Angelika Mitterhofer
Farewell Angelika Mitterhof
Im Februar 2017 entstanden die ersten Ideen für das Dissertationsprojekt von Angelika Mitterhofer zum Thema „Literarische Raumbeschreibungen im Werk von Sabine Gruber und
ihre Kontextualisierung durch die Literaturkritik“. Im Februar 2023 ist nicht nur die Arbeit abgeschlossen, sondern es wurde auch das Rigorosum bereits souverän bestanden. Die Erinnerungen wandern zurück und lassen den Zeitraum der Abfassung der Dissertation sowohl kurz als auch lang erscheinen, je nach den Episoden oder Stationen oder Arbeitsphasen, die aufgerufen werden: Von den ersten schriftlichen Skizzen bis zur gebundenen Dissertationsarbeit war es fraglos ein langer Weg, den Angelika Mitterhofer allerdings sehr selbständig und mit bewundernswerter Konsequenz ging. Dass sich dabei vier Vorträge und ebenso viele publizierte Aufsätze sowie im Rahmen des DKs angebotene Veranstaltungen und Reisen ausgingen, das ist keineswegs selbstverständlich, zumal ja auch pandemiebedingt über längere Zeitabschnitte hinweg gewohnte Arbeitsweisen und soziales Leben nur eingeschränkt möglich waren. An dieser Stelle muss auch allen an der Verwirklichung des DK-Programms beteiligten Personen ausdrücklich gedankt werden, denn das interdisziplinäre Konzept des DK und die durch zahlreiche Gastvorträge, Gespräche und Exkursionen sowie Ringvorlesungen gewonnenen Anregungen haben in der Arbeit sichtbare Spuren hinterlassen. Mit beratender Unterstützung auch der Zweitbetreuerin, Ao. Univ.-Prof. Dr. Sieglinde Klettenhammer konnte so eine Dissertation fertiggestellt werden, die auf Basis von raumtheoretischen Modellen Erkenntnisse über bislang unerkannte Strukturmerkmale und Bedeutungszusammenhänge im Werk von Sabine Gruber präsentiert. Als Zweigutachter und auch Prüfer für das Rigorosum konnte Prof. Dr. Dr. h. c. Stefan Neuhaus von der Universität Koblenz Landau gewonnen werden. Bei der Prüfung am 16. Februar unter dem Vorsitz von em. o. Univ.-Prof. Mag. Dr. Sigurd Paul Scheichl präsentierte Frau Mitterhofer auf sehr anschauliche Weise das Konzept ihrer Arbeit und konnte dann auch im daran anschließenden Gespräch die Kommission überzeugen. Damit ging dieser Abschnitt im akademischen Werdegang mit dem bestmöglichen Ergebnis zu Ende. Wir gratulieren Angelika Mitterhofer ganz herzlich dazu und wünschen ihr alles Gute für ihren weiteren beruflichen Werdegang!
Renate Giacomuzzi (im Namen der Mitglieder des Doktoratskollegs Austrian Studies)
Angelika Mitterhofer, Abstract der Dissertation, 1. März 2020
Zur Rolle der Raumnarration im Werk von Sabine Gruber und deren Aufnahme in der Literaturkritik
Die Romane Aushäusige, Stillbach oder Die Sehnsucht und Daldossioder Das Leben des Augenblicks sind drei Beispiele aus dem literarischen Schaffen Sabine Grubers, die komplexe Raumnarrationen als zentrales Charakteristikum aufweisen. Eine Analyse dieser literarischen Räume in den drei genannten Werken ist in mehrfacher Hinsicht relevant: Zunächst ermöglicht sie eine fundierte Betrachtung der Themen und Motive in den Romanen, gleichzeitig erfordert sie eine kritische Reflexion des Raumbegriffes mit neuen Impulsen. Der literarische Raum kann in diesem Kontext nämlich nicht auf den geografischen Aspekt reduziert werden, sondern resultiert vielmehr aus narrativen Elementen sowie aus der Kombination von Orten, Figuren und Zeit. Diese Verknüpfung zeigt sich nicht nur innerhalb eines Romans, sondern auch romanübergreifend, wenn beispielsweise Orte wie Venedig, Wien, Sarajewo und Südtirol sowie bestimmte Figuren in mehreren, einige auch in allen bisherigen Romanen Grubers eine Rolle spielen. Die seit dem spatial turn in den 1980er-Jahren auch in der Literaturwissenschaft vermehrt in den Blick genommenen Raumtheorien, wie beispielsweise Michail M. Bachtins Konzept des Chronotopos oder Michel de Certeaus Unterscheidung von Ort und Raum, werden als Orientierungspunkte herangezogen. Um die literarischen Räume in den Romanen Grubers aber adäquat analysieren zu können, wird über die jeweiligen Theorien hinausgedacht und verschiedene Konzepte werden miteinander verschränkt. Eine interdisziplinäre Perspektive bietet sich aufgrund der Themen in den Romanen an, insbesondere wenn es um die Literarisierung von Geschichte geht, denn die Romane bewegen sich zwischen Fiktionalität und einer von Sabine Gruber fundiert recherchierten Faktualität: So werden in Stillbach oder Die Sehnsucht anhand der Stadt Rom historische Entwicklungen des 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts thematisiert. In Daldossi oder Das Leben des Augenblicks gehören Kriegsfotografie und Krisenberichterstattung zu den zentralen Themen, die bereits in Grubers Debütroman Aushäusige zu finden sind und im Analyseteil nicht nur einer interdisziplinären, sondern auch einer intermedialen Betrachtungsweise bedürfen.
Zu dieser umfassenden Analyse zählt als Ergänzung des textimmanenten Zuganges auch die quantitative und qualitative Auswertung von Rezensionen aus deutsch- und italienischsprachigen Zeitungen sowie aus entsprechenden Literatur- und Kulturzeitschriften. Die Buchbesprechungen werden dahingehend untersucht, wie die komplexen Räume in den drei ausgewählten Romanen thematisiert und wie Autorin und Werk kontextualisiert werden.