... daß die gro­ßen Fe­rien auf die Mo­na­the Juli und Au­gust verlegt wer­den.

Im Jahr 1825 konnten die Professoren der Universität in einem für die Zeit seltenen Akt der Mitbestimmung darüber entscheiden, auf welche Monate die Sommerferien gelegt werden sollten. Die Mehrheit entschied sich für August und September, diese Regelung hielt dann für knapp ein Jahrhundert. Die Abstimmung der Professoren gibt uns auch Einblicke in das Ferienprogramm der Professoren.
Symbolbild Professoren
Bild: Symbolbild Professoren. Montage (von links): Rektorsgemälde Hieronymus Leopold Bacchettoni (18. Jh.), Büste von Franz Xaver Jellenz (18. Jh.), Prof. Carl Heider (Ferdinadeum Sign. FB16339–013). (Credit: Universität Innsbruck/Ferdinandeum)

Universitätsarchiv Innsbruck, Akten des Rektorats, 80/R ex 1824/25.Transkription:

Hochlöbliches k.k. Landes-Gubernium für Tirol und Vorarlberg

Inliegend übergibt der gehorsamst Unterzeichnete die auf Allerhöchsten Auftrag Seiner Majestät von der hohen Landesstelle (unter Nr. 10199/1187 St.) abgeforderte eigenhändige Erklärung sämtlicher Professoren des hiesigen Lyceums über die Frage, ob die großen Schulferien in den Monathen Juli und August oder wie bisher in den Monathen September und October abgehalten werden sollen. Aus dieser Anlage wird die hohe Landesstelle ersehen, daß die Meinungen der hiesigen Professoren für beyde Ansichten beynahe in zwey gleiche Theile getheilt sind, indem sieben derselben die alten Ferien-Zeit beybehalten, acht aber dieselbe auf die Monathe Juli und August verlegt haben möchten. Der Unterzeichnete selbst ist unentschieden, welcher dieser beyden Meinungen er sich anschließen soll. Die Obst- und Weinlese in den Monathen September und October gibt für Studierende und Professoren der Vacanz in diesen Monathen einen eigenen Reitz, den noch bey [sic!] mehreren Herbstunterhaltungen anderer Art z.B. Jagten und Vogelfang erhöhen. Dagegen glaubt der gehorsamst Unterzeichnete, daß der Hauptzweck, den der Professor und der Student nie aus dem Auge verlieren soll, die Beförderung des Studiums selbst durch die Verlegung der großen Ferien auf die Monathe Juli und August nur befördert werden könne. Die große Wärme in diesen Monathen bringt eine Art Abspannung hervor, die auch zu den Geistesarbeiten weniger tüchtig macht. Der Nachtheil für das Studium fällt sogleich nur auf einen Monath, da der andere ohnehin für die Prüfungen verwendet wird, allein auch ein für den Unterricht weniger fruchtbares Monath bleibt für die Studien ein großer, beherzenswerther Verlust. Dazu kommt noch, daß für manchen der ältern Professoren, so wie für mehrere Studierende das Bedürfnis einer Badecur eintreten kann, für welches die Monathe Juli und August am geeignetesten sind.

Würden die großen Ferien auf die Monathe August und September verlegt, so geschehe freylich beyden Anforderungen genüge, und sämmtlichen Professoren wäre diese Abänderung höchst erwünscht, da aber von dieser letzten Modification keine Frage ist, so glaubt der gehorsamst Unterzeichnete aus besondrer Rücksicht für die Beförderung des Studiums selbst seinen Wunsch dahin aussprechen zu müssen, daß die großen Ferien auf die Monathe Juli und August verlegt werden.

Neben den großen Ferien wurden noch bis weit in das 19. Jahrhundert immer wieder zusätzliche Ferialtage gewährt, hier etwa am Namenstag von Kaiser Elisabeth („Sissi“).
Neben den großen Ferien wurden noch bis weit in das 19. Jahrhundert immer wieder zusätzliche Ferialtage gewährt, hier etwa am Namenstag von Kaiser Elisabeth („Sissi“). (Bild: Universitätsarchiv Innsbruck)

Innsbruck, den 1. Juni 1825

Schwalt

An das hochlöbliche k.k. Landesgubernium für Tirol und Vorarlberg. 

Universitätsarchiv Innsbruck, Akten des Rektorats, 80/R ex 1824/25.

Gemäß den ersten Statuten der Universität begannen die großen Ferien – sie werden wahlweise als Sommer- oder Herbstferien bezeichnet – am Bartholomäustag, dem 24. August, der im bäuerlichen Kalender traditionell das Ende des Sommers bezeichnete. Die Ferien dauerten dann bis zum Fest der Apostel Simon und Judas (28.10.). Im Laufe des 18. Jahrhunderts änderte sich das genaue Datum von Beginn und Ende der Sommerferien zwar mehrfach, im Kern waren jedoch der September und der Oktober Ferialzeiten.

Neben den großen Ferien im Sommer gab es allerdings noch eine beträchtliche Zahl an freien Tagen über das Jahr verteilt: dies galt für die große Zahl an kirchlichen Feiertagen, dazu kamen die Festtage der Patrone von Universität und der einzelnen Fakultäten (hier hatten oft aber nur die jeweiligen Fakultäten frei) sowie der Patrone des Jesuitenordens. Außerdem gab die Universitätsleitung bei zahlreichen „Festivitäten und Solemnitäten“ (wie etwa dem Geburtstag oder dem Namenstag des Kaisers) zu Fasnacht oder aus Anlass des Haller Markts den Studenten frei. Außerdem war der Donnerstag grundsätzlich ein Erholungstag, da ja der Samstag ein gewöhnlicher Werktag war. Dazu kamen die Ferien zu Weihnachten und zu Ostern, wo zwischen einer und zwei Wochen frei war. Ostern teilte das Studienjahr traditionell in zwei Teile – modern gesprochen waren die Semesterferien bis ins frühe 20. Jahrhundert die Osterferien. Daher war man im Laufe des 18. Jahrhunderts mehr und mehr bestrebt, die freien Tagen möglichst zu begrenzen, umso wichtiger wurden daher auch die großen Ferien.

Im Jahr 1827 wurden die großen Ferien an der Universität Innsbruck schließlich auf den August und September gelegt. Zuvor hatte es, wie das obige Dokument zeigt, eine Abstimmung unter den Professoren darüber gegeben, ob die Ferienzeiten auf September–Oktober oder Juli–August gelegt werden sollten. Die Abstimmung ging allerdings fast unentschieden aus, wobei die meisten Professoren, wie der Studiendirektor schreibt, August und September als Ferienmonate bevorzugen würden, was zwar nicht zur Auswahl stünde, aber von „sämmtlichen Professoren ... höchst erwünscht“ sei. Die Erklärungen der Professoren für ihre jeweilige Entscheidung geben uns auch Einblick in die bevorzugten Ferienaktivitäten der Professoren, wobei besonders das Reisen und der Aufenthalt in Kurorten offenbar hoch im Kurs standen. Außerdem verwiesen viele Professoren darauf, dass die Hitze des Sommers die Arbeit weniger produktiv mache.

Im Jahr 1836 gab es neuerlich eine Anfrage, ob die Universität wieder zur vormaligen Regelung zurückkehren möchten oder die aktuelle Regelung beibehalten werden sollte. Auch hier wurde, wie im obigen Dokument 1825, wieder eine Umfrage unter den Professoren gemacht, wobei die Abstimmung nun eindeutig zugunsten der Monate August und September ausfiel. Die Argumente waren ähnlich wie ein Jahrzehnt zuvor. Der Jurist Kajetan Prockner argumentierte dabei unter anderem: „ ... läßt man ferner nicht unberücksichtigt, daß Professoren – in der Regel ältere Männer –  einen Theil der Sommerzeit zu Bädern und ländlichen Zerstreuungen verwenden, die sichtlich die Dauer ihrer Dienstzeit verlängern und dem Staate lästige Pensionen erspart, so dürfte nach meiner Meinung wohl kaum eine Änderung der gegenwärtigen Ferienzeit eintretten.“

Im Jahr 1857 wurde dann monarchieweit die Dauer des Studienjahrs geregelt, und dieses mit Ende Juli geschlossen und am 1. Oktober begonnen. Bei dieser Regelung blieb es dann auch für das weitere 19. Jahrhundert.

(Christof Aichner)

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