Univ.-Prof. Mag. Dr. Andreas Bernkop-Schnürch
Drug Delivery

Die Arbeit unserer Forschungsgruppe fokussiert auf neuartige, innovative Arzneimittelverabreichungssysteme, die Wirkstoffe zum Zielort transportieren und so eine nachhaltige Wirkstofffreisetzung sowie eine verbesserte Absorption ermöglichen. Diese vielseitigen Systeme umfassen Oligomere, Polymere, Mizellen oder Lipidnanopartikel.
Viele Arzneimittel müssen unangenehmerweise parenteral verabreicht werden aufgrund ungenügender Verweilzeit am Anwendungsort mit einer folglich nicht ausreichend resorbierter Wirkstoffmenge für eine lokale oder systemische Wirkung. Unsere Systeme mit kationischen oder Thiol-Funktionalitäten haften an den Schleimhautschichten der Atemwege, des Magen-Darm-Trakts oder des Fortpflanzungstrakts und immobilisieren das Arzneimittel länger in der Nähe des Wirkorts. Auf zellulärer Ebene zeigen unsere Systeme eine verbesserte zelluläre Aufnahme und eine geringere Ausstoßung der Wirkstoffe aus den Zellen. Mit einer etwas komplexeren Methode, bei der kationische Funktionalitäten mit anionischen Ladungen maskiert werden, können wir die zu frühe Haftung unserer Systeme an den Adhäsionsmembranen verhindern und so stärkere Wechselwirkungen und eine höhere Arzneimittelkonzentration am Zielgewebe.
Die angewandten Arzneimittelverabreichungssysteme könnten neue Wege bei der nichtparenteralen Arzneimittelverabreichung eröffnen, etwa bei der okulären, oralen, bukkalen und nasalen Applikation mit reduzierter Anwendungsmenge und -häufigkeit.

Die nichtparenterale Verabreichung von Medikamenten bietet gegenüber der parenteralen Verabreichung mehrere Vorteile, wie eine einfache und bequeme Anwendung für die Patienten und eine starke lokale Wirkung. Besonders vorteilhaft sind mukoadhäsive Applikationssysteme, die engen Kontakt mit der Schleimhaut herstellen und die Verweilzeit der Medikamente verlängern. Ionische Kräfte, Wasserstoffbrücken und die Bildung von Disulfidbrücken zwischen thiolisierten Trägern und cysteinreichen Subdomänen von Schleimglykoproteinen können die Mukoadhäsion fördern und so die Wirksamkeit dieser Systeme steigern. In diesem Projekt konzentrieren wir uns auf die Synthese und Anwendung von kationischen und thiolisierten Nanopartikeln, sowie Oligo- und Polymeren als mukoadhäsive Applikationssysteme. Unsere bisherigen Ergebnisse zeigen ein hervorragendes Anwendungspotenzial für diese Systeme bei der nichtparenteralen Verabreichung von Medikamenten, mit verlängerter Verweilzeit in der Schleimhaut und anhaltender Wirkstofffreisetzung.
Ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Arzneimittelapplikation ist die Internalisierung der Trägersysteme in die Zielzellen. Aufgrund des anionischen Charakters der Zellmembran und oberflächlicher Proteine mit mehreren Thiol-Funktionalitäten, führt die Einführung kationischer oder thiolisierter Einheiten auf Arzneimittelträgern zu einer stärkeren Zellmembranassoziation, und folglich zu einer verbesserten Zellaufnahme. Wir haben bereits mehrere Oligo- und Polymersysteme sowie Nanopartikel mit zahlreichen kationischen und/oder Thiol-Einheiten synthetisiert und auf verschiedenen Zelllinien untersucht. Unsere Experimente zeigen, dass diese modifizierten Trägersysteme in größerem Umfang in die Zellen eindringen können als die nicht modifizierten Analoga. Des Weiteren wirkt die Efflux-Aktivität von Zellmembran-Glykoproteinen der verstärkten Akkumulation von Wirkstoffen in den Zellen entgegen, senkt deren Konzentration am Zielort und führt zu verringerten therapeutischen Ergebnissen und potenzieller Arzneimittelresistenz. Thiolisierte Oligomere zeigten ein hohes Potenzial zur Hemmung eines solchen Effluxes und könnten somit die Bioverfügbarkeit verschiedener Therapeutika verbessern.
Die polykationische Oberfläche von Nanopartikeln (NPs) zeigt starke Wechselwirkungen mit negativ geladener Schleimhaut und Zellmembranen. Folglich können diese Nanoträger nicht durch die Schleimschicht diffundieren, um die Absorptionsmembran zu erreichen und interagieren zudem unselektiv mit allen Zellen. Im Gegensatz dazu können negativ geladene Nanopartikel in eine tiefe Schleimschicht nahe der Absorptionsmembran eindringen, können jedoch wegen der fehlenden Wechselwirkung aufgrund ihres anionischen Charakters keine Zelluläre Aufnahme auslösen. Ladungsumkehrbare NPs haben aufgrund ihrer dynamischen Oberflächenladung erhebliches Interesse geweckt. Kationische NPs, die mit anionischen Oligo- und Polyphosphaten bedeckt sind, dringen in die tiefe Schleimschicht ein, wo der enzymatische Abbau der Phosphatbeschichtung zu kationischen NPs führt, die eine Schleimhautadhäsion nahe der Absorptionsmembran auslösen. Mit solchen adaptiven mehrschichtigen NPs, die einen Stealth-Effekt, eine geringere Immunogenität und längere Zirkulationszeiten aufweisen, kann außerdem eine selektive und verbesserte zelluläre Aufnahme erreicht werden.