmantl einen Einblick in den geplanten Zubau zur bestehenden Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz und die ZuhörerInnen erhielten einen Überblick der verschiedenen Anlagenteile und ihrer Funktionen (Aufbau des Staudammes, Innenleben des Kraftwerks, Drosselklappe und Kugelschieber als Verschlussorgane, Wasserfassungen Typ Tiroler Wehr, Pumpspeicherbetrieb etc.). Solche Informationen aus erster Hand sind für die JungtranslatorInnen vom INTRAWI maßgeblich, um das begrifflich-inhaltliche Hintergrundwissen aufzubauen, das wiederum für die Anfertigung einwandfreier Fachübersetzungen nötig ist.
Über das rein Technische hinaus erklärte der Vortragende auch, welch sorgfältige Vorkehrungen im Zuge der Realisierung großer Kraftwerksprojekte im Bereich Umweltschutz geleistet werden: Mit einer genauen Kartierung von Vegetation und Tierwelt wird zuerst eine detaillierte Bestandaufnahme aller Lebensräume durchgeführt; des Weiteren wird der Oberboden sorgsam abgetragen und für eine spätere Rekultivierung gelagert, Niedermoore werden umgepflanzt und Amphibien in Sicherheit gebracht. „Wir siedeln sogar Ameisenhaufen um“, so Feistmantl.
Last but not least sei unbedingt erwähnt, dass Wasserkraftwerke so angelegt werden können, dass sie durch ihr Rückstauvermögen einen Hochwasserschutz bieten und damit der Umwelt und den Menschen einen wertvollen Dienst erweisen.
Auch wenn sich die Studierenden schon im Vorfeld intensiv mit dem Thema Wasserkraft beschäftigt hatten, gab es am Ende des Vortrages noch viele offene Fragen, die Herr Feistmantl geduldig beantwortete. Die Studierenden, Muryel Derlon und das INTRAWI danken Klaus Feistmantl für den sehr gelungenen Vortrag und die informativen Handouts.
(Muryel Derlon)