Ein Mann spricht auf einer Bühne, vor ihm Publikum, hinter ihm eine Präsentation

Humorvoll, Enthusiastisch, Routiniert, Inspirierend – die Abschiedsvorlesung von Univ. Prof. Heribert Insam.

Die Mikroorganismen, das Klima und Heribert Insam

Heribert Insam gibt zum Uni-Karriere-Ende im Treibhaus Gas: unter tosendem Applaus trat er Mitte Jänner für seine „Abschiedsvorlesung“ auf die Bühne. Nach über drei Jahrzehnten leidenschaftlicher Lehre und Forschung, stellte Heribert Insam an diesem Abend seine große Leidenschaft – die Mikroorganismen und deren elementare Rolle in unserer Welt und im Klimawandel – in den Mittelpunkt.

Universitätsprofessor Heribert Insam geht in Pension. Der für seine enthusiastische Dauermotivation und seine Weltoffenheit bekannte Mikrobiologe verabschiedet sich nach über 30 Jahren an der Universität Innsbruck mit einer Vorlesung über Mikroorganismen und Klima. Dank Professor hon. Norbert Pleifer fand die Abschiedsvorlesung im Innsbrucker Treibhaus statt – ein Lokal, das seit langem als Kultur-Hotspot und Treffpunkt aller Generationen bekannt und Kult ist. Einen passenderen Veranstaltungsort für diesen Anlass, eine passendere Bühne hätte es wohl nicht gegeben, wie auch Institutsleiterin Univ.-Prof. Susanne Zeilinger-Migsich in ihrer Ansprache festhält. Ihre Worte über den Einfluss, den Heribert Insam auf sie, das Institut und sein Umfeld hatte, gehen Hand in Hand mit den Worten, die seine Arbeitsgruppe zu dem Anlass zusammengetragen hat: enthusiastisch, lösungsorientiert, kreativ, energetisch, weitblickend, spontan, wertschätzend, vernetzend, gelassen, respektvoll, und begeisternd – so kennt man ihn. Dass er nicht nur seine Studierenden begeistern konnte, zeigte sich auch an der Besucherzahl: der Turm und seine Galerien waren zum Bersten voll, darunter auch Ehrengäste wie Bürgermeister Georg Willi, Vizerektor für Forschung Univ.-Prof. Gregor Weihs und Landesumweltanwalt Mag. Johannes Kostenzer.

In Jeans und Hemd, mit schnittiger Moderatoren-Kappe, betrat Insam lässig die Bühne. Seinen Vortrag richtete er gleichermaßen an die Öffentlichkeit und an die Wissenschaft – ein Spagat, der für den routinierten Wissenschaftskommunikator trotz anfänglicher technischer Herausforderungen kein Problem darstellte. Über sein Markenzeichen – das summende Frage-Antwortspiel mit dem Publikum – war der Kontakt zu seinen Zuhörern rasch hergestellt. Der Enthusiasmus für seine Forschung und die Mikrobiologie im Allgemeinen war offensichtlich, während er das Publikum auf die Reise durch „einen Tag mit Mikroorganismen“ mitnahm. Den ersten Teil seines Vortrags widmete Insam den Hauptprotagonisten seiner Uni-Karriere: den Mikroorganismen, ihrem Einfluss in unserem Alltag, in unserer Welt und wie wir sie einsetzen können, um Ressourcen besser zu nutzen und Treibhaus-Emissionen gezielt zu verringern. Dabei brachte er zahlreiche spannende Beispiele, wie etwa, dass die kommerziell erhältliche Zitronensäure von Pilzen produziert wird und nicht aus der Zitrone stammt. Auch vom Potential der Pilze als nachhaltiger Werkstoff war die Rede und mit einer humorvollen Gegenüberstellung von Treibhausgasemissionen aus „Pflugverkehr“ und Flugverkehr zeigte er spielerisch die faszinierende Komplexität mikrobieller Prozesse in der Natur auf. Abschließend stellte er eines seiner Herzensprojekte vor: das Science Center „MikroMondo“. Seit mittlerweile 9 Jahren brennt Insam für den „Zoo ohne Tiere“, der der Öffentlichkeit die Rolle der Mikroorganismen für die Menschheit, die Welt und das Klima näherbringen und der die Faszination der Mikrobiologie aufzeigen soll. Für ihn wird das Science Center nicht nur Abwechslung in Tiroler Touristenattraktionen bringen, sondern auch der Wissenschaftsskepsis in Österreich entgegenwirken. Durch die unermüdliche Arbeit Insams und vieler begeisterter Weggefährten, ist dieses Großprojekt in den vergangenen Jahren in immer greifbarere Nähe gerückt. Gemeinsam mit seiner langjährigen Mitarbeiterin und Kollegin Dr. Judith Ascher-Jenull, hat Insam die bisherige Genese und alle Mitwirkenden in dem Buch „Science Center MikroMondo: Ein Gruß aus der Küche“ dargestellt, und nun auf der Treibhaus-Bühne präsentiert.

Unter tosendem Applaus stieg Heribert Insam dann von der Bühne ins Getümmel der Gäste, Gratulant:innen und Mitfeiender. Die Standardfrage nach seinen weiteren Plänen mussten nur wenige der Anwesenden stellen. Wer ihn kennt, dem ist sofort klar: Pension ja, aber von Ruhestand ist keine Rede. Ganz zu schweigen von einer „Eremitierung“ nach seiner Abschiedsvorlesung (Wortspiel von Treibhaus-Chef N. Pleifer als Programmankündigung). Frei von den Pflichten der sonst notwendigen bürokratischen Schreibtischarbeit, kann er seine Energie ganz auf seine Herzensprojekte fokussieren und wird das getrost und so oft wie möglich aus der Kajüte eines Segelbootes heraus tun.

Zur Person

Ein Mann in einem Naturkundemuseum – hinter ihm ist ein Dinosaurier-Skelett zu sehen, außerdem ein Rollup mit dem Text „MikroMondo“, er sitzt auf einem roten, mit „Berlin Science Week“ beschrifteten Würfel.

Univ.-Prof. i. R. Heribert Insam bei seiner Mission, (auch) im Naturkundemuseum Berlin den Mikroorganismen die gebührende Popularität und Faszination ähnlich der Dinosaurier zu verleihen (Berlin Science Week, 2023).

Als gebürtiger Salzburger kam Heribert Insam bereits in den 1970er Jahren zum Studium nach Innsbruck, wo er 1985 sein Doktorat mit Auszeichnung abschloss. Seine Weltoffenheit, Neugier und Energie, für die Insam auch heute noch bekannt ist, zog ihn nach seinem Doktorat einige Jahre ins Ausland (Deutschland und Kanada), bevor er in den 1990ern als erfolgreicher Forscher zurück an die Universität Innsbruck kam und 1993 in Mikrobieller Ökologie habilitierte. Seither ist der enthusiastische Professor fest in Innsbruck verankert und setzt sich hier für Wissenschaft, Umwelt und Gesellschaft ein. Er war u.a. langjähriger Leiter des Instituts für Mikrobiologie, Mitbegründer und Leiter der BioTreaT GmbH (Biological Treatment and Recycling Technologies, Innsbruck) und der Bio4gas GmbH und engagiert sich aktiv bei den Scientists 4 Future (S4F). In seiner Forschung beschäftigte er sich u.a. mit der Gewinnung von Energie aus Abfall, z.B. durch Kompostierung und anaerobe Vergärung. Während der Covid-Pandemie hat er für ein zentrales, österreichweites Abwassermonitoring gekämpft und maßgeblich mitgeholfen, ein solches auch umzusetzen. Neben mehr als 200 Fachpublikationen, zahlreichen Fachvorträgen und über 20 Jahren Aktivität als Chefeditor (Geoderma und Applied Soil Ecology), hat er außerdem aktiv einen Fokus auf die an die Öffentlichkeit gerichtete Wissenschaftskommunikation gelegt. Dabei entstanden etliche Zeitungsartikel, Blogposts, Radiosendungen, Fernsehbeiträge, Videos, ScienceSlams, Vorträge, etc. und so nebenbei das Konzept eines ganzen Mikroben-Zoos.

(Julia Vinzelj)

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