Kapitel 2 | |
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A. Kauf
und Tausch |
C.
Verbraucherrecht – Konsumentenschutz |
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B. Die
Lehre von Titel und Modus |
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Wir
haben den Kaufvertrag behandelt und gehört, dass der bloße Kaufvertrag,
also der perfekte, aber noch nicht erfüllte Kauf (nach ABGB) kein
Eigentum überträgt. Der Kaufvertrag ist aber eine unabdingbare Voraussetzung
des Eigentumserwerbs durch den Käufer: Er ist Titel /
Rechtsgrund/ tauglicher rechtlicher Erwerbsgrund für die Eigentumsübertragung,
die Übereignung, den Modus. | |
Das
Titelgeschäft, etwa ein Kauf, benennt den Rechtsgrund, aus dem heraus
Eigentum übertragen werden soll. Etwa: Der Kaufvertrag (als Titelgeschäft)
verpflichtetden Verkäufer schuldrechtlich – für
den Käufer besteht eine spiegelbildliche Verpflichtung bezüglich
des Kaufpreises (§ 1062 ABGB) –, dem Käufer den Kaufgegenstand zu
übergeben / zu tradieren (Übergabe / traditio), und damit idR Eigentum
am Kaufgegenstand zu verschaffen; vgl § 1053 iVm § 1061 ABGB. | Titelgeschäft |
Damit folgt das ABGB dem römischen Recht (D.
41, 1, 31 pr.): Numquam nuda traditio transfert dominium, sed ita
si venditio aut aliqua iusta causa praecesserit, propter quam traditio
sequeretur; vgl auch CodTher II 4 Num 1 sowie die Formulierung des
§ 433 Abs 1 dtBGB: „Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer
Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum
an der Sache zu verschaffen ....” – Darauf wird in der Folge näher
eingegangen. | ABGB und
römisches Recht |
Der Begriff „Rechtstitel” wird umgangssprachlich
auch in einem anderen Sinn verwendet; so wenn davon die Rede ist,
dass jemand einen oder keinen Rechtstitel besitze. Gemeint ist damit
meist nur, dass jemandem ein Rechtsanspruch zusteht oder fehlt. | |
I. Derivativer
Eigentumserwerb durch Übereignung | |
1. §
380 ABGB – Erwerb dinglicher Rechte | |
§ 380 ABGB
formuliert knapp: | |
„Ohne Titel und ohne rechtliche Erwerbungsart
[= Modus] kann kein Eigentum erlangt werden.” | |
Das ABGB handelt die Lehre von
Titel und Modus – gleichsam als Teil fürs Ganze – beim wichtigsten
Fall, dem Eigentumserwerb ab, mag die Lehre von
Titel und Modus auch für den Erwerb aller andern (beschränkten)
dinglichen Sachenrechte (vgl etwa § 449 ABGB: Pfandrecht
oder § 480 ABGB: Servituten) und das Erbrecht gelten. | |
Das
ABGB wendet die Lehre von Titel und Modus auch auf den Erbschaftserwerb
an. Das hat seinen Grund darin, dass das ABGB das Erbrecht noch
als dingliches (Sachen)Recht ansieht und nicht – wie heute – als
absolutes Recht; vgl § 308 ABGB. (Erbrechts)Titel ist danach der
jeweilige Berufungsgrund, Modus die gerichtliche Einantwortung → KAPITEL 17: Einweisung
in die Erbschaft ¿ Das Verlassenschaftsverfahren .
– Zur Bedeutung der Lehre von Titel und Modus für die Zession als
schuldrechtliches Verfügungsgeschäft → KAPITEL 14: Verfügungsgeschäft
| Erbschaftserwerb |
2.
Originärer und derivativer
Erwerb | |
In Bezug
auf den Eigentumserwerb unterscheidet das ABGB zwischen: | |
•
originärem und | |
•
derivativem (Eigentums)Erwerb. | |
Der originäre, ursprüngliche oder
– wie ihn das ABGB auch nennt – der unmittelbare Eigentumserwerb
ist ein solcher, der den Rechtserwerb nicht von einem Vormann (iS
eines früheren Berechtigten) ableitet, sondern unabhängig von einem
(allfälligen früheren) Vorberechtigten eintreten lässt; vgl zB die
§§ 381 ff ABGB: Erwerb freistehender Sachen, aber auch § 367 ABGB: Gutglaubenserwerb → KAPITEL 8: Gutgläubiger
Eigentumserwerb. | |
Beim derivativen,
abgeleiteten oder mittelbaren Eigentumserwerb (vgl § 423 ABGB) wird
der Rechtserwerb dagegen von einem/r Vorberechtigten abgeleitet,
was zur Folge hat, dass der Rechtsnachfolger nie mehr Recht erwerben
werden kann, als der Vorberechtigte besaß; römisches Recht: Nemo
plus iuris transferre potest quam ipse habet. | Nemo plus iuris
transferre potest … |
Zunächst wird auf den derivativen / abgeleiteten
(Eigentums)Erwerb eingegangen, weil diese Erwerbsart von größerer
praktischer Bedeutung ist. Zum originären Erwerb →
Originärer und derivativer
Erwerb. | |
3. Zur Lehre vom
Rechtsgrund: Titel / causa | |
Das Titelgeschäft benenntden
Rechtsgrund: Die Parteien eines Rechtsgeschäfts übertragen Eigentum
nämlich nicht ohne Grund, also schlechthin / abstrakt, sondern stets
aus einem ganz bestimmten rechtlichen und wirtschaftlichen Grund
/ also kausal, eben dem Rechtsgrund. Mit dem Rechtsgrund oder Titelgeschäft
wird ein bestimmter rechtlich-wirtschaftlicher Zweck verfolgt. Der Titel
enthält den Rechtsgrund, aus dem heraus übereignet oder ein anderes
dingliches Recht – etwa eine Servitut – übertragen werden soll.
Dieser Rechtsgrund ist im Titelgeschäft – zB einem Kauf- oder Werkvertrag
– enthalten / formuliert und das Titelgeschäft begründet den (schuld)rechtlichen Anspruch
auf Übereignung. | |
| Abbildung 2.12: Unterschiedliche Zielsetzungen
von Schuld- und Sachenrecht |
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Der
Kaufvertrag als Titelgeschäft überträgt selbst aber noch nicht Eigentum,
verpflichtet aber (schuldrechtlich) dazu! Die sachenrechtliche Übereignung
ist – nach den Intentionen des ABGB – Erfüllungs- und Vollzugsakt
der schuldrechtlichen Verpflichtung und hängt mit dem Titel genetisch zusammen. | Kauf überträgt nicht Eigentum |
Die vom ABGB einheitlich konzipierte
„Lehre” von Titel und Modus wird häufig – in Anlehnung an die Pandektistik
und das dtBGB – auseinandergerissen und dabei das einheitliche Rechtsgeschäft
in ein schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft / Titel (= Rechtsänderung
wird bloß zugesagt) und einen Modus als – eigenes – dingliches Verfügungsgeschäft
(= Rechtsänderung wird tatsächlich bewirkt) geteilt. Dazu auch → Verpflichtungs-
und Verfügungsgeschäft
| Verpflichtungs-
und Verfügungsgeschäft |
| Abbildung 2.13: Die Lehre von „Titel und Modus”: § 380 ABGB |
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| Abbildung 2.14: Sinn von Titel und Modus |
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4. Die
rechtliche Erwerbungsart: Modus traditio | |
Die rechtlich taugliche Erwerbungsart
(auch Modus genannt) ist für: | |
•
bewegliche (körperliche)
Sachen die Übergabe / traditio (§§ 426, 427, 428
ABGB); | |
•
unbewegliche Sachen die Eintragung
ins Grundbuch; | |
• das Bewirken der Eigentumsübertragung nichtverbücherter
Liegenschaften die Urkundenhinterlegung
→
Urkundenhinterlegung statt
Intabulation
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Worin liegen Sinn und Funktion
des Modus? –Übergabe und Verbücherung sollen den Rechts-, insbesondere
den (aufgrund einer Rechtsänderung eintretenden) Eigentumsübergang
nach außen hin kenntlich, also publik machen, zumal Sachenrechte
auch von dritten Personen, die sonst keine Kenntnis davon haben
(können), respektiert werden sollen; Publizitätsprinzip.
– Kurz: Durch den Modus soll die dadurch bewirkte Rechtsänderung
auch nach außen hin (über die Vertragspartner hinaus) erkennbar
werden; und zwar auch für Dritte, die nicht am Rechtsgeschäft beteiligt
sind. Das ist vor allem für das Pfandrecht von Bedeutung; Gläubigerschutz. | |
Nur wenn beide Voraussetzungen – Titel und (!)
Modus – erfüllt sind, wird zB gültig übereignet und dadurch Eigentum
übertragen; sog kausale (= rechtsgrundabhängige) Natur der Tradition,
iSv Übergabe. – Stellt sich zB erst nach erfolgter Übergabe heraus,
dass das Titelgeschäft (bspw ein Kaufvertrag) ungültig ist – etwa
weil ein Teil nicht geschäftsfähig war oder das Geschäft erfolgreich
wegen Irrtums (§ 871 ABGB) angefochten wurde –, so ist entgegen
dem äußeren Anschein Eigentum (trotz allenfalls schon erfolgter
Übergabe) gar nicht übergegangen. Bereits übergebene Sachen sind
dann nach § 877 ABGB zurückzustellen; sog dingliche Rückabwicklung → KAPITEL 5: Rückstellungspflichten
¿ Rückabwicklung. | Kausale Natur
der
Tradition |
Dies
ist die Konsequenz der Lehre von Titel und Modus;
denn nur ein gültiger Titel und (!) ein gültiger Modus bewirken
den Eigentumsübergang oder Pfandrechtserwerb. Ein gültiger Modus allein
reicht ebenso wenig aus, wie ein gültiger Titel. | |
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Vom Eigentumserwerb (an
Liegenschaften) durch den Modus gibt es Ausnahmen,
obwohl das GBG den Eintragungsgrundsatz scheinbar kategorisch regelt: | Ausnahmen |
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§ 4 GBG | |
„Die
Erwerbung, Übertragung, Beschränkung und Aufhebung der bücherlichen
Rechte ... wird nur durch ihre Eintragung in das Hauptbuch bewirkt.” | |
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Solche Ausnahmen betreffen insbesondere die Enteignung,
den Erbgang und die Ersitzung. | |
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Zur unterschiedlichen Lösung im dtBGB und frCC vgl
auch → KAPITEL 2: §
380 ABGB ¿ Erwerb dinglicher Rechte. –
Das aus dem römischen Recht stammende Traditionsprinzip erfüllt
auch Gerechtigkeitsansprüche, was gerade heute wieder von Bedeutung
ist, zumal die Gefahr besteht, dass Rechtsbeziehungen immer mehr
entpersönlicht, ja anonymisiert werden. | Rechtsvergleich:
DtBGB und frCC |
Dem
Traditionssystem folgten auch die Niederlande (Art 3:84, 3:90 NBW),
Spanien, Argentinien, Brasilien und Chile. Die ABGB-Lehre von der
iusta causa traditionis ist der Lösung des dtBGB (§ 929 BGB) von
1900, aber auch der des frCC (Art 711, 1138, 1583) von 1804 überlegen.
– Auch das englische und us-amerikanische Privatrecht gehen aber
mitunter den Weg des französischen Rechts. | |
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Aber auch die Lösung des frCC wurzelt im römischen
Recht; Trennung von emptio-venditio (Kauf) und traditio. Die französische
Kautelarjurisprudenz überbrückte diesen Gegensatz dadurch, dass
in den Kaufvertrag eine Übergabsklausel aufgenommen wurde (Übergabe
durch Erklärung!) und damit die Übergabe als erfolgt angesehen wurde; traditio
ficta (fingierte Übergabe). Während diese alte französische Praxis
theoretisch noch am Traditionserfordernis festhielt, ließ das –
sich auch im frCC manifestierende – Vernunftrecht in Frankreich
auch diese letzte Verbindung zwischen causa und traditio fallen
und begnügte sich damit, dass Eigentum „nur durch den Willen der
Beteiligten” (E. Rabel) übertragen werden könne. Diesem System folgten
zB Belgien, Italien (itCC, Art 1376), Portugal und Rumänien. An
diesem Grundsatz des sog Realkaufs wird in Frankreich auch für Grundstücke
und Forderungen festgehalten, wenngleich er durch Publizitätsakte
bei der Zession (frCC Art 1690) und dem Erfordernis der Transskription
bei Grundstücken stark eingeschränkt wird; Grundsatz: En fait de
meubles possession vaut titre. – Die Ergebnisse der genannten Rechtsordnungen
sind daher bei näherem Hinsehen nicht so unterschiedlich, wie es zunächst
aussieht; vgl E. Rabel, Das Recht des Warenkaufs I 27 (1936). | |
Konsequenter
ausgeprägt als beim Eigentumserwerb ist die Publizitätsfunktion
des Modus bei der Pfandrechtsbegründung; und zwar sowohl an beweglichen
Sachen (sog Faustpfandprinzip), als auch beim Liegenschaftspfand,
der Hypothek, die nur durch Eintragung ins Grundbuch entsteht. Man
sagt daher, die Hypothek führe ein reines Buchleben! – Durch das
Erfordernis, ein Faustpfand wirklich übergeben zu müssen – wozu
nach hA alle Übergabsarten der §§ 426-428 ABGB, das Besitzkonstitut
ausgenommen, ausreichen –, wird ein effizienter (Pfand)Gläubigerschutz
erreicht. Dadurch wird nämlich verhindert, dass der Schuldner /
Pfandbesteller an ein und derselben beweglichen Sache – zB einem
wertvollen Schmuckstück – für mehrere Gläubiger zeitlich nacheinander gültiges
Pfandrecht begründen kann. | Faustpfandprinzip |
•
Vgl auch den Unterschied zwischen normaler Zession
(zB Forderungskauf) und Sicherungszession
→ KAPITEL 14: Sicherungszession oder
der Verpfändung einer Forderung in Bezug auf die Verständigung des
Schuldners / Zessus → KAPITEL 15: Verpfändung
und Pfändung von Forderungen oder Rechten. | |
• Vgl dazu auch die Folie → KAPITEL 15: Formen der Übergabe.
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• Zur Anwendung der pfandrechtlichen Publizitätserfordernisse
auf die Sicherungsübereignung
→ KAPITEL 8: Die
Sicherungsübereignung. | |
| Abbildung 2.15: Formen der Übergabe |
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Mit der Übergabe des Kaufgegenstands
geht im Regelfall nicht nur das Eigentum, sondern
auch die Gefahr (tragung) über. Dh, dass ab diesem
Zeitpunkt ein zufälliger Untergang oder eine zufällige Verschlechterung
des Kaufgegenstands bereits den Käufer trifft (und nicht mehr den
Verkäufer)! Vgl dazu § 1064 iVm § 1051 ABGB. Die Parteien können
aber (vgl § 1051 letzter HalbS ABGB) etwas anderes vereinbaren;
so wird in der Vertragspraxis häufig vereinbart, dass die Gefahr schon
mit Vertragsunterzeichnung, also schon vor der tatsächlichen (und
erst recht vor der rechtlichen, das wäre zB die Verbücherung) Übergabe
des Kaufgegenstands vom Verkäufer auf den Käufer übergehen soll. | Übergabe und
Gefahrübergang |
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| Abbildung 2.16: Übergabsarten – Überblick: §§ 426 ff ABGB |
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5. Übergabsarten
für bewegliche Sachen | |
Die Übergabsformen
der §§ 426-428 ABGB dienen dem Erwerb dinglicher Rechte (Eigentum, Pfandrecht
etc) an beweglichen Sachen. Dem ABGB schwebte eine Art „Rangordnung”
dieser gesetzlichen Übergabsformen vor; vgl § 426 ABGB: „ ... können
in der Regel nur durch.” Die Übergabsform steht demnach nicht völlig
im Ermessen der Parteien. – Neben der körperlichen Übergabe kennt
das Gesetz noch die Übergabe durch Zeichen und die Übergabe durch
Erklärung. | |
Bewegliche
Sachen sind nach § 426 ABGB grundsätzlich körperlich
– dh „von Hand zu Hand” – zu übergeben. | |
Nur
wenn bewegliche Sachen eine körperliche Übergabe nicht zulassen
(oder wenn diese nicht tunlich, dh unwirtschaftlich ist) – zB bei
Frachtgütern, einem Warenlager oder einer „anderen Gesamtsache”,
gestattet § 427 ABGB die Übergabe durch Zeichen, die auch symbolische Übergabe
genannt wird, | |
„indem der Eigentümer dem Übernehmer die
Urkunden, wodurch das Eigentum dargetan wird, oder die Werkzeuge übergibt,
durch die der Übernehmer in den Stand gesetzt wird, ausschließend
den Besitz der Sache zu ergreifen; oder, indem man mit der Sache
ein Merkmal verbindet, woraus jedermann deutlich erkennen kann,
dass die Sache einem anderen überlassen worden ist.” | |
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| Abbildung 2.17: Übergabe durch Erklärung: § 428 ABGB |
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Neben den Übergabsformen der §§ 426 und 427 ABGB, die den
Publizitätsanforderungen des Sachenrechts voll, wenngleich in unterschiedlichem
Maße entsprechen, gibt § 428 ABGB zum Teil das Publizitätserfordernis
auf: Übergabe durch Erklärung. Problematisch in Bezug auf den Publizitätsgedanken
ist vor allem das Besitzkonstitut. | |
§ 428 ABGB: „Durch Erklärung wird die Sache übergeben,
wenn der Veräußerer auf eine erweisliche Art seinen Willen an den
Tag legt, dass er die Sache künftig im Namen des Übernehmers innehabe
[Besitzkonstitut]; oder, dass der Übernehmer die Sache, welche er
bisher ohne ein dingliches Recht innehatte, künftig aus einem dinglichen Rechte
besitzen solle [Übergabe kurzer Hand].” | |
| Abbildung 2.18: Besitzkonstitut: § 428 1. Halbsatz ABGB |
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| Abbildung 2.19: Übergabe kurzer Hand: § 428 2. Halbsatz ABGB |
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Die
Besitzanweisung,
als 3. Fall des § 428 ABGB wurde erst von der Praxis entwickelt.
Vorbild war das ALR; vgl dort I 7 §§ 66-69. Es handelt sich mittlerweile
um Gewohnheitsrecht. | |
| Abbildung 2.20: Besitzanweisung |
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Diese (auf den Eigentumserwerb
abstellenden) Regeln werden analog auf den bloßen Besitzerwerb an
beweglichen und unbeweglichen Sachen angewandt. Bei beweglichen
Sachen spielt das bspw beim Eigentumsvorbehalt eine Rolle. Bei Liegenschaften
geschieht dies häufig durch vertragliche (Übergabs)Erklärung iSd
§ 428 ABGB. Eine typische vertragliche Formulierung einer solchen Besitz-
und Gefahrübertragung an einer Liegenschaft (Eigentum wird erst
durch Verbücherung erworben!) enthält Pkt III des Liegenschaftskaufvertrags → Vertragsbeispiele. | |
Unbekannt ist unserem bürgerlichen
Recht die Eigentumsübertragungsform beweglicher Sachen durch Abtretung
des Herausgabeanspruchs iSd § 931 dtBGB: | Abtretung des
Herausgabeanspruchs? |
„Ist ein Dritter im Besitze der Sache, so
kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass der Eigentümer dem Erwerber
den Anspruch auf Herausgabe der Sache abtritt.” | |
Das läuft auf die Übertragung von Eigentum (an beweglichen
Sachen) durch Zession hinaus. – Funktional entspricht die deutsche
Abtretung des Herausgabeanspruchs in etwa (wo liegt der Unterschied?)
unserer Besitzanweisung. Vgl dazu → KAPITEL 2: Besitzanweisung (FOILIE):
SZ 22/27 – Bob Cracler. | |
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HS 4275: Eigentums- und Pfandrechtserwerb an
einem Pkw erfolgt nur durch körperliche Übergabe: OGH
17.3.1964, 8 Ob 290/63 (39). | |
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HS 4276 (1964): Übergabe eines Kraftfahrzeugs –
Die Klägerin hat einen Kaufvertrag unterzeichnet. Auf ihren Namen
wurden die Wagenpapiere und die Versicherungspolizze ausgestellt,
ihr wurden diese Papiere übergeben, und zu ihr wurde der Wagen schließlich
auch vom Beklagten gebracht, der ihn nur im Auftrag der Klägerin
von der Verkäuferfirma übernommen hat. Der Wagen wurde der Klägerin
also nicht nur symbolisch, sondern tatsächlich übergeben, und sie
war in der Lage, darüber ausschließlich zu verfügen, so dass alle
Erfordernisse des § 426 ABGB für den Eigentumserwerb erfüllt sind.
Der Umstand, dass sie den Wagen sofort dem Beklagten zur Benützung
überließ, ändert daran nichts (OGH). | |
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HS 4277 (1964): Der Typenschein ist
nicht der wesentlichste Bestandteil des Kaufvertrags über ein Kraftfahrzeug;
die symbolische Übergabe eines Kraftfahrzeugs durch bloße Aushändigung
des Typenscheines ist vielmehr iSd § 427 ABGB nicht gültig (OGH). | |
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HS 4278 (1963):
Zeitliche Differenz zwischen Übertragungs- und Aneignungshandlung.
Nach stRspr und Lehre [OGH 5.4.1911, GlUNF 5426; SZ 26/147; EvBl
1963/24*; Klang, Komm z ABGB2, II 316] können
bei Begründung von Eigentum die Übertragungs- und Aneignungshandlungen
zeitlich auseinanderfallen. Liegt die Zustimmung des Übergebers
vor, kann sich der Übernehmer auch in Abwesenheit in den Besitz
der Sache setzen und dadurch den Eigentumsübergang herbeiführen
(OGH). | |
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Man nennt diese Form der Besitz-
oder Eigentumsübertragung auch traditio longa manu / Übergabe
langer Hand. Es handelt sich dabei um eine (im Gesetz nicht
geregelte) Form der Übergabe durch Zeichen und Erklärung, wobei zB
der Vorbesitzer oder Voreigentümer, die zu übergebende (bewegliche)
Sache bereitstellt und dem Übernehmer gestattet, sie sich zu holen;
etwa: Verkauf von geschlägertem Holz, das im Wald aufgeschlichtet
und mit einem bestimmten (Farb)Zeichen versehen wird. Dem Erwerber
werden Ort und Zeichen genannt, damit er das Holz selbst abholen
kann und damit zB Eigentum erlangt. | |
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6.
Versendungskauf: §
429 ABGB | |
Beim anschließend (an
§ 428 ABGB) geregelten Versendungskauf versendet der Verkäufer auf
Verlangen des Käufers – was auch schlüssig geschehen kann – die
verkaufte Ware / Sache an einen andern Ort als den Erfüllungsort.
– § 429 ABGB versteht sich als Anwendungsfall der §§ 426 ff ABGB. | |
| Abbildung 2.21: Versendungskauf: § 429 ABGB |
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Beim Versendungskauf gehen nach
hA im bürgerlichen Recht schon mit der Übergabe des Kaufgegenstands
/ der Ware durch den Verkäufer an die Transportanstalt – zB Post,
Bahn oder Spediteur – Eigentum und Gefahr (auf den Käufer) über.
Dies trotz der Formulierung im Gesetz: | Besonderheiten
beim Versendungskauf |
”In der Regel werden überschickte Sachen
erst dann für übergeben gehalten, wenn sie der Übernehmer erhält.” | |
Die Übergabe an Post oder Bahn durch den Verkäufer gilt
nämlich als vom Käufer genehmigte „Überschickungsart”. Die Praxis
verkehrt demnach den Grundsatz des Gesetzes ins Gegenteil, was dem
Rechtsgefühl des Volkes nicht entspricht. Auch das KSchG hat daran
bislang nichts geändert. | |
Das Handelsrecht regelt
in Art 8 Nr 20 Abs 1 EVHGB nur (!) den Gefahrübergang;
vgl das folgende Beispiel (HS 5345). Der Eigentumsübergang folgt
den (eben dargelegten) Regeln des bürgerlichen Rechts. | Handelsrecht |
Art 8 Nr 20 Abs 1 der 4. hrEVO: Gefahrtragung
beim Versendungskauf
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Versendet der Verkäufer auf Verlangen des Käufers die verkaufte
Ware nach einem anderen Ort als dem Erfüllungsort, so geht die Gefahr
auf den Käufer über, sobald der Verkäufer die Ware dem Spediteur,
dem Frachtführer oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten
Person oder Anstalt ausgeliefert hat. | |
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Die Übergabe des Kaufgegenstands
/ der Ware durch den Verkäufer an die Transportanstalt (also eine
dritte Person) wird also bereits als Übergabsakt an den Käufer gedeutet.
Der Dritte (= die Transportanstalt) ist demnach nicht Erfüllungshilfe
(§ 1313a ABGB) des Verkäufers. Der Verkäufer / Übergeber erfüllt
seine Vertragspflicht bereits voll mit Übergabe Absendung des Kaufgegenstands
an den Dritten. | Übergabe
an
Transportanstalt als Übergabsakt |
| Abbildung 2.22: Versendungskauf: § 429 ABGB |
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HS
5345 (1965): „Der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Kaufvertrag
ist ein Versendungskauf, bei welchem zufolge der Bestimmung des
Art 8 Nr 20 EVHGB die Transportgefahr auf den Käufer
überging, sobald der Verkäufer die Ware an die Spedition zur Versendung
an den Käufer übergeben hatte. Mit dieser Übergabe ist aber auch
das Eigentumsrecht an der Ware auf den Käufer gemäß § 429 ABGB übergegangen,
da, wie Klang (Komm z ABGB2, II 326)
ausführt, für gewöhnlich angenommen werden muss, dass der Übernehmer
mit der Versendung durch die Eisenbahn oder die Post einverstanden
ist, und daher in den meisten Fällen das Eigentum mit der Übergabe
zum Transport auf den Empfänger übergeht. Das im § 433 HGB normierte
Dispositionsrecht des Verfrächters [sog Right of Stopppage; vgl
§ 45 KO] steht dem nicht entgegen (Klang, aaO 327, unter 4).” | Transportgefahr |
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§ 45
KO: Verfolgungsrecht
| Verfolgungsrecht |
Der Verkäufer oder Einkaufskommissionär kann Waren, die
von einem anderen Ort an den Gemeinschuldner abgesendet und von
diesem noch nicht vollständig bezahlt worden sind, zurückfordern,
es sei denn, daß sie schon vor der Konkurseröffnung am Ablieferungsorte
angekommen und in die Gewahrsame des Gemeinschuldners oder einer
anderen Person für ihn gelangt sind. | |
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7. Verpflichtungs-
und Verfügungsgeschäft | |
Im Zusammenhang
mit Titel und Modus wird auch folgende begriffliche Unterscheidung getroffen: | |
Das (schuldrechtliche)
Titelgeschäft wird auch Verpflichtungsgeschäft genannt, weil es
die zugesagte Rechtsänderung noch nicht selbst herbeigeführt, sondern
nur die Verpflichtung dazu begründet. – Kurz: Die Rechtsänderung
wird durch das Verpflichtungsgeschäft bloß zugesagt, aber noch nicht
bewirkt. | Verpflichtungsgeschäft |
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Vom
Titelgeschäft zu unterscheiden ist das (sachenrechtliche) Verfügungsgeschäft
(Modus), das die Rechtsänderung nicht bloß zusagt, sondern selbst
herbeiführt. – Kurz: Die Rechtsänderung wird durch das Verfügungsgeschäft
bewirkt. Dadurch werden Rechte definitiv übertragen, aufgehoben, abgeändert
oder beschränkt. | Verfügungsgeschäft |
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| Abbildung 2.23: Rechtsgeschäftliche Übertragung von Rechtspositionen |
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8. Kausale
und abstrakte Rechtsgeschäfte | |
Die
Unterscheidung in kausale und abstrakte Rechtsgeschäfte hat im Titelgeschäft
ihren Sitz: | |
Ein Rechtsgeschäft,
insbesondere ein Verpflichtungsgeschäft, ist kausal,
wenn es seinen Zweck / die causa / den konkreten Rechtsgrund benennt,
der die rechtliche Verpflichtung zur Rechtsänderung etc trägt. | |
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Das österreichische Privatrecht
steht kausalen Rechtsgeschäften freundlich, abstrakten dagegen abweisend
gegenüber; vgl etwa § 937 ABGB: Danach sind „Allgemeine, unbestimmte
Verzichtleistungen auf Einwendungen gegen die Gültigkeit eines Vertrages
… ohne Wirkung”. | ABGB favorisiert
kausale Rechtsgeschäfte |
IdR setzt ein Rechtsübergang daher eine/n causa
/ Rechtsgrund voraus. Dennoch kennen wir auch abstrakte Geschäfte
/ Verpflichtungen. – Die Gründe der Ablehnung abstrakter Rechtsgeschäfte sind
folgende: Wären abstrakte Rechtsgeschäfte ohne Einschränkung wirksam,
könnten damit sehr einfach gesetzwidrige, sittenwidrige oder unerlaubte
Vereinbarungen geschlossen und rechtlich durchsetzbar (= einklagbar)
gemacht werden. Der Rechtsgrund für die Rechtsänderung wäre nicht einsichtig. | |
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Ist ein Rechtsgeschäft
vom Rechtsgrund unabhängig / losgelöst, ist es abstrakt. Es (be)nennt
den Rechtsgrund der Verpflichtung nicht. | Abstrakte
Rechtsgeschäfte |
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ABGB (kausale Natur
der Tradition / Übergabe) und dtBGB (abstrakte
Natur der Tradition) messen dem Grundgeschäft unterschiedliche Bedeutung
zu. So verhindert nach ABGB die Ungültigkeit des Titel- oder Grundgeschäfts
den Eigentumsübergang, während nach dem dtBGB der Erwerber auch
in einem solchen Fall Eigentümer wird und bleibt. – Der Unterschied
zeigt sich an den Konsequenzen: Dem Verkäufer steht in diesem Fall
nach ABGB die dingliche Eigentumsklage auf Rückstellung zu (Eigentum
ist nicht übergegangen!), während das dtBGB nur einen obligatorischen
Bereicherungsanspruch ( → KAPITEL 5: Bereicherungsrecht
im ABGB?)
gewährt, weil der Erwerber zwar Eigentümer geworden ist, er die
Sache aber ungerechtfertigt, dh ohne (gültigen) Rechtsgrund erlangt
hat. – Der dinglich wirkende Schutz des ABGB ist natürlich viel
effizienter; vgl nur den Fall der Insolvenz des Erwerbers! | Rechtsvergleich |
Einen anderen Weg für den Erwerb
von Fahrnis schlägt der frCC ein: Er lässt Eigentum
mit Kaufvertragsperfektion übergehen. | |
Dazu Gschnitzer, Sachenrecht 2 102. | |
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Wichtige Rechtsquellen: – GrundbuchsG (GBG)
1955, BGBl 39; – GrundbuchsumstellungsG (GUG) 1980, BGBl 550; –
Allgemeines GrundbuchsanlegungsG (AllgGAG) 1929, BGBl 2/1930; –
LiegenschaftsteilungsG 1930, BGBl 3. | |
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1. Allgemeines
– Geschichtliches | |
Das Ziel, den Liegenschaftsverkehr zu sichern und die Rechtslage
an Grundstücken klarzustellen, ist alt, zumal Liegenschaften schon
im alten Griechenland als Sicherungsobjekte für Schulden des Liegenschaftseigentümers
verwendet wurden. Das antike griechische Recht hatte
– im Gegensatz zum römischen Recht – ein aus heutiger Sicht modernes
Publizitätskonzept für den Liegenschaftverkehr entwickelt. Aus dem
hellenistisch-ptolemäischen Ägypten (Nachfolge des Alexanderreichs)
sind hochentwickelte Grundbücher erhalten. | |
Das antike griechische Recht kannte bereits
frühe und interessante Formen des Publizitätsgedankens,
der in Griechenland hoch entwickelt war und später übernommen werden
konnte: Am Anfang standen Gedächtnismänner / Mnemones,
die als Abschlusszeugen dem Liegenschaftskauf beigezogen wurden;
sie sagten im Streitfall aus. Früh gab es Archive,
wo die Urkunden hinterlegt und schließlich sogar die Verträge (unter
Beiziehung der Archivbeamten) geschlossen wurden. | |
Streit kann vermieden werden, wenn das Eigentum an Liegenschaften
klar feststellbar und überhaupt dingliche Rechte und Pflichten an
Liegenschaften – seien es Eigentum, Hypotheken oder Servituten –
einsehbaren Aufzeichnungen zu entnehmen sind. – Daher die frühen
Versuche, Rechtssicherheit im Liegenschaftrecht zu erlangen. | Rechtssicherheit
im
Liegenschaftrecht |
So
entstanden (in der Neuzeit) zunächst für den herrschaftlich-adeligen
Grundbesitz Landtafeln und in der Folge Stadtbücher für den städtischen
sowie Grundbücher ieS insbesondere für den bäuerlichen Grundbesitz;
dazu Klang in Klang2 II 329 und Ehrenzweig,
Sachenrecht 27 (19852). Wurden zunächst
in diese Bücher – ohne besondere Systematik – bloß chronologische
Aufzeichnungen eingetragen (rechtliche Änderungen waren selten!),
ging man später zum Personal- und schließlich zum
Realfoliensystem über.
–
Personalfoliensystem bedeutet,
dass sich der innere Aufbau des Grundbuchs nicht am Grundbuchskörper
(Liegenschaften) orientiert, sondern an den Personen, denen diese
gehören. | Grundbücher, Stadtbücher, Landtafeln |
1871 kam
es in Österreich zur ersten einheitlichen gesetzlichen Regelung
des Grundbuchswesens. In Tirol, wo die Widerstände
der Bauern gegen die Grundbuchsanlegung groß waren, galten die alten
Verfachbücher bis zum schließlichen Beginn der Grundbuchsanlegung
im Jahre 1897 und darüber hinaus. Dieses erste öGBG von 1871 gilt
noch heute in
Südtirol.
1955 wurde das Grundbuchsrecht gesetzlich neu gefasst; GBG 1955.
Die Neuerungen hielten sich in Grenzen. Mit dem GUG 1980wurde
das österreichische Grundbuchsystem auf EDV umgestellt. | Tirol |
Neben dem allgemeinen Grundbuch existieren noch heute Sondergrundbücher
als Verzeichnisse: | |
• die
Landtafeln für
die ehemals ständischen Güter, | |
• die
Eisenbahnbücher (seit 1874), | |
• das
Bergbuch weist die Bergwerksberechtigungen
aus, und | |
• die
Wasserbücher verzeichnen die Wassernutzungsrechte. | |
• Andere öffentliche
Register sind zB: | |
• das Firmenbuch
→ KAPITEL 15: Das
Firmenbuch / FB. | |
• der Grenzkataster (beim Vermessungsamt), | |
• das Schiffsregister sowie | |
• das Patent-, Marken-, Musterrechtsregister
→ KAPITEL 15: Marken-, Muster- und Patentregister. | |
| Abbildung 2.24: Das Grundbuch (1) |
|
| Abbildung 2.25: Das Grundbuch (2) |
|
| Abbildung 2.26: Bücherliche Rechte: § 9 GBG |
|
Rechtstatsachen zum Grundbuch:
Etwa 150 Bezirksgerichte führen Gundbücher mit 2,2 Mio Grundbuchseinlagen. Diese
erfassen 12 Mio Grundstücke. Jährlich werden ca 3,5 Mio Grundbuchsauszüge
angefertigt; Kosten pro Auszug: 8 ı. | |
Wir haben die Lehre von Titel
und Modus bereits besprochen und wissen, dass das Eigentum und andere
(beschränkte) dingliche (Sachen)Rechte insbesondere auch das Liegenschaftspfand
/ die Hypothek und die Servituten als dingliche Rechte nur dadurch
erworben werden, dass das Titelgeschäft – sei es
ein Kauf-, Servituts- oder Pfandbestellungsvertrag – ins Grundbuch
eingetragen wird. Die Eintragung stellt den Modus,
die rechtlich taugliche Erwerbsart, dar. Erst sie bewirkt den Eigentumsübergang
an Liegenschaften oder das Entstehen einer Hypothek als Liegenschaftspfand. Daher
sagt man, die Hypothek führe ein „reines Buchleben”, denn außerhalb
des Grundbuchs existiert sie nicht. – Was für bewegliche
Sachen im Hinblick auf den Besitz- und Eigentumserwerb die
Übergabe ist, ist für den Eigentumserwerb an Liegenschaften (=
unbewegliche Sachen) die Verbücherung. | |
§ 431 ABGB bestimmt: „Zur Übertragung des Eigentums
unbeweglicher Sachen muss das Erwerbungsgeschäft in die dazu bestimmten
öffentlichen Bücher eingetragen werden. Die Eintragung nennt man
Einverleibung (Intabulation).” | |
| |
Nach § 432 ABGB ist für die Intabulation eine beglaubigte
Urkunde über das Erwerbs-, also das Titelgeschäft nötig;
vgl auch §§ 31 ff GBG! § 433 ABGB bestimmt, was Inhalt dieser
Urkunde zu sein hat: Sie hat die am Geschäft beteiligten
Personen anzugeben sowie Liegenschaft und Titelgeschäft / Rechtsgrund
zu benennen usw. | Voraussetzungen
der Intabulation |
| |
„ ... und es muss von dem Übergeber in dieser
oder in einer besonderen Urkunde die ausdrückliche Erklärung abgegeben
werden, dass er in die Einverleibung einwillige”. | |
Zur Eigentumsübertragung
an Liegenschaften oder Superädifikaten –
dazu gleich mehr, die nicht im Grundbuch eingetragen sind
braucht es nach § 434 ABGB statt der Intabulation die gerichtliche
Hinterlegung der Urkunde beim Grundbuchsgericht;
heute geregelt im UHG, BGBl 1974/326. Dingliche Rechte an solchen
Liegenschaften werden nach § 1 Abs 2 UHG grundsätzlich „erst mit
der Urkundenhinterlegung” erworben; § 29 GBG (Rangordnung dinglicher
Rechte) gilt sinngemäß. |
Urkundenhinterlegung statt
Intabulation |
| |
Der Eigentumserwerb an Superädifikaten folgt den Regeln
des UHG. | |
Ein
Superädifikat – der Begriff darf nicht mit dem der Superficies verwechselt
werden – liegt also nur dann vor, wenn das Recht der Liegenschaftsbenützung
von vornherein zeitlich begrenzt ist. Andernfalls greift der Grundsatz
des § 297 ABGB (sog Superficies):
superficies
solo cedit = wörtlich übersetzt: das Bauwerk weicht Grund
und Boden, dh: ein Bauwerk gehört grundsätzlich dem Liegenschaftseigentümer.
Von diesem (römischrechtlichen) Grundsatz weicht die Regelung für
sog Superädifikate ab. | Superficies |
Superädifikate gelten,
trotz ihrer engen Verbindung mit einer Liegenschaft, als bewegliche Sachen;
Umkehrschluss aus § 297 iVm § 435 ABGB: so SZ 10/94 (1928) oder
55/155 (1982): Der Eigentümer eines gepfändeten Superädifikats hat
mit Beschwerde nach § 68 EO Abhilfe zu suchen oder mit der Widerspruchsklage
nach § 37 EO vorzugehen. | |
Wichtig für das Verständnis
ist es, dass Superädifikate sonderrechtsfähig sind
(vgl JBl 1991, 378); dh: das (Mit)Eigentum und andere Rechte an
der Liegenschaft – zB eine Servitut –und am Superädifikat können
getrennte Wege gehen. So verschafft ein (Mit)Eigentumserwerb an
der Liegenschaft, nicht notwendig das Eigentum am Superädifikat. | |
|
Eine Fertigteilgarage,
aber auch ein in massiver Bauweise ausgeführtes Wohn-
oder Geschäftshaus (vgl JBl 1930, 393), kann Superädifikat
sein, zumal keinerlei Größen- oder Höhenbeschränkungen bestehen. | |
|
|
SZ 44/101 (1971):
Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft an einem Superädifikat (durch
gerichtliche Feilbietung). | |
|
|
OGH 11. 7. 2001,
3 Ob 284/99g, JBl 2002, 311: Liegenschaftseigentümer räumt vier
Personen Baurecht ein, von dem aber kein Gebrauch
gemacht wird. Eine der vier Personen erhält auf Grund einer Sondervereinbarung
vom Eigentümer auch das Recht, ein Superädifikat auf
der Liegenschaft zu errichten. Das Baurecht wird
idF in Exekution gezogen und der betreibende Gläubiger versucht,
auch das Superädifikat exekutiv zu verwerten, was der OGH ablehnt. | |
|
Zum Baurecht
→ KAPITEL 8: Das
Baurecht:
Dort findet sich auch eine Gegenüberstellung der Begriffe Superficies, Superädifikat
und Baurecht. | |
| |
2. Das
Grundbuch als öffentliches Register | |
Das Grundbuch ist
ein öffentliches, dh jedermann zugängliches, Register. Die Grundbücher
werden von den Bezirksgerichten geführt. Im Grundbuch
sind grundsätzlich alle Liegenschaften verzeichnet; Ausnahme: zB
öffentliches Gut. Vgl auch → KAPITEL 8: Freistehende
Sachen, öffentliches Gut und Staatsvermögen.
Man kann sich auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuchs
verlassen. Es wird seit 1980 elektronisch geführt; GUG 1980. Auch
für das auf EDV umgestellte Grundbuch gilt aber
weiterhin der Grundsatz des § 1 GBG, dass das Grundbuch aus dem
Hauptbuch und der unverändert gebliebenen Urkundensammlung besteht.
Das im Rahmen der Grundbuchumstellung neu geschaffene Verzeichnis
der gelöschten Eintragungen steht dem Hauptbuch rechtlich
gleich; JBl 1991, 584. | |
Grundbuchsauszüge
erhält man bei jedem Bezirksgericht und mittlerweile auch bei Notaren
und Rechtsanwälten. Der elektronische Zugang zum Grundbuch wurde
ständig erweitert. | Grundbuchsauszüge |
Das Grundbuch als öffentliches Buch verwirklicht das sachenrechtliche Publizitätsprinzip auf
vorbildliche Weise. Aber auch dem Spezialitäts- und Prioritätsprinzip des
Sachrechts dient das Grundbuch → KAPITEL 8: Priorität . | |
| Abbildung 2.27: Aufbau des Grundbuchs |
|
| |
Für jede
Katastralgemeinde (KG; sie ist nicht
unbedingt deckungsgleich mit der politischen Gemeinde) wird vom
zuständigen Bezirksgericht ein eigenes Grundbuch geführt. | |
| |
| Abbildung 2.28: Das Grundbuch des Bezirksgerichts |
|
Nach
§ 1 GBG besteht „das” Grundbuch aus: | |
• einem
Hauptbuch und einer | |
•
Urkundensammlung. | |
Im Hauptbuch wird für jeden
Grundbuchskörper eine
eigene
Grundbuchseinlage mit
eigener Einlagezahl / EZ angelegt; zB KG Hötting EZ 3570. | |
Er
ist die rechtliche Grundeinheit des Grundbuchs. Der Grundbuchskörper
bildet ein rechtliches Ganzes; § 31 GBG. Ein Grundbuchskörper kann
aus mehreren Liegenschaften / Grundstücken bestehen; wobei die einzelnen
Liegenschaften / Grundstücke wiederum in (rechtlich nicht selbständige)
Parzellen unterteilt sein können. – Liegenschaften / Grundstücke
stellen danach nicht immer eine selbständige Grundbuchseinheit dar;
auf Parzellen trifft das nie zu. | |
Die
Parzellierung einer Liegenschaft dient deren leichterem Abverkauf.
So, wenn ein 10.000 m 2 großes Grundstück in
fünf gleich große Parzellen untergegliedert wird. Häufig kann dadurch
eine Wertsteigerung der Liegenschaft erreicht werden; besserer m 2-Preis.
Zu beachten ist, dass die Parzellierung nichts an der Einheit des
Grundbuchkörpers ändert → Aufbau
des Grundbuchs:
Ab- und Zuschreibung. | Parzellierung |
| Abbildung 2.29: Grundbuchskörper/Liegenschaft/Parzelle |
|
| Abbildung 2.30: Legende: GB-Körper/Liegenschaft/Parzelle |
|
Sie ist die Sammlung der Originale und beglaubigten
Abschriften von Urkunden, auf Grund derer bücherliche Eintragungen
erfolgen. – Vom Hauptbuch wird auf die Urkundensammlung verwiesen,
da im Hauptbuch nur Kurzeintragungen erfolgen. – Vom Hauptbuch aus
ist also der Weg zurück zur Urkunde, die das Titelgeschäft dokumentiert,
verfolgbar. | |
Besteht
ein Grundbuchskörper aus mehreren Liegenschaften oder ist das einzige
Grundstück eines Grundbuchskörpers parzelliert, müssen diese unselbständigen
Teile – bspw im Falle des Verkaufs nur einer Liegenschaft oder von
nur einer oder mehreren Parzellen – ab- oder zugeschrieben werden;
§ 3 Abs 2 GBG. | |
Durch Ab- oder Zuschreibung ändert sich demnach der Umfang
eines Grundbuchskörpers. – Im Falle der Abschreibung wird für den
abgeschriebenen Teil ein neuer Grundbuchskörper mit neuer
Einlagezahl (EZ) geschaffen. | |
Dasselbe gilt für Teilungen von Grundbuchskörpern; zB im
Rahmen einer Erbfolge. Zu beachten sind in diesen Fällen die Vorschriften
des LiegenschaftsteilungsG 1930 und der jeweiligen Landes-Bauordnung. | |
| Abbildung 2.31: Aufbau des Hauptbuchs – Realfoliensystem |
|
Nach
§ 4 GBG wird die Erwerbung, Übertragung, Beschränkung und Aufhebung
bücherlicher Rechte ( →
Bücherliche Rechte)
an einem Grundbuchskörper nur durch Eintragung ins
Hauptbuch bewirkt. | Aufbau der einzelnen
GB-Einlage |
Das Hauptbuch,
das in Tirol in zwei Abteilungen geführt wird (I: geschlossene Höfe;
II: sog walzende Güter), ist nach dem Realfoliensystem geordnet;
dh, jeder Grundbuchskörper erhält eine selbständige Grundbuchseinlage:
vgl §§ 2, 3 GBG. | |
| |
Jede Grundbucheinlage ist
folgendermaßen aufgebaut: Sie besteht aus der „Aufschrift”
sowie nach § 61 AGAG aus 3 „Blättern”: dem Gutsbestands-
oder A-Blatt, dem Eigentums- oder B-Blatt und dem Lasten- oder C-Blatt. | |
| Abbildung 2.32: Aufbau der einzelnen GB-Einlage |
|
Die sog Aufschrift führt
die Katastralgemeinde (KG), die Einlagezahl (EZ) sowie den Gerichtsbezirk
und die Bezeichnung des jeweiligen Grundbuchskörpers an. – Die Aufschrift
bildet den „Kopf” jeder Grundbuchseinlage. | Aufschrift |
Das A-Blatt ist wiederum in ein
A1- und A2-Blatt unterteilt. Das Gutsbestandsblatt „charakterisiert”
den jeweiligen Grundbuchskörper. | A-Blatt |
Das A1-Blatt zählt allfällige
Parzellen auf, und benennt deren „Kulturart”. | |
| |
| |
| |
Die
Kultur- oder Benützungsarten von Liegenschaften werden nach § 10
Abs 1 VermG (samt Anhang) festgelegt: zB Baufläche, landwirtschaftlich
genutzte Grundfläche, Garten, Wald, Gewässer, Alpe etc. | |
Das A2-Blatt gibt Auskunft über Veränderungen
am Gutsbestand des jeweiligen Grundbuchskörpers, insbesondere durch
Zu- und Abschreibung und – praktisch bedeutsam – über die mit dem
Liegenschafteigentum verbundenen Rechte; zB Servituten oder Reallasten,
wenn die Liegenschaft herrschendes Grundstück ist. | |
| |
Auch eine Eintragung nach
§ 297a ABGB (Maschine → KAPITEL 8: §
297a ABGB ¿ Der ¿Maschinenparagraph¿)
erfolgt hier. Das A2-Blatt weist zudem (nach § 7 Abs 2 AGAG) Beschränkungen aus,
die auf öffentlichrechtlichen Vorschriften beruhen; etwa die Zugehörigkeit
eines Grundbuchskörpers zur Sicherheitszone eines Flughafens oder
zu einem Wasserschutzgebiet. | |
| Abbildung 2.33: Original-GB: Gutsbestands- oder A-Blatt |
|
Das Eigentums-
oder B-Blatt gibt die
Eigentumsverhältnisse wieder. „Öffentliches Gut” wird als solches
gekennzeichnet. | B-Blatt |
Im
B-Blatt werden auch die persönlichen Beschränkungen angeführt,
„denen der [jeweilige] Eigentümer [einer Liegenschaft] für seine
Person in der freien Vermögensverwaltung” unterworfen ist; § 10
Abs 1 AGAG. | |
| |
Das Ersichtlichmachen persönlicher Beschränkungen
im Grundbuch „zerstört” den guten Glauben eines Erwerbers, der sich
dann nicht mehr darauf berufen kann, er habe von nichts gewusst. | |
| Abbildung 2.34: Original-GB: Eigentums- oder B-Blatt |
|
Das Lasten-
oder C-Blatt zählt alle
Lasten und objektiven Verfügungsbeschränkungen einer Liegenschaft
auf. | C-Blatt |
| |
| Abbildung 2.35: Original-GB: Lasten- oder C-Blatt |
|
Der leichteren Benutzbarkeit des Grundbuchs dienen Hilfsverzeichnisse und -einrichtungen.
Seit 1999 können Grundbuch und Firmenbuch über das Internet abgefragt
werden. | |
| Abbildung 2.36: Hilfsverzeichnisse und -einrichtungen |
|
| Abbildung 2.37: EDV-Grundbuchsauszug |
|
| Abbildung 2.38: Die GB-Mappe |
|
| |
Was kann ins
Grundbuch eingetragen werden? – Gegenstand der Einverleibung oder
Vormerkung sind nach § 9 GBG „nur dingliche Rechte und Lasten, ferner
das Wiederkaufs- und das Vorkaufsrecht (§§ 1070 und 1073 ABGB) sowie
das Bestandrecht (§ 1095 ABGB) ...” | |
| |
Die Aufzählung bücherlicher Rechte in § 9 GBG
wird als taxativ angesehen. | |
5. Arten
bücherlicher Eintragungen | |
| Abbildung 2.39: Arten bücherlicher Eintragungen – § 8 GBG |
|
| Abbildung 2.40: Bücherliche (= verbücherbare) Rechte |
|
§ 8
GBG nennt: | |
Bei
der Einverleibung oder Intabulation (§§ 31 ff GBG) handelt es sich
um unbedingte Eintragungen; es geht dabei um die
Erwerbung, Übertragung, Beschränkung oder Löschung bücherlicher Rechte. | |
Vormerkungen
sind bloss bedingte Einverleibungen; §§ 35 ff GBG.
Sie bedürfen der nachträglichen Rechtfertigung,
also eines weiteren Nachweises für den endgültigen dinglichen Rechtserwerb. | |
Die Vormerkung sollte künftig im EDV-Grundbuch
erleichtert und überhaupt effizienter gestaltet werden. | |
Anmerkungen
dienen der Begründung bestimmter Rechtswirkungen; §§ 52 ff GBG. | |
| |
|
OGH 11.
12. 2002, 7 Ob 253/02k, OGH 12. 2. 2003, 7 Ob 253/02k (mit Berichtigung),
JBl 2003, 307: Vater schenkt seinem Sohn ein Grundstück und widerruft
die Schenkung noch vor Intabulation nach § 948 ABGB. Vater klagt
idF den Sohn, in seine erneute „Eigentumseinverleibung einzuwilligen”
und beantragt parallel dazu eine Streitanmerkung nach
§ 61 GBG. – OGH lehnt dies ab, weil es wesentliche Voraussetzung
einer grundbücherlichen Streitanmerkung sei, dass die Gültigkeit
einer bücherlichen Eintragung bestritten und die Wiederherstellung
des früheren Buchstandes verlangt wird. Eine Streitanmerkung sei hingegen
bei einem bloß obligatorischen Begehren nicht zulässig (hier: Schenkungswiderruf),
selbst wenn dieses auf den Erwerb eines bücherlichen Rechts gerichtet
sei. – Kritik von Pfersmann und Rummel. | |
|
ZB von öffentlichrechlichen (etwa Naturschutzgebiet
oder Flugsicherheitszone) oder persönlichen Beschränkungen des
Eigentums (zB Minderjährigkeit oder Konkurs) durch mit der Liegenschaft
verbundene Rechte; zB wird eine Servitutsberechtigung im A2-Blatt
des herrschenden Grundstücks ersichtlich gemacht. | |
6. Die Grundbuchsprinzipien | |
Die in der Folge behandelten Grundsätze/Prinzipien wurden
vom Schrifttum anhand der Normen des Grundbuchsrechts entwickelt.
Sie finden sich in der hier dargebotenen Form nicht im GBG. – Sie
dienen der Funktionalität des Grundbuchs und damit des Sachenrechts.
Sie setzen für das Grundbuchsrecht die Sachenrechtsprinzipien um. | |
| Abbildung 2.41: Die Grundbuchsprinzipien – Überblick |
|
Nach den
§§ 76 ff GBG erfolgen Eintragungen ins Grundbuch grundsätzlich „nur
auf Ansuchen von Parteien oder Behörden”, nicht von Amts wegen.
Dafür gilt die in § 96 GAG festgelegte Maxime, dass das Grundbuchsgericht
nicht „mehr oder etwas anderes, als die Partei angesucht hat” bewilligen
darf, selbst wenn dies möglich wäre. | |
Wurde
bloß um Vormerkung angesucht, darf keine Einverleibung angeordnet
werden, selbst wenn sie zulässig wäre; vgl § 96 Abs 2 GBG. – Eine Ausnahme
gilt für gegenstandslose und unzulässige Eintragungen, die von Amts
wegen zu löschen sind; §§ 110 ff GBG. | |
| Abbildung 2.42: Antragsprinzip – Legalitätsprinzip |
|
|
§ 94 GBG | |
(1)
Das Grundbuchsgericht hat das Ansuchen und dessen Beilagen einer
genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung
nur dann bewilligen, wenn | |
1. aus dem Grundbuch in Ansehung der Liegenschaft
oder des Rechtes kein Hindernis gegen die begehrte Eintragung vorgeht; | |
2. kein gegründetes Bedenken gegen die persönliche
Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über
den Gegenstand, den die Eintragung betrifft, oder gegen die Befugnis
der Antragsteller zum Einschreiten vorhanden ist; | |
3. das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten
Urkunden begründet erscheint und | |
4. die Urkunden in der Form vorliegen, die zur
Bewilligung einer Einverleibung, Vormerkung oder Anmerkung erforderlich
ist. | |
(2) Bei grundbücherlichen Eintragungen, die
nicht von dem Grundbuchsgericht, sondern von einem anderen Gericht
bewilligt werden, hat sich das Grundbuchsgericht darauf zu beschränken,
über die Zulässigkeit der Eintragung mit Rücksicht auf den Grundbuchsstand
zu entscheiden; hinsichtlich der übrigen Erfordernisse steht die
Entscheidung dem bewilligenden Gericht zu. | |
|
Der Richter hat demnach beschränkt die Aktenlage und damit
die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der begehrten Eintragung
zu prüfen. | |
| |
|
§ 4 GBG | |
Die
Erwerbung, Übertragung, Beschränkung und Aufhebung der bücherlichen
(§ 9) Rechte wird nur durch ihre Eintragung in das Hauptbuch erwirkt. | |
|
Damit ist der Eintragungsgrundsatz
formuliert. Zu erinnern ist daran, dass die Grundbuchseintragung
Erwerbsart / Modus für den Eigentumserwerb oder den Erwerb anderer
dinglicher Rechte an Liegenschaften ist. – Der jeweilige bücherliche
Rechtserwerb setzt einen gültigen Titel voraus; vgl § 26 Abs 2 GBG
iVm § 431 ABGB. | |
Nach
§ 21 GBG sind „Eintragungen ... nur wider den zulässig, der ...
als Eigentümer der Liegenschaft oder des Rechtes, in Ansehung deren
die Eintragung erfolgen soll, im Grundbuch erscheint oder doch gleichzeitig
als solcher einverleibt oder vorgemerkt wird.” – § 22 GBG statuiert
eine Ausnahme: Bei mehrfacher außerbücherlicher Übertragung
von Liegenschaften oder bücherlichen Rechten gilt, dass
der letzte Übernehmer unter Nachweis seiner Vorberechtigten (Titelkette) die
Eintragung verlangen kann. – Und § 23 GBG trifft Vorsorge für den
häufigen Fall der erbrechtlichen Übertragung von Liegenschaften
und anderen damit verbundenen dinglichen Rechten. Wird eine zur
Verlassenschaft gehörige Liegenschaft veräußert, kann der Erwerber
unter Überspringen allfälliger Zwischenberechtigter die bücherliche
Eintragung unmittelbar nach dem Erblasser begehren. Das soll vereinfachen
und überflüssige Kosten sparen helfen. |
Bücherlicher Vorman |
| Abbildung 2.43: Der Eintragungsgrundsatz des GB |
|
| Abbildung 2.44: Durchbrechungen des Eintragungsgrundsatzes |
|
|
Vgl den Sachverhalt
von EvBl 2002/149 ( →
Kaufpreis)
Kaufpreis: Mangelnde Bestimmtheit. | |
|
|
OGH 21.
6. 2000, 1 Ob 344/99s, SZ 73/102(Ablehnung von SZ 10/311) = JBl
2000, 793 = EvBl 2001/2: Ausnahme vom Verbücherungsgrundsatz:
Vermietete Liegenschaft (keine Eintragung des Bestandverhältnisses
ins Grundbuch) wird versteigert. Nach Zuschlag, aber vor Intabulation,
kündigt der Erwerber den Mietvertrag. – OGH erklärt bereits den
Zuschlag und nicht erst den Erlag des Kaufpreises oder die Einverleibung
im Grundbuch zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Übernahme eines
nicht verbücherten Bestandvertrags im Falle des § 1121 ABGB und
damit die Aktivlegitimation für die Kündigung. (Eine Bindung des
Erstehers des Bestandgegenstandes an die vertragliche Bestandszeit
besteht neben der Verbücherung auch noch in zwei anderen Fällen,
nämlich bei einer Dreiparteienübereinkunft und im Fall der Überbürdung
des Bestandvertrags an den Liegenschaftserwerber durch Vertrag zu
Gunsten Dritter.) | |
|
| Abbildung 2.45: Sog „bücherlicher Vormann” |
|
|
Durchbrechungen
des Eintragungsgrundsatzes |
•
Enteignung:
Eigentumserwerb mit Erlag der Entschädigungssumme; vgl § 35 EisbEG → KAPITEL 8: Enteignung:
§ 365 ABGB. | |
•
Zwangsversteigerung:
Eigentumserwerb mit Zuschlag (nach § 237 Abs 1 EO). | |
•
Erbgang (sog Universalsukzession):
Eigentumserwerb mit Einantwortungsbeschluss (§§ 797, 799 ABGB),
nicht aber durch Verbücherung; den Titel bildet der erbrechtliche
Berufungsgrund. | |
•
Ersitzung: Auch sie ist eine
originäre Eigentumserwerbsart → KAPITEL 13: Originär. | |
•
Fusion /Verschmelzung juristischer
Personen → KAPITEL 4: Fusion
/ Verschmelzung und Spaltung. | |
| Abbildung 2.46: Publizitäts- und Vertrauensgrundsatz |
|
Der
Grundsatz der Öffentlichkeit des Grundbuchs meint formelle Publizität
iSd § 7 GBG: „Das Grundbuch ist öffentlich.” Damit im unmittelbaren
Zusammenhang formuliert § 7 Abs 2 GBG: „Jedermann kann das Grundbuch
... einsehen und Abschriften oder Auszüge daraus erheben ...” | Der Publizitäts-
und
Vertrauensgrundsatz |
Jährlich werden um die 3,5 Millionen Grundbuchsauszüge erstellt.
Ein Grundbuchsauszug kostet derzeit 8 ı. | |
Der Publizitäts- und Vertrauensgrundsatz umfasst auch den
öffentlichen Glauben in das Grundbuch; sog
Vertrauensgrundsatz (=
materielle Publizität). Das Grundbuch genießt danach öffentlich
Glauben und schützt Erwerber im Hinblick darauf! Geschützt wird,
wer im Vertrauen auf das Buch erwirbt, und zwar: | |
• im Vertrauen auf
seine Richtigkeit und | |
• im Vertrauen auf die Vollständigkeit des Grundbuchs. | |
Voraussetzung dafür ist es jedoch, dass der Erwerber: | |
• in das Grundbuch Einsicht genommen hat
und | |
• auch sonst die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit
nicht kennt. | |
Bücherliche Eintragungen orientieren
sich am Besitzrecht, zumal die Verbücherung für unbewegliche Sachen
das bewirkt, was die Besitzübertragung für bewegliche Sachen bedeutet;
§§ 426 ff ABGB. Nach diesem Grundsatz gelten unrichtige oder unvollständige
Eintragungen solange als richtig, als sie nicht berichtigt wurden. Gutgläubige
Dritte werden in ihrem Vertrauen auf den Grundbuchsstand
geschützt. Darin liegt öffentlicher Glaube / Vertrauensgrundsatz.
Erworben werden kann aber grundsätzlich nur vom bücherlichen Vormann;
§§ 21 ff GBG. Nur bücherlich berechtigte Personen sind verfügungsberechtigt. | Legitimations-
oder Rechtsscheinwirkung |
| Abbildung 2.47: Legitimations- oder Rechtsscheinwirkung |
|
Das Sachenrecht
und insbesondere das Grundbuchrecht folgt dem Prioritätsgrundsatz
(§§ 29, 30, 93 GBG), den schon ein altes deutsches Rechtssprichwort
umschreibt: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.” – Und das römische
Recht formulierte: „Prior tempore, potior iure” (= Das zeitlich
ältere, ist das stärkere Recht). – Das bedeutet den Vorrang des
älteren, hier des früher eingetragenen Rechts. Die erwähnten §§
29 und 93 GBG regeln, dass sich der Rang, dh die Stärke einer Eintragung
durch den Zeitpunkt des Einlangens eines Grundbuchgesuchs beim Grundbuchsgericht bestimmt
wird. Das ist vor allem – aber nicht nur – für Hypotheken wichtig,
zumal deren Befriedigung rangmäßig erfolgt. |
Prioritätsgrundsatz
und Rangprinzip |
§ 30 GBG kennt die Möglichkeit der
Vorrangseinräumung:
Dadurch kann die Rangordnung der auf einer Liegenschaft verbücherten
Rechte geändert werden. Dazu bedarf es jedoch der Einwilligung des
„zurücktretenden und des vortretenden Berechtigten” und – wenn das
zurücktretende Recht eine Hypothek ist – auch noch des Eigentümers und
allenfalls anderer dinglich Berechtigter. Nötig ist uU auch die
Zustimmung der Zwischenberechtigten. Näheres im Gesetz. | |
|
OGH 24. 10. 2000,
5 Ob 252/00w, SZ 73/165: Liegenschaft ist mit einer Hypothek im
ersten Rang in Höhe von 1,7 Mio S belastet. Land Salzburg begehrt
auf Grund einer (Satzungs)Vorrangseinräumungserklärung für seine
Forderung von über 600.000 S, für die eine Hypothek im 2. Rang einverleibt
ist, den Vorrang seines Pfandrechts für einen Teilbetrag von 200.000
S. Dies lehnte das Gericht mit dem Hinweis ab, dass § 30 GBG dies
nicht zulasse. – OGH gestattet dies mit dem Argument, dass eine Vorrangseinräumung auch
in der Weise möglich sei, dass der bessere Pfandrang auch nur einem
Teil der nachrangigen Hypothekarforderung zukommt. | |
|
| |
| Abbildung 2.48: Rangmäßige Befriedigung – Beispiel |
|
| Abbildung 2.49: Priorität-Spezialität |
|
Der
grundbuchsrechtliche Spezialitätsgrundsatz (§§ 10 ff GBG) verfolgt
zwei Ziele: | |
•
Einerseits
besagt er, dass dingliche / bücherliche Rechte nur an bestimmten Einzelsachen (insbesondere
Liegenschaften) oder „Sachteilen” wie einem Miteigentumsanteil möglich
sind; vgl dazu § 13 Abs 1 GBG: | |
„Das Pfandrecht kann entweder auf einem
ganzen Grundbuchskörper oder bei Miteigentum auf den Anteil eines jeden
Miteigentümers ... eingetragen werden.” | |
Damit
werden die nach römischem Recht möglichen Generalhypotheken am
gesamten Vermögen einer Person ausgeschlossen, da sie sich nicht
bewährt haben. – Eine gewisse Ausnahme in dieser Hinsicht stellt
jedoch die Simultanhypothek dar; vgl §§ 105 ff
GBG. | |
•
Andrerseits verlangt
der Spezialitätsgrundsatz für die Begründung bücherlicher Rechte
deren klare inhaltliche Präzisierung: Vgl § 10
GBG (Begründung von schlichtem Miteigentum) oder § 12 GBG: Bei Dienstbarkeiten
und Reallasten muss Inhalt und Umfang des eingetragenen Rechtes
„möglichst bestimmt angegeben werden”. Sollen aber Dienstbarkeiten
auf bestimmte räumliche Grenzen beschränkt sein, „so müssen diese
genau bezeichnet werden”. | |
Die §§ 13 ff
GBG behandeln die Bedeutung unseres Grundsatzes für das Pfandrecht:
Auch beim Pfandrecht werden die beiden Zielsetzungen des Spezialitätsgrundsatzes
deutlich; § 13 GBG regelt, „woran” gültiges Pfandrecht begründet
werden kann (zB „ganzer Grundbuchskörper” oder an Miteigentumsanteilen)
und § 14 GBG formuliert die „zweite Zielsetzung”: | |
„Das Pfandrecht kann nur für eine ziffernmäßig
bestimmte Geldsumme eingetragen werden. Bei einer verzinslichen Forderung
muss auch die Höhe der Zinsen eingetragen werden.” | |
Nach § 16 GBG
deckt das erworbene Pfandrecht auch die Prozess-
und Exekutionskosten; also die Kosten der Realisierung
des Pfandrechts. Dazu kommen nach § 17 GBG die „dreijährigen Rückstände
von [vertraglichen oder gesetzlichen] Zinsen”, die den „gleichen
Rang mit dem Kapital” genießen. – Vgl auch § 18 GBG. | |
Seit 1999 können ins Grundbuch auch Hypotheken
in ausländischen Währungen eingetragen werden. Hypotheken in fremder
Währung waren bisher ausgeschlossen. | |
§ 15 Abs
1 GBG: „Das Pfandrecht kann für die selbe Forderung ungeteilt auf
zwei oder mehrere Grundbuchskörper oder Hypothekarforderungen eingetragen
werden (
Simultanhypothek)”;
vgl dazu die §§ 105 ff GBG. – Und Abs 2 leg cit bestimmt: „Der Gläubiger
ist in solchen Fällen berechtigt, die Bezahlung der ganzen Forderung
aus jeder einzelnen Pfandsache zu verlangen.” | Ausnahmen
vom Spezialitätsgrundsatz |
Die
Simultanhypothek ist nichts anderes, als der auf Liegenschaften
übertragene Gedanke der Solidarhaftung. | Simultanhypothek |
§
14 Abs 2-4 GBG regeln die Höchstbetragshypothek (HBH): | Höchstbetragshypothek |
Bei der HBH wird – wie der Name sagt – nur ein Höchstbetrag,
dh ein Kreditrahmen (im GB), angegeben, „bis zu dem der Kredit oder
die Haftung reichen soll [kann]”. Das Gesetz verlangt in
§ 14 Abs 2 und 3 GBG, dass entweder „in der Urkunde, auf Grund derer
die Eintragung vorgenommen werden soll” oder im Grundbuchsgesuch,
„ein Höchstbetrag anzugeben [ist], bis zu dem der Kredit oder die
Haftung reichen soll”. Die tatsächliche Belastung kann aber davon
abweichen; dh: der Kreditrahmen muss nicht (voll) ausgenützt werden.
So wenn vom gewährten Kreditrahmen in der Höhe von 500.000 ı nur
250.000 ı in Anspruch genommen werden. Nur mit diesem Betrag ist
die Liegenschaft dann auch tatsächlich belastet. Auch Zinsen sind
nur vom tatsächlich in Anspruch genommenen Betrag zu entrichten.
– Wirtschaftlich kann die Gewissheit, über einen bestimmten Kreditrahmen
disponieren zu können, wichtig sein; zB bei Unternehmenskäufen. | |
Die dingliche Sicherung von Kontokorrentkrediten
erfolgt häufig durch eine HBH. | |
Nach § 14 Abs 2 GBG ist nur in folgenden Fällen eine HBH
möglich: | |
• pfandrechtliche Sicherstellung
einer Kreditforderung; | |
• pfandrechtliche Sicherstellung einer Forderung
aus einer übernommenen Geschäftsführung; | |
• pfandrechtliche Sicherstellung aus dem Titel
der Gewährleistung; | |
• pfandrechtliche Sicherstellung einer Schadenersatzforderung. | |
Die
Rspr lässt aber nunmehr die Begründung von HBH über die in § 14
Abs 2 GBG genannten Fälle hinaus für alle künftigen Forderungen
zu, wenn außer der Person des Berechtigten und des Schuldners auch
der genau umrissene Rechtsgrund, aus dem die Forderung entstehen
könnte, feststeht. Es wird daher zB für zulässig gehalten, die Sicherung
von Pachtzinsforderungen durch eine HBH vorzunehmen; SZ 69/159 (1996:
verstSenat) mwH. | |
Die HBH wird immer wieder mit der Anordnung in
§ 1374 ABGB verwechselt, wonach niemand, der eine Sache zur Sicherstellung
annehmen soll, schuldig ist, bestimmte Wertansätze zu überschreiten:
sie betragen bei Häusern – die Hälfte, bei Grundstücken und beweglichen
Gütern – 2/3 der Schätzung. | |
| Abbildung 2.50: Höchstbetragshypothek (1) |
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| Abbildung 2.51: Höchstbetragshypothek (2) |
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7. Anmerkung
der Rangordnung und Rangordnungsbescheid: §§ 53-57 GBG | |
Typische
Situation: Ein Eigentümer will seine Liegenschaft verkaufen und
dabei sichergehen, dass er auch sein Geld bekommt; ein Käufer will
zahlen, aber nur gegen Aushändigung jener Urkunden, die seine Verbücherung
ermöglichen. Zu zahlen ohne entsprechende Sicherheit zu erhalten,
wäre – gerade beim Liegenschaftskauf – purer Leichtsinn. Hier hilft
das Rechtsinstitut der Ranganmerkung iVm der Ausstellung eines Rangordnungsbescheids, wodurch
das Zug-um-Zug-Prinzip beim Liegenschaftskauf verwirklicht und die
angedeutete Pattstellung beseitigt wird. | |
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Der veräußerungswillige Eigentümer beantragt (zur Erwirkung
einer Rangordnungsanmerkung) beim Grundbuchsgericht entweder die
bücherliche: | |
•
Anmerkung
der beabsichtigten Veräußerung – oder ebenso möglich, der | |
•
Verpfändung
seiner Liegenschaft, womit die bücherliche Rangordnung
vom Zeitpunkt des Einlangens dieses Ansuchens (beim GB-Gericht)
für die infolge dieser Veräußerung (oder Verpfändung) einzutragenden
Rechte begründet werden soll. – Nach § 54 GBG darf von dem Beschluss
des Grundbuchsgerichts, mit dem das Gesuch bewilligt wird, nur eine
Ausfertigung erteilt werden. Diese „einzige” Ausfertigung
kann nun bspw der Verkäufer dem Käufer übergeben und der Käufer
kann – gegen Aushändigung dieses Rangordnungsbescheids – ruhigen
Gewissens zahlen, weil diese Urkunde Gewähr dafür bietet, dass er
seine grundbücherlichen Rechte erlangen kann. Gegen Vorlage des
Rangordnungsbescheids wird der Käufer ins Grundbuch eingetragen und
zwar selbst dann, wenn der Verkäufer vor Stellung des Verbücherungsansuchens
des Käufers noch anderweitig über die Liegenschaft verfügt haben
sollte; zB Doppelverkauf oder Belastung der Liegenschaft mit einer
Hypothek oder Servitut; § 56 Abs 2 GBG. – Alle bücherlichen Eintragungen,
die seit Ausstellung des Rangordnungsbescheids (allenfalls) erfolgt
sind, werden bei Vorlage des Rangordnungsbescheids gelöscht, soweit
sie dem einzutragenden Recht entgegenstehen; § 57 GBG. | |
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OGH 23. 8. 2001,
6 Ob 294/00d, JBl 2002/247: Ein Kreditnehmer erwirkt für seinen
ersten Kreditgeber auf seiner Liegenschaft die Rangordnung
für die beabsichtigte Verpfändung im ersten Rang. Vom Bescheid
wird nicht Gebrauch gemacht. Im nachfolgenden Rang wird idF für
einen zweiten Kreditgeber eine Hypothek in Höhe von 20 Mio S einverleibt.
Der erste Kreditgeber versucht nach Ablauf der Gültigkeit des Rangordnungsbescheids
die versäumte Sicherheit „nachzuholen”, was der OGH als unzulässig ansieht. | |
|
Nach § 56 Abs 3 GBG sichert eine Anmerkung der
Rangordnung auch gegen das Risiko des Konkurses: | |
„Verfällt der Eigentümer der Liegenschaft
[oder der Hypothekargläubiger] vor Überreichung des Eintragungsgesuchs
[durch den Käufer] in Konkurs, so kann die Eintragung ... bewilligt
werden, wenn die Urkunde über das Geschäft schon vor dem Tage der
Konkurseröffnung ausgefertigt war [und dies gerichtlich oder notariell
beglaubigt wurde].” | |
Zu beachten ist, dass eine
Rangordnung „mit Ablauf eines Jahres nach ihrer Bewilligung” ihre Wirksamkeit
verliert. Ein Rangordnungsbescheid muss also innerhalb dieser Frist
konsumiert werden; § 57 Abs 2 GBG. Aber 1 Jahr räumt dem Käufer
genug Zeit ein, um bspw seine Verbücherung in Ruhe vorzubereiten.
Wird über dieses Gesuch die Einverleibung oder Vormerkung des Käufers
bewilligt, kommt der (endgültigen) Eintragung die angemerkte Rangordnung
zu und nicht etwa der (spätere) Rang des Eintragungsgesuchs. | Wirksamkeitsdauer
der bewilligten Rangordnung |
Das
Rechtsinstitut der Anmerkung der Rangordnung schafft hohe Sicherheit
beim Liegenschaftskauf (Rechtssicherheit) und beseitigt allfälliges
gegenseitiges Misstrauen und eine daraus resultierende Pattstellung.
– Die Anmerkung der Rangordnung samt Rangordnungsbescheid schafft
überdies Sicherheit für beide Seiten eines Liegenschaftskauf(vertrag)s. | |
| Abbildung .52: Anmerkung der Rangordnung
(1) + (2) + (3) + (4) |
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III. Originärer Eigentumserwerb | |
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• den originären /
unmittelbaren oder ursprünglichen, dh den nicht von einem Vormann
abgeleiteten; und | |
•
den derivativen / mittelbaren,
von einem Vormann stammenden / abgeleiteten; vgl § 423 ABGB. | |
Das ABGB selbst spricht nicht
von originärem und derivativem Erwerb, sondern von unmittelbarer und
mittelbarer Erwerbsart; § 423 ABGB: | |
„Sachen, die schon einen Eigentümer haben,
werden mittelbar erworben, indem sie auf eine rechtliche Art von
dem Eigentümer auf einen anderen übergehen.” | |
| Titel und Modus
braucht auch der originäre Erwerb |
§ 424 ABGB: „Der Titel der
mittelbaren Erwerbung liegt in einem Vertrag; in
einer Verfügung auf den Todesfall [zB Testament];
in einem richterlichen Ausspruche [zB Urteil];
oder, in der Anordnung des Gesetzes [vgl dazu die
Beispiele unter →
Originärer und derivativer
Erwerb].” | Titel
der mittelbaren Erwerbung |
Zu Titel und Modus beim originären Eigentumserwerb
vgl etwa § 381 ABGB: „angeborne Freiheit, sie in Besitz zu nehmen”
und die „Zueignung” iSv Besitzerwerb oder § 386 ABGB: Dereliktion. | §§
381, 386 ABGB |
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2. Arten
des originären Eigentumserwerbs | |
Ein praktisch wichtiges Beispiel eines originären Eigentumserwerbs
enthält das Bergrecht, das nunmehr im MineralrohstoffG,
BGBl I 1999/38 (MinroG) geregelt ist. | |
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Das dritte Hauptstück des zweiten Teils des
ABGB (§§ 380–403) handelt „Von der Erwerbung des Eigentums durch
Zueignung” und den rechtlichen Erfordernissen der Erwerbung. Das
Vierte Hauptstück behandelt den Eigentumserwerb durch Zuwachs; §§
404–422 ABGB. – Beide Hauptstücke regeln Fälle des originären /
unmittelbaren Eigentumserwerbs: | |
•
§ 381 ABGB: „… Bei freistehenden Sachen besteht
der Titel in der angebornen Freiheit, sie in Besitz zu nehmen. Die
Erwerbungsart ist die Zueignung, wodurch man sich einer freistehenden
Sache bemächtigt, in der Absicht, sie als die seinige zu behandeln.”
– Beispiele dafür sind kleine Tiere, die weder den Landes-Naturschutz-
noch den LandesjagdG unterliegen; also zB Schmetterlinge oder Insekten,
nicht aber Vögel. § 382 ABGB: „… Freistehende Sachen können von
allen Mitgliedern des Staates durch die Zueignung erworben werden,
insofern diese Befugnis nicht durch politische Gesetze eingeschränkt
ist, oder einigen Mitglieder das Vorrecht der Zueignung zusteht.” | Freistehende Sachen |
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• §§ 383, 384 ABGB: zB Bienenschwärme | |
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•
Geregelt
in den §§ 385-387 ABGB: § 386 ABGB umschreibt sie. –
Dereliktion bedeutet:
Aufgabe des Eigentumsrechts, ohne es (derivativ) auf jemand anderen
zu übertragen. Ein neu eingefügter Satz 2 des § 386 ABGB (früher zutreffender
§ 388 Satz 1 ABGB) enthält die Rechtsvermutung: „Im Zweifel ist
nicht zu vermuten, dass jemand sein Eigentum aufgeben wolle; daher
darf kein Finder eine gefundene Sache für verlassen ansehen und
sich diese zueignen.” – Derelinquiert wird alles mögliche: alte
Bücher und Möbel, Autos, Elektrogeräte etc. Diese Sachen werden
dann herrenlos und stehen allgemeiner Aneignung offen. – Sog Herrenlosigkeit
kann auch bei Liegenschaften eintreten; vgl § 387 ABGB. Der OGH
hat entschieden, dass die eingetretene „Herrenlosigkeit” einer Liegenschaft
ins Grundbuch eingetragen werden kann. Der Grundbuchskörper bleibt
bestehen; siehe OGH 25.2.1997, 4 Ob 37/97p. | Dereliktion |
•
Neu
geregelt in den §§ 388-394 ABGB (BGBl I 2002/104, in Geltung seit
1. 2. 2003). | Fund |
§
388 Abs 1 ABGB umschreibt nunmehr „verlorene Sachen” als „bewegliche,
in niemandes Gewahrsam stehende Sachen, die ohne den Willen des
Inhabers aus seiner Gewalt gekommen sind”. – Abs 2 grenzt davon
„vergessene Sachen” ab, die als „bewegliche Sachen, die ohne den
Willen des Inhabers [?] an einem fremden [?], unter der Aufsicht
eines anderen stehenden Ort [?] zurückgelassen worden und dadurch
in fremde Gewahrsame gekommen sind” umschrieben werden. | |
Nach § 389
Abs 1 ABGB ist Finder, „wer eine verlorene oder
vergessene Sache entdeckt und an sich bringt”. – § 390 ABGB verpflichtet
den Finder, den Fund „unverzüglich der zuständigen Fundbehörde (§
14 Abs 5 SPG) unter Abgabe der gefundenen Sache anzuzeigen und über
alle für die Ausforschung eines Verlustträgers [§ 389 Abs 2 ABGB]
maßgeblichen Umstände Auskunft zu geben”. Keine Finderpflichten
entstehen nach § 391 ABGB, wenn der Finder den Fund ohne Anzeigeerstattung
dem Verlustträger ausfolgt oder der gemeine Wert des Fundgegenstandes 10
? nicht übersteigt, „es sei denn erkennbar, dass die Wiedererlangung
der Sache für einen Verlustträger von erheblicher Bedeutung ist”. | |
§ 392 ABGB
regelt den Anspruch des Finders auf Finderlohn und
„auf Ersatz des notwendig und zweckmäßig gemachten Aufwandes”. §
393 ABGB bestimmt die Höhe des Finderlohns: 10
vH, bei verlorenen, 5 vH des gemeinen Werts bei vergessenen Sachen.
„Übersteigt der gemeine Wert 2000 ı, beträgt der Finderlohn in Rücksicht des
Übermaßes die Hälfte dieser Hundertsätze.” Bei „unschätzbaren”
und wichtigen Sachen ist der Finderlohn nach billigem
Ermessen festzusetzen; § 393 ABGB. § 394 ABGB nennt die Fälle, für
die kein Finderlohn besteht. Nach § 395 ABGB erlangt der Finder
nach Ablauf eines Jahres Eigentum an der in seiner Gewahrsame befindlichen Sache,
wenn diese vom Verlierer nicht angesprochen wurde; sonst mit Ausfolgung
der Sache an ihn. § 396 ABGB regelt den Sonderfall, dass ein Entdecker
verlorene oder vergessene Sachen „nicht an sich nehmen kann”; zB verlorene
Tiere. | |
Kein Finderlohn
gebührt nach § 397 Abs 2 ABGB, „wenn die Sache auch sonst
ohne deren Gefährdung wiedererlangt worden wäre“. | |
•
Im
Zusammenhang mit dem
Schatzfund ist über eine interessante
Kontroverse zu berichten: Das ABGB in seiner Fassung von 1811 drittelte
den Schatzfund in § 399 zwischen Staat, Finder und Grundeigentümer.
Das HfKD, JGS 1846/970 änderte die Aufteilung beim Schatzfund dahingehend,
dass der Schatzfund nunmehr zwischen Finder und Grundeigentümer
geteilt wurde, was zur Folge hatte, dass mehr Schatzfunde gemeldet
wurden. Das Erste BundesrechtsbereinigungsG / 1. BRBG 1999 (→ KAPITEL 11: BundesrechtsbereinigungsG)
führte – wohl unbeabsichtigt (!) – das genannte Hofdekret nicht
mehr an, was formal bedeutet, dass es mit 31.12.1999 als aufgehoben
gilt. Das hätte zur Folge, dass wiederum die alte Aufteilungsregel
des ABGB von 1811 in Kraft tritt, was auch von Koziol (in: Koziol /
Welser 11 I 276) und Dittrich / Tades
(positivistisch) vertreten wurde. Richtiger dürfte es jedoch sein,
mit Mayer-Maly (JBl 2000, 535 mwH) anzunehmen, dass mittlerweile
eine gewohnheitsrechtliche Verankerung der durch das Hofdekret von
1846 angeführten Hälfteregel anzunehmen ist, zumal bekannt ist,
dass dem 1. BRBG auch andere (schwere) Fehler unterlaufen sind.
– Mit BGBl I 2002/104 (in Geltung ab 1.2.2003) ist der Gesetzgeber,
der auch hier vertretenen Meinung gefolgt und § 399 ABGB bestimmt
nunmehr: | Schatzfund |
„Von einem Schatz erhalten der Finder und der Eigentümer
des Grundes je die Hälfte.” | |
§
401 ABGB modifiziert den Anteil – durchaus sinnvoll – auf einen
„Drittteil”, wenn „Arbeitsleute zufälliger Weise einen
Schatz” finden. | |
•
§ 397 ABGB:
Finden verborgener Gegenstände; beachte auch Abs 2. | |
• §§ 398-401 ABGB: Schatzfund. | |
| |
•
§
402 ABGB verweist hinsichtlich des Beuterechts auf das Kriegsrecht. |
Beuterecht |
•
§
403 ABGB regelt den Aufwandersatz und die verhältnismäßige Belohnung
(von höchstens 10 vH) bei
Rettung einer „fremden beweglichen
Sache vor dem unvermeidlichen Verluste oder Untergange”. | Rettung |
•
§
404 ABGB: „Zuwachs heißt alles, was aus einer Sache
entsteht, oder neu zu derselben kommt, ohne dass es dem Eigentümer
von jemand andern übergeben worden ist. Der Zuwachs wird durch Natur,
durch Kunst, oder durch beide zugleich bewirkt.” | Zuwachs |
§
405 ABGB: Natürliche Früchte eines Grundes sowie
„Nutzungen, welche aus einem Tiere entstehen”, wachsen dem Eigentümer
des Grundes / Tieres zu. | |
•
§§ 407, 408 ABGB: Entstehung von Inseln etc (römisches
Recht: insula in flumine nata, alluvio und avulsio). Vgl § 4 Abs
5 WRG: Jede Insel in einem öffentlichen, wenn auch nicht schiffbaren
Gewässer ist dem Bunde vorbehalten. | insula in flumine
nata |
§ 409 ABGB: „Vom verlassenen Wasserbette”
(römisches Recht: alveus derelictus). | alveus
derelictus |
§§ 411-413 ABGB: Anspülung (alluvio) und Abreißung
(avulsio) von Grundstücksteilen (römisches Recht). | alluvio
+ avulsio |
Die Bedeutung dieser Bestimmungen liegt auch darin, dass
sie als vorsichtige Analogiebasis für andere Naturereignisse wie
Lawinenabgänge, die Sachen mitreißen, aber auch Muren oder Hangrutschungen,
die mitunter ganze Bauwerke auf fremden Grund gelangen lassen, dienen
können. – Zur rechtlichen Behandlung größerer Bodenverschiebungen:
Ganner, Eigentumsverhältnisse bei großflächigen Bodenverschiebungen,
ÖJZ 2001, 781. | |
§§ 414-422 ABGB: Künstlicher Zuwachs durch Verarbeitung
oder Vereinigung. | |
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Einen umstrittenen
originären Erwerbsfall behandelt EvBl 1989/100: § 386 ABGB – Gewerbsmäßige Aneignung
von Altpapier aus
fremden Sammelbehältern: Wer sein Altpapier in einen dafür vorgesehenen
Sammelbehälter legt, gibt damit nicht seinen Besitz in der Absicht
auf, das Papier zum Gegenstand der Aneignung durch jedermann (§
382 ABGB) zu machen; er übergibt es vielmehr in den Besitz dessen, der
den Behälter aufgestellt hat und über ihn verfügungsberechtigt ist.
Wer in solchen Behältern gelagertes Altpapier unbefugterweise mit
dem Vorsatz wegnimmt, sich damit unrechtmäßig zu bereichern, begeht einen
Diebstahl iSd § 127 StGB. (?) – In der Wegnahme liegt angeblich
auch eine Besitzstörung. | |
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OGH 27.11. 2002,
1 Ob 265/01d, EvBl 2002/72: Grundstückseigentümer lässt an der Grundstücksgrenze mit
Zustimmung des Nachbarn eine Garage bauen. Diese ragt 9 cm über
die Grenze, was der betroffene Nachbar weiß. Erst nach Fertigstellung
klagt er auf Beseitigung. Der Bauführer wendet idF den Erwerb von
Eigentum an dem (Überbau)Teil des Nachbargrundstücks ein; §
418 letzter Satz ABGB. – OGH verneint Eigentumserwerb wegen
Unredlichkeit und nimmt im Übrigen Rechtsmissbrauch nach
§ 1295 Abs 2 ABGB an. | |
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A. Kauf
und Tausch |
C.
Verbraucherrecht – Konsumentenschutz |
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