Pia Andreatta

Empathie und Wissenschaft

(12.07.2019)

Pia Andreatta's Forschungsgegenstand sind Menschen und ihre Schicksale. Als Trauma- und Konfliktforscherin entwickelt und erforscht die Vorarlbergerin, wie Traumatisierungen besser verstanden und behandelt werden können.

Der Gaza-Streifen, der Libanon, Sri Lanka oder Syrien: krisengebeutelte Regionen, in denen Krieg und Terror die Menschen zeichnen. Pia Andreatta hat diese Länder für Forschungsaufenthalte bereist, um als Trauma- und Konfliktforscherin vor Ort psychologische Hilfe zu leisten. „Trauma ist nicht gleich Trauma: Ursprung, Zeitpunkt und Kreis der Betroffenen beeinflussen eine Traumatisierung enorm“, weiß die Expertin. Im Gaza-Streifen unterstützte sie Helfer, in Syrien ging es um notfallpsychologische Betreuung unterschiedlichster Bevölkerungsgruppen wie Frauen oder traumatisierte Kinder. In Sri Lanka stand die Aufarbeitung nach dem Bürgerkrieg im Fokus. „Dort habe ich entdeckt, dass es kein Konzept für den Umgang mit Vermissenden gibt. Was tun, wenn Menschen nach Kriegen Angehörige vermissen und keine Gewissheit haben?“, erklärt die assoziierte Professorin. Die Forschungseinsätze ermöglichen ihr, vor Ort praktische Methoden zu entwickeln und anzuwenden.

Schutzschild

Die Wissenschaft sei ihr Schutz, meint Pia Andreatta auf die Frage, wie sie mit dem Erlebten umgeht: „Natürlich erschrecke ich, wenn Bomben fallen. Das braucht Zeit zum Verarbeiten. Die wissenschaftliche Arbeit hilft mir, zu verstehen, was ich erlebt und gesehen habe und die Geschehnisse zu verarbeiten“, erzählt sie. Manchmal sei es aber auch gut, dass man nicht genau wisse, was einen erwarte. Gerade der Einsatz in Syrien sei erschütternd gewesen. „Da bin ich froh um die gelernte Krankenschwester in mir, die mir eine starke praktische Orientierung gibt“, so Pia Andreatta. Die Rückkehr in das eigene Leben fällt da nicht leicht. Mit der Forschung warte jedoch eine Aufgabe, sie gebe der assoziierten Professorin ein Ziel, etwas aus den Erlebnissen zu machen. „Die Wissenschaft erleichtert das Zurückfinden und Verarbeiten“, meint Andreatta.

Theorie-Praxis-Relation

„Irgendwas mit Menschen machen“ wollte sie schon immer. Dass Pia Andreatta aber als assoziierte Professorin an der Universität landen werde, hätte sie sich nie gedacht. Die gebürtige Vorarlbergerin arbeitete als psychiatrische Krankenschwester in Bregenz. „Ausnahmezustände und schwierige Umstände bei Menschen haben mich immer schon interessiert“, so Pia Andreatta. Nach einigen Jahren strebt sie nach mehr Wissen und beginnt, Psychologie zu studieren. Das Studium bringt sie zur Notfallpsychologie, über zehn Jahre ist Andreatta in der Krisenintervention tätig und kommt so schließlich an die Universität. „Mit der Trauma- und Konfliktforschung habe ich ein Berufsfeld gefunden, das Praxis und Wissenschaft zusammenbringt“, zeigt sie sich zufrieden. Empathie ist für Pia Andreatta die wichtigste Voraussetzung: „Man muss sich einfühlen in andere Menschen, darf nicht zu distanziert sein. Aber man muss wissen, wie man selbst mit den Schicksalen umgeht.“

(Autorin: Katharina Wildauer)

StartseiteAlle Porträts

Steckbrief

Pia Andreatta

Name

assoz. Prof. Mag. Dr. Pia Andreatta

Funktion

assoz. Professorin und stv. Leiterin am Institut für Psychosoziale Intervention und Kommunikationsforschung

An der Uni seit

2004

Wohnort

Innsbruck

Herkunft

Vorarlberg

Nach oben scrollen