Univ.-Prof. DDr. Klaus Liedl
Theoretische Chemie

Elektronenstrukturmethoden wie Coupled Cluster (CC) erlauben die präzise quantenmechanische Modellierung elektronischer Eigenschaften von Molekülen und bilden die Basis für weiterführende Methoden wie vibrational configuration interaction (VCI), welche eine akkurate Lösung der Kernschrödingergleichung finden und dadurch eine präzise Beschreibung der anharmonischen, gekoppelten Schwingungsbewegung von kleinen atmosphärisch relevanten Molekülen ermöglicht. Auf der anderen Seite des Größenspektrums erlauben Molekularmodellierung und Molekulardynamik (MM/MD) Techniken die Betrachtung von Proteinen und den Interaktionen, welche sie mit den Liganden in ihrer Bindetasche eingehen.


Matrix Isolation IR Spektrum von CO2 in Neon. Theoretische Methoden ermöglichen eine akkurate Vorhersage der relativen Intensität, sowie Wellenzahl bei welcher die Bande auftritt.
Trifft ein Photon mit geeigneter Energie auf ein Molekül, so können durch Absorption des Photons in diesem verschiedene elektronische, Rotations- und Vibrationsübergänge angeregt werden. Diese Eigenschaft von Molekülen stellt den Grund für den allgegenwärtigen Treibhaus-Effekt dar. Die Strahlung der Sonne passiert größtenteils unsere Atmosphäre, die Rückstrahlung der Erde, welche sich im IR-Bereich befindet, wechselwirkt jedoch mit den Molekülen in unserer Atmosphäre. In den gegenwärtigen Klimamodellen wird unsere Atmosphäre stark vereinfacht. Sie betrachten lediglich Monomere, welche nicht untereinander wechselwirken. Aufgrund von sehr hohen lokalen Wasseranteilen in der Atmosphäre kommt es aber unweigerlich zur Clusterformation. Eben jene Cluster zeigen eine andere IR-Aktivität als die jeweiligen Monomere, wodurch es zu einer Veränderung der aufgenommenen Rückstrahlung kommt. Ein Teil unserer Forschung zielt darauf ab solche Effekte mit theoretischen Methoden zu modellieren und im Anschluss experimentell zu bestätigen.
Die Identifikation von Molekülen außerhalb unseres Planeten stellt ein sehr aufwendiges Unterfangen dar. Um ein Untergrundrauschen der erdeigenen Atmosphäre zu verhindern, müssen Teleskope, wie das James Webb Space Telescope, bis zu 1,5 Millionen Kilometer zum Lagrange-Punkt L2 in den Weltraum gebracht werden. Doch das allein reicht nicht aus, die erhaltene Flut an Daten ist weiterhin stark verrauscht und das Zielsignal macht oft nur einen winzigen Bruchteil der Gesamtintensität aus. Eine korrekte Identifikation ist daher nur mit hochgenauen Referenzdaten möglich. Ein Teil unserer Arbeit fokussiert sich daher auf die Bereitstellung von hochgenauen IR-Referenzdaten, welche zumeist eine Kombination aus hochgenau berechneten Spektren und experimentellen Schwingungsspektren darstellen. Dabei ist das Ziel, durch ein Verständnis der theoretischen Daten eine ganzheitliche Zuordnung, sowie eine kohärente Notation des Schwingungsspektrums des Zielmoleküls zu erlangen.
Nahezu alle biochemischen Reaktionen finden in wässriger Lösung statt. Um Eigenschaften wie Stabilität und Wechselwirkungen in der Bindetasche eines Proteins zu verstehen, ist es unabdingbar eine akkurate Beschreibung der Thermodynamik des Solvatationsprozesses zu finden. Dieses Wissen ermöglicht eine Identifikation von Bindungsstellen und eine Vorhersage von Bindungsaffinitäten eines Proteins und kann die ersten Schritte in der Medikamentenentwicklung drastisch beschleunigen. Daher fokussiert sich ein Teil unserer Forschung auf die aktive Weiterentwicklung von Grid Inhomogenous Solvation Theory (GIST), eine computergestützte Methode welche die statistischen Lösemitteleigenschaften von Gitterpunkten eines Gitters berechnet, welches um das zu untersuchende Molekül gespannt wird.
