Egon Ritter von Schweidler [*1873 - †1948]

 Egon Ritter von Schweidler [*1873 - †1948]

Egon Rit­ter von Schweid­ler [*1873 - †1948] : Vor­stand des Phy­si­ka­li­schen Insti­tu­tes der Uni­ver­si­tät Inns­bruck (1911 – 1926)

Anlässlich des 340. Jubiläums der Gründung der Universität Innsbruck werden Ausschnitte der Geschichte der Innsbrucker Alma Mater präsentiert.

Hans Benndorf, Prof. der Physik an der Universität Graz, charakterisierte in seinem Nachruf  den Forscher Schweidler folgendermaßen: „Schweidler gehört unter den österreichischen Physikern zu den Besten und hat sich durch seine Arbeiten ein Denkmal gesetzt, das verhindern wird, dass sein Name in der Geschichte der Physik verloren geht“, und der Lehrer Schweidler sagte über sich folgendes: „Wenn meine Hörer sich in meiner Vorlesung nur halb soviel langweilen, wie ich mich selbst, dann kann ich sie nur aufs allerhöchste bedauern“.

Schweidler war der Typus eines allein schaffenden, zurückgezogenen, stillen, manchmal reservierten, kritischen Forschers, dem aber eine richtige Selbsteinschätzung und eine Portion Humor nicht fehlten!

Egon Schweidler wurde 1873 in Wien als Sohn eines Hof- und Gerichtsadvokaten geboren, maturierte 1890 am Schottengymnasium, studierte anschließend bis 1894 Physik und Mathematik an der Universität Wien, und wurde 1895 zum Dr.phil. promoviert (Dissertationsthema: „Über die innere Reibung und elektrische Leitfähigkeit von Quecksilber und einigen Amalgamen“). Im selben Jahr wurde er neben H. Benndorf zweiter Assistent am Physikalisch-Chemischen  Institut (später: II. Physikalisches Institut) von Franz S. Exner und war zunächst mit der Abhaltung des Physikalischen Praktikums für Anfänger betraut. Vier Jahre später, 1899, wurde ihm die Venia für „das Gesamtfach Physik“ erteilt. Ein Forschungsschwerpunkt von Schweidler im Exner-Institut war ‚Luftelektrizität’, wobei er mit Hans Benndorf, Heinrich Mache und Victor F. Hess zusammenarbeitete, ein anderer das Gebiet der  ‚Radioaktivität’. In dieser Zeit entdeckte er gemeinsam mit Stefan Meyer die magnetische Ablenkbarkeit der ß-Strahlen; gemeinsam mit Heinrich Mache veröffentlichte er 1909 das Buch „Atmosphärische Elektrizität“. Seine wohl berühmteste und ‚folgenschwerste’ nur drei Seiten lange Arbeit entstand 1905: „Über die Schwankungen der radioaktiven Umwandlung“.  Darin äußerte er die für die damalige Zeit revolutionäre Idee, die kurz vorher von Rutherford & Soddy beobachteten Unregelmäßigkeiten beim radioaktiven Zerfall  durch die von Boltzmann begründete ‚statistische Auffassung’ zu interpretieren: „…die Größe der mittleren Schwankung ist verkehrt proportional der Wurzel aus der Zahl der beteiligten Teilchen“.  Vor allem wegen dieser herausragenden Arbeiten wurde Schweidler 1906 der Titel ‚Extraordinarius’ verliehen; 1911 – kurz vor seiner Berufung als Ordinarius der Experi-mentalphysik an die Universität Innsbruck als Nachfolger Paul Czermak’s  –  wurde er zum „wirklichen Extraordinarius der Physik“ ernannt.

Mit der Berufung Schweidlers bekam die Experimentalphysik in Innsbruck eine zusätzliche Professur. Durch die nicht nur materiell sehr schwierige Zeit des 1. Weltkrieges und der nachfolgenden Jahre wurde das Physikalische Institut durch das Duo Egon Schweidler und Friedrich Lerch (beide aus dem Exner-Institut in Wien kommend) geschickt geleitet: die experimentelle Forschung war zwar auf ein Minimum begrenzt, aber Schweidler wählte den Ausweg in die Theorie, bei Lerch lag der Schwerpunkt wohl in der Lehre. Aus dieser Zeit sind noch einige historisch interessante Objekte erhalten: so. z.B. ein Benndorf’sches Registrierelektrometer zur Erforschung der Luft-Elektrizität und eine Elektronenröhre, die den Einsatz der neuesten technischen Errungenschaften sowohl im Experiment als auch in der Lehre belegen. Schweidler hat zahlreiche Arbeiten geschrieben, u.a. 1911 das Buch „Praktische Übungen in der Ausführung von Schulversuchen“ und 1916 mit Stefan Meyer als Co-Autor sein wohl bedeutendstes Werk „Radioaktivität“, das jahrzehntelang das internationale Standardbuch war. Er galt als Autorität auf dem Gebiet der ‚Luftelektriziät’, er war der Vertreter Österreichs in der internationalen Radium-Standard-Kommission und ab 1925 wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften: ihm ist es zu verdanken, dass Österreich auf dem Gebiet der ‚Luft-Elektrizität’ durch einige Dezennien führend war!

Er bekleidete aber auch höchste akademische Würden: 1924 war er Dekan und 1925/26 Rektor der Innsbrucker Universität. 1926 erhielt Schweidler einen Ruf an das 1. Physikalische Institut der Universität Wien (Nachfolge Ernst Lecher); die 2. Lehrkanzel wurde nicht wieder besetzt und Friedrich Lerch übernahm die Leitung des hiesigen Physikalischen Institutes.

(Armin Denoth)

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