Institut für Sprachwissenschaft
Allgemeine und Angewandte Sprachwissenschaft
seit 01.03.2023
Leben
Pavel Ozerov studierte Sprachwissenschaft an der Hebräischen Universität in Jerusalem, mit Schwerpunkten in afro-asiatischen Sprachen und Diskursstrukturen in natürlicher Sprache. Gleichzeitig entwickelte er ein Interesse an den transhimalajischen (=sinotibetischen) Sprachen Myanmars und Nordost-Indiens. Er promovierte 2015 an der La Trobe University in Melbourne (Australien) mit einer Studie zur Grammatik des Burmesischen, wo er neue Methoden im Bereich der Informationsstruktur entwickelte. Seit der Promotion beschäftigt er sich insbesondere mit der interaktionalen Linguistik und der Dokumentation nordost-indischer Sprachen. Er hatte Postdoktoranden-Stellen der Alexander von Humboldt Stiftung an der Universität zu Köln und der Martin Buber Society an der Hebräischen Universität in Jerusalem inne. Von 2019 bis 2023 war er Junior-Professor an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Ab diesem Sommersemester 2023 übernimmt er die Universitätsprofessur für Allgemeine und Angewandte Sprachwissenschaft an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck.
Forschung
Traditionell untersuchen Sprachwissenschaftler komplexe, wohlgeformte und oft künstliche Sätze, die im Voraus geplant und als Monolog erzeugt werden. Jedoch hat dieses Modell kaum etwas mit der Realität unserer alltäglichen Sprache zu tun: wir reden mit anderen Leuten und verhandeln ständig neu, wer gerade reden darf und soll, wir beobachten, ob sie uns zuhören und verstehen, benutzen dafür Gebärden, Intonation und Blicke, und planen unsere Äußerungen Schritt-für-Schritt und Stück-für-Stück. Pavel Ozerov sammelt Aufnahmen alltäglichen Diskurses in verschiedenen Sprachen der Welt und erforscht, wie längere Äußerungen schrittweise aufgebaut werden. Er will besser verstehen, welche linguistischen und kommunikativen Mittel verwendet werden, um die Rolle und die Relevanz jedes Satzstücks im größeren Diskurs auszudrücken. Der Vergleich verschiedener Sprachen ermöglicht es, den wechselseitigen Einfluss spezifischer Strategien zur Strukturierung des Gesagten und der Sprachgrammatik nachzuvollziehen. Zusätzlich zu diesem Forschungsbereich arbeitet Pavel Ozerov an der Dokumentation der Sprachen Nordostindiens. Dies ist einer der Hotspots für ethnolinguistische Diversität weltweit. Viele dieser Sprachen sind aufgrund der Ausbreitung größerer Verkehrssprachen vom Aussterben bedroht. Durch Feldforschung vor Ort beschreibt und analysiert Pavel Ozerov Sprachen dieser Region. Diese Sprachdokumentation liefert einerseits wichtige Daten für die Sprachwissenschaft und andere Disziplinen, andererseits können die Sprechergemeinschaften mithilfe der erstellten Materialien dabei unterstützt werden, ihre Sprache und Kultur zu erhalten.