Kapitel
15 | |
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B. Dingliche Sicherheiten |
D. Verträge
zugunsten Dritter |
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I. Die
Anweisung: §§ 1400 ff ABGB | |
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Zum
Verständnis des Streckengeschäfts als Anweisung → KAPITEL 7: Das Streckengeschäft
als Sonderfall des § 1423 ABGB.
– Anders als bei der Besitzanweisung, bei welcher der Anweisende
bereits Eigentümer und Besitzer der zu veräußernden Sache ist, muss
sich beim Streckengeschäft der Verkäufer die Ware selbst erst „besorgen”,
um seine Vertragspflichten erfüllen zu können. Er bedient sich dabei
eines Dritten. | Streckengeschäft |
Rechtsgeschichtlich
stammt die Anweisung aus dem alten Griechenland. Wir besitzen Inschriften
/ Urkunden (Delphi) darüber, dass zB Tempelverwaltungen (Delphi)
sich der Anweisung bedienten, um ihre Schulden an Handwerker oder
Baumeister im Rahmen getätigter Bauführungen etc zu begleichen.
Griechenland besaß bereits ein entwickeltes Bankwesen und einschlägige
Rechtsberufe (Trapizites) und übermittelte dieses Wissen früh an
die Römer. | Rechtsgeschichte |
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§ 1400 ABGB | |
Durch die Anweisung auf eine Leistung eines Dritten
wird der Empfänger der Anweisung (Assignatar) zur Einhebung der
Leistung bei dem Angewiesenen (Assignat) und der letztere zur Leistung
an ersteren für Rechnung des Anweisenden (Assignant) ermächtigt.
Einen unmittelbaren Anspruch erlangt der Anweisungsempfänger gegen
den Angewiesenen erst, wenn die Erklärung des Angewiesenen über
die Annahme der Anweisung ihm zugekommen ist. | |
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1. Die Anweisung
als „Dreiecks”-Beziehung | |
Das schuldrechtliche Grundmuster der Anweisung ist – wie
jenes der Zession oder der Bürgschaft – ein dreipersonales Schuldverhältnis
(Dreiecksbeziehung → Die Parteien der
Anweisung),
mag auch die jeweilige innere Ausgestaltung dieser Rechtsinstitute
unterschiedlich erfolgt sein. – Bei der Zession zahlt
der Zedent seine Schuld gegenüber dem Zessionar dadurch, dass er
diesem seine Forderung gegen den Zessus abtritt, also überträgt.
Bei der Anweisung tilgt der Assignant seine Schuld
dadurch, dass er den Assignaten, der ihm etwas schuldet, anweist,
an den Assignatar – er ist Gläubiger des Assignanten – zu leisten.
Durch die Leistung des Assignaten an den Assignatar erfüllt sowohl
der Assignat seine Schuld gegenüber dem Assignanten, wie dieser
die seine gegenüber dem Assignatar. | |
Eine beliebte Prüfungsfrage Franz Gschnitzers
lautete: Der Dritte oder Dreiecksbeziehungen im Privatrecht. – Was fällt
Ihnen über die hier genannten Rechtsinstitute hinaus noch ein? | |
2. Die Parteien der
Anweisung | |
Parteien der Anweisung sind: | |
•
Anweisender /
Assignant, | |
•
Angewiesener / Assignat und | |
•
Anweisungsempfänger / Assignatar. | |
Daraus erhellt: Die Anweisung ist ein dreipersonales
Schuldverhältnis. | |
 | Abbildung 15.34: Beispiel einer Anweisung |
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3. Die Anweisung
als Doppelermächtigung | |
Die Anweisung
enthält eine doppelte Ermächtigung: | |
•
Einerseits ermächtigt
der Anweisende den Angewiesenen für seine, also des Anweisenden Rechnung,
an den Anweisungsempfänger zu leisten; und | |
•
andrerseits ermächtigt der
Anweisende den Anweisungsempfänger, vom Angewiesenen die Leistung
zu verlangen; vgl § 1400 ABGB. | |
Die Ermächtigung beinhaltet keine Pflicht,
sondern bloß die Befugnis auf Rechnung des Ermächtigenden – hier
des Anweisenden – zu handeln. Die Ermächtigung wirkt bloß im Innen-,
nicht im Außenverhältnis. Der Ermächtigte handelt im eigenen Namen,
aber auf fremde Rechnung. – Zur Erinnerung: Ermächtigung bedeutet,
dass der Ermächtigende das (künftige) Handeln des Ermächtigten rechtlich
gegen sich gelten lässt. | |
Typisches Beispiel der Praxis ist die Einziehungsermächtigung:
Sie ermächtigen zB als MieterIn ihren Vermieter, die jeweilige Monatsmiete
von ihrer Bank „einzuziehen”. – Grundsätzlich sollte mit Einziehungsermächtigungen sparsam
umgegangen werden. Kontrolle erscheint nämlich stets nötig. Unzulässig
ist es bspw alte Menschen (im Alters- oder Pflegeheim) dazu zu zwingen. | |
4. Die drei Rechts-Verhältnisse
der Anweisung | |
Bei der Anweisung sind drei Rechtsverhältnisse zu
unterscheiden: das Deckungsverhältnis, das Valutaverhältnis
und das Abwicklungsverhältnis. | |
 | Abbildung 15.35: Anweisung §§ 1400 ff ABGB |
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•
Die Gründe für
eine Anweisung können verschiedene sein. Sie liegen – auch im vorhin
erwähnten Beispiel – der Rechtsbeziehung zwischen A und B zugrunde:
sog Deckungsverhältnis. Das Dekkungsverhältnis kann sein: | |
•
Anweisung auf Schuld; A besitzt
bspw ein Kontoguthaben bei B. Hier ist B (vertraglich) verpflichtet
der Anweisung Folge zu leisten, denn B ist Schuldner von A; daher:
Anweisung auf „Schuld”! | |
•
Anweisung auf Kredit; Angewiesener
(B) räumt dem Anweisenden (A) Kredit ein, indem er zustimmt an C
zu leisten. Hier liegt der Fall umgekehrt. B muss zustimmen. | |
Ist der Anweisung ein Rechtsgrund
zu entnehmen, spricht man von titulierter (= mit
Titel „versehener”) oder kausaler (causa = Rechtsgrund)
Anweisung, sonst von abstrakter. | |
Die
Rechtsbeziehung im Valutaverhältnis ist entweder
eine: | |
•
Anweisung
zur Zahlung; A will seine Schuld C gegenüber durch Anweisung
an B begleichen. – Oder eine | |
•
Anweisung zur Kreditgewährung;
A räumt C über B Kredit ein. | |
Das Abwicklungs-, Einlösungs-,
Annahme- oder Honorierungsverhältnis: Wie die Offerte wird die Anweisung
mit Zugang wirksam und unwiderruflich. Weist A den B an, an C zu
leisten, so entsteht daraus aber noch kein Recht des C von B die
Leistung zu verlangen. Erst wenn B die Anweisung annimmt (Akzept),
entsteht ein Anspruch des C gegen B auf Leistung, wobei zu beachten
ist, dass auch C wiederum die Annahme des B zugehen muss; § 1400
ABGB. Leistet B in der Folge an C, erfüllt er für A. | |
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Sie beruht –
wie die
Postanweisung –
auf einem
Girovertrag (=
Dauerschuldverhältnis), dessen Inhalt insbesondere in Kontoeröffnung
und Kontoführung besteht. Die Verfügung des Kontoberechtigten
über sein Konto erfolgt mittels Weisung. | |
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Sonderfälle der Anweisung sind Wechsel und Scheck.
Dazu gleich mehr. Hier heißen die Parteien der Anweisung: | |
•
Anweisender = Aussteller
| |
•
Angewiesener = Bezogener (beim
Scheck immer ein Kreditinstitut) | |
•
Anweisungsempfänger
= Begünstigter oder Remittent. | |
Wechsel
und Scheck sind – wie Aktie oder Schuldverschreibung – Wertpapiere;
dh es handelt sich um Urkunden, die ein Privatrecht verbriefen,
wobei das Recht aus der Urkunde von der Inhabung der Urkunde abhängt.
Oder kurz: Das Recht aus dem Papier, folgt dem Recht am
Papier. – Zur Unterscheidung der Wertpapiere von bloßen
Beweispapieren / -urkunden wie einem Schuldschein, der etwa einen
Darlehensempfang beweisen soll → KAPITEL 3: Schuldschein
und Quittung. | Wertpapiere |
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Rechtsgrundlage: WechselG 1955, BGBl 49
(Vorläufer: WechselO 1850, RGBl 51). | |
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Der Wechsel ist ein formgebundenes
Orderpapier. Er muss ausdrücklich als Wechsel bezeichnet werden;
Art 1 WG für den gezogenen Wechsel. Er ist ein schuldrechtliches
Wertpapier und enthält als: | |
•
gezogener
Wechsel oder Tratte die unbedingte Anweisung,
eine bestimmte Geldsumme (=Wechselsumme) zu bezahlen oder als | |
•
eigener oder Sola-Wechsel (Aussteller
= Bezogener) ein unbedingtes Zahlungsversprechen. | |
Die Tratte ist dreipersonales, der Solawechsel ein zweipersonales
Schuldverhältnis. | |
Vgl dazu die folgenden Muster. | |
1. Gültigkeitsvoraussetzungen | |
Erforderlich sind nach Art 1 Z 3 ff WG auch: | |
•
Die Nennung dessen, der zahlen
soll (= Bezogener), | |
• die Angabe der Verfallszeit (also
der Fälligkeit), | |
• des Zahlungsorts, | |
• des Tages und Ortes
der Ausstellung sowie | |
•
der Name dessen, an
den oder dessen Order zu zahlen ist (= Begünstigter /
Remittent), | |
• schließlich die Unterschrift des Ausstellers. | |
 | Abbildung 15.36: Sola-Wechsel |
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Ordre (fr),
deutsch „Order” bedeutet: Auftrag, Anweisung, Befehl,
Verfügung. – Durch die Orderklausel macht der Aussteller
ein sog gekorenes Wertpapier zum Orderpapier; positive Order:
„Zahlen Sie an Frau Y oder an Ihre Order”; die negative
Order nimmt einem geborenen Orderpapier seinen Charakter:
„ ... nicht an Order”. Vgl Art 11 Abs 1 WG: „Jeder Wechsel kann
durch Indossament übertragen werden, auch wenn er nicht ausdrücklich
an Order lautet” (geborenes Orderpapier); – Abs 2: „Hat der Aussteller
in den Wechsel die Worte „nicht an Order„ ... aufgenommen, so kann
der Wechsel nur in der Form und mit den Wirkungen einer gewöhnlichen
Abtretung [= Zession: §§ 1392 ff ABGB] übertragen werden.” | „Order” |
Das Orderpapier ist
– neben den Inhaber- und Rektapapieren –
ein weiterer Typus des Wertpapiers. Darin verspricht der Aussteller
des Wertpapiers an eine bestimmte Person (den Berechtigten) oder
eine vom Berechtigten durch Indossament bezeichnete Person zu leisten.
Es werden die geborenen (Wechsel oder Namensaktie) von den gekorenen
(kaufmännische Anweisung, Lade- und Lagerschein, Konossement) Orderpapieren
unterschieden; letztere werden nur dadurch zu Orderpapieren, dass
die positive Orderklausel in das Wertpapier aufgenommen wird. Für
geborene Orderpapiere ist das nicht nötig, vielmehr müsste ihnen
durch die negative Orderklausel der Charakter des geborenen Orderpapiers
genommen werden. | Orderpapier |
2. Gezogener Wechsel
und Sola-Wechsel | |
Als gezogener Wechsel /
Tratte ist der Wechsel eine Anweisung, als eigener oder Sola-Wechsel, stellt
er ein besonderes Schuldversprechen des Ausstellers dar. | |
Der Wechsel enthält eine abstrakte Verpflichtung /
Forderung; dh: der Wechselverpflichtung ist kein bestimmter Rechtsgrund
/ Titel zu entnehmen. Der Wechsel begründet vielmehr eine eigenständige,
vom ursprünglichen (Grund)Geschäft losgelöste Verpflichtung. | |
Dennoch liegt der Wechselverbindlichkeit
regelmäßig ein bestimmtes Rechtsverhältnis zugrunde; sei es Kauf, Darlehen
oder ein Sicherungsgeschäft. – Die Änderung einer Kauf-, in eine
Wechselschuld ist Novation / Neuerungsvertrag. Geändert wird dabei
der Rechtsgrund → KAPITEL 7: Novation
oder Neuerungsvertrag. | |
Wer ist Hauptschuldner des
Wechsels? – Beim gezogenen Wechsel der Bezogene; er heißt nach Annahme
/ Akzept; Akzeptant. – Beim eigenen Wechsel ist es der Aussteller
selbst, da Aussteller und Bezogener identisch sind. – Darüber hinaus
haften allfällige Indossanten oder Wechselbürgen. | |
3. Materielle und
formelle
Wechselstrenge | |
Einwendungen aus dem
Grundgeschäft (zB Verzug, Gewährleistung oder Schadenersatz, aber
auch die bereits erfolgte Erfüllung der Schuld oder ihre Verjährung)
können nach Begebung des Wechsels – also seiner Weitergabe durch
Indossament – nicht mehr erhoben werden; sog materielle
Wechselstrenge. | Materielle
Wechselstrenge |
Dieser
Gefahr versucht § 11 KSchG vorzubeugen, indem er verbietet, bei Verbrauchergeschäften Orderwechsel auszustellen.
Aber dieser Schutz ist ein unvollkommener, weil ein Verstoß nur
eine Verwaltungsstrafe nach sich zieht, nicht aber die Ungültigkeit
des verbotswidrig ausgestellten Orderwechsels zu Folge hat. Das
führt in der Verbraucherpraxis immer wieder zu Problemen, weil Verbraucher
die Gefahren des Wechselrechts nicht kennen oder unterschätzen und
daher etwa eine Kauf- oder Werkvertragsschuld, zu deren Sicherung
sie einen Wechsel blanko unterfertigt haben, bezahlen ohne den Wechsel
Zug um Zug zurückzufordern. Im Falle der – wenn auch rechtswidrigen
– Begebung des Wechsels durch den Aussteller (= Verkäufer/Indossant)
erwirbt der Indossatar (zB eine Bank) daher eine gültige Wechselforderung.
Das kann bedeuten, dass der Wechselschuldner (= Käufer) erneut,
also ein zweites Mal leisten muß, was im Konkurs des Verkäufers
eine Rolle spielt. | Verbot der Ausstellung von Orderwechseln |
Unter formeller
Wechselstrenge versteht man: | |
einerseits, dass der Text der Wechselurkunde klar
und zweifelsfrei den Inhalt der Wechselverpflichtung zum Ausdruck
bringen muss, weil nicht auf Umstände außerhalb der Wechselurkunde zurückgegriffen
werden darf. – Die Formstrenge des Wechsels dient der Rechtssicherheit und Verkehrsfähigkeit des
Wechsels; daher kennt der Wechsel – wie der Scheck – zwingende Gültigkeitsvoraussetzungen
(s. oben), ohne deren Erfüllung kein Wechsel vorliegt. | |
Zur formellen Wechselstrenge gehört aber andererseits auch
die erleichterte und rasche Durchsetzbarkeit wechselmäßiger
Ansprüche gegen den Akzeptanten oder sonstige Haftende
in einem eigenen (Sonder)Verfahren; dazu unten: Wechselmandatsverfahren. | |
 | Abbildung 15.37: Gezogener Wechsel/Tratte |
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| |
Wir unterscheiden – im Hinblick auf das abgeschlossene /
zugrunde liegende (Grund)Geschäft (!) – folgende Wechseltypen: | |
• den
Warenwechsel,
dem ein Kaufvertrag zugrunde liegt. Der Verkäufer stellt dabei über
die Kaufpreissumme einen Wechsel aus und lässt diesen vom Käufer
(als Bezogenen) akzeptieren.In dieser häufig vereinbarten Zahlungsart
liegt für beide Seiten ein Vorteil; der Käufer braucht nicht bar
zu zahlen, da ihm der geschuldete Betrag bis zur Fälligkeit des
Wechsels kreditiert wird. Und für den Verkäufer bedeutet der Wechsel,
den er diskontieren kann (→ Wechseldiskont)
praktisch Bargeld. | |
•
der Finanz(ierungs)wechsel dient
der Geldbeschaffung. Eine Bank akzeptiert als Kreditgeber einen
von ihrer Kundschaft (als Kreditnehmer) auf sie gezogenen Wechsel;
auch als sog Akzeptkredit bezeichnet; | |
•
und den Kautionswechsel, welcher
der Sicherstellung (idR eines Kredits) dient; und zwar so, dass
der Kreditnehmer, seinem Kreditgeber ein Blankoakzept aushändigt,
das vorerst (unausgefüllt) den Kreditunterlagen beigefügt und erst
ausgefüllt wird, wenn der Kreditnehmer mit seiner (Kredit)Rückzahlung
in Verzug gerät. Der Wechsel dient der Bank als (zusätzliches) Sicherungsmittel
im Ernstfall. | |
Für diese Kreditform sprechen in der Praxis die rasche Erledigungsmöglichkeit
und ihre Kostengünstigkeit. Auf diese Weise kann ein nötiger Kredit
noch „am selben Tag” gegeben und damit rasch geholfen werden. | |
Die Forderung aus dem Grund- oder Kausalgeschäft –
zB einem Warenkauf – und die Wechselforderung bestehen
solange parallel nebeneinander, bis die Wechselschuld
bezahlt wird. Da die Fälligkeit eines Wechsels idR deutlich später
vereinbart wird, als die Fälligkeit des Grundgeschäfts – sonst könnte
gleich bar bezahlt werden! – gilt die Forderung aus dem Grundgeschäft
bis zur Wechselfälligkeit als gestundet; wenn nicht ausdrücklich,
so doch schlüssig (§ 863 ABGB). | Grundgeschäft
und Wechselforderung |
5. Praktische Handhabung
– Das Indossament als Übertragungsakt | |
Im Normalfall (eines gezogenen Wechsels) wird ein Wechsel
vom Aussteller ausgestellt und an den Begünstigten / Remittenten
„ begeben”. Die Annahme des Wechsels durch den Bezogenen ( Akzept)
kann demnach vor oder nach Begebung des Wechsels durch den Aussteller
an den Begünstigten erfolgen. Der Begünstigte wiederum kann den
Wechsel selbst behalten (und zB diskontieren → Wechseldiskont)
oder (an einen Gläuber von ihm mittels Indossament) weitergeben. | |
Die
Übertragung des Wechsels erfolgt durch seine Übergabe + Indossament (=
Übertragungsvermerk eines Wechsels auf dessen Rückseite). Damit
werden alle Rechte aus dem Wechsel übertragen. Mittels Indossament
überträgt der bisherige Wechselgläubiger (Altgläubiger = Indossant) die
Wechselforderung an den Indossatar (= Neugläubiger). | Übertragung des Wechsels |
Jeder, der einen Wechsel in Händen hält, gilt nach Art 16
WG als sein rechtmäßiger Inhaber, sofern er sein Recht durch eine
ununterbrochene Reihe von Indossamenten nachweisen kann. – Bezahlt der
Akzeptant bei Fälligkeit den Wechsel, erlöschen alle Wechselverbindlichkeiten. | |
 | Abbildung 15.38: Beispiel eines Indossaments |
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6. „Notleidender”
Wechsel | |
Zahlt der Akzeptant (als
Hauptschuldner des Wechsels) aber nicht oder verweigert der Bezogene schon
die Annahme, kann der Wechselinhaber Rückgriff nehmen; Wechselregress.
Dazu braucht es (als Voraussetzung) den
Wechselprotest:
Der Protestvermerk erfolgt üblicherweise auf der Rückseite des Wechsels
oder einem Anhang / Allonge. Er wird von einem Notar oder Gerichtsbeamten
durchgeführt, dem dazu Inkassobefugnis übertragen wird. | |
„Protestiert” wird entweder: | |
• mangels Zahlung oder | |
• mangels Annahme. | |
Die Protesturkunde ist eine öffentliche Urkunde, zumal sie
von einer Amtsperson errichtet wird. In ihr wird bescheinigt, dass
die gewünschte wechselmäßige Leistung (Zahlung oder Annahme / Akzept)
verweigert wurde. Die Daten des Wechselprotests und sein Urkundencharakter
erleichtern ein sich allenfalls anschließendes Wechselmandatsverfahren. | |
Beim Rückgriff nimmt
der jeweilige Wechselinhaber zB seinen Vormann oder auch alle Vorberechtigten
in Anspruch. – Der Rückgriff endet letztlich beim Aussteller, der
wiederum den Akzeptanten in Anspruch nehmen kann. | |
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Beachte: Wechselhaupt schuldner
ist der Akzeptant, der ohne weitere Voraussetzungen (zB Wechselprotest)
3 Jahre ab Verfallstag haftet; weitere Rückgriffsschuldner sind
der Aussteller und die Indossanten sowie allfällige Wechselbürgen
oder Ehrenannehmer, deren Haftung aber einen rechtzeitigen Wechselprotest
voraussetzt. – Der Rückgriff ist entweder: Erstrückgriff (von
jedem beliebigen einzelnen Rückgriffsschuldner, von mehreren oder allen
solidarisch) oder Einlösungs- oder Remboursregress (ein
zahlender Rückgriffsschuldner – vgl § 1358 ABGB – nimmt seine Vormänner
einzeln oder als Solidarschuldner in Anspruch). | |
7. Das Wechselmandatsverfahren | |
Wechselansprüche
können effektiv und schnell in einem Sonderverfahren, dem Wechselmandatsverfahren
(§§ 556-559 ZPO), durchgesetzt werden. Es ist Teil der sog formellen
Wechselstrenge. Das Wechselmandatsverfahren ist ein reiner Urkundenprozess.
Das Erlassen eines Wechselzahlungsauftrags setzt
– zusammen mit dem Antrag – die Vorlage eines formgültigen und unbedenklichen
Wechsels (Art 1 WG) im Original voraus; vgl EvBl 1999/158: Verfahren
bei Vorliegen eines formungültigen Wechsels. Das Gericht erlässt
im Normalfall (ohne Anhörung des Beklagten) einen
Wechselzahlungsauftrag =
Auftrag an den Beklagten / Wechselverpflichteten entweder zu bezahlen
oder Einwendungen zu erheben. Nur in letzterem Fall kommt es zu
einer mündlichen Verhandlung, die mit Urteil endet. Der Beklagte
hat dann binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen. | Sonderverfahren |
Die Ansprüche des Klägers können – zusätzlich
– schon während des Wechselverfahrens durch eine Exekution zur Sicherstellung
gesichert werden, die in der Folge in eine Exekution zur Befriedigung
übergeleitet werden kann → KAPITEL 19: Exekution
zur Sicherstellung. | |
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Der Wechsel ist wahrscheinlich
erst eine Erfindung der oberitalienischen Städte (Lombardei) des 12.
Jhd. Das Wechselgeschäft ist auch für Banken wichtig und einträglich.
– Unter Wechseldiskont versteht man den Erwerb / Verkauf eines noch
nicht fälligen Wechsels unter Abzug der Diskont- oder Zwischenzinsen
(+ Provision und Unkosten) an/von ein/em Kreditinstitut. – Banken
können Wechsel wiederum an die Österreichische Nationalbank rediskontieren: Rediskont- oder Eskontgeschäft. | |
Voraussetzungen für die Diskontierbarkeit eines Wechsels: | |
•
Warenwechsel (→
Wechselarten / -typen), | |
• lautend auf Euro, | |
•
Fälligkeit
innerhalb von 3 Monaten vom Ankaufstag an gerechnet (sog Dreimonatsakzept), | |
•
Haftung (aus dem Wechsel) von
wenigstens zwei zahlungsfähigen Personen; zB Aussteller und Bezogener. | |
Worin
liegt die Attraktivität des Wechseldiskontgeschäfts,
das zu den Bankgeschäften zählt? – Beide Parteien des Grundgeschäfts
und das beteiligte Kreditinstitut können Vorteile buchen. Der Käufer
profitiert vor allem von der Kreditierung des Kaufpreises und von
der damit einhergehenden Möglichkeit, bargeldlos zahlen zu können.
Das dadurch eingegangene – höhere – Risiko des Verkäufers hält sich
in Grenzen, zumal das Kreditinstitut nicht jeden Wechsel diskontiert, vielmehr
Voraussetzungen gestellt werden, und zudem die formelle und materielle
Wechselstrenge seiner Sicherheit dienen. Durch die Diskontierbarkeit
des Wechsels bedeutet dieser für den Verkäufer fast soviel wie Bargeld.
Der Verkäufer muss also nicht bis zum Verfallstag des Wechsels (seine
Fälligkeit) warten, bis er zu seinem Geld kommt. Das Kreditinstitut
schließlich macht ein Geschäft – § 1 Abs 1 Z 4 BWG. – und kann seinerseits
an die Österreichische Nationalbank rediskontieren. | |
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Rechtsgrundlage: ScheckG 1955, BGBl 50. | |
Der Scheck ist wie der Wechsel
ein formgebundenes schuldrechtliches Wertpapier (Orderpapier), das
ausdrücklich als Scheck bezeichnet werden muss und auf Zahlung einer
bestimmten Geldsumme zu lauten hat. Auch der Scheck ist bürgerlichrechtliche
Anweisung. – Die wirtschaftliche Bedeutung des
Schecks liegt in seiner Eigenschaft als bargeldloses Zahlungsmittel.
Obwohl der Scheck ein Orderpapier ist, kommt er praktisch nur als Inhaberpapier vor.
Auch der Scheck enthält / verbrieft eine abstrakte Verbindlichkeit,
die vom Grundgeschäft losgelöst ist, das aber – wie beim Wechsel
– idR die Scheckverbindlichkeit begleitet. | |
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Nach Art 3 SchG darf ein Scheck nur auf
einen ”Bankier gezogen werden, bei dem der [Scheck]Aussteller
ein Guthaben hat, und gemäß einer ausdrücklichen oder stillschweigenden
Vereinbarung, wonach der Aussteller das Recht hat, über dieses Guthaben
mittels Scheck zu verfügen.” | |
Anders als der
Wechsel kann ein Scheck nicht angenommen werden; Art 4 SchG. Schecks
sind zwingend bei Sicht (= Vorlage) zahlbar; Art 28 Abs 1 SchG:
Dadurch soll vermieden werden, dass der Scheck, der ausschließlich
dem Zahlungsverkehr dienen soll, als Kreditmittel verwendet wird. | |
Nach Art 12 SchG haftet der Scheckaussteller für
die (Aus)Zahlung des Schecks. Die Zahlung mit Scheck erfolgt nicht
an Zahlungsstatt, sondern nur zahlungshalber → KAPITEL 7: Leistung
zahlungshalber . |
Haftung des
Scheckausstellers |
Die Übertragung des Schecks erfolgt
(wie bei einer Sache) durch Titel + Übergabe (sog Begebungsvertrag)
oder Indossament; Art 14 ff SchG. Da der Scheck aber – wie erwähnt
– hauptsächlich als Inhaberscheck vorkommt, spielt das Indossament,
weil zu umständlich, keine Rolle. | |
Schecks, die im
Inland zahlbar sind, müssen binnen 8 Tagen zur Zahlung vorgelegt
werden; Auslandsschecks binnen 20 Tagen und binnen 70 Tagen, wenn
Ausstellungs- und Zahlungsort sich in verschiedenen Erdteilen befinden;
Art 29 SchG. | Vorlegungsfristen |
Schecks
können vom Aussteller – jederzeit – widerrufen werden! Der Widerruf
richtet sich an den Bezogenen / die Bank und wird „erst nach Ablauf
der Vorlegungsfrist wirksam”; Art 32 SchG. Der Bezogene kann daher
einen vorzeitigen Widerruf (= vor Ablauf der Vorlegungsfrist) beachten, muss
es aber nicht. Wurde ein Scheck nicht widerrufen, kann der Bezogene
nach Art 32 Abs 2 SchG auch nach Ablauf der Vorlegungsfrist zahlen. | |
Der
Aussteller sowie jeder Inhaber eines Schecks kann durch den quer
über die Vorderseite gesetzten Vermerk „(Nur) Zur Verrechnung” oder
durch einen gleichbedeutenden Vermerk untersagen, dass der Scheck
bar ausbezahlt wird; Art 38 Abs 1 SchG. – „Der Bezogene darf in
diesem Fall den Scheck nur im Weg der [Konto-]Gutschrift einlösen
.... Die Gutschrift gilt als Zahlung”; Abs 2. – „Die Streichung
des Vermerks ‘nur zur Verrechnung’ gilt als nicht erfolgt”; Abs
3: Warum? – Fiktion! „Der Bezogene, der [diesen] Vorschriften zuwiderhandelt,
haftet für den entstandenen Schaden, jedoch nur bis zur Höhe der
Schecksumme”; Abs 4. | Verrechnungsscheck |
Eine Strafbestimmung für ungedeckte Schecks
enthält Art 67 SchG. Danach ist eine Ordnungsstrafe in der Höhe
von 20 Prozent des nicht gedeckten Scheckbetrags zu verhängen. Daran
kann sich eine strafgerichtliche Verfolgung wegen Betrugs anschließen.
– Der Aussteller haftet natürlich weiter für seine Schuld und kann
geklagt werden. | Ungedeckte
Schecks |
2. Sonderformen
des Schecks | |
Der Traveller- oder Reisescheck ist
eine im internationalen Reiseverkehr entwickelte Anweisung. Seine
Verbreitung und Beliebtheit rührte daher, dass er gegen Diebstahl
und Verlust von inländischem oder ausländischem Geld sichert. –
Ein Reisender kauft bei seiner Inlandsbank für eine bestimmte Summe
Travellerschecks in einer ausländischen Währung; zB Dollar. Er kann
nun im jeweiligen Ausland gegen Vorlage seines Reisepasses und der
entsprechenden Menge Travellerschecks (verschiedene Stückelung,
zB 50 oder 100 Dollar) Zahlung von der angewiesenen Bank verlangen. | Traveller-
oder Reisescheck |
Euro und Kreditkarte haben den Anwendungsbereich von Travellerschecks
stark eingeschränkt, er ist heute ein Auslaufprodukt. | |
 | Abbildung 15.39: Travellers Scheck |
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Der Eurocheque war
ein international vereinheitlichter Scheck. Zusätzlich zum normalen
Scheck erhielt der Kontoinhaber eine Scheckkarte.
Mit ihr konnte er auch gegenüber ausländischen /europäischen Kreditinstituten
verfügen. Die Scheckkarte wurde von einer (Haus)Bank ausgestellt
und damit die (Aussteller)Verpflichtung seitens der Bank übernommen,
Schecks bis zur Höhe von 2.500 S (Deutschland: 400 DM) einzulösen; Einlösungsgarantie. | Eurocheque |
Die Scheckkarte war mit oder ohne Bankomatfunktion ausgestattet.
War sie das, konnte Geld nicht nur am Schalter, sondern bei allen
Bankomaten (des gesamten Netzes) im In- und Ausland in der jeweiligen
Landeswährung abgehoben werden. Die Abhebung war – um Missbrauch
zu erschweren – auf einen bestimmten täglichen Betrag (zB 5.000
S) beschränkt. Bei Geldbehebung war eine Codenummer einzutippen,
die daher nicht mit der Scheckkarte gemeinsam aufbewahrt werden
sollte. | |
 | Abbildung 15.40: Euroscheck-Vorderseite |
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 | Abbildung 15.41: Euroscheck-Rückseite |
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Die Kreditkarte
dient dem bargeldlosen Zahlungsverkehr. Sie ist Legitimationspapier
und berechtigt den Kreditkarteninhaber, bargeldlos
„einzukaufen”; Finanzierung von Käufen + Dienstleistungen. | |
 | Abbildung 15.42: Die Kreditkarte |
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Die Kreditkarte wird von einer bestimmten Kreditkartenorganisation (KK-O),
zB Visa, Mastercard, American Express oder Diners Club, ausgestellt
und berechtigt den Kreditkarteninhaber (KK-I),
mit allen Kreditkartenunternehmen (KK-U) der jeweiligen
Kreditkartenorganisation Verträge zu schließen. Die Kreditkartenorganisation
schließt mit möglichst vielen Unternehmen Verträge, dass diese „ihre”
Karte akzeptieren. Die Kreditkartenorganisation erhält vom jeweiligen
Rechnungsbetrag des von ihrem Vertragspartner mit dem Kunden geschlossenen Geschäfts
für ihre Dienstleistung eine Provision (zB 3%), um deren Höhe immer
wieder gerungen wird. Die Vertragspartner der Kreditkartenorganisation,
d. s. die KK-U (= Kaufleute), die mit ihrer Kundschaft Geschäfte
schließen, erwarten sich durch ihre Akzeptanz einer bestimmten Kreditkarte Umsatzsteigerungen. | KK-O,
KK-U und KK-I |
Die Kreditkarte hat durch den Euro und
die von Kreditinstituten ausgegebenen vor allem im Inland verwendeten Bankomatkarten,
mit denen aber auch im Ausland Geld behoben werden kann, an Attraktivität
verloren. – Bei Geschäftsleuten war Sie ohnehin nie sonderlich beliebt. | |
Der Vorteil
für Kunden liegt in bequemer Zahlungsmöglichkeit, da nur
noch zu unterschreiben ist; es ist nicht einmal mehr ein Scheck
auszustellen. Die Musterunterschrift auf der Rückseite der
Kreditkarte kann bei Zahlung durch die Kundschaft vom Geschäftspartner
geprüft werden. – Mitunter besteht auch die Möglichkeit (zB bei
telefonischer Bestellung von Theaterkarten), durch bloße Bekanntgabe
der Kartennummer zu zahlen. In einem solchen Fall ist eine genaue
Überprüfung der Monatsabrechnung ratsam. – Mit der Kreditkarte kann
uU auch Bargeld an Bankomaten behoben werden; Bankomatfunktion der
Kreditkarte. Das kostet aber 3% vom behobenen Betrag. Im Ausland
kommt noch die Devisenumrechnungsprovision dazu. | Vorteil für Kunden |
 | Abbildung 15.43: Das Kreditkarten- als Anweisungsverhältnis |
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Der Kreditkarteninhaber
schließt mit einer Kreditkartenorganisation einen Kreditkartenvertrag ab,
in dem die gegenseitigen Rechte und Pflichten näher geregelt werden;
insbesondere unverzüglicher Ausgleich von Negativsalden und Zahlung
eines jährlichen Entgelts (zB 55 ı). – Die Abrechnung zwischen
Kreditkarteninhaber und Kreditkartenorganisation erfolgt periodisch,
zB monatlich und beinhaltet dadurch eine gewisse Kreditierung. | |
Mit der Kreditkarte, die häufig – freilich unterschiedlich
je nach Kreditkartenorganisation – weltweit gilt, wurde ein internationales
Zahlungsmittel geschaffen. | |
 | Abbildung 15.44: Kreditkarte – Vorderseite |
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 | Abbildung 15.45: Kreditkarte – Rückseite |
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Was tun bei Verlust, Diebstahl oder Betrug ? –
Im Verlust-, Diebstahls- oder Betrugsfall ist auch bei der Kreditkarte
unverzüglich ihre Sperre zu veranlassen: Bei Auslandsreisen sollte
daher die sog Notfallnummer für die Sperre der
Karten getrennt von der Kreditkarte mitgeführt werden! | Verlust, Diebstahl
oder Betrug |
IV. Garantievertrag
und Bankgarantie | |
Das österreichische
Privatrecht – und zwar das bürgerliche wie das Handelsrecht – kennt
keine Regelung des Garantievertrags (die III. TN fügte allerdings
§ 880a, 2. HalbS ABGB ein), was nicht verwundern sollte, weil es
sich um eine rechtliche Neuschöpfung handelt, einen sog atypischen
Vertrag → KAPITEL 5: Gemischte
und atypische Verträge. – Mittlerweile spielt die (Bank)Garantie
im Rechts- und Wirtschaftsleben eine bedeutende Rolle, und zwar
national, wie international. Das hat seinen Grund in der Einfachheit,
Raschheit, Kostengünstigkeit (2 Prozent / Anno Avalprovision + 1
Promille Ausfertigungsgebühr vom Haftungsbetrag) und Effektivität
dieses Sicherungsmittels. | |
Der Garantievertrag
beinhaltet ein Sicherungsgeschäft und erfüllt keine
Zahlungsfunktion. Abgeschlossen wird er bspw zwischen Käufer und
Garant (Bank), wobei der Garant verspricht, an den Begünstigten
(zB den Verkäufer), als Dritten des Garantievertrags, unter bestimmten
Voraussetzungen zu leisten. Die Gründe für den Abschluss eines Garantievertrags
sind sehr unterschiedlich, weshalb es viele Arten der Garantie gibt → Inhalt
des Garantievertrags
| Sicherungsgeschäft |
1. Inhalt
des Garantievertrags | |
Im Garantievertrag übernimmt der Garant (idR
eine Bank) gegenüber einem Dritten (= Begünstigter)
die vom Kausalverhältnis oder Grundgeschäft losgelöste (sog Abstraktheit
der Garantieverpflichtung) Haftung für einen noch ungewissen
Erfolg (eines Unternehmens) oder für den durch ein Unternehmen möglicherweise
entstehenden Schaden einzustehen. Der Garant leistet Gewähr, dass
der Begünstigte „seine” ihm rechtlich zustehende Leistung erhält;
und zwar wenn schon nicht vom ursprünglichen Vertragspartner, dann
eben von ihm. | |
Die
Bankgarantie ist – als einseitig verpflichtender Schuldvertrag –
ein Sonderfall des allgemeinen Garantievertrags; zur Rechtsnatur etwa
EvBl 1999/96 mwH. | Sonderfall des allgemeinen Garantievertrags |
 | Abbildung .45: Garantievertrag – Bankgarantie – GewährV |
Der Garantievertrag ist Sicherungsgeschäft. |
Abgeschlossen wird er zB zwischen Käufer und Garant (zB
Bank). |
Geleistet wird an den Begünstigten (= zB an den Verkäufer);
der Begünstigte ist Dritter des Garantievertrags. |
Die Garantie ist unabhängig vom Grundgeschäft; sog Abstraktheit
der Garantieverpflichtung. |
Es gibt viele verschiedene Garantie-Arten. |
|
 | |
„Die garantierende Bank hat typischerweise
nicht den erwarteten Erfolg selbst herbeizuführen, also etwa Waren
zu liefern, sondern nur das wirtschaftliche Interesse des Begünstigten
in Geld abzudecken ..., wobei die Verpflichtungen der Banken regelmäßig
durch Höchstbeträge begrenzt sind”; Koziol, in: Avancini / Iro /
Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht II 246 (1993). | |
 | |
Der
Garantievertrag zielt darauf ab, jemandem eine Leistung zu garantieren oder einen Erfolg (durch
einen zusätzlichen Garanten) zusichern. – Dieser
„Erfolg” kann etwas sehr Verschiedenes sein, nämlich: | |
• die korrekte Geldzahlung einer
vertraglichen Schuld; | |
• eine Warenlieferung oder Dienstleistung; | |
• der vertraglich zugesagte Gewinn aus
einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung; | |
• oder ein bestimmter Ertrag eines
Unternehmens usw. | |
Man
unterscheidet – Zahlungs-, – Liefer-, – Bietungs- oder Ausschreibungsgarantien,
– Anzahlungs-, – Erfüllungs-, – Gewährleistungs-, – Haftrücklassgarantien
(im Baugeschäft), – Konossementgarantien, – direkte und indirekte Garantien.
– Eine praktische Standardvariante der Bankgarantie ist die sog
„Garantie auf erste Anforderung”, was soviel bedeutet
wie: Der Garant hat unabhängig von anderen, vielleicht noch nicht
geklärten (Rechts)Fragen, unverzüglich zu leisten. | Arten von Bankgarantien |
 | Abbildung 15.46: Die (Bank)Garantie als Anweisung |
|
2. Zur Abstraktheit
der Bankgarantie | |
Man meint damit, dass
die Leistungspflicht des Garanten – zB der Bank
– auf einer eigenen Rechtsgrundlage (eben der im Garantievertrag
enthaltenen Garantiezusage) beruht, die unabhängig und
losgelöst vom Grundgeschäft (dem Kausal- oder Valutaverhältnis)
besteht. Die abstrakte Leistungspflicht des Garanten ist auch vom
Deckungsverhältnis unabhängig. Diese – abstrakte – Losgelöstheit
der Garantiezusage von allen anderen Rechtsbeziehungen macht sie
so effektiv; denn im Garantiefall müssen nicht
erst andere (zeitaufwendige) Rechtsfragen (zB Gewährleistung, Verzug,
Schadenersatz oder Deckung) vor der Leistungserbringung durch den Garanten
geklärt werden. | |
Missbrauch wird
dadurch aber nicht gedeckt! – Zu unrecht abgerufene Bankgarantien
können nach § 1431 ABGB zurückgefordert / kondiziert werden; und
zwar innerhalb von 30 Jahren (§ 1479 ABGB): vgl EvBl 1999/96. | Missbrauch |
|
EvBl 1999/104: Voraussetzungen
für den wirksamen Abruf einer Bankgarantie – Wer
behauptet, aus einer Bankgarantie begünstigt zu sein, hat die dafür
sprechenden Umstände auf eine (auch von der Warte der Garantiebank
aus) völlig unbedenkliche Weise darzutun. Dem entspricht ein die
Garantie Abrufender nicht, der sich von der Bezeichnung des Begünstigten
in der Garantieerklärung deutlich unterscheidet. | |
|
|
OGH 18. 1. 2000, 4 Ob 348/99a, SZ 73/10 = EvBl 2000/120:
Zur Absicherung der bedingten Forderung aus einem Kooperationsvertrag
zwischen A u B bestellt B eine Bankgarantie. A
zediert den Zahlungsanspruch aus dieser Bankgarantie an seine Hausbank
zur Absicherung eines Kredites. Diese ruft die Garantiesumme ab,
obwohl die Bedingung aus dem Kooperationsvertrag nicht eingetreten
ist. Kurz darauf geht A in Konkurs. B will daher gegen A’s Hausbank
als Zessionar bereicherungsrechtlich vorgehen. – OGH: Die besondere
Vertrauenssituation bei abstrakten Garantien verlangt, dass trotz
erfolgter Abtretung des Zahlungsanspruchs der Bereicherungsanspruch des Garantieauftraggebers weiterhin
nur gegen den ursprünglich Begünstigten (A als Vertragspartner des
Grundgeschäftes und Zedent) besteht. (?) | |
|
|
OGH 3. 2. 2000, 2 Ob 339/99p, SZ 73/24:
Die Klägerin und die Beklagte schließen einen Garantievertrag,
der zeitlich begrenzt ist, Schriftlichkeit der Abruferklärung und
eine Bezugnahme auf das kausale Grundverhältnis in dieser vorsieht.
Am letzten Tag der Frist ruft der Begünstigte den Garantievertrag schriftlich
ab, ohne jedoch auf das Grundverhältnis Bezug zu nehmen. Erst nach
Hinweis auf diesen Mangel am nächsten Morgen faxt der Begünstigte
diese Behauptung nach. – OGH: Der Garant habe vor Erbringung der
Garantieleistung die Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen „präzise,
ja nachgerade pedantisch genau” zu überprüfen. Zwar sei der Garant
verpflichtet, dem Begünstigten unverzüglich die Beanstandung einer
fehlerhaften Inanspruchnahme mitzuteilen, wenn dieser dadurch noch
die Möglichkeit hätte, die Garantie formgerecht und rechtzeitig
in Anspruch zu nehmen. Dies zu beweisen sei jedoch Aufgabe des Begünstigten
und in diesem Fall nicht gelungen. Aufgrund des Grundsatzes der
Garantiestrenge sei die Bank zur Gewährung einer Nachfrist nicht
verpflichtet. (?: Blinder Formalismus wird der Sache nicht immer
gerecht!) | |
|
3. Unterschied
zur Bürgschaft | |
Abzugrenzen
ist der Garantievertrag von der Bürgschaft, die ähnliche Zwecke
verfolgt; denn beide Rechtsinstitute sichern die Erfüllung einer
fremden Schuld. | |
Die Bankgarantie ist
aber auch insoferne abstrakt – und nicht
akkzessorisch wie die Bürgschaft, weil
ihr Bestand nicht vom Bestand einer anderen Forderung
abhängt. Darin liegt der charakteristische Unterschied beider Rechtsinstitute.
In der Praxis verwenden die Parteien aber oft falsche Begriffe –
zB das Wort Garantie im Rahmen einer Bürgschaftsvereinbarung und
umgekehrt, sodass Vereinbarungen in Bezug auf ihren wahren Charakter
mitunter auslegungsbedürftig sind; § 914 ABGB → KAPITEL 11: Auslegung
von Rechtsgeschäften und Verträgen: §§ 914, 915 ABGB. | |
Verpflichtet sich
ein „Garant” unter Verzicht auf Einreden und Einwendungen zu zahlen,
liegt Garantie vor; Loslösung vom Grundgeschäft. – Sonst ist (eher)
Bürgschaft anzunehmen. | Auslegungsregel |
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OGH 24. 10. 2000, 1 Ob 163/00b, JBl 2001, 380:
Hat die Haftungserklärung erkennbar die Sicherung des
Begünstigten gegen allfällige Einwendungen aus dem Valutaverhältnis
oder eine sonstige Verstärkung seiner Rechtsstellung im Vergleich
zur bloßen Bürgschaft zum Ziel, so spricht das für die Annahme einer Garantie.
Es ist dann keine Bürgschaft oder eine bloße Verwendungszusage anzunehmen. | |
|
V. Das
Dokumentenakkreditiv | |
Das Dokumentenakkreditiv wird – wie erwähnt
– in Österreich als Anweisung verstanden, nach deutschem Recht liegt
dagegen Auftrag vor! Seine praktische Bedeutung liegt darin, dass
es im internationalen Warenverkehr als Sicherungsmittel dient.
Das Dokumentenakkreditiv soll das bei Distanzkäufen – typisch: Import-
/ Exportgeschäften – nicht streng durchführbare Zug-um-Zug-Prinzip
(§ 1052 ABGB) wenigstens annäherungsweise nachbilden, indem eine
Zahlung des importierenden Käufers erst dann erfolgt, wenn der (exportierende)
Verkäufer seine (Liefer)Dokumente der Akkreditivbank vorlegt, die
wenigstens die Absendung der Ware, wenn auch nicht deren Mangelfreiheit!,
beweisen. | |
1. Die Parteien
des Dokumentenakkreditivs | |
Auch das Dokumentenakkreditiv ist ein dreipersonales Schuldverhältnis.
Zu unterscheiden sind: | |
•
Der Auftraggeber des Dokumentenakkreditivs
= Akkreditiversteller (Importeur); | |
•
die Bank = Akkreditiv(eröffnungs)bank
+ allenfalls Korrespondenzbank und | |
•
der
Begünstigte = Akkreditivempfänger (Exporteur). | |
 | Abbildung 15.47: Dokumentenakkreditiv – Einfache Form |
|
Letter of Credit:
„Das Akkreditiv im weitesten Sinn ist die von einer Bank im Auftrag
eines Kunden einem Dritten (dem „Begünstigten”) gegenüber rechtsgeschäftlich
eingegangene Verpflichtung, ihm auf Rechnung ihres Auftraggebers
unter bestimmten Voraussetzungen eine Leistung zu erbringen. Das
heute praktisch allein gebräuchliche Dokumentenakkreditiv zeichnet
sich dadurch aus, dass die Leistung der Bank an den Begünstigten
von der Übergabe bestimmter Dokumente und der Erfüllung sonst im
Akkreditiv noch vorgesehener Bedingungen abhängig gemacht ist ....
Unserem Akkreditiv entspricht im anglo-amerikanischen Rechtsbereich
weitgehend der Letter of Credit.” – Avancini, in:
Avancini / Iro / Kozil, Österreichisches Bankvertragsrecht II 357. | Definition
des
Dokumentenakkreditivs |
”Bei
den vor allem in den USA gebräuchlichen Standby
Letters of Credit (einer besonderen Ausprägung des vorgenannten
Letter of Credit) handelt es sich um Haftungsübernahmen,
deren Einkleidung in die Form des Akkreditivs deshalb erfolgt, weil
den amerikanischen Banken das eigentliche Bürgschafts- und Garantiegeschäft
grundsätzlich untersagt ist. Der Ausweg, sich zur Haftungsübernahme
der Akkreditivform zu bedienen, wurde als zulässig anerkannt. Wie
bei einem Akkreditiv wird die Zahlungspflicht der Bank von einer
fristgerechten Vorlage bestimmter Dokumente abhängig gemacht. Dementsprechend
erfolgt die Abwicklung eines Standby Letter of Credit im Prinzip wie
beim Akkreditiv.” (Avancini aaO). | USA |
2. ERA 1983 – Funktionen
und Abgrenzung | |
Die Abwicklung des Akkreditivgeschäfts richtet sich heute
vornehmlich nach den „Einheitlichen Richtlinien und Gebräuchen
für Dokumenten-Akkreditive”; sog ERA 1983. | |
Beim Dokumentenakkreditiv lassen sich verschiedene Funktionen unterscheiden
(Avancini, aaO 363): | |
•
Zahlungsfunktion | |
•
Sicherungsfunktion | |
•
allenfalls
noch eine Kreditfunktion. | |
 | Abbildung 15.48: Dokumentenakkreditiv – Erweiterte Form |
|
Das
Dokumentenakkreditiv erfüllt idR primär eine Zahlungsfunktion und
unterscheidet sich dadurch von der Bankgarantie, deren primärer
Zweck (immer) die Sicherung eines Erfolgs ist. | Abgrenzung von
der Bankgarantie |
VI. Aufrechnung
/ Kompensation | |
| |
Max hat den alten Pkw
von Hans um 5.000 ı gekauft und – obwohl ihm das Fahrzeug schon
übereignet wurde – noch nicht bezahlt. Hans hat sich für seine Australienreise
von Max 4.000 ı „ausgeliehen”, die er ihm noch schuldet. Um die
jeweiligen Geldbeträge nicht umständlich hin- und herschieben zu
müssen, vereinbaren sie, dass Max an Hans die Differenz von 1.000
ı bezahlt und sie damit „quitt” sind. – Die Aufrechnung rationalisiert
und vereinfacht das gegenseitige Schuldenzahlen. | |
2. Aufrechnung
vermittelt auch Sicherheit | |
Die
Aufrechnung – geregelt in den §§ 1438 ff ABGB –
im Rahmen der Sicherungsmittel zu behandeln, mag unüblich sein.
Dafür spricht jedoch der auch in ihr steckende Sicherungszweck und ihre
praktische Verwendung im Geschäftsleben. – Meine Forderung gegen
meinen Schuldner kann nämlich auch dadurch gesichert werden, dass
ich ihm selbst etwas schulde, er also (wenigstens hinsichtlich eines
Teilbetrags) mein Gläubiger wird. Und ein solches Herstellen
einer Aufrechnungslage kann
bewusst geschehen! Ich kann dann – zur Sicherung meiner Forderung
– (gegenüber meinem Geschäftspartner) – meine Schuld mit meiner
Forderung aufrechnen; vgl → Kriterien
der einseitigen
Aufrechnung:
Gegenseitigkeit. | § 1438 ff ABGB |
3. Forderung und
Gegenforderung | |
Die Aufrechnung
spielt im praktischen Rechts- und Wirtschaftsleben (insbesondere
für Geldforderungen) eine wichtige Rolle und bewirkt das Erlöschen
/ die Aufhebung einer Schuld durch das Geltendmachen einer Gegenforderung.
– Kurz: Kompensation bedeutet das Aufheben einer Forderung durch
das Geltendmachen einer Gegenforderung. | |
Klar auseinanderzuhalten sind aber die beiden Forderungen
die einander (bei der Aufrechnung) gegenübertreten: Der eine (erste)
Gläubiger macht seine Forderung geltend, der andere
(zweite), ebenfalls Gläubiger des anderen, rechnet mit seiner Gegenforderung auf.
Dazu gleich mehr. | |
§ 1438 ABGB formuliert: „Wenn
Forderungen gegenseitig zusammentreffen, die richtig, gleichartig,
und so beschaffen sind, dass eine Sache, die dem Einen als Gläubiger
gebührt, von diesem auch als Schuldner dem andern entrichtet werden
kann; so entsteht, insoweit die Forderungen sich gegeneinander ausgleichen,
eine gegenseitige Aufhebung der Verbindlichkeiten (Kompensation),
welche schon für sich die gegenseitige Zahlung bewirkt.” | |
| |
ien der AufrechnungWir unterscheiden
den: | Parte |
•
(aktiv) Aufrechnenden und | |
•
den Aufrechnungsgegner, der
die Aufrechnung (passiv) dulden soll. | |
5. Zwecke oder
Funktionen der Aufrechnung | |
•
Die
Aufrechnung erfüllt nicht nur einen Zweck, sondern deren mehrere;
nämlich: | Aufrechnungszwecke |
•
Befreiung =
Aufrechnung befreit von eigener Schuld; | |
•
Befriedigung =
durch die Aufrechnung wird die eigene Forderung vom Schuldner erfüllt; | |
•
Verrechnung =
kein unnötiges Hin- und Herschieben von Geldbeträgen; | |
•
Sicherung =
die eigene Schuld sichert die eigene Forderung: Im Ausmaß der eigenen
Schuld wird die eigene Forderung einbringlich und von der Bonität
des Schuldners unabhängig. | |
6. Arten oder Formen
der Aufrechnung | |
vertragliche und einseitige AufrechnungEs werden unterschieden: | |
•
Die einvernehmliche
Kompensation wird vertraglich von den Beteiligten vereinbart; | |
•
die einseitige Kompensation erfolgt
einseitig, dh auch gegen den Willen des Aufrechnungsgegners und
muss uU im Prozess durchgesetzt werden; vgl die unten angeführte
E JBl 2003, 180. – Soll einseitig aufgerechnet werden, muss die
Forderung des (aktiv) Aufrechnenden bestimmte Voraussetzungen erfüllen → Voraussetzungen
für beide Forderungen
| |
7. Voraussetzungen
für beide Forderungen | |
Während
bei der einvernehmlichen Aufrechnung nur die Gegenseitigkeit
vorliegen muss, verlangt die einseitige Aufrechnung
darüber hinaus weitere Kriterien, nämlich neben: | Kriterien der einvernehmlichen Aufrechnung |
•
der Gegenseitigkeit,
noch | |
•
Fälligkeit, | |
•
Gültigkeit und | |
•
Gleichartigkeit, der sich gegenüberstehenden
Forderungen. | |
8. Kriterien
der einseitigen
Aufrechnung | |
•
Gegenseitigkeit (der
Forderungen) meint, dass Aufrechnender und Aufrechnungsgegner jeweils Gläubiger
und Schuldner des anderen ist. – Mit einer Forderung gegen einen
Dritten kann man nicht gegenüber dem Aufrechnungsgegner (= Zweiter)
aufrechnen. Man kann sich aber die Forderung eines Dritten gegen
den Aufrechnungsgegner abtreten lassen, was in der Folge die eigene Aufrechnung
gegen den Aufrechnungsgegner ermöglicht. | Kriterien der einseitigen Aufrechnung |
•
Fälligkeit bedeutet: Beide
(!) Forderungen, die gegeneinander aufgerechnet
werden sollen, müssen im Aufrechnungszeitpunkt fällig sein. | |
•
Gültigkeit: Die Forderungen
müssen gültig entstanden und – zudem – im Zeitpunkt der Aufrechnung
noch (erfolgreich) einklagbar sein. | |
Grundsätzlich besteht daher keine Aufrechnungsmöglichkeit
mit verjährten Forderungen; Naturalobligationen → KAPITEL 7: Naturalobligationen.
Manche halten dies aber für möglich. | |
•
Gleichartigkeit:
Beiden Forderungen müssen Schulden gleicher Art zugrunde liegen;
also zB Geldschulden. Hier geht es um Inhalt und Art
der Leistungspflicht. – Nicht gleichartig wären eine Geldschuld
und eine Dienst- oder Sachleistung. Mangels Gleichartigkeit können
auch nicht privatrechtliche mit öffentlichrechtlichen Ansprüchen
aufgerechnet werden; zB gewisse Ansprüche zwischen Ärzten und Gebietskrankenkassen.
– Die Gleichartigkeit von Forderungen wird aber nicht dadurch beeinträchtigt,
dass die eine Forderung aus einem Vertrag stammt, die andere eine
unmittelbar gesetzliche ist; zB aus deliktischem Schadenersatz. | |
9.
Vollzug der Aufrechnung | |
Er geschieht durch Aufrechnungserklärung gegenüber
dem Aufrechnungsgegner, wobei diese Erklärung von jedem Beteiligten
(aktiv) ausgehen kann. – Eine Aufrechnung wirkt aber nach hA nicht
„ipso iure”, dh automatisch / von selbst, obwohl
der Gesetzeswortlaut des § 1438 ABGB dafür spricht; arg: „ ... schon
für sich ... bewirkt.” Allenfalls muss die Berechtigung zur Aufrechnung
prozessual geklärt werden. | Ipso
iure? |
 | |
Ein
gesetzliches oder vertragliches Aufrechnungsverbot verhindert
die Aufrechnung. – § 1440 ABGB nimmt „eigenmächtig oder listig
entzogene, entlehnte, in Verwahrung oder in
Bestand genommene Stücke” von der Aufrechnung aus. |
Aufrechnungsverbot |
|
OGH 30. 4. 2002, 1 Ob 64/02x, JBl 2003, 121 = EvBl 2002/167:
Das Betreiben einer Tiefgarage (Pacht) wird für
600.000 S im Jahr der beklagten Partei übertragen. Die Betreiberin
muss ua die Einnahmen regelmäßig auf das Konto der Eigentümerin
überweisen. Bei Beendigung der Vertragsbeziehung klagt die Eigentümerin
auf Überweisung ausständiger Einnahmen. Die Betreiberin will mit
einer Gegenforderung aufrechnen. – OGH lässt Aufrechung trotz §
1440 ABGB zu und begründet dies damit, dass der Sinn des Zurückbehaltungs- und Aufrechungsverbotes dieser
Norm für in Verwahrung genommene Sachen nur darin gefunden werden
kann, dass in den vom Gesetz genannten Fällen der Rückforderungsgläubiger
typischerweise nicht mit Gegenansprüchen rechnet, was hier aber
nicht angenommen werden kann. – Deshalb bleibt § 1440 ABGB überall
dort außer Betracht, wo von vornherein Ansprüche des Schuldners
aus diesem Rechtsverhältnis zu erwarten sind; hier aus dem Tragen
des laufenden Aufwands für die Erhaltung der Sache. | |
|
10.
Wirkung der Aufrechnung | |
Die Aufrechnung wirkt auf
jenen Zeitpunkt zurück, zu dem sich beide Forderungen
erstmals kompensabel, also aufrechenbar, gegenüber gestanden sind;
Aufrechnungslage. Sie hebt die gegenseitigen Verbindlichkeiten –
seien es vertragliche oder gesetzliche – auf. Welche Probleme dabei auftreten
können, zeigt das folgende Urteil. | Aufrechnungslage |
|
OGH 6. 5. 2002, 2 Ob 95/02p, JBl 2003, 180:
Eine GmbH geht am 26. 11. 1997 in Konkurs.
Auf ihrem Konto, das am 25. 11. 1997 ein Minus von 75.000 S aufweist,
werden am 26. 11. 1997 mit Valuta 27. 11. 230.000 S gutgeschrieben.
Die Bank rechnet am 26. 11. mit einer Gegenforderung auf und überweist
nur den Restbetrag an den Masseverwalter. Dieser klagt idF auf Zahlung
der restlichen 75.000 S, da die Wertstellung gleichzeitig mit der
Konkurseröffnung erfolgt sei. – OGH: Mit der Gutschrift gibt die
Bank ein abstraktes Schuldversprechen gegenüber dem Kontoinhaber
ab. Schon allein daraus ergibt sich, dass bereits zu diesem Zeitpunkt
die Forderung gegenüber der Bank entsteht und nicht erst bei Wertstellung; letztere
ist grundsätzlich nur für den Beginn des Zinsenlaufs maßgeblich.
Die Aufrechnung der Bank erfolgte daher zu recht. – Beachte: Die materielle Aufrechnungslage war
bereits am 26. 11. gegeben, die Wirkungen des Konkurses dagegen
erst am 27. 11., da die Konkurswirkungen erst am Tag nach der Konkurseröffnung
eintreten. | |
|
| |
| Sonderform
der Aufrechnung |
|
OGH 17. 8. 2001, 1 Ob 83/01i, EvBl 2001/14:
Hausverwalter eines Mietwohnhauses klagt den Dritteleigentümer auf
Zahlung der von ihm vorgestreckten Auslagen, wogegen der Miteigentümer
Verjährung einwendet. – OGH wendet § 355 HGB (Kontokorrent)
analog an, obwohl eine Kaufmannseigenschaft des Hausverwalters nicht
festgestellt wurde. Ein solches „uneigentliches” Kontokorrentverhältnis
kann auch schlüssig zustande kommen. Die Verjährung beginnt in diesem
Fall erst mit Beendigung der Kontokorrentperiode. | |
|
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B. Dingliche Sicherheiten |
D. Verträge
zugunsten Dritter |
|