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Philosophin (philosopha)

Selbst für Frauen der gesellschaftlichen Eliten war in der griechischen und römischen Antike keine höhere Bildung und damit auch keine philosophische Ausbildung vorgesehen. Der Kontakt zur Philosophie wurde meist durch ein verwandtschaftliches oder freundschaftliches Naheverhältnis zu einem philosophischen Zirkel oder einem Philosophen hergestellt. Philosophinnen wurden demnach häufig in der Rolle der Frau, der Tochter oder der Geliebten wahrgenommen. Inwieweit Frauen zu den Grundlagen, zur Weiterentwicklung von philosophischen Lehren und zur Weitergabe von philosophischen Inhalten (Lehre) beitrugen, ist nur gelegentlich ersichtlich. In seltenen Fällen allerdings werden Frauen erwähnt, die zu Problemen der Ethik, der Physik, der Mathematik und der Logik Stellung nahmen. In seinem Werk Leben und Meinungen berühmter Philosophen (8,8 und 21) berichtet Diogenes Laertios (3. Jh. n.Chr.), dass Pythagoras den größten Teil seiner Lehrmeinungen zur Ethik einer Frau namens Themistokleia verdankt habe.

Die ausführlichste Überlieferung zu einer Philosophin liegt zu Hypatia von Alexandria (ca. 360-415 n.Chr.) vor. Ihr Schüler Synesios von Kyrene (ca. 370-415 n.Chr.) erwähnt, dass sie bereits um 400 n.Chr. ihre Zeitgenossen an Bildung überragt habe. Durch die Tätigkeit Hypatias sei Alexandria zum rechtmäßige Sitz der Philosophie geworden. Derselbe Autor berichtet auch, dass Hypatia viele Schüler gehabt habe. Über diese Frau erzählt Damaskios (ca. 460-540 n.Chr.), das letzte Schuloberhaupt der Akademie in Athen, in seiner Schrift Das Leben des Isidoros (frg. 102; übersetzt von Harich-Schwarzbauer 2000, 172): „Sie [Hypatia] wurde in Alexandria geboren, aufgezogen und unterrichtet. Ihrer Natur nach war sie begabter als ihr Vater [der Mathematiker und Astronom Theon von Alexandria] und begnügte sich nicht mit den Lehrinhalten der Mathematik, die sie bei ihrem Vater vorfand, sondern befasste sich darüber hinaus recht geschickt auch mit der übrigen Philosophie. Die Frau legte sich den Tribon [den Philosophenmantel] um, machte ihre Ausgänge auch mitten durch die Stadt und erklärte vor einem großen Zuhörerkreis denen, die es hören wollten, Platon, Aristoteles oder die Schriften irgendeines anderen Philosophen. Neben ihrer Lehrtätigkeit gelangte sie auch zur Vervollkommnung der praktischen Tugend, war gerecht und besonnen; sie blieb unverheiratet. Freilich war sie so schön und wohlgestaltet, dass sich einer ihrer Schüler in sie verliebte. [...]"

Literaturhinweis

Harich-Schwarzbauer Henriette, Philosophinnen, in: DNP 9 (2000) 868-871.
Harich-Schwarzbauer Henriette, Philosophinnen, in: Späth Thomas / Wagner-Hasel Beate (Hg.), Frauenwelten in der Antike. Geschlechterordnung und weibliche Lebenspraxis, Stuttgart-Weimar 2000, 163-174.

Verfasst von den Schülerinnen Anna Maria Pedrini und Sara Winkler

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