Univ.-Prof. Mag. Dr. Ulrich J. Griesser

Präformulierung und Polymorphismus

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Pharmazeutische Technologie - Institut für Pharmazie
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Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit materialwissenschaftlichen Aspekten von Arznei- und Hilfsstoffen und deren Auswirkungen auf die Herstellung und Qualität von Darreichungsformen. Diese unter dem Begriff Präformulierung zusammengefassten Forschungs- und Entwicklungsschritte bilden die Basis der modernen Arzneimittelentwicklung und ermöglichen einerseits die rationelle Planung von Herstellungsprozessen von Medikamenten und andererseits eine Optimierung von Wirkstoffeigenschaften hinsichtlich ihrer Stabilität, Sicherheit und Wirksamkeit. Im Vordergrund steht dabei die Erfassung fundierter wissenschaftlicher Informationen von kleinen Wirkstoffmolekülen, die den Großteil aller Arzneiprodukte ausmachen und im festen, meist kristallinen Zustand verarbeitet werden. Dazu sind eine Reihe von Untersuchungen des Wirkstoffs notwendig um die physikalisch-chemischen sowie strukturellen Eigenschaften des Wirkstoffs zu verstehen und deren Einfluss auf die spätere Darreichungsform vorherzusagen.

Die umfassende experimentelle Charakterisierung von Festkörpereigenschaften und -phänomenen bildet die Grundlage für innovative Optimierungsstrategien und neue Erkenntnisse, die für den gesamten Prozess der Medikamentenentwicklung entscheidend sind. Hierzu sind umfassende systematische Untersuchungen und eine geeignete Analysenmethodik erforderlich. Im Vordergrund stehen dabei Kristallisationsexperimente aus Lösungsmitteln, der Schmelze oder der Gasphase, wobei bei nahezu allen Wirkstoffen neue polymorphe Formen mit gleicher Zusammensetzung, aber unterschiedlicher Kristallstruktur oder Addukte mit Lösungsmitteln entdeckt werden. Die Auswahl der für eine Weiterentwicklung geeigneten Festform oder die Planung von Strategien zur Verbesserung der Löslichkeit und Stabilität sowie von Verarbeitungseigenschaften basiert auf den experimentellen Daten und werden durch computerunterstützte Methoden ergänzt. Eine erfolgreiche Strategie dabei ist auch die Herstellung von Kokristallen, wobei der Wirkstoff mit einem biologisch inaktiven Hilfsstoff zu einer neuen Kristallform mit beispielweise besseren Lösungseigenschaften vereint wird.

Viele Arzneistoffe bilden Hydrate, das heißt, sie können Wasser in ihre Kristallstruktur einbauen, wobei dieses mehr oder weniger stark gebunden sein kann. Wird das Wasser durch Trocknungsprozesse entfernt, verändern sich die physikalischen Eigenschaften (z.  B. die Wasserlöslichkeit) und häufig auch die chemische Stabilität des Wirkstoffs. Daher ist die Charakterisierung und Kontrolle der Hydratbildung heute ein wesentlicher Bestandteil der pharmazeutischen Produktentwicklung. Die Arbeitsgruppe hat sich hier insbesondere auf die Methodenentwicklung zur Untersuchung von Wasser-Feststoffwechselwirkungen spezialisiert sowie der Aufklärung von strukturellen und thermodynamischen Grundlagen der Hydratbildung.

Die meisten Arzneistoffe werden durch Anwendung von Druck zu Tabletten verarbeitet. In den letzten Jahrzehnten stehen jedoch zunehmend 3D-Drucktechnologien als potenzielle Alternative zur Tablettenherstellung im Fokus der Forschung. Ein Beitrag unserer Arbeitsgruppe ist die Entwicklung pharmazeutischer Hilfsstoffe, die sich ohne Druck allein durch Zugabe weniger Tropfen Wasser verfestigen. Diese Art „wasserlöslichen Gipses“ ermöglicht sowohl eine deutlich schnellere Herstellung von Tabletten mittels 3D-Pulverdruck als auch die drucklose Produktion von Arzneiformlingen direkt in Blisterpackungen.

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