Workshop

WORKSHOP ZUM „ORIGINAL“

Die Archivalie im Zeitalter der multimedialen Repräsentierbarkeit

  Donnerstag, 29.9.2022 und Freitag, 30.9.2022

  17:00–19:30 Uhr und 09:00–16:00 Uhr

  Forschungsinstitut Brenner-Archiv, Josef-Hirn-Str. 5, 10. Stock, 6020 Innsbruck

  Die Anzahl der Teilnehmer*innen ist begrenzt. Um Anmeldung wird gebeten.

Donnerstag, 29.9.2022

17:00

Begrüßung

17:20

Alexander Honold (Basel)
Schnee auf Papier. Schreibspuren in Kafkas Schloss-Roman

18:00

Anita Eichinger (Wien)
Die Herausforderung des digitalen Sammelns

19:30

Abendessen der Referentinnen und Referenten

Freitag, 30.9.2022

09:00

Michael Schorner (Innsbruck)
Die Archivalie im Zeitalter der multimedialen Repräsentierbarkeit

09:40

Anton Unterkircher (Innsbruck)
Die Aura des Originals

10:20

Markus Ender (Innsbruck)
Sammlung Ficker-Briefwechsel, die Kopie als Original

10:50

Konrad Heumann  (Frankfurt am Main)
Der Mehrwert des Originals

11:30

Maria Piok (Innsbruck)
Multimediale Originale: Ton-, Bühnen-, Filmscherben im Archiv

12:00

Mittagspause

13:00

Ulrich Lobis und Joseph Wang-Kathrein (Innsbruck)
Das digitale Original

13:30

Anja Grebe (Krems)
Material re-turn. Kuratorische Herausforderungen im (post)digitalen Zeitalter

14:10

Gabriele Klunkert (Weimar)
(Retro-)Digitalisierung im Spannungsfeld zwischen Originalerhalt und Open Access – ein Werkstattbericht aus dem Goethe- und Schiller-Archiv Weimar

14:50

Abschlussdiskussion

Kaffee + Kuchen

16:00

Ende der Veranstaltung

In Zeiten von Digitalisierung und virtuellen Welten ist der der Begriff des Originals in eine Krise geraten, nicht zuletzt im Literaturarchiv.

Gerade die Corona-Epidemie zeigt, wie wichtig es ist, Digitalisate für die Forschung und eine interessierte Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Das Digitalisat repräsentiert den Bestand auch zunehmend im Netz. Doch wird dadurch das Original im Archiv obsolet? Was ist der Mehrwert des Originals, der im Archiv so selbstverständlich angenommen, vielleicht aber auch zu wenig hinterfragt wird? Denn inzwischen gibt es auch qualitativ hochwertige Digitalisate, die den Objektcharakter des Originals dreidimensional darstellen können. Bleibt also nur mehr die Materialität, also etwa das sinnliche Erfassen der Papierart. Ist das nun noch ein Mehrwert etwa für die Wissenschaft, oder ist das nur mehr etwas für Handschriftenliebhaber? Was hat es mit der vielbeschworenen Aura des Originals für eine Bewandtnis, die durch die Nutzerinnen imaginiert wird?

Was konstituiert ein Original? Ist es seine zeitliche Kontinuität, sein „Hier und Jetzt, sein einmaliges Dasein“, an dem und an nichts sonst sich die Geschichte vollzog (Benjamin), seine Zeichenhaftigkeit für ein Ganzes zu stehen und davon intrinsischer Teil zu sein? Sind zeitliche Kontinuität und die damit in Verbindung gebrachte Authentizität nur durch das Materielle des Überlieferungsträgers gewährleistet? Oder sind Authentizität und Hier und Jetzt nur Nebenprodukte, das Original vielmehr durch seine Reproduzierbarkeit ex negativo definiert und als ein „vielen zubestimmtes Werk der Idee nach bereits seine Reproduktion“ (Adorno)?

Ist die Archivalie vollständig digital repräsentierbar, in Information und Metadaten kodierbar oder entfaltet sie ihren Aussagewert erst physisch im Bestand, der Idee, Verfahren, Herkunft und Kontext eines Texts gleichermaßen enthält? Ist der Mehrwert von materiellen Kulturgütern, selbst Teil der Geschichte zu sein, überhaupt digital erfassbar? Sind Textzeugen nur Überlieferungs- und Informationsträger? „Unser Schreibzeug arbeitet mit an unseren Gedanken“ schwante bereits Nietzsche, als er diesen Satz in seine neue Schreibmaschine tippte. Inwiefern vermittelt uns der physische Überlieferungsträger den Denk- und Schreibprozess? Braucht Literatur die Verknüpfung mit einem Ort, Zeitpunkt und dem Gegenständlichen, braucht die Philologie eine Hermeneutik des Haptischen? Lassen die Möglichkeiten der Digitalisierung wieder mehr Beachtung des Materiellen, der Medialität des Originals zu, im Sinne eines material turn?

Wie soll der Originalbegriff auf das schon digital Entstandene („born digital“) angewandt werden, das schon von Beginn an Repräsentation ist, dessen Langzeitspeicherung in der medialen Umwandlung besteht und dessen Materialisierung erst im Nachhinein möglich ist?

Der Megatrend Digitalisierung hat Konsequenzen für die Bedeutung und Bewertung des Materiellen, des Einzelnen, des Unverwechselbaren, des Originals. Während sich das Begehren nach dem Unverwechselbaren im Hype um Non Fungible Tokens und den astronomischen Preisen am Autographenmarkt ausdrückt, spielt die mediale Vervielfältigung durch digitale Repräsentationen im Internet eine zunehmende Rolle in einer „Ökonomie der Aufmerksamkeit“. Der Umgang mit Original und Repräsentation gleichermaßen gehört heute zu den Legitimationsstrategien von Archiven sowie Museen. Das wirft die Frage auf, wo Kulturträger heute zu verorten sind: Im Netz oder in den Depots der Archive? Und wird durch die digitale Vermittlung das Original nicht erst sichtbar und damit aufgewertet? Gerät das Original, überdeckt von seinen medialen Transformationen und zunehmenden Möglichkeiten der digitalen Bildoptimierung, gar zu einer minderwertigen Kopie seiner selbst (Latour)?

Der Workshop soll dazu beitragen, den Bedeutungswandel des Originals und den wissenschaftlichen und kulturellen Umgang mit Original und Repräsentation hinsichtlich der heutigen Digitalisierungsmöglichkeiten aus verschiedenen Perspektiven und Disziplinen zu beleuchten.

Organisation: Michael Schorner, Ulrike Tanzer, Anton Unterkircher

Kontakt: Anton.Unterkircher@uibk.ac.at oder Michael.Schorner@uibk.ac.at

Die Anzahl der Teilnehmer*innen ist begrenzt. Um Anmeldung wird gebeten.


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