Forschungsperspektiven

Größerer Forschungszusammenhang: Mit dem Eintritt ins Globale Zeitalter rücken auch in den Altertumswissenschaften global anmutende Lebenswelten immer stärker in den Vordergrund der Forschung. Im Fokus stehen megaräumliche Konnektivität und hohe Mobilität, die antike Lebensräume (von 1500 v. Chr. bis 1500 n. Chr.) über weite geographische Distanzen miteinander verflochten – zuweilen von China bis nach Spanien. Um solche „Entangled Antiquities“ erforschen zu können, ist eine geographisch lückenlose Untersuchung dieser antiken Megaräume Afro-Eurasiens erforderlich. Allerdings steht einem solchen Unterfangen die traditionelle Akademisierung der Altertumswissenschaften in eine Reihe historischer, philologischer und archäologischer Fächer entgegen. Bis heute fragmentiert diese Fächervielfalt das Studium Antiker Welten in (weitgehend) abgegrenzte Räume von ‚Hochkulturen‘. Als Folge bleiben Ideologeme wie der ‚Kampf der Kulturen‘ und die Vorstellung von ‚eisernen Vorhängen‘ zwischen Ost und West sowie zwischen Süd und Nord weiterhin virulent.

Ziele und Hypothesen: Solche kulturalistischen und geopolitischen Prämissen eines eurozentristischen Geschichts- und Gegenwartverständnisses gilt es in ihrer historischen Glaubwürdigkeit zu hinterfragen und zugunsten einer künftig austarierten Weltordnung zu durchbrechen. Zu diesem Zweck sollen im DK „Entangled Antiquities“ geographisch und kulturell weit voneinander entfernte Räume Afro-Eurasiens untersucht werden, die zwar je eigenen Kulturräumen angehören, die aber zugleich durch transkontinentale Verflechtungen oder gar imperiale Großraumgebilde in gemeinsame kosmopolitische Ordnungen protoglobaler Interaktionswelten eingebunden waren.

Methodischer Ansatz: Diesen transkontinentalen Verflechtungen und Formen von Imperien-Bildungen wird dabei nicht allein aus der Topdown-Sicht von transregional operierenden Akteur*innen und Aktant*innen nachgegangen. Genauso soll die Aneignung, Transformation und Abstoßung kosmopolitischer Güter und Errungenschaften in lokalen Siedlungsgemeinschaften erforscht werden. Schon in der Antike verlautbarte Globalisierungsversprechen – wie Urbanität und Modernität – können so bottom-up, also aus der Geschichte eines Ortes heraus, und aus ihren jeweiligen lokalen Reaktionsräumen nachverfolgt werden. Zugleich macht dieser Blick auf das Lokale auch auf vorglobale Settings und Lokalismen aufmerksam, die in Reaktion auf Globalisierung und Modernisierung zu scheinbar altherkömmlichen Traditionen ‚festgefroren‘ werden, wodurch De-Lokalisierung, also eine Entkoppelung vom Leben der Ahnen und Vorfahren verhindert werden soll.

Innovativer Aspekt: Gerade diese Fokussierung auf das Lokale, die sich als eine Untersuchung protoglobaler Phasen Afro-Eurasiens ‚von unten‘ versteht, bildet die besonders zukunftsträchtige Perspektive des DK „Entangled Antiquities“, weil sie in der gegenwärtigen Forschung, gerahmt von heutigen Globalisierungstheoremen, stark unterbelichtet bleibt. Dabei zeigen sich v.a. auch die lokalen Widerstände und transformatorischen Reaktionen auf transregionale Globalisierungsprozesse, die schon in den antiken Welten Afro-Eurasiens eine besondere Rolle spielten und in unserer unmittelbaren Gegenwart durch das Revival der Nationalstaaten – eingebettet in einen dynamischen globalhistorischen Rahmen – eine spezifische Wirkung entfalten.

Mehrwert des DKs: Das ‚Zentrum für Alte Kulturen‘ bildet als Host des DKs mit seiner Fächervielfalt und deren Verschränkung zu transdisziplinären Zugängen und Methoden eine ideale Basis zur Erforschung von „Entangled Antiquities“. Mit dem darauf aufbauenden methoden- und theorienreflexiven genauso wie forschungspraxisbezogenen Programm versucht das DK, den modernen Anforderungen an eine zukunftsweisende, qualitativ hochwertige, transdisziplinäre und gegenwartsbezogene Ausbildung von Doktorand*innen gerecht werden.

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