... wurde der Universitätsdrucker angeklagt ...

Universitätsstädte benötigten Buchdrucker. Diese und ihre Schriftsetzer gehörten aber auch zu den ersten, die die Verschriftlichung unerwünschter, gar „aufrührerischer“ oder „ketzerischer“ Ideen zu Gesicht bekamen und sie rasch verbreiten konnten. Wie also sie kontrollieren?
Symbolbild Allgemeines Personal
Bild: Symbolbild Allgemeines Personal: Schreiben des Rektorats an das Gubernium, 11. Mai 1835, Aufstellung derjenigen Personen, die in der Wohnung ein Wohnrecht haben. (Credit: Universitätsarchiv Innsbruck, Akten des Rektorats, Karton 15, 129/R 1834/35.)

UAI, Tagebuch Theologische Fakultät, Bd. I. Einträge v. 27. Jänner 1690, 20. März 1690, 13. Juli 1691, 20. Februar 1694, 24. Februar 1696, 15. Mai 1702. Üb.v. Wolfgang Kofler (2), Nikolaus Hölzl, Martin Korenjak, Gabriela Kompatscher.

UAI, Tagebuch Theologische Fakultät, Bd. I. Einträge v. 27. Jänner 1690, 20. März 1690, 13. Juli 1691, 20. Februar 1694, 24. Februar 1696, 15. Mai 1702. Üb.v. Wolfgang Kofler (2), Nikolaus Hölzl, Martin Korenjak, Gabriela Kompatscher.

Übersetzung:

Bei derselben Gelegenheit wurde der Universitätsdrucker vor der ganzen Fakultät vom Dekan angeklagt, weil er ohne Genehmigung ein Gratulationsgedicht publiziert hatte. Die Fakultät beauftragte den Dekan, den Drucker, der früher schon Ähnliches gewagt hatte, zu sich zu zitieren und ihn dann angemessen zu tadeln. Falls er sich nicht bessere, solle er ihn beim Rektor anzeigen. So wurde es dann auch gemacht.

Weil der Universitätsdrucker die neulich an ihn ergangene Ermahnung ignoriert und diese gedruckt hatte, wurde er vom Dekan bei Seiner Magnifizenz angezeigt.

Der Drucker der Universität wurde von dem sehr verehrten Kirchenamt in Brixen beschuldigt, weil er ohne Erlaubnis des Bischofs eine skandalöse Angelegenheit über eine bestimmte Wurzel, auf Deutsch Allermanns Harnisch, [Allium victorialis, Bergknoblauch] ihre Wirkungen und Unterarten, verbreitet hat. Er wurde mit dem Karzer bestraft durch Seine Magnifizenz, den Herrn Rektor, und ihm wurde gedroht, sollte er hernach jemals wieder etwas ohne die Zustimmung der theologischen Fakultät drucken, werde er vom Amt des Druckers der Universität entfernt.

Vor dem Quinquagesima-Sonntag wurde vom Dekan der Universitätsdrucker einbestellt, und zwar wegen eines Zettels, dessen Inhalt in manchem den guten Sitten widersprach, den er nicht nur ohne die Erlaubnis, sondern auch gegen häufige strenge Ermahnungen und Zurechtweisungen seiner Obrigen gedruckt hatte und der von maskierten Fastnachtern im Volk verbreitet worden war. Der Drucker schob die Schuld auf seinen ketzerischen Compagnon; deshalb wurde die Untersuchung dieser Angelegenheit weiter verschoben.

Sitzung der Dekane und Exdekane [...] Des weiteren wurden dem Universitätsdrucker angesichts seiner großen Armut 15 Gulden aus der Universitätskasse als Almosen zugestanden.

Der neue Buchdrucker Johannes Anton Reisacher legte zu Händen des Herrn Universitätskanzlers das Glaubensbekenntnis ab gemäß der Verfügung des Tridentinischen Konzils.

Universitätsarchiv Innsbruck, Tagebuch Theologische Fakultät, Bd. I. Einträge v. 27. Jänner 1690, 20. März 1690, 13. Juli 1691, 20. Februar 1694, 24. Februar 1696, 15. Mai 1702.
Üb.v. Wolfgang Kofler (2), Nikolaus Hölzl, Martin Korenjak, Gabriela Kompatscher.

 

In verschiedenen Einträgen des Fakultätstagebuches der Theologischen Fakultät wurde in den ersten Jahrzehnten des Bestehens der Universität wiederholt moniert, dass sich der Buchdrucker über die Vorschrift, alles, was er drucken will, vorher der Theologischen Fakultät zur Genehmigung vorzulegen, hinweggesetzt habe. Die Theologische Fakultät war zu dieser Zeit mit der (Präventiv-)Zensur betraut. Der Universitätskanzler, vor dem sich der Drucker durch den Eid auf das Tridentinische Glaubensbekenntnis zum katholischen Glauben bekannte, war der jeweilige Bischof von Brixen, der aber, da nicht in Innsbruck residierend, einen Geistlichen vor Ort zu seinem Stellvertreter erwählte. Die Universität Innsbruck war von Kaiser Leopold, angesichts der zahlreichen protestantischen Universitäten, auch zum Schutz der katholischen Religion gegründet worden.

Sie war zunächst eine Korporation mit ihren eigenen Statuten und Privilegien. Zu dieser Universitas gehörten nicht nur die Lehrenden und Studierenden, sondern, sofern es sich um weltliche verheiratete Professoren handelte, auch deren Familien, das allgemeine Personal (Notar, Pedell, Türsteher) und ihre Familien, der Universitätsbuchdrucker, ein Fecht- und ein Tanzmeister und ggf. andere für den Universitätsbetrieb nötige Personen. Die Universität hatte die zivile Gerichtsbarkeit über alle ihre Mitglieder und die diesen untergebenen Personen. Berufungen gingen an die landesfürstliche Regierung bzw. in kirchlichen Angelegenheiten an den Bischof von Brixen. Im Strafrecht war die Zuständigkeit der Universität begrenzt. Delikte, die mit Todesstrafe oder lebenslanger Haft geahndet werden sollten, konnten zwar beraten werden, doch musste der Akt an die Regierung gehen, die entschied.

Im 18. Jahrhundert kam es im Zuge von Vereinheitlichung und Zentralisierung der habsburgischen Länder auch zu Auseinandersetzungen um die Definitionsmacht im Zensurwesen, das zunächst bei den Theologischen Fakultäten angesiedelt war – erste Konflikte zwischen diesen und staatlichen Ansprüchen gab es bereits unter Karl VI.

1751 richtete Maria Theresia im Rahmen ihrer Verwaltungsreformen eine permanente Zensurkommission ein, wodurch eine dauerhafte Institutionalisierung und Kodifizierung der Zensur erreicht wurde. Die Leitung dieser Kommission hatte bis zu seinem Tod 1772 Gottfried van Swieten inne. Die Zensur theologischer und philosophischer Schriften blieb zunächst noch an den Theologischen Fakultäten. Joseph II. etablierte 1781 die (zentrale) Bücherzensurhofkommission, die allein befugt war, Verbote auszusprechen. Das Gubernium erhielt dann jeweils die entsprechenden Informationen.

Allerdings war zwischen 1780 bis 1792 die Zensur stark gelockert und von einer eher liberalen Grundhaltung geprägt. Unter Franz II./I. kam es wieder zu einer rigiden Handhabung.

(Margret Friedrich)

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