Schrödinger in Innsbruck

Überschrittene Grenzen. Erwin Schrödinger und die Herausforderungen der Wissenschaftsbiografik

Seit Ende 2021 sind schwerwiegende Vorwürfe gegen den Physiker Erwin Schrödinger (1887-1961) erhoben worden, die von Pädophilie bis hin zu wiederholtem sexuellen Missbrauch reichen. Diese Anschuldigungen haben den öffentlichen Ruf des Nobelpreisträgers erheblich beschädigt.

In der medialen und akademischen Debatte wurde wiederholt die Frage aufgeworfen, ob diese gravierenden Vorwürfe überhaupt gerechtfertigt sind, litt die Diskussion doch unter einer unklaren Faktenlage: Zentrale Quellen waren bislang weitgehend unzugänglich. Dies hängt zumindest teilweise mit der Veröffentlichung einer Biografie zusammen (Schrödinger: Life and Thought von Walter Moore, 1989), die bereits zum Zeitpunkt ihres Erscheinens als problematisch galt.

Im Rahmen des Vortrags werden zahlreiche bisher unberücksichtigte Quellen (u.a. die als Ephemeriden bezeichneten Tagebücher Schrödingers, Briefe betroffener Frauen und Dokumente aus dem Nachlass des Biografen) ausgewertet. Auf dieser Grundlage wird nicht nur die Genese des Skandals um Erwin Schrödinger analysiert, sondern auch ein alternativer Blick auf Schrödingers komplexes Privatleben geworfen, der auch die Perspektiven der bislang weitgehend stumm gebliebenen Partnerinnen des Physikers berücksichtigt.

Schrödinger, Austria and Innsbruck

1925 marks the centenary of quantum mechanics. During Christmas of that year, Schrödinger made the great discovery of his equation and wave mechanics. Although he held appointments in ten cities across six countries, Schrödinger always longed to return to his homeland, Austria, and he had a special link with Innsbruck. Drawing on fresh insights from his recent biography, Schrödinger in Oxford, David Clary will explore these fascinating features in the life of this remarkable theoretical physicist.

Quantenphysik, Naturphilosophie und Poesie. Die Sammlungen Schrödinger, March, Braunizer

2017 erhielt das Brenner-Archiv eine umfangreiche Sammlung mit Teilnachlässen der österreichischen Physiker Erwin Schrödinger (1887–1961) und Arthur March (1891–1957) sowie deren Familien als Leihgabe. Weitere Dokumente aus dem Besitz Schrödingers wurden im Jahr 2020 von der Universität Innsbruck erworben. Schrödinger und March, die sich während ihres Studiums in Wien kennengelernt hatten, zählen zu den Pionieren der Quantenphysik, waren an naturphilosophischen Fragen interessiert und darüber hinaus literarisch tätig. Neben Arbeiten zur Physik enthält der Bestand Schrödingers Gedichtentwürfe, Zeichnungen seines Vaters Rudolf, Korrespondenzen und Lebensdokumente, darunter zahlreiche Fotografien. Im Rahmen der Förderinitiative „Kulturerbe digital“ wurden die Sammlungen digitalisiert und im Suchportal Kulturpool der Forschung und interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Anlässlich des Internationalen Jahres der Quantenwissenschaft und Quantentechnologie wird das Digitalisierungsprojekt vorgestellt.

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