Was sind phantasmen? Wie lässt sich etwas untersuchen, das sich der Eindeutigkeit entzieht?

Der Begriff der phantasmen lässt sich nicht eindeutig fassen – und gerade darin liegt seine Faszination. In der europäischen Kunstgeschichte begegnet er in unterschiedlichsten Formen:mal als imaginäre Vorstellung, mal als bildhafte Projektion, mal als irritierende Erscheinung zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem. Seine Bedeutung hat sich über Epochen, Gattungen und theoretische Kontexte hinweg stetig gewandelt. phantasmen stehen dabei in enger Beziehung zu anderen kunsttheoretischen Konzepten wie disegno, mimesis, inventio, imaginatio, capriccio oder trompe-l’œil.

Diesen vielfältigen Bedeutungen gingen Studierende im Rahmen der Lehrveranstaltung phantasmen nach, die sie im Sommersemester 2025 unter der Leitung von Aurelia Hartmann-Notz und Isabel Köhr-Kraft gemeinsam erarbeiteten. Ziel war es, ausgewählte Konzepte von phantasmen anhand konkreter Beispiele aus der Kunstgeschichte zu untersuchen. Die daraus hervorgegangenen Arbeiten wurden im Format eines digitalen Blogs aufbereitet, der zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung einlädt. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie sich die Komplexität von phantasmen an konkreten Werkbeispielen vermitteln lässt. In Diskussionen, Impulsvorträgen und Schreibübungen entwickelten die Studierenden eigene Beiträge.

Die Website präsentiert fünf exemplarische Perspektiven, die die Studierenden weitgehend selbst gewählt haben und die das Konzept der phantasmen von der Byzantinistik über das niederländische Stillleben bis hin zu zeitgenössischen queeren Kunstpositionen beleuchten.

Zudem gestalteten die Studierenden ein Logo, das die Bedeutungsoffenheit der phantasmen symbolisiert: Ein zentraler Stern – inspiriert vom Genderstern, der für die Auflösung binärer Geschlechterkategorien steht – verweist auf die Mehrdeutigkeit des Konzepts.

Mit dem Launch der Website am 20.06.2025 entsteht ein öffentlicher Raum für studentische Perspektiven, die sich bisher noch im westlichen Kontext verorten lassen. phantasmen bieten jedoch auch die Möglichkeit, eurozentrische Sichtweisen kritisch zu hinterfragen und das Konzept für Perspektiven des globalen Südens zu öffnen. Die Website versteht sich dabei als öffentliches Sprachrohr und Forum für eigene Auseinandersetzungen – als Einladung, diesen Raum kritisch, kreativ und eigenständig weiterzuentwickeln. Zukünftig liegt die inhaltliche Verantwortung vollständig bei den Studierenden.

Autor*innen: Chiara Gratl, Madalena Jirka, Elisa Losito, Eva Siller, Tobias Sturm

[1] Hans Belting, Über Phantasie und Kunst, in: Venanz Schubert (Hg.), Gedächtnis und Phantasie (Wissenschaft und Philosophie, Interdisziplinäre Studien, 16), St. Ottilien 1997, 183–203, bes. 183.
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