Aquinas Lecture

Die jährlichen Aquinas Lectures finden rund um den Gedenktag des Philosophen und Theologen Thomas von Aquin (1225-1274) statt. Sie laden führende internationale Gastvortragende an das Institut, die grundlegende Fragen der Religionsphilosophie, Erkenntnistheorie, Metaphysik und Ethik in der Tradtion der Ausrichtung des Instituts fortführen.

Frühere Gastvortragende waren Anna Marmodoro (Saint Loius University/University of Oxford), Thomas Fuchs (Universität Heidelberg), Thomas Prügl (Univerisät Wien), Uwe Meixner (Universität Augsburg), Fáinche Ryan (Trinity College Dublin), Patrick Riordan SJ (University of Oxford), Holm Tetens (HU Berlin), Ansgar Beckermann (Universität Bielefeld) und Dominik Perler (HU Berlin).

Thomas Aquinas

Aquinas Lecture 2025

Vergangene Aquinas Lectures

Abstract

Das Gefühl, lebendig zu sein, verweist auf eine komplexe Verknüpfung zwischen dem organischen Prozess des Lebens und der subjektiven Erfahrung, oder zwi­schen Leben und Erleben. Auf dieser Basis werde ich dafür argumentieren, dass das Selbsterleben nicht als ein interner mentaler Raum oder ein „Selbstmodell“ aufgefasst werden kann, das irgendwo im Organismus produziert und lokalisiert werden könnte, sondern dass es eine Manifestation des Lebens des Organismus als Ganzem ist: Im Erleben kommt das Leben zu sich. Dazu unterscheide ich zu­nächst zwei Komponenten des Lebensgefühls, nämlich Vitalität (Lebensgefühl und basale Stimmung) und Konation (Trieb, Bedürfnis, Affekt) und zeige die erforderlichen Grundlagen beider Komponenten in selbstregulierenden Prozessen des Organismus auf. Die hinreichende Basis des Selbstbewusstseins kann dann nicht in einzelnen „neuronalen Korrelaten des Bewusstseins“ gefunden werden, sondern nur in der Selbstorganisation und dem Lebensprozess des Organismus in seiner Beziehung zur Umwelt.

Prof. Dr. Dr. Thomas Fuchs ist Karl-Jaspers-Professor für Philosophie und Psychiatrie an der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg.

Portrait Thomas Fuchs

Thomas Fuchs

Abstract

Die Postilla in totam bibliam des Nikolaus von Lyra OFM (†1349) war eines der wichtigsten exegetischen Hilfsmittel des späten Mittelalters. Sie zeichnet sich durch eine Bevorzugung des Literalsinns sowie durch häufige Berücksichtigung des hebräischen Urtextes aus. Hundert Jahre nach ihrem Erscheinen veröffentlichte Paulus von Burgos sog. Additiones zur dieser Postille, worin er einerseits die geringen Hebräischkenntnisse des Franziskaners und andererseits dessen Schrifthermeneutik kritisierte, da sie die Auslegungsprinzipien des Thomas von Aquin zu wenig berücksichtige. Der Vortrag zeichnet diese Kontroverse nach, analysiert die zugrunde liegenden Hermeneutiken und ordnet sie in den mittelalterlichen Diskurs um die Wissenschaftlichkeit von Theologie ein.

Thomas Prügl ist seit 2008 Professor für Kirchengeschichte an der Universität Wien. Von 2001 bis 2007 unterrichtete er historische Theologie an der University of Notre Dame (IN), wo er auch Fellow und Acting Director des dortigen Medieval Institute war. Nach dem Studium der Katholischen Theologie in München und Rom arbeitete er von 1994 bis 2000 als Assistent am Martin-Grabmann-Forschungsinstitut der LMU München.

Portrait von Thomas Prügl

Thomas Prügl

Festvortrag "Ein gutes Leben: Glück oder mehr? Konzepte aus der Antike" von BM a.D. Altrektor em. Univ.-Prof. Dr. Karlheinz Töchterle

Abstract

Die antike Philosophie wendet sich mit Sokrates/Platon verstärkt der Ethik zu, innerhalb deren die Frage nach einem gelingenden, glücklichen Leben eine bedeutende Rolle spielt. Vor allem in der hellenistischen Philosophie wird sie, vielleicht auch wegen des veränderten politischen Kontexts, vermehrt traktiert, im Epikureismus ist sie zentral, auch die Stoa diskutiert sie intensiver, aber durchaus im Rahmen ihres grundsätzlich holistischen Konzeptes. Bei Platon hingegen tritt die individuelle Eudaimonie hinter die kollektive zurück. Er und auch Aristoteles werden damit zu wichtigen Vorläufern der Moderne, wo das individuelle Glück eher in mehr oder weniger philosophisch grundierter Ratgeberliteratur, die Frage eines gelingenden Gemeinwohls hingegen gerade in jüngster Zeit wesentlich intensiver debattiert wird.

Portrait Edmund Runggaldier

Edmund Runggaldier

Edmund Runggaldier

Besteht der Mensch aus zwei voneinander unabhängigen Prinzipien oder Substanzen, seinem Leib und seiner Seele? Oder soll man die leib-seelische Einheit des Menschen zum Ausgang einer Anthropologie machen? Im Streitgespräch werden auch theologische Gesichtspunkte der Dualismus-Debatte zur Sprache kommen. Muss man Dualist*in sein, um den eschatologischen Hoffnungen gerecht zu werden?

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Abstract

In the light of contemporary discussion of fake news it seems timely to return to Aquinas’s discussion of the virtue of veracitas (truth-telling) and its opposing vice of mendacio (lying). In the background of the discussion is Augustine’s treatment of lying in his De Mendacio (provoked by the  controversy with Jerome over Galatians 2:4) as well as in his Contra Mendacium. Some contemporary writers such as Dietrich Bonhoeffer and Hannah Arendt have offered impressive reflections on the complexity of truth-telling.  The paper will argue for the contemporary relevance of Aquinas’ treatment of veracitas and given its status as an annexed virtue to justice its relevance to the contemporary discussion of fakenews. 

Die irische Philosophin Fáinche Ryan ist Direktorin des Loyola-Instituts am renommierten Trinity College Dublin. Fáinche Ryan ist führende Kennerin des Werks des Aquinaten und kann gleichermaßen als Wortführerin einer gesellschaftlich engagierten Philosophie und Theologie gelten, mit besonderem Augenmerk auch auf „gender-sensitivity“. Eines ihrer Hauptanliegen in Forschung und Lehre ist es, die Rolle der Kirche in einer pluralen Gesellschaft zu bedenken. Damit trifft sie wesentliche Anliegen des Instituts für Christliche Philosophie und des Institutum Philosophicum Oenipontanum: fundierte Wissenschaft in den besten Traditionen und zeitgemäßes Agieren im Feld von Scientific Community und Gesellschaft.

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Portrait von Fáinche Ryan

Fáinche Ryan

Patrick Riordan SJ studierte Philosophie und Theologie an der Hochschule für Philosophie, München, und an der Universität Innsbruck. Promotion 1985 in Innsbruck mit einer Arbeit über die Rede von Gerechtigkeit in praktischen Diskursen. Langjährige Lehrtätigkeit am Heythrop College, London.

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Im Rahmen der Aquinas Lecture 2018 in Form einer Disputatio zwischen Holm Tetens (HU Berlin) und Ansgar Beckermann (Universität Bielefeld) zur Frage "Was ist eine gute Religion?" wurde das Innsbrucker Forschungszentrums „Philosophy of Religion“ (ICPR) eröffnet. Aufgabe dieses am Institut für Christliche Philosophie angesiedelten Zentrums ist es, zentrale religiöse Fragen im Licht der Vernunft zu reflektieren.

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Aquinas Lecture 2018

(v.l.): Vizerektorin Ulrike Tanzer, Ansgar Beckermann, ICPR Leiter Christian Tapp, Dekan Josef Quitterer, Bischof Hermann Glettler und Holm Tetens.

Abstract

Es scheint selbstverständlich, dass wir Menschen Dinge in der Welt nicht nur sinnlich wahrnehmen, sondern auch begrifflich erfassen und dadurch an sie denken können. Genau durch das Denken zeichnen wir uns als rationale Lebewesen aus. Doch wie verhält sich das Denken zum Wahrnehmen? Wird es ihm als eine besondere Tätigkeit einfach hinzugefügt, wie die Vertreter des additiven Rationalitätsmodells meinen? Genau dieses Modell weist Thomas von Aquin zurück und ersetzt es durch ein transformatives Rationalitätsmodell: Das Denken ist bereits im Wahrnehmen präsent und durchdringt es. Daher unterscheiden wir uns bereits im Wahrnehmen von den nicht-rationalen Tieren. Im Vortrag soll gezeigt werden, wie Thomas von Aquin dieses Modell metaphysisch begründet und anwendet. Dabei soll auch eine Brücke zu Gegenwartsdebatten geschlagen werden, in denen das additive und das transformative Rationalitätsmodell immer wieder aufeinander prallen.

Dominik Perler ist Professor für Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Nach der Promotion in Fribourg und der Habilitation in Göttingen war er zunächst in Oxford und Ordinarius in Basel, bis er 2003 nach Berlin berufen wurde. Gastprofessuren führten ihn u. a. nach Princeton, Madison-Wisconsin, Tel Aviv, Brüssel und an die UCLA. Bekannte Publikationen: Theorien der Intentionalität im Mittelalter (2002). Transformationen der Gefühle. Philosophische Emotionstheorien 1270-1670 (2011).

Die Aquinas Lecture 2016 war zugleich die Abschiedsvorlesung des langjährigen Institutsmitlgieds Doz. Dr. Hans Kraml. 

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