Kapitel 14 | |
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C. Die
Vertragsübernahme |
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Von V. Thurnher | |
I. Rahmenbedingungen
für Bankgeschäfte | |
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Banken (der Gesetzgeber bezeichnet diese im Bankwesengesetz/
BWG als
Kreditinstitute)
haben überragende Bedeutung für die Volkswirtschaft. Mit ihren Aufgaben
im Bereich der Finanzierung von Unternehmen und von privaten Haushalten
(durch Bereitstellung von Fremd- oder Eigenmitteln) bilden sie gleichsam
das Rückgrat der markt-orientierten Volkswirtschaft. Die Funktionstüchtigkeit
des Banksystems soll
durch detaillierte Regulierung auf nationaler Ebene (BWG, FinanzmarkaufsichtsG,
NationalbankG, DevisenG und zahlreiche Nebengesetze) und auf supranationaler
Ebene (RL der Europäischen Union) sowie mittels einer strengen Aufsicht
durch eigens geschaffene Behörden (Finanzmarktaufsicht, Zentralbanken)
gesichert werden. Finanzmarktregulierung und Bankenaufsicht gehören
ins öffentliche Rechts → KAPITEL 1: Zur
Abgrenzung: Privatrecht ¿ öffentliches Recht. | |
Die Ausübung
von Bankgeschäften bedarf einer besonderen Genehmigung durch
die Behörde (Konzession). Die Konzession wird von
der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) erteilt. Das BWG enthält detaillierte
Bestimmungen, die erfüllt sein müssen, um eine Konzession zu erlagen
(ua Ausstattung des Kreditinstituts mit einem Mindestkapital von
5 Mio ı, mindestens zwei – qualifizierte – Geschäftsleiter; vier-Augen-Prinzip).
Eine erteilte Konzession kann von der FMA auch entzogen werden. | Konzession |
Wesentliche
Bestimmungen des BWG sollen die Zahlungsfähigkeit der Kreditinstitute
(Solvabilität, §§ 22 ff) und die Eigenmittelausstattung der Kreditinstitute
(§§ 23 ff) sicherstellen. – Diese umfassenden und detaillierten Regelungen
beruhen weitgehend auf Richtlinienrecht der Europäischen Gemeinschaft.
Derzeit erarbeitet der Basler Ausschuss der Zentralbanken und Bankenaufsichtsbehörden
eine neue „Eigenmittelvereinbarung” ( Basel II).
Ziel dieser Reformvorschläge, die in Form von Richtlinien in der
Europäischen Union umgesetzt werden sollen, ist die Neufestlegung
der Mindesteigenkapitalanforderungen der Kreditinstitute, wobei
insbesondere die Regeln für übernommene Kreditrisiken verbessert
(verschärft) werden sollen. Ferner soll das Überprüfungs-
und Überwachungsverfahren der Eigenmittelunterlegung
der Kreditinstitute verbessert werden. Ein dritter Abschnitt des Konsultationspapiers
widmet sich erweiterten Offenlegungspflichten. Durch zusätzlich
geschaffene Transparenz sollen die Kreditinstitute
dem „Druck des Marktes” verstärkt ausgesetzt werden, um der „Selbstregulierung
der Märkte” Vorschub zu leisten. Wird das Konsultationspapier in
der derzeit diskutierten Fassung umgesetzt, sind gravierende Auswirkungen
auf die Kreditvergabe durch Banken zu erwarten. Die Kreditkonditionen werden
sich in Zukunft stärker daran orientieren, welches Risiko mit der
Vergabe eines bestimmten Kredits verbunden ist. Bei geringer Bonität
werden die Kreditnehmer zusätzliche Sicherheiten (vgl zu den klassischen
Sicherheiten auch für Bankgeschäfte → KAPITEL 15: Überblick)
beibringen müssen. | Zahlungsfähigkeit und Eigenmittelausstattung |
Das sehr stark von US-amerikanischen Interessen geprägte
Konsultationspapier wird den „Trend” zu einer verstärkten Eigenmittelfinanzierung
der Unternehmen fördern und damit zusätzlicher Impuls für die Verbesserung der
europäischen Kapitalmärkte und für das Private Equity-Geschäft sein → Geschäftstypen
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Das Bankwesen hat im Laufe der Jahrtausende eine Vielzahl
von Vertragstypen hervorgebracht. Bankgeschäfte stehen daher sinnbildlich
für das Prinzip der Vertragsfreiheit (Privatautonomie → KAPITEL 5: Vertragsfreiheit
und Privatautonomie).
In § 1 Abs 1 BWG sind die ausschließlich den konzessionierten
Kreditinstituten vorbehaltenen Geschäfte abschließend aufgezählt. | |
Jedermann ist mit
den Bankgeschäften des täglichen Lebens vertraut: Kontoführung,
Einlagengeschäft (Sparbücher), Kreditgeschäft. Letzteres, also die
Finanzierung von Privathaushalten und Unternehmen (bzw Körperschaften,
Staaten) steht im Mittelpunkt der Banktätigkeit. – Wir kennen unterschiedlichste
Formen der (Fremd)Finanzierung (Kreditfinanzierung, Diskontgeschäft, Leasing,
Factoring). Neben der in Europa typisch fremdfinanzierten Wirtschaft
zählt auch das Investmentgeschäft im weiteren Sinn,
also die Finanzierung von Unternehmen mit Eigenkapital, zu den Kerngeschäftsfeldern
der Banken. Die Finanzierung mit Eigenmitteln erfordert im größeren Ausmaß
das Bestehen funktionierender Kapitalmärkte. Im anglo-amerikanischen
Wirtschaftskreis, der über traditionell starke Kapitalmärkte verfügt,
ist diese Form der Finanzierung stärker ausgeprägt. Jüngste Entwicklungen
(etwa Basel II, die stärkere internationale Vernetzung der Wirtschaft, die
Dominanz der USA in der Weltwirtschaft) haben auch die kontinentaleuropäischen
Länder unter Druck gebracht, die Möglichkeiten der Unternehmensfinanzierung
mit Eigenmitteln zu stärken. Dies erfordert erleichterten Zugang
zu Kapitalmärkten und hinreichendes Interesse (privater) Kapitalgeber,
ihre Mittel den Unternehmen zur Verfügung zu stellen. | |
Die folgende kurze Darstellung der „klassischen”
Bankgeschäfte orientiert sich im Wesentlichen an der Aufzählung des
§ 1 Abs 1 BWG, wobei besonderes Augenmerk auf die Unterscheidung
zwischen Fremdfinanzierung und Eigenfinanzierung (und die damit
jeweils im Zusammenhang stehende Tätigkeit der Banken) gelegt wird. | |
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Als Einlagengeschäft bezeichnet man die Entgegennahme fremder
Gelder zur Verwaltung oder als Einlage; § 1 Abs 1 Z 1 BWG. Die „Einlage”
ist ein Fachausdruck der Bankpraxis. Nur Geld (Buchgeld, fremde
Währung) kann „eingelegt” werden. Unterschieden wird zwischen der
Entgegennahme fremder Gelder zur Verwaltung und als Einlage. | |
Die Entgegennahme fremder Gelder zur Verwaltung beruht auf
einem
Geschäftsbesorgungsvertrag nach
den Regeln der § 1002 ff ABGB → KAPITEL 12: Der
Auftrag.
Die Bank verwaltet das Vermögen für Rechnung ihres Kunden. Das Vermögensverwaltungsgeschäft
weist daher Elemente einer Treuhand auf → KAPITEL 15: Die Treuhand.
– Die Entgegennahme fremder Gelder als Einlage ist ein Darlehen
bzw uneigentliche Verwahrung → KAPITEL 3: Sonderformen
der Verwahrung.
Die Bankkunden stellen der Bank Gelder (regelmäßig auf der Grundlage
typisierter Verträge) zur Verfügung. | |
Von
Sichteinlagen spricht
man, wenn die zur Verfügung gestellten Gelder jederzeit fällig sind.
Zweck einer Sichteinlage ist die Bereithaltung von Mitteln für die
Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Von
Termineinlagen oder Kündigungsgeldern spricht
man, wenn die Gelder der Bank für eine bestimmte Zeit zur Verfügung gestellt
werden. Da die Bank mit diesen Geldern „arbeiten” kann, werden bei
Termineinlagen regelmäßig höhere Zinsen gewährt. In der Bankenpraxis
wird dies oftmals auch als
Festgeld bezeichnet. – Davon unterschieden
werden
Spareinlagen,
die aber entweder Sichteinlage (wenn das Sparbuch jederzeit gekündigt
werden kann) oder Termineinlage (wenn eine Bindungsfrist vereinbart
wurde) sind. Wesensmerkmal der Spareinlagen ist jedoch, dass diese nicht
dem Zahlungsverkehr, sondern der Anlage dienen und nur gegen Ausfolgung
einer Urkunde (Sparbuch) entgegengenommen werden dürfen. Die Ausstellung
einer Sparurkunde führt zu einer „ Verbriefung der Einlage”. Sparurkunden
(Sparbücher) sind Wertpapiere im weiteren Sinne. Die Bank ist nur
gegen Vorlage der Urkunde zur Leistung verpflichtet; dazu auch → KAPITEL 3: Spareinlagenvertrag
¿ Sparbuch. | Sicht-, Termin- und Spareinlagen |
Kein Einlagengeschäft betreibt, wer für einen anderen fremde
Gelder annimmt und sie weiterleitet, etwa die Post, wenn sie Gelder
für Rechnung der PSK entgegennimmt. Auch die Einlage von Geldern
in eine Gesellschaft oder die Entgegennahme von Geldern im Geschäftsverkehr
(Zahlungen im Rahmen von Kauf-, Dienst- oder Werkverträgen) ist
kein Einlagengeschäft. | |
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Von außerordentlicher Bedeutung ist die Durchführung
des bargeldlosen Zahlungs- und Einzugsverkehrs, sowie des Abrechnungsverkehrs in
laufender Rechnung für andere durch die Banken (Girogeschäft).
– Beispiele sind Überweisungen, Scheckinkasso Wechselinkasso, Abbuchungs-
und Lastschriftenverfahren etc; § 1 Abs 1 Z 2 BWG. | |
Der
Girovertrag ist
ein Anwendungsfall der Geschäftsbesorgung. Im Unterschied zum
Kontoeröffnungsvertrag ( → KAPITEL 3: Der
Kredit(eröffnungs)vertrag)
setzt der Girovertrag einen solchen voraus und wird regelmäßig zugleich
mit diesem abgeschlossen. Das Kreditinstitut wird verpflichtet,
Überweisungen an Dritte durchzuführen und Überweisungen von Dritten
für den Kunden entgegenzunehmen. – Der sog
Überweisungsauftrag (in
Wahrheit liegt kein „Auftrag” vor) ist eine „ Weisung”
des Kunden im Rahmen des bestehenden Girovertrags an die Bank. Der
Kunde erteilt der Bank die Anweisung, einen bestimmten Betrag dem
Konto des Empfängers gutzuschreiben. Aus der Anweisung soll die
Bank verpflichtet sein, dem Empfänger jedoch kein Rechtsanspruch entstehen
(kein Vertrag zu Gunsten Dritter). – Vom Überweisungsauftrag wiederum
ist die Lastschrift zu unterscheiden. Hier wird
dem Gläubiger vom Schuldner die Befugnis eingeräumt, fällige Forderungen
vom Konto des Schuldners abbuchen zu lassen. Der Gläubiger erhält
die Ermächtigung ( → KAPITEL 13: Erteilung
der Vollmacht),
gegenüber der Bank im eigenen Namen seine Rechte auszuüben. Gleichzeitig
beauftragt der Schuldner seine Bank, die vom Zahlungsempfänger ausgefertigten
Lastschriften durchzuführen. | Girovertrag |
Die Anwendung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs
bringt den Bankkunden zahlreiche Vorteile, die in der bequemen,
raschen, sicheren und billigen Durchführung von Geldzahlungen liegen.
Zeitraubende Transaktionen sowie Kosten und Risiken für Bargeldzusendungen
und Geldzustellungen werden so verhindert. Der Zahlungsverkehr (insbesondere
das Lastschriftverfahren) birgt allerdings auch Risiken, weil rechtsmissbräuchlicher
Einsatz der Ermächtigung denkbar ist. Eine sorgfältige und regelmäßige
Überprüfung der Kontoführung ist daher zu empfehlen. | |
3.
Kreditgeschäft: § 1
Abs 1 Z 3 BWG | |
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Neben dem gesetzlich geregelten
Darlehen (Realvertrag)
hat insbesondere der
Geldkreditvertrag Bedeutung. Der Geldkreditvertrag
wird schon durch die beiderseitigen Leistungspflichten, nämlich die
Auszahlung des Kreditbetrages einerseits und die Rückzahlung andererseits,
perfekt. Darlehen und Geldkreditvertrag werden vom
Krediteröffnungsvertrag unterschieden.
Letzteres ist eine Art
Optionsvertrag, der dem Kunden das
Gestaltungsrecht einräumt, Kredite innerhalb eines bestimmten Rahmens
abzurufen; vgl auch → KAPITEL 3: Der
Kredit(eröffnungs)vertrag. | |
Die Kreditvergabe ist ein Massengeschäft,
das zumeist in standardisierter Form abgewickelt wird. Kredite des
täglichen Lebens werden darüber hinaus regelmäßig auf der Grundlage
der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen
Kreditunternehmen geschlossen. Diese von allen Banken verwendeten
einheitlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (dazu → KAPITEL 6: Allgemeine
Geschäftsbedingungen)
waren und sind laufend Gegenstand rechtlicher Kontroversen, mit
denen die Gerichte befasst werden. | AGB |
Ein interessanter – und bislang wenig beachteter – Aspekt
der einheitlichen Verwendung gleichlautender Geschäftsbedingungen
durch die Banken ist deren mögliche Unvereinbarkeit mit (zwingenden)
kartellrechtlichen Vorschriften; Kartellverbot (§ 18 KartG) und
Art 81 EG-Vertrag. | |
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Art 81 Abs 1 EG-Vertrag | |
Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten
sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen
und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel
zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine
Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb
des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder Bewirken, insbesondere a)
die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise
oder sonstiger Geschäftsbedingungen... | |
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Sonderform des
Geldkreditvertrags ist der
Kontokorrentkredit.
Die Bank räumt dem Kunden einen Rahmen (eine Kreditlinie) ein, innerhalb
dessen der Kredit auch wiederholt ausgenutzt werden kann;
revolvierender
Kredit. Das Kreditverhältnis ist mit einer
Kontokorrentabrede verbunden.
Danach hat der Kreditnehmer das Recht, jederzeit Rückzahlungen vorzunehmen.
Eingänge auf dem Kreditkonto werden mit dem Kredit laufend verrechnet.
Der Kontokorrentkredit wird regelmäßig mit einem Girovertrag verknüpft
sein. – Zum Verbraucherkredit und zum Kreditgeschäft
mit Ehegatten → KAPITEL 2: Kreditgeschäfte
von Ehegatten (§ 25). | Kontokorrentkredit |
4.
Diskontgeschäft: §
1 Abs 1 Z 4 BWG | |
Beim Diskontgeschäft erwirbt die Bank Wechsel
oder Schecks und zahlt an den Kunden zur Nominale oder (wie banküblich)
die um den Zwischenzins ( Diskont) und die Provision
verminderte Scheck- oder Wechselsumme; zum Wechsel → KAPITEL 15: Der
Wechsel,
zum Scheck → KAPITEL 15: Der
Scheck. – Diskontierung bedeutet
immer, dass der „Verkäufer” der Forderung weiter für deren Erfüllung
haftet; Wechselregress. Das
Forfaitierungsgeschäft ist
ein Sonderfall des Diskontgeschäfts bei dem das Kreditinstitut auf
den Regress verzichtet. | |
5.
Depotgeschäft: § 1 Abs
1 Z 5 BWG | |
Depotgeschäft umfasst die Verwahrung und
Verwaltung von Wertpapieren für andere, nicht jedoch die Anschaffung
von Wertpapieren;
Effektengeschäft. Das Depotgesetz (DepG)
enthält die näheren Bestimmungen zur Verwahrung von Wertpapieren.
– Im
Depotvertrag,
der Elemente von Verwahrung und Auftrag, aber auch der Treuhand
( → KAPITEL 15: Die Treuhand) enthält und zur Gruppe der Realverträge
zählt, wird grundsätzlich die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren
als einheitliche Leistung der Bank vereinbart → KAPITEL 3: Sonderformen
der Verwahrung.
In der Praxis wird die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren
mit der Verwaltung von Geldern kombiniert; sog
Vermögensverwaltungsvertrag.
Beim Vermögensverwaltungsvertrag stellt der Kunde der Bank einen
bestimmten Geldbetrag zur Verfügung und gibt den „Rahmen” für die
Art der Vermögensverwaltung vor; Veranlagung in mündelsicheren Wertpapieren,
Veranlagung in Pfandbriefen oder Obligationen; Veranlagung in Aktien,
Wandelschuldverschreibungen, Optionen oder anderen eher riskanten
Derivaten. Dabei wird den Bedürfnissen und der „Risikofreudigkeit”
des Kunden Rechnung getragen. Für die Bank selbst ist der Vermögensverwaltungsvertrag
mit Risiken behaftet; dies insbesondere dann, wenn die veranlagten
Gelder im Rahmen der eingegangenen Spekulationsgeschäfte zur Gänze
oder teilweise verloren gehen. Der
Aufklärungspflicht der
Bank kommt erhebliche Bedeutung zu, um eine vertragliche oder vorvertragliche
Haftung zu vermeiden. In der Praxis versuchen die Banken der Aufklärungspflicht
nachzukommen, in dem sie Kunden umfangreiche Erklärungen unterfertigen
lassen, deren Inhalt aber oftmals unzureichend erörtert (und verstanden)
wird. | |
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9 Ob 230/02 t v 26.2.2003: Die
Anleger wollten eine sichere Geldanlage für einen Betrag von insgesamt ca
30.000 ı mit fünfjähriger Bindung. Der
Anlageberater der
Bank empfahl einen bis zu diesem Zeitpunkt sehr erfolgreichen Fond.
Es handelte sich dabei um einen Hedgefond, der als Offshore-Fond
mit Sitz auf den British Virgin Islands ausschließlich in russischen
Zinsinstrumenten veranlagte. Kurze Zeit nach dem Kauf durch die
Anleger brach dieser Fond im Gefolge der Russlandkrise im August
1998 zusammen. Das gesamte eingesetzte Kapital war verloren. Die
Bank wurde zum Schadenersatz verurteilt, der OGH ließ die ao Revision
nicht zu: „Die Bank treffen bei Abschluss eines Effektengeschäfts
auch ohne Bestehen eines besonderen Beratungsvertrags Aufklärungs-
und Beratungspflichten. Dabei ist ein strenger Maßstab an die Sorgfalt
der Bank anzulegen, darf doch der Kunde darauf vertrauen, dass sie
über spezifisches Fachwissen im Wertpapierhandel verfügt, aber auch
darauf, dass sie ihn bei Abschluss und Durchführung solcher Geschäfte
umfassend berät. Entscheidend sind einerseits die erkennbare Unerfahrenheit
und Informationsbedürftigkeit des konkreten Kunden, andererseits
die Art des beabsichtigten Geschäfts bzw Wertpapiers. Als Grundsatz
kann gelten: Je spekulativer die Anlage und je unerfahrener der
Kunde, desto weiter reichen die Aufklärungspflichten.” – Die Haftung
der Bank ergibt sich aus culpa in contrahendo, positiver Forderungsverletzung
und der aus dem
Beratervertrag abgeleiteten Aufklärungs-
und Beratungspflicht. Darüber hinaus konkretisiert
§ 13 Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG) die Sorgfaltspflichten der
Bank. | |
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6. Ausgabe und
Verwaltung von Zahlungsmitteln: § 1 Ab s 1 Z 6 BWG | |
Zu den typischen Bankgeschäften zählen auch die Ausgabe
und Verwaltung von Zahlungsmitteln wie
Kreditkarten und
Reiseschecks.
– Bei Reiseschecks ermächtigt das Kreditinstitut den Kunden, bei
Korrespondenzbanken auf Rechnung des Kreditinstituts Barbeträge
gegen Übernahme des Schecks einzuheben. Es handelt sich dabei weder
um eine Kreditgewährung, noch um ein Garantieversprechen, sondern
um die Schaffung eines künstlichen Zahlungsmittels. Zu Reisescheck
und Kreditkarte → KAPITEL 15: Die
Kreditkarte. | |
7. Handel auf eigene
oder fremde Rechnung: § 1 Abs 1 Z 7 BWG | |
Banken sind
ermächtigt, auf eigene oder fremde Rechnung mit
Devisen und
Valuten, Geldmarktinstrumenten,
Wertpapieren, sowie verschiedenen „künstlichen” aus Wertpapieren,
ausländischen Währungen, Devisenkontrakten oder Börsenkontrakten
abgeleiteten Instrumenten (sog Derivate, Derivategeschäft) zu handeln. | Devisen und Valuten |
Valuta ist ein Sammelbegriff
für fremde Währungen. Diese fremden Währungen können entweder als
Sorten (fremdes Bargeld) oder als Devisen (fremdes Buchgeld) gehalten
werden. – Der Devisenkurs ist der Preis, den man für eine fremde
Währung bezahlt oder erhält. Man spricht in diesem Zusammenhang
auch von Devisenhandel. | Valuta |
Vom Devisenhandel zu
unterscheiden ist das
Devisenrecht. Auf die im internationalen
Warenverkehr notwendigen Zahlungsströme wurde im Rahmen der „Devisenbewirtschaftung”
gezielt Einfluss genommen; Bewilligungspflicht nach DevisenG. Es
handelte sich um ein Instrument der Wirtschaftslenkung,
das jedoch seit dem Beitritt zur EU und zur Europäischen Wirtschafts-
und Währungsunion (WWU) an Bedeutung verloren hat und nunmehr eine Gemeinschaftsaufgabe
darstellt. | Devisenrecht |
Der (international)
freie
Kapitalverkehr ist wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren
des Welthandels und für die Entwicklung der Weltwirtschaft. Kapital
ist „beweglich”. Der freie Kapitalverkehr wirkt aber auch als „Regulativ”,
wenn in Staaten Misswirtschaft betrieben wird. Wird Kapital in größerem
Umfang aus einer solchen Volkswirtschaft abgezogen, kann dies zu
schweren wirtschaftlichen Krisen führen; vgl die derzeit herrschende Finanzkrise
in Argentinien. Der freie Kapitalverkehr ist daher auch ein sehr
umstrittenes „Instrument” der (internationalen) Wirtschaftspolitik. | Freier Kapitalverkehr |
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Finanzterminkontrakte |
• Besondere Bedeutung
kommt den
Finanzterminkontrakten (Futures) in mehrerlei Hinsicht
zu. Unterschieden werden: | |
•
Termingeschäfte (financial futures)
und | |
•
Optionsgeschäfte. | |
• Beim Optionsgeschäft hat der
Inhaber der long-Position (Käufer) lediglich das Recht, eine bestimmte
Anzahl von Finanztiteln (zB Aktien) oder Waren (zB Elektrizität,
Schweinebäuche) zeitlich limitiert bis zum Verfallstag zu einem
bereits festgelegten Preis zu beziehen (Kaufoption = Call) oder
zu veräußern (Verkaufsoption = Put). – Im Gegensatz zum Optionsgeschäft
besteht beim echten Termingeschäft die Verpflichtung zum Leistungsaustausch,
nicht bloß die einseitig hervorrufbare Möglichkeit. | |
Bei den Zinsterminkontrakten werden
fix vereinbarte Zinsenzahlungen in verschiedenen Währungen gezahlt
(bzw erhalten), variable Zinsenzahlungen in unterschiedlichen Währungen gezahlt
(bzw erhalten) oder fixe Zinsenzahlungen in der einen Währung gegen
variable Zinsenzahlungen in der anderen Währung erhalten (bzw geleistet).
Ein Anwendungsfall ist das
Forward Rate
Agreement, dabei wird ein fixer Zinssatz für eine künftige
Periode vereinbart, wobei nur die Differenz zu einem Referenzzinssatz
bezahlt wird. Der eine Vertragspartner hat bei Überschreiten des
Referenzzinssatzes Zahlungen zu erhalten, der andere bei Unterschreiten
des Referenzzinssatzes. |
Zinsterminkontrakte |
Obwohl Finanz- und Zinsterminkontrakte zu den riskanten
Bankgeschäften zählen, werden diese oftmals zur Risikominimierung
eingesetzt. Insbesondere dienen diese Instrumente der Einschränkung
von Risiken aus Währungs-, Kurs- oder Zinsschwankungen. Im Zusammenhang
mit der Absicherung gegen Kursschwankungen spricht man auch von hedging.
Da diese riskanten Bankgeschäfte Auswirkungen auf die Solvabilität
und die Eigenmittel einer Bank haben können ( → Rahmenbedingungen
für Bankgeschäfte),
dürfen derartige Geschäfte umfangmäßig jeweils nur in Relation zu
den im BWG aufgestellten Koeffizienten ausgeübt werden (§§ 22 ff
BWG). Anlage 2 zu § 22 BWG enthält eine detaillierte Auflistung
zulässiger außerbilanzmäßiger Geschäfte bzw Finanzgeschäfte. | |
§
1 Abs 1 Z 7 BWG nennt noch den Handel mit Wertpapieren (Effektengeschäft),
gemeint ist damit der „klassische” Wertpapierhandel. – Lit f) nennt
auch den Handel mit abgeleiteten Instrumenten. |
Effektengeschäft |
8.
Garantiegeschäft:
§ 1 Abs 1 Z 8 BWG | |
Mit Garantiegeschäft wird dieÜbernahme von
Bürgschaften,
Garantien und sonstigen
Haftungen für andere
bezeichnet, sofern die übernommene Verpflichtung auf Geldleistungen
lautet. Hierzu zählt auch das
Akkreditivgeschäft.
Auch das Garantiegeschäft hat im Wirtschaftsleben überragende Bedeutung.
Banken gewähren für ihre Kunden Garantien und ermöglichen damit
den Abschluss (großer) Geschäfte. | |
Voraussetzung für den Abschluss eines Unternehmenskaufvertrags
ist die Beibringung einer abstrakten Bankgarantie mit einer Laufzeit
von drei Jahren durch den Verkäufer des Unternehmens oder der Beteiligung,
damit im Falle der Geltendmachung von Gewährleistungs- oder Schadenersatzansprüchen
ein – externer, zusätzlicher – Haftungsfonds für den Käufer zur
Verfügung steht; ein Anlagenerzeuger muss bei Auftragserteilung
zur Lieferung einer Maschine eine „Erfüllungsgarantie”
(
performance
bond) einer Bank beibringen, aus der sich der Käufer befriedigen
kann, wenn die Anlage nicht rechtzeitig in Betrieb genommen werden
kann. Die Einzelheiten zu diesen Instituten sind an anderer Stelle
behandelt: Zur Garantie → KAPITEL 15: Garantievertrag
und Bankgarantie;
zum Akkreditiv → KAPITEL 15: Das
Dokumentenakkreditiv; zur Bürgschaft → KAPITEL 15: Die
Bürgschaft: §§ 1346 ff ABGB. | |
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• Die verschiedenen
Typen von Emissionsgeschäften sind im BWG – etwas umständlich –
untergliedert: | |
• Das
Wertpapieremissionsgeschäft (§
1 Abs 1 Z 9 BWG) umfasst nur die „Ausgabe von Pfandbriefen, Kommunalschuldverschreibungen
und fundierten Bankschuldverschreibungen und die Veranlagung des
Erlöses nach den hiefür geltenden besonderen Rechtsvorschriften”
(zB nach dem HypothekenbankenG) umfasst. | |
• Daneben nennt Z 10 das „sonstige Wertpapieremissionsgeschäft”,
mit dem wiederum nur die Ausgabe „anderer festverzinslicher Wertpapiere
zur Veranlagung des Erlöses in anderen Bankgeschäften” beschrieben
wird. Von grundsätzlicher Bedeutung ist das sog
Loroemissionsgeschäft (Z
11). Darunter wird die Teilnahme an der Emission von Wertpapieren
Dritter („Börsegang”, Begebung von Obligationen –
bonds – oder Wandelschuldverschreibungen,
Genusscheinen, Optionen und anderen Geldmarktinstrumenten sowie
von Terminkontrakten – Futures, Swaps) verstanden. | |
• Eng damit im Zusammenhang stehen das
Investment-
und
Beteiligungsfondgeschäft (Z
13 und Z 14). Das Investmentgeschäft umfasst die Verwaltung von
Kapitalanlagefonds nach dem InvestmentfondsG. – Ein Kapitalanlagefonds
ist nach §§ 1 und 2 InvFG ein von einer Kapitalanlagegesellschaft
verwaltetes und von einer Depotbank verwahrtes, nach dem Grundsatz
der Risikostreuung investiertes Sondervermögen. Dieses aus Wertpapieren
bestehende Sondervermögen steht im Miteigentum der Anteilsinhaber
(→ KAPITEL 8: Schlichtes
oder ideelles Miteigentum) und wird von Kapitalanlagengesellschaften
verwaltet. Besonderheit des Beteiligungsfondgeschäfts ist, dass Beteiligungsfonds
– im Gegensatz zu Investmentfonds – nur Unternehmensbeteiligungen erwerben
dürfen, die keinesfalls eine unbeschränkte Haftung oder eine Nachschusspflicht
des Beteiligungsfonds beinhalten. Beteiligungsfonds werden durch
die Ausgabe von Genussscheinen refinanziert. Mit dem
Kapitalfinanzierungsgeschäft (Z
15) wird eine Art Finanzierungsgeschäft bezeichnet, das durch den
Erwerb von Anteilsrechten und deren Weiterveräußerung entsteht.
All diese Tätigkeiten lassen sich mit dem aus dem anglo-amerikanischen
Rechtskreis bekannten Begriff des investment banking umfassend
beschreiben. | |
Im
Gegensatz zu den unter Punkt 1. bis 6. beschriebenen Bankgeschäften,
bei denen die Zurverfügungstellung von Fremdkapital durch die Banken
im Vordergrund steht, überwiegt bei den hier genannten Bankgeschäften
die Finanzierung der Unternehmen mit Eigenmitteln. Die Banken treten
hier nur ausnahmsweise selbst als Geldgeber auf (wenn sie zB selbst
Beteiligungen an Unternehmen erwerben). Zumeist ist ihre Aufgabe
darauf ausgerichtet, den Unternehmen Zugang zu Finanzmitteln
Dritter zu verschaffen und die zuweilen hochkomplexen Transaktionen zu
begleiten. Grundlage für ein erfolgreiches investment banking sind
funktionierende Kapitalmärkte. Auf den Kapitalmärkten begegnen sich
– vereinfacht gesprochen – Kapitalgeber (private und institutionelle
Investoren, das sind Kleinanleger, Fondgesellschaften, größere Unternehmen,
unter staatlicher Aufsicht stehende Pensionskassen oder Mitarbeitervorsorgekassen
etc) und Unternehmen, die Kapital für die Finanzierung ihrer unternehmerischen Tätigkeit
benötigen. | Investment banking |
Im Gegensatz zum Fremdkapitalgeber, der
einen mehr oder weniger festen Zins auf das eingesetzte
Kapital und am Ende der Laufzeit das hingegebene Kapital zurück
erhält, bezieht der Eigenkapitalgeber lediglich
eine Dividende, die vom erzielten Gewinn des Unternehmens
abhängig ist. Erwirtschaftet das Unternehmen einen Verlust, erhält
der Eigenkapitalgeber nichts, er riskiert sogar den Verlust des
eingesetzten Kapitals. Im Falle der Insolvenz des Unternehmens werden
die Fremdkapitalgeber zunächst mit der bei der Verwertung des Vermögens
des Unternehmens erzielten Quote befriedigt. Eigenkapitalgeber erhalten
ihre Einlage nur zurück, wenn sämtliche Fremdkapitalgeber zur Gänze
befriedigt wurden, in der Regel verlieren sie also ihr Kapital.
Die Bereitstellung von Eigenkapital ist daher mit größeren Risiken
verbunden. Eigenkapitalgeber erlangen aber im Gegenzug Mitspracherechte
– Stimmrechte in Generalversammlungen oder Hauptversammlungen, sie
können Organe (Aufsichtsräte) wählen und über ihre Vertreter in
den Organen Einfluss auf die operative Führung der Geschäfte nehmen. | |
Von funktionierenden Kapitalmärkten spricht
man, wenn die Rahmenbedingungen so attraktiv sind, dass es für potentielle
Kapitalgeber interessanter ist, statt Fremdmittel Eigenmittel zur
Verfügung zu stellen. Zu den Rahmenbedingungen für die Kapitalmärkte
gehört einerseits die Existenz entsprechend großer Börsen,
über die täglich Mindestvolumina an Transaktionen abgewickelt werden.
Auf zu „engen Märkten” besteht in viel größerem Maße die Gefahr
von
Kursmanipulationen,
die nachteilig für das Vertrauen der Anleger in die Märkte sind.
Auch eine funktionierende Kapitalmarkt- oder Börsenaufsicht (diese
wird in Österreich von der FMA wahrgenommen) ist unabdingbare Voraussetzung
für das Vertrauen der Anleger in den funktionierenden Kapitalmarkt.
Bei Regelverstößen (insbesondere beim äußerst schädlichen „Insider-Handel”)
müssen Strafmaßnahmen gesetzt werden (die in Österreich bislang
bekannt gewordenen Fälle vermitteln allerdings den Eindruck, dass
auch bei schweren Verstößen gegen das Verbot des Insider-Handels
praktisch mit keinen Konsequenzen zu rechnen ist; für die Entwicklung
des österreichischem Kapitalmarkts ist diese Praxis sehr schädlich).
Auch die steuerlichen Rahmenbedingungen haben gravierende Auswirkungen
auf das Funktionieren eines Kapitalmarkts (Einheben von Spekulationssteuern
oder die Besteuerung von Anteilsübertragungen – Kapitalverkehrssteuern)
können nachteilige Auswirkungen haben. | |
10. Exkurs: Ablauf
eines „going public“ | |
Der Gang an die Börse (going public)
wurde in den vergangen Jahren zu einem beliebten Mittel der Kapitalbeschaffung
auch für mittelständische Unternehmen. Ende der 90-er Jahre herrschte
vor allem bei jungen Technologieunternehmen geradezu eine Euphorie
(dot.com boom). Die zum Teil sagenhaften Gewinne,
die bei Börsentransaktionen erzielt wurden, haben selbst seriöse
Banken und Finanzinstitute verleitet, Unternehmen ohne Substanz
an den Börsen „einzuführen”. Der Aufstieg und Fall des Neuen Marktes
der Frankfurter Börse steht sinnbildlich für diese Entwicklung.
Ungeachtet der Rückschläge, die Finanzierungen über die Kapitalmärkte
in den vergangenen Jahren zweifelsohne erlitten haben, ist die Unternehmensfinanzierung
über die Börse aber weiterhin eine äußerst attraktive Möglichkeit,
die Eigenkapitalbasis des Unternehmens zu stärken. Gerade auch die
anstehenden Veränderungen im Zusammenhang mit Fremdfinanzierungen
(Basel II) werden verstärkt dazu führen, dass auch mittelständische
Unternehmen den Weg an die Kapitalmärkte suchen. Im Folgenden soll
der Ablauf eines Börsegangs grob skizziert werden. | |
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen Börsegang sind
im BörseG und im
Kapitalmarktgesetz (KMG)
zu finden. Der „Börsekandidat” (Emittent) muss
beim Börseunternehmen (Wiener Börse) einen Zulassungsantrag stellen.
Diesem ist stattzugeben, wenn die im Gesetz vorgesehenen Formalkriterien
erfüllt werden; §§ 64 ff BörseG. Bemerkenswert ist, dass auch relativ kleinen
Unternehmen der Zugang zur Börse offen steht. Nach § 66 Abs 1 Z
2 BörseG ist für die Zulassung zum amtlichen Handel lediglich
Voraussetzung, dass zumindest Aktien im Nominale von 2,9 Mio ı zum
Handel zugelassen werden. Für andere Börsesegmente (geregelter Freiverkehr, Dritter
Markt) gelten weniger strenge Zulassungsvorschriften. | |
Da
der Verkauf von Aktien über eine Börse ein öffentliches
Angebot im Sinne des § 1 Abs 1 KMG ist, sind Emitenten
verpflichtet, einen
Prospekt nach
KMG bzw BörseG zu erstellen. Der Prospekt muss den im KMG vorgegebenen
– strengen – Anforderungen gerecht werden und es den Anlegern ermöglichen,
sich ein Urteil über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des
Emittenten und dessen Entwicklungsaussichten über die mit den Verkehrsgegenständen
verbundenen Rechte zu bilden; § 74 Abs 1 BörseG. – Der Prospekt
ist von einem Prospektprüfer zu prüfen. Prospektprüfer dürfen
nur die in § 8 KMG vorgesehenen Einrichtungen (Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, genossenschaftliche
Prüfungsverbände, Sparkassen-Prüfungsverband, Kreditinstitute mit bestimmten
Eigenmitteln) sein. Zweck der strengen Vorschriften des KMG und
des BörseG ist der
Anlegerschutz. Anleger sollen durch
die umfangreichen Verpflichtungen vor Übervorteilung geschützt werden
– eine Intention des Gesetzgebers, die in vielen Fällen unerfüllt
geblieben ist. | Prospekt, Prospektprüfer, Anlegerschutz |
Da öffentliche Angebote in den meisten Ländern
strengen regulatorischen Vorschriften unterliegen (insbesondere
in den USA besteht ein äußerst komplexes Regelungssystem, dessen
Verletzung drakonische Strafen zur Folge haben kann), ist bei öffentlichen
Angeboten das internationale Umfeld zu beachten. Vor allem Angebote,
die auch über das Internet verbreitet werden, und damit weltweit
zugänglich sind, sind hier regelmäßig mit Risiken behaftet. | |
Ein IPO (
initial public offering – erstmalige
Börseeinführung) beginnt mit der Entscheidung des Unternehmens,
sich Kapital an einer Börse zu beschaffen oder mit der Entscheidung
der Gesellschafter, ihre Aktien über die Börse an das Anlegerpublikum
zu veräußern. In der Folge sucht das Unternehmen geeignete Berater
für das Vorhaben (Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte,
Marketingberater und insbesondere das oder die den Börsegang begleitende(n)
Kreditinstitut(e) (Emissionshäuser)). In der Regel wird zu diesem
Zweck zunächst ein sog beauty contest durchgeführt,
bei dem Investmentbanken eingeladen werden, ihre Ideen für die Gestaltung
des IPO zu präsentieren. Danach erfolgt die Auswahl der Investmentbank,
bei größeren Transaktionen werden zumeist mehrere Banken ausgewählt,
die ein Konsortium bilden. | |
Eine oder zwei Banken werden zum Konsortialführer
(lead manager) bestellt. Die Auswahl der Banken
richtet sich insbesondere nach deren Erfahrung und den erzielten
Erfolgen bei (vergleichbaren) Börsegängen (track record)
und nach deren „Platzierungskraft”. Investmentbanken verfügen über
traditionell gute Beziehungen zu Großinvestoren (Investmentfonds,
Pensionsfonds etc), andere Häuser sind in der Lage, größere Aktientranchen
bei Kleinanlegern zu platzieren (zu denken ist etwa an das Geschäftsstellennetz
der Sparkassen oder der Genossenschaftsbanken, die in den „Vertrieb”
der Aktien eingebunden werden). | |
Nach
der Entscheidung, welche Investmentbank den Börsegang begleiten
wird, erfolgt die Mandatierung (Mandatsvertrag),
der bereits die wesentlichen Eckpunkte der Transaktion enthält.
Im Mandatsvertrag sind die wechselseitigen Rechte und Pflichten
des Emittenten und der Investmentbank(en) bei der bevorstehenden
Transaktion festgelegt. Insbesondere ist festgelegt, ob und inwieweit
die Investmentbank eine „Platzierungsgarantie” abgibt. Garantiert
die Bank die Platzierung der Aktien beim Publikum, ist sie verpflichtet,
die neu emittierten bzw zum Verkauf angebotenen alten Aktien zu
kaufen und – im Fall der Unverkäuflichkeit – in ihr eigenes Portefeuille
zu nehmen. Platzierungsgarantien sind in der Praxis anzutreffen,
wenn ein Emittent als besonders aussichtsreicher „Kandidat” gilt.
Sie sind in der Regel mit höheren Provisionen für die Banken verbunden. |
Mandatsvertrag |
Nach Abschluss
der Mandatsvereinbarung beginnt die eigentliche Vorbereitung auf
den Börsegang. Der Prospekt muss gemäß den im Anhang zum KMG vorgegebenen
Schema erstellt werden. Zu diesem Zweck wird der Emittent im Rahmen
einer Due Diligence- Prüfung”auf
Herz und Nieren” überprüft. Alle rechtlichen und steuerlichen Belange
des Unternehmens, Organisationsstrukturen, Beteiligungen, Mitarbeiter,
anhängige Rechtsstreitigkeiten, drohende Zivil- oder Strafverfahren
werden analysiert und aufbereitet. Das regulatorische Umfeld für
die spezifische Tätigkeit des Unternehmens wird dargelegt, die steuerlichen
Rahmenbedingungen des Unternehmens werden erläutert. Wesentlicher
Bestandteil der Prospekte sind dabei die sog Risikofaktoren.
In diesen werden potentielle Anleger auf die mit einem Kauf der
Aktien verbundenen Risiken hingewiesen. | Due Diligence Prüfung |
Die Risikofaktoren dienen insoweit dem Schutz
der Emittentin und der die Emittentin begleitenden Berater (der Investmentbank),
weil Anleger eine Schädigung ihrer Interessen nicht geltend machen
können, wenn ein Schaden seine Ursache in einem Umstand hat, der
in den Risikofaktoren erwähnt war. | |
Der
Börseprospekt ist
von der Emittentin und dem Prospektprüfer zu unterfertigen. Mit
der Unterfertigung entsteht die unter Umständen weitreichende Haftpflicht
der Emittentin und des Prüfers für die Vollständigkeit und Richtigkeit
des Inhalts des Prospekts. – Der Prospekt wird zusammen mit dem
Zulassungsantrag beim Börseunternehmen eingereicht. | Börseprospekt |
Während
der Phase der Prospekterstellung beginnt das sog pre-marketing.
In dieser Phase sprechen die Investmentbanken mit potentiellen Großinvestoren
über deren Interesse an einem investment und loten den möglichen
Preis aus. – Nach Fertigstellung des Prospekts wird ein Preisband
festgelegt, innerhalb dessen die Zeichner ihre Order abgeben können.
Danach beginnt das öffentliche Angebot. Während
der sog Zeichnungsphase können Anleger jeder Größe über ihre Hausbanken
Aktien zu dem von ihnen (innerhalb des Preisbandes) festgesetzten
Preis ordern. Nach Ende der Zeichnungsfrist erfolgt die Preisfestsetzung
und die Zuteilung der Aktien, die Schwierigkeiten bereiten kann,
wenn ein Angebot überzeichnet ist, also die Nachfrage das Angebot
übersteigt. In solchen Fällen verpflichten sich die bestehenden
Gesellschafter in der Regel, einen Nachfrageüberhang durch Abgabe
zusätzlicher Aktien auszugleichen (sog Greenshoe Option).
Nach der Zuteilung der Aktien erfolgt die eigentliche Durchführung der
Kapitalerhöhung, in der Regel indem die Investmentbank formal sämtliche
neuen Aktien mit der Verpflichtung zeichnet, diese an die Zeichner
der im Rahmen des öffentlichen Angebots gezeichneten Aktien weiterzugeben;
§ 153 Abs 6 AktG. Mit der Eintragung der Kapitalerhöhung in das
Firmenbuch entstehen die neuen Aktien. Diese werden in der Regel
durch eine Sammelurkunde verbrieft, die bei der
Österreichischen Kontrollbank hinterlegt wird. Die Aktien werden
dem Publikum in elektronischer Form zur Verfügung gestellt. Beim
sog settlement werden die Aktien den – oftmals
zigtausenden Zeichnern – zugeteilt und auf die Depots der neuen
Aktionäre überwiesen. Wenige Tage nach der Eintragung der Kapitalerhöhung
in das Firmenbuch können die neuen Aktien an der Börse gehandelt
werden. | Öffentliches Angebot |
11. Sondervorschriften
für börsenotierte
Unternehmen | |
Börsenotierte Gesellschaften unterliegen den Sondervorschriften
des BörseG. Insbesondere bestehen weitereichend
Melde- und Veröffentlichungspflichten, etwa die Pflicht zur Veröffentlichung
der Jahresabschlüsse, der Veröffentlichung von Quartalsergebnissen,
der Meldung von Veränderungen im Aktionariat; insbesondere der Meldung
des Kaufs und Verkaufs von Aktien durch Organe und leitende Mitarbeiter
(§§ 82 ff BörseG). Die Finanzmarktaufsicht (FMA) wacht über die Einhaltung
dieser Vorschriften. | |
Bei
börsenotierten Gesellschaften besteht das Problem der
Insider-Information.
Der Missbrauch von Insider-Informationen, also von Informationen,
die Auswirkungen auf den Kurs eines Wertpapiers haben können, ist
ein gerichtlicher Straftatbestand; § 48a BörseG. Die FMA ist aufgefordert,
Verstöße gegen Insider-Handel aufzuspüren und bei der Staatsanwaltschaft
zur Anzeige zu bringen. | Insider-Information |
Von einem secondary public offering (SPO)
spricht man, wenn eine Gesellschaft, die bereits an einer Börse
notiert, eine Kapitalerhöhung beschließt, die wiederum über die
Börse platziert wird. | |
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C. Die
Vertragsübernahme |
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