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Foto: Queen Elisabeth II in der Herzog-Friedrich-Straße auf dem Weg zur Hofburg (li. Lilly Sauter, re. Landeshauptmann Eduard Wallnöfer). Credit: Peter Treichl, Forschungsinstitut Brenner-Archiv, Nachlass Lilly Sauter, Sig. 163-15-3

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Am 8. Mai 1969 um 10.00 Uhr stieg die britische Königin Elisabeth II. in Begleitung von Prinz Philip und der neunzehnjährigen Prinzessin Anne am Innsbrucker Bahnhof aus ihrem privaten Salonwagen, um Innsbruck einen fünfstündigen Besuch abzustatten. Vom Landeshauptmann Eduard Wallnöfer und Bischof Paulus Rusch abwärts waren Landesräte, Bürgermeister, Stadträte und Vertreter der Hohen Geistlichkeit beim Empfang auf den Beinen. Schützenkompanien, Sportler*innen; Blasmusikkapellen, Trachtenvereine, Chöre, Schulklassen und Brauchtumsgruppen bildeten Spaliere und präsentierten das offizielle Gesicht Tirols. „Tiroler säumten die Straßen“ und „Fünf Stunden Jubel für die Königin“, hieß es auf der Titelseite der Tiroler Tageszeitung vom 9. Mai 1969.

Das Ereignis, vor allem die Einhaltung des diplomatischen Protokolls eines Staatsbesuches, hielt die Tiroler Landesregierung einigermaßen in Atem, wie man aus dem minutiös geplanten Ablaufprogramm des Besuchs schließen darf.[i] Da war keine Minute dem Zufall überlassen. „Zur gefälligen Beachtung“ wurde jenen, die zum „Frühstück“ mit der Queen im Riesensaal der Hofburg geladen waren, ein ausführliches Protokoll zur Abfolge der Begrüßung, korrekten Anrede und der passenden Verhaltensweisen übermittelt, wohl damit keine Peinlichkeiten passierten.  

Für Elisabeth II. war diese Stippvisite nur eine unter vielen Agenden in ihrem normalen Arbeitsprogramm. Die Tiroler Landesvertreter, allen voran Eduard Wallnöfer, chauffierten die Königsfamilie zunächst ins Wipptal, um die Europabrücke, das damals weltweit prominenteste Monument des Straßenbaus, zu zeigen. Dann führte man die Königin zu einem Bauernhof nach Sistrans, danach ging es durch die Innsbrucker Altstadt mit einer Führung durch die Schwarzmanderkirche und durch die Kunstschätze der Hofburg. Um 13.20 durfte die Königin schließlich eine Pause machen: Es wurden im Riesensaal der Hofburg nicht nur Geschenke, darunter ein Paar Ski für Prinzessin Anne, übergeben, sondern auch ein spätes „Frühstück“ gereicht. Um 15.10 fuhr der Salonzug Ihrer Majestät weiter nach Salzburg.

Der Schriftstellerin Lilly Sauter (1913–1972) fiel die Aufgabe zu, die Königsfamilie durch die Hofkirche und Kunstdenkmäler der Hofburg zu führen. Niemand wäre dieser Aufgabe wohl besser gewachsen gewesen, als die damalige Kustodin von Schloss Ambras, die mehrsprachig und weltläufig internationale Kontakte pflegte. Sauter schrieb über diesen Besuch der Queen einen vermutlich nie publizierten Beitrag, in dem sie die Atmosphäre und Stimmung des gedrängten Programms festhielt. Weniger wäre mehr, war wohl Lilly Sauters Meinung. Mit subtiler Ironie heißt es darin: „Wie wär’s, wenn man auch einmal eine Frau an Protokoll-Besprechungen teilnehmen ließe?“[ii]. Sehr wahrscheinlich würden dann weniger hohe Ansprüche an das Durchhaltevermögen der Beteiligten gestellt und die Fülle des „mit Liebe und Begeisterung Gebotenen“ wäre dann ein wenig leichter zu bewältigen. Sauter listet den Ablauf der Programmpunkte auf und tatsächlich waren beispielsweise für den Gang durch die Altstadt nur drei Minuten, für die Besichtigung der Hofkirche nur zehn Minuten geplant – Tirol im Sightseeing-Galopp.   

Der Besuch der englischen Königin ist indes auch literarisch verewigt. Am selben Tag fanden nicht unweit des königlichen Geschehens am Rennweg im Innsbrucker Haus der Begegnung die letzten „Österreichischen Jugendkulturwochen“[iii] statt, jene legendären Begegnungen der Avantgarde, bei denen sich die junge Generation mitunter mit rebellischen Tönen gegenüber dem Establishment bemerkbar machte und die aktuellen Trends in Kunst und Kultur aufspürte. Von Jelinek bis Artmann waren alle versammelt, der junge Südtiroler Norbert C. Kaser war auch dabei. „literarisch erstmals gelobt bin ich worden bei den abgewuergten jugendkulturwochen“, schreibt er in seinem Stadtstich zu „innsbruck“, in dem auch „die englische liesl auf dem rennweg“ durch den Text geistert. [iv] 

Christine Riccabona

 

Fotos: © Peter Treichl, Forschungsinstitut Brenner-Archiv 

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[i] Siehe das zehnseitige „Ablaufprogramm. Nur für den internen Dienstgebrauch!“, Nachlass Lilly Sauter, Sig. 163-15-3.
[ii] Lilly Sauter: Queen Elizabeth in Tirol, Typoskript, Nachlass Lilly Sauter, Sig. 163-15-3
[iii] Christine Riccabona, Erika Wimmer, Milena Meller: Ton Zeichen . Zeilen Sprünge. Die Österreichischen Jugendkulturwochen (1950 – 1969) in Innsbruck. Innsbruck (StudienVerlag), 2006.
[iv] norbert c. kaser: Prosa. Geschichten – Schultexte – Stadtstiche - Glossen – Kritik. Hrsg. v. Benedikt Sauer, Erika Wimmer-Webhofer. Innsbruck: Haymon, 1988, S. 100f.  

  

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