#international

Zu Gast: Erik Vogt

Erik Vogt

UIBK Guest Professorship
November - Dezember 2025

Heimatuniversität / Land
Trinity College / USA  

Funktion
Gwendolyn Miles Smith Professor für Philosophie   

Forschungsschwerpunkte an der UIBK

  • Darstellung des Mythems der „großen Literatur“ im Spannungsfeld zwischen Philosophie, Literatur und Politik
  • Untersuchung der Desartikulation des Mythems der „großen Literatur“ im Werk von Elfriede Jelinek

Zu Gast bei 
Martin Sexl

Institut/Arbeitsbereich
Institut für Vergleichende Literaturwissenschaft

Diejenigen Probleme, mit denen wir heute als Gesellschaft konfrontiert sind, können nicht von einer einzigen Disziplin untersucht werden, da diese Probleme einen Komplexitätsgrad erreicht haben, dem nur interdisziplinäre Kooperationen gerecht werden können.

 

Innsbruck ist für mich...

… eine wunderbare Stadt, die nicht nur die Vielfältigkeit der Kulturen und Sprachen mit Naturlandschaften verbindet, sondern auch intellektuelle und akademische Räume bietet, die gerade in ihrer Unterschiedlichkeit und Heterogenität spannend sind – und die zu durchqueren den Aufenthalt in Innsbruck zu einem Abenteuer machen. Auch der tägliche Spaziergang zur Universität, der mir gestattet, den Inn ein Stück zu begleiten, ist ein Genuß, den ich anderswo nicht auf diese Art und Weise erfahren kann.
 
 

Ich bin Gast an der Universität Innsbruck, weil...

… ich zur Zeit an einem Forschungsprojekt arbeite, für das Innsbruck ein ausgezeichneter Ort ist. Das Projekt versucht, bestimmte Aspekte von Elfriede Jelineks Werk im Sinne einer Desartikulation des romantischen Fantasmas der "großen Literatur" zu lesen. Die seit der Romantik (und dem deutschen Idealismus) immer wieder beschworene problematische Fusion von Literatur, Religion und Politik im Syntagma "die große Literatur" ist die Hauptmotivation für das Projekt, und die Interdisziplinarität, die diese Untersuchung erfordert, ist insofern an der Universität Innsbruck gegeben und realisierbar, als ich hier von international renommierten Forscher:innen in der Vergleichenden Literaturwissenschaft, in der Philosophie und in der Germanistik lernen darf. (Ich hatte das Privileg, bereits früher an der Universitat Innsbruck Vorträge zu halten und an Konferenzen teilzunehmen, und im Zusammenhang mit diesen Aktivitäten konnte ich schon erste Eindrücke von der hohen Qualität der geisteswissenschaftlichen Forschung in Innsbruck gewinnen). Zudem stellen herausragende kulturelle Institutionen wie das einzigartige Brenner-Archiv zusätzliche Quellen der Inspiration dar.
 
 

Am wissenschaftlichen Arbeiten fasziniert mich...

… heute anderes als früher. Ganz zu Beginn verstand ich das wissenschaftliche Arbeiten eher als eine Tätigkeit, die hauptsächlich auf den akademisch-universitären Bereich beschränkt sein sollte – ein Verständnis, das sich wohl auch deshalb herausgebildet hatte, weil ich in meiner Laufbahn ausschließlich an angloamerikanischen Privatuniversitäten tätig gewesen war und immer noch bin, deren Campusarchitektur eine gleichsam "selbstverständliche" Distanz zur umgebenden Gesellschaft markierte. Aber mir wurde – manchmal auch gegen meinen eigenen Willen – immer wieder deutlich gemacht, dass akademisches und wissenschaftliches Arbeiten ohne Bezug auf die gesellschaftliche und politische Öffentlichkeit einer Selbstverblendung erliegt, die dazu führen kann, die schlimmsten gesellschaftspolitischen Vorurteile und Verhältnisse zu reproduzieren.

 

Meinen Studierenden gebe ich mit auf den Weg...

… dass sie niemals ein Erziehungs- und Lehrverhältnis hinnehmen sollen, welches auf der Annahme von Ungleichheit zwischen Lehrenden und Lernenden basiert, auch wenn diese angeblich nur anfänglich oder vorübergehend notwendig sei. Aus diesem Grund versuche ich auch immer wieder, gemeinsam mit den Studierenden die sogenannte sokratische Praxis der Lehre beziehungsweise des Unterrichts, die nach wie vor an Universitäten als exemplarische Pädagogik gilt, zumindet indirekt zu hinterfragen, da sie zur Reproduktion von intellektueller Ungleichheit wie auch von anderen Arten der Ungleichheit wesentlich beiträgt. Und die Studierenden, die hier an meinem Graduiertenseminar teilnehmen, stellen erneut die Gleichheit von Intelligenz, wie es der französische Philosoph Jacques Rancière nennt, unter Beweis.

 

Die Rolle der interdisziplinären Zusammenarbeit in der akademischen Forschung ist für mich wichtig, weil...

… es im Bereich der Geisteswissenschaften eigentlich immer eine Illusion war, streng innerhalb von disziplinären Grenzen denken und arbeiten zu können. Diejenigen Probleme, mit denen wir heute als Gesellschaft konfrontiert sind, können nicht von einer einzigen Disziplin untersucht werden, da diese Probleme einen Komplexitätsgrad erreicht haben, dem nur interdisziplinäre Kooperationen gerecht werden können. In diesem Zusammenhang ist selbstverständlich auch auf die Bedeutung von internationalen akademischen Kooperationen, von studentischem und professoralem Austausch, hinzuweisen, da diese kulturellen und sprachlichen Begegnungen vielleicht ein Modell abgeben, wie Gesellschaft heute zu leben wäre. In diesem Zusammenhang möchte ich als Anekdote kurz erwähnen, dass ich vor Jahrzehnten einer Feier des Abkommens zwischen der Universität Innsbruck und der University of New Orleans im French Quarter von New Orleans beiwohnen durfte, die mir bis heute lebendig und positiv im Gedächtnis geblieben ist.

 

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