Landesrat Brunner, selbst Absolvent des Studiums des italienischen Rechts an der Universität Innsbruck, ging nach einem Überblick über die Verwaltungsstrukturen in Südtirol im Bereich Klima auf den vielschichtigen und komplexen rechtlichen Rahmen der Südtiroler Klimapolitik ein, der von Vorgaben auf unions-, völker- und verfassungsrechtlicher Ebene geprägt ist und ebenso die Rolle der Gemeinden berücksichtigen muss. Sowohl das Pariser Klimaabkommen als auch das Europäische Klimagesetz (VO Nr.1119/2021) verpflichten Italien und Südtirol zur Erreichung ambitionierter Ziele hinsichtlich der Reduktion von Emissionen und Klimaneutralität. Obwohl die Themen Klima und Klimawandel in der Verfassung nicht explizit erwähnt sind, zählt seit dem Verfassungsgesetz Nr. 1/2022 und der Verankerung des Schutzes der Umwelt und Ökosystemen auch im Interesse zukünftiger Generationen in Art. 9 der Verfassung der Klimaschutz zu den Aufgaben der Republik. Weitere Elemente bilden die nationale Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Verbesserung der Luftqualität (Gesetzesdekret Nr.111/2019) und der Integrierte nationale Energie- und Klimaplan mit dem Ziel der Dekarbonisierung.
Auch im Südtiroler Autonomiestatut von 1972 wird der Klimaschutz nicht explizit genannt. Das Land verfügt allerdings über primäre Kompetenzen in den Bereichen Raumordnung, Landschaftsschutz, Pflanzen- und Tierschutzparke und große Wasserableitungen zur Erzeugung von elektrischer Energie Sobald die derzeit laufende Autonomiereform in Kraft tritt, wird auch eine neue ausschließliche Zuständigkeit im Bereich Schutz von Umwelt und Ökosysteme den Spielraum Südtirols konsolidieren.
Bereits jetzt wirken bestehende Landesgesetze im Sinne des Klimaschutzes, etwa im Bereich der Luftreinhaltung, zum Ausbau der Photovoltaik, zur Abfallvermeidung, zur Förderung energieeffizienter Gebäude (z.B. Klimahaus), auch durch Sanierung, zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, zur Einschränkung des Bodenverbrauchs, zur Vorbeugung von Naturgefahren oder zur Sensibilisierung in Schulen. Auch wurde jüngst ein Pilotprojekt für einen „Klimacheck“ von Verwaltungsakten und Gesetzesvorhaben erfolgreich durchgeführt und wird nunmehr standardmäßig angewendet werden.
Als zentrales Instrument für den Klimaschutz bezeichnete Landesrat Brunner den Klimaplan 2040, welcher seit 2023 als strategische Leitlinie Südtirols im Bereich Klimaschutz gilt. Mit 157 Maßnahmen in 17 Aktionsfeldern sollen Ziele wie die Klimaneutralität bis 2040, der Ausbau erneuerbarer Energien und eine Emissionsreduktion in den Bereichen Wärme, Verkehr und Landwirtschaft verfolgt und erreicht werden. Dabei wird auch auf Unterstützung auf kommunaler Ebene gesetzt; etwa müssen alle Südtiroler Gemeinden bis 2027 einen eigenen Klimaplan erstellen. Sie sollen damit, gleich wie das Land, zu Vorbildern im Klimaschutz werden. Auch der Klimabürgerrat und das Stakeholder-Forum waren sehr erfolgreiche Partizipationsprozesse und haben viele Vorschläge gebracht, die breite Beteiligung der Bevölkerung soll auf jeden Fall fortgesetzt werden.
Da der Klimaplan zwar politisch, aber nicht rechtlich verbindlich ist (eine rechtliche Verbindlichkeit ist lediglich durch fachspezifische Gesetze gegeben), wird nun diskutiert, ob Südtirol ein eigenes Klimagesetz braucht. Unter Berücksichtigung klarer EU-Vorgaben und nationaler Leitlinien wird derzeit die Möglichkeit einer rechtlichen Verankerung des Klimaplanes geprüft. Ebenso wird eine Strategie zur Anpassung an den Klimawandel ausgearbeitet werden. Insgesamt gesehen, so das Fazit des Landesrats, hat das Land Südtirol jedoch bereits jetzt durch die Ausübung seiner Kompetenzen viel bewirken können.
© Valentina Pichler/Esther Happacher
