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Kindheit

In Griechenland wie in Rom besaß die Kindheit als Lebensabschnitt keinen Wert an sich. Sie wurde nicht als Zeitraum der Entwicklung zum Erwachsenensein begriffen. Vielmehr wurde die Kindheit als Phase der menschlichen Unvollkommenheit charakterisiert.

Die Kindersterblichkeit in der Antike war extrem hoch. Schätzungen zufolge starben über 40% der Neugeborenen im ersten Lebensjahr. Eltern mussten demnach damit rechnen, eines oder mehrere ihrer Kinder bald nach der Geburt zu verlieren. Nach Erreichen des fünften Lebensjahres stiegen die Chancen eines Kindes, ein höheres Alter zu erreichen. Aber auch dann war ein frühzeitiger Tod (mors immatura) an der Tagesordnung. Wer die Kindheit überlebte, hatte gute Chancen, ein Alter von etwas mehr als 50 Jahren zu erreichen. Es sind uns tragische Schicksale von Müttern überliefert, die den Tod vieler ihre Kinder beklagen mussten. Ein berühmtes Beispiel ist Cornelia (ca. 190-100 v.Chr.), die zweite Tochter des P. Cornelius Scipio Africanus und Mutter der beiden Gracchen. Sie hatte 12 Kinder, von denen nur drei die Kindheit überlebten.

Eine große Anzahl von Grabdenkmälern für Kinder ist bekannt. Kleinkinder sind in den Grabinschriften jedoch unterrepräsentiert. Sie wurden mit eingeschränkten Trauerriten und Trauerzeiten bedacht. Gleichwohl ging dieser Brauch mit einer tiefen Anteilnahme am Schicksal des Kindes einher. Trauer über den Verlust eines Kindes und die Zuneigung zu diesem sind zahlreich belegt. Die Bezeichnungen dulcissimus,-a, suavissimus,-a, oder carissimus,-a finden sich häufig auf römischen Grabinschriften; so auch auf Grabinschriften für verstorbene Kinder. Neben diesen Superlativen findet sich oft auch das exakte Lebensalter des Kindes, das häufig bis auf den Tag genau angegeben wird. Diese stereotypen Angaben bei der Gestaltung von Grabinschriften für Kinder lassen an gesellschaftliche Konventionen denken. Die Entscheidung der Eltern bzw. anderer Hinterbliebener, einem verstorbenen Kind einen Grabstein mit einer Inschrift zu widmen, ist jedenfalls auch als Ausdruck der Wertschätzung und Zuneigung zu werten.

In den Inschriften Nr. 21, 28, 29, 47, 53, 55, 58 und 75 der Innsbrucker Sammlung werden Kinder im Alter von 2 bis 14 Jahren erwähnt.

Literaturhinweis

Backe-Dahmen Annika, Die Welt der Kinder in der Antike, Mainz am Rhein 2008,134-146.
Christes Johannes / Klein Richard / Lüth Christoph (Hg.), Handbuch der Erziehung und Bildung in der Antike, Darmstadt 2006.
Wiesehöfer Josef,  Kind, Kindheit, in: DNP 6 (1999), 464-466.

Verfasst von den Schülerinnen Kristina Pegger und Sara Winkler

 

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