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Den Heiligen Geist vermitteln oder entdecken?
(Praktisch-theologische Erwägungen zum Konzept der Firmkatechese)

Autor:Scharer Matthias
Veröffentlichung:
Kategorieartikel
Abstrakt:Die Versuche in der Firmkatechese, etwas von der kirchlichen Lehre über den Hl. Geist und das Firmsakrament 'rüberzubringen', geraten immer mehr an die Grenze. Im Artikel wird die theologische Perspektive verändert: Welche Konsequenzen ergebn sich für die Firmbegleitung, die Spuren des Hl. Geistes in der Lebenswelt zu entdecken und im Zusammenhang mit der theologisch-kirchlichen Sprache zu thematisieren versucht?
Publiziert in:Anzeiger für die Seelsorge 5 (2001), 5 - 10
Datum:2002-02-22

Inhalt

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"Sei besiegelt mit der Gabe Gottes, dem Heiligen Geist"; mit diesem Zuspruch werden seit Paul VI. im Rückgriff auf die frühe kirchliche Tradition die jugendlichen FirmkandidatInnen gesalbt. Die gnadentheologische Gelassenheit, welche die Gabe Gottes und nicht die Firmkatechese der Gemeinde in den Mittelpunkt des sakramentalen Geschehens stellt, scheint den immer angestrengteren und gleichzeitig erfolgloseren Katechetisierungsversuchen im Zusammenhang mit der Sakramentenspendung und speziell der Firmung entgegen zu stehen.

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Was bringt sie, die Firmung?

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Der Effizienz- und Erfolgslogik unserer Gesellschaft entsprechend wird im Alltag der Gemeinden immer häufiger danach gefragt, was die Hinführung der FirmkandidatInnen auf das Sakrament denn überhaupt noch bringe:

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Der Pfarrer, die Gemeindereferentin und die FirmbegleiterInnen der Gemeinde X trafen sich zur Abschlussbesprechung des soeben zu Ende gegangenen Firmkurses. „Was hat er gebracht?" Diese Frage stand unausgesprochen im Raum. Die Antwort schien relativ klar zu sein: „Nichts oder fast nichts". Die jugendlichen Gottesdienstbesucher waren nicht mehr geworden; ja es kamen nach dem Firmfest wieder deutlich weniger zum Gottesdienst als in der Zeit der Vorbereitung. Von den im heurigen Jahr gefirmten Jugendlichen sind zwar einige MessdienerInnen; eine kleine Gruppe ist auch im Jugendzentrum engagiert. Aber das war auch schon vor der Firmung der Fall. Die Frustration ist deutlich spürbar. Da bricht eine junge Frau das Schweigen: „Also ich habe acht junge Leute, die in unserem Pfarrgebiet wohnen, näher kennen gelernt; ich bin mit ihnen 'über Gott und die Welt' ins Gespräch gekommen und bekam etwas von dem mit, was ihnen Angst macht aber auch was ihnen Zuversicht und Hoffnung gibt. Am Anfang war unsere Kommunikation zwar distanziert und förmlich; ich hatte das Gefühl, dass die Jugendlichen in mir zunächst so etwas wie eine Lehrerin vermuteten. Aber nach und nach ist das Eis geschmolzen. Viel geholfen hat der Kontakt der Mädchen und Jungen mit meiner zweijährigen Tochter. Über sie bekamen die Jugendlichen auch eine andere Beziehung zu mir. Ja, wir haben viel miteinander gesprochen, auch gelacht und geblödelt. Nach und nach entstand eine Atmosphäre zwischen uns, die es jeder und jedem ermöglichte, so zu sein wie sie/er ist. Langsam entwickelte sich eine gegenseitige Achtung und Wertschätzung; jede/r konnte sich mit ihren/seinen Stärken und Schwächen einbringen und wurde von den anderen respektiert. Gerade dadurch wurden gemeinsame Aktivitäten möglich. Manche kamen in der Firmgruppe bei sich und bei anderen Begabungen auf die Spur, die in der Schule meistens untergehen: Einander zuhören, einen Streit fair austragen, sich versöhnen usw.. Ich glaube, dass manche wieder mehr Lebensmut und Lebensfreude bekommen haben. Mir ist klar, dass das nicht machbar ist. Ich fühle mich beschenkt und bin zufrieden. Die Stellungnahme der jungen Frau löst eine heftige Debatte darüber aus, was in der Hinführung der Jugendlichen zum Firmsakrament intendiert werden sollte und was nicht; ob die Gespräche „über Gott und die Welt", eine offene und ehrliche Beziehung zwischen FirmbegleiterInnen und FirmkandidatInnen, der Mut, sich einzubringen, wie man ist, u.a. zur Vorbereitung auf den Empfang des Firmsakramentes genügten oder ob damit der Ausverkauf des Glaubens begonnen habe. Geht es nicht doch um das Erlernen der wichtigsten Glaubensinhalte, sozusagen als die „letzte Chance" der Kirche, an die Jugendlichen heranzukommen? (Hilberath/Scharer 22000, 13f)

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Aus dem obgenannten Beispiel kann man schließen, dass der „Erfolg" der Firmvorbereitung je nach dem ausgesprochenen oder unausgesprochenen Ziel unterschiedlich, ja konträr zu bewerten ist. Bei einer sehr offenen Zielbestimmung, wie sie die erwähnte Firmbegleiterin vertritt, scheinen die Zustimmung zum christlich-kirchlichen Glauben und die Sakramentenpraxis keine unmittelbare Rolle für den Erfolg der Firmbegleitung zu spielen; gleichzeitig räumt die junge Frau der pastoral-katechetisch nicht herstellbaren Glaubenserfahrung, traditionell gesprochen dem gnadenhaften Wirken des Geistes Gottes in den Subjekten und in deren Interaktion und Kommunikation, einen entscheidenden Platz ein. Sie moniert mit ihrer Auffassung die theologische Einsicht, dass der „Geist weht wo er will" und sich nicht an enge katechetische Zielvorgaben binden lässt. Extrem gesprochen könnte es sogar umgekehrt sein: Die geschlossene didaktische Struktur von Firmkursen, wie sie häufig in Gemeinden verwendet werden, zielt auf eine stark inhaltsbezogene Vermittlung dessen ab, was am kirchlichen Glauben an den Hl. Geist und an der Firmtheologie substantiell wichtig ist, ohne dass die theologische Qualität des Vermittlungsvorganges in den Blick kommt.

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Tendenziell stehen sich zwei theologische Perspektiven mit jeweils unterschiedlichen katechetisch-didaktischen Konsequenzen gegenüber. Keinem der beiden Konzepte kann grundsätzlich abgesprochen werden, dass es um den Heiligen Geist und seine "Vermittlung" an die jugendlichen FirmkandidatInnen geht: das Wissen um den, den Glauben an den und das (kommunikative) Leben und Feiern im Heiligen Geist, der als Gabe Gottes durch keinen katechetischen oder liturgischen Vollzug „herstellbar" ist, gilt als elementare theologische Bestimmung der Hinführung auf das Firmsakrament.

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Den Heiligen Geist „vermitteln"

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Es leuchtet jedem Menschen ein, der mit Jugendlichen zu tun hat, dass das Wissen um und der Glaube an den Hl. Geist FirmkandidatInnen nicht übergestülpt werden kann. Wer den Hl. Geist „vermitteln" will wird sich um differenzierte Übersetzungsversuche in die Lebenswelt Jugendlicher bemühen. Dabei dient deren Lebens-/Glaubensgeschichte als Anknüpfungspunkt und „Aufhänger" für das Eigentliche, das vermittelt werden soll. Das Leben der Jugendlichen wird nach „Spuren" abgefragt, an die das Wissen um das Wirken des Geiste Gottes angeknüpft werden kann. Es werden Aktionen gestartet, die etwas vom Geistwirken sichtbar und spürbar „machen" sollen. Schließlich wird die Gemeinde bzw. die ganze Kirche als „Anwendungsort" für den Geist gesehen.

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Den Heiligen Geist „entdecken"

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Auch dieser Perspektive liegt die oben genannte theologische Einsicht vom Heiligen Geist als „geschenkter" Gabe Gottes zugrunde. In diesem Fall steht aber nicht die Übersetzungs- und Vermittlungslogik im Mittelpunkt des Interesses, sondern eine aus der Geisttheologie heraus sensibilisierte theologische Aufmerksamkeit. Wenn es um die Subjekte, also um die Jugendlichen und ihre BegleiterInnen geht, stehen deren Geistbegabungen im Kontext ihrer Lebens-/Glaubensgeschichte, aber auch die Aufmerksamkeit auf das Wirken des Geistes Gottes in Gesellschaft und Kirche zur Debatte. Um subjektive, intersubjektive und kontextbezogene Spuren des Geistes erkennen zu können, bedarf es eines erweiterten Blickes auf die „Religion" der Jugendlichen. Nicht nur die „substantielle" Religion im Sinn des Glaubensbekenntnisses und der Kirchenzugehörigkeit bzw. der Sakramentenpraxis bestimmen die Aufmerksamkeit, sondern auch die „funktionale" (vgl. u.a. Kaufmann 1989) bis hin zur „unsichtbaren" Religion (vgl. Luckmann 1991), die sich u.a. in dem äußern, was Jugendlichen „heilig" ist: ihrer Arbeits- und Freizeitkultur, dem Sport, der Musik, der Gestaltung ihrer privaten Lebensräume, den Riten und Gesten der Begegnung usw.. Selbstverständlich ist aus christlich-kirchlicher Perspektive nicht alles „heilig" was Jugendlichen heilig ist. Eine Unterscheidung der Geister ist angebracht. Sie erfolgt aber nicht von oben herab, sondern in einem wechselseitigen Kommunikationsprozess, in dem die Generationen voneinander „Religion" und deren Unterscheidung lernen.

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Wer kann FirmkandidatInnen begleiten?

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Mit der jeweiligen theologischen Perspektive, die in der Hinführung auf das Firmsakrament gilt, hängt die Frage nach den FirmbegleiterInnen eng zusammen:

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Wird die Firmvorbereitung primär als Katechese gesehen, die als eine Art Glaubensunterricht nachholt, was Elternhaus und Religionsunterricht nicht (mehr) zu leisten vermögen, wird man nach "FirmlehrerInnen" oder "FirmkatechetInnen Ausschau halten. Steht die Begleitung Jugendlicher auf die Firmung hin in Wachheit und Wachsamkeit für geist-/ungeistvolle Kommunikation im Mittelpunkt, dann sind jene Frauen und Männer besonders gut geeignet, die mit Jugendlichen möglichst ungezwungen kommunizieren können. Es geht dabei nicht in erster Linie um Gewandtheit im Reden oder um ein besonderes didaktisches Geschick; schon gar nicht um eine spezielle theologische Ausbildung. Jugendliche werden skeptisch, wenn sie einen nachgeholten Religionsunterricht mit zu viel Methode „riechen". Menschen, die aus dem Geist des Lebens heraus leben und Jugendliche an ihrem Leben dialogisch teilhaben lassen, ohne ihnen ihre Lebenshaltung offen oder in sublimer Weise aufzuzwingen, sind auf jeden Fall geeignete FirmbegleiterInnen.

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Wer lebt aus dem Geist?

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Es sind nicht große, von den alltäglichen Lebensumständen abgehobene Vorbilder, sondern unmittelbar greifbare Menschen. Es sind „gewöhnliche" Menschen, wie es sie in jeder Gemeinde genügend gibt; Menschen, die ihr alltägliches Leben in einer lebens-, freiheits- und beziehungsfördernden Haltung, dem Lebendigen zugewandt und gleichzeitig sich beschenken lassend leben.

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J. Hilberath nennt in unserem Firmbuch fünf Kriterien, die zur Unterscheidung von geistbeschenktem Leben und damit auch als Kriterium für die Eignung von Frauen und Männern zur Firmbegleitung dienen können:

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Achtung vor allem Lebendigen: Die Achtung vor dem Lebendigen, die in unseren Tagen Menschen unterschiedlicher Weltanschauung verbindet, ist eine zutiefst geistliche Einstellung. Das bedeutet: Leben und Lebendigkeit können nicht gemacht werden; alles Leben ist verdankt. In ihrem Einsatz für die Erhaltung der Schöpfung vertrauen Menschen auf die Lebensmacht des Geistes Gottes, der sich im Atem und im Windbraus des Schöpfergeistes von Gott her „mitteilt."

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Förderung der Freiheit: Die Welt als Schöpfung ist von Gott zu unterscheiden, ohne sie von ihm zu trennen. Gott gibt die Schöpfung frei als das andere, das sein darf, ohne dass es aufhört, sein Eigentum zu sein. Die Welt und die Menschen sind kein zwangsläufiges Produkt eines göttlichen Sichausdehnens, sondern freigewollte Frucht göttlicher Liebe, die - ohne die anderen zu brauchen - aus sich herausgeht und andere sein lässt. So ist der Mensch frei, nämlich in geschenkter Freiheit. Aus dem Geist leben heißt: anderem Leben Raum geben, Weite eröffnen, seine Existenz bejahen und respektieren und in all dem seine Freiheit wollen und fördern.

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Leben in Beziehung: Geist ist ekstatisch, geht aus sich heraus, auf anderes zu, ist dadurch er selbst, ohne Angst, sich im auf den anderen Zugehen selbst zu verlieren, selbst zu kurz zu kommen. Als Geistgeschöpf hat alles Lebendige teil an der Heiligkeit, der Unverfügbarkeit. Leben aus dem Geist als Beim anderen Sein bedeutet also weder Selbstaufgabe - das wäre eine falsch verstandene Spiritualität - noch Vergewaltigung des anderen - das wäre gar keine Spiritualität.

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Zuwendung zur unterdrückten Kreatur: Die Menschen sind nicht Herren des Lebens; sie sind vielmehr - geschaffen nach seinem Bild und Gleichnis - berufen als Hüterinnen des Lebens, als Pfleger der Schöpfung. Wie Jesus sich in der Kraft des Geistes besonders den vom Leben vernachlässigten, den Unterdrückten, Zugkurzgekommenen zuwandte, so verwirklicht sich geistgemäßes Leben in besonderer Weise in dem, was die Christen Lateinamerikas die "vorrangige Option für die Armen" nennen. Im Pfingsthymnus heißt es dementsprechend: "Komm herab, o Heilger Geist, der die dunkle Nacht zerreißt, strahle Licht in diese Welt. Komm, der alle Armen liebt, komm, der gute Gaben gibt, komm, der jedes Herz erhellt. - Höchster Tröster in der Zeit, Gast, der Herz und Sinn erfreut, köstlich Labsal in der Not, in der Unrast schenkst du Ruh, hauchst in Hitze Kühlung zu, spendest Trost in Leid und Tod. - Komm, o du glückselig Licht, fülle Herz und Angesicht, dring bis auf der Seele grund. Ohne dein lebendig Wehn kann im Menschen nichts bestehn, kann nichts heil sein noch gesund.- Was befleckt ist, wasche rein, Dürrem gieße Leben ein, heile du, wo Krankheit quält. Wärme du, was kalt und hart, löse, was in sich erstarrt, lenke, was den Weg verfehlt."

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Leben unter Vorbehalt: So sehr die Nachfolgerinnen und Nachfolger des geisterfüllten Jesus aufgerufen sind, mit am Reich des Geistes zu bauen, - es gehört zu ihrer geliehenen Existenz, dass sie sich als unnütze Mägde und Knechte verstehen, wie das Evangelium sagt. Das heißt: Nicht die Menschen, sondern der Gott des Lebens selbst führt in die Vollendung. Alles menschliche Tun ist zu relativieren; nichts, was dem Reich Gottes dient, ist absolut, absolut ist nur dieses selbst.

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Diese Kriterien zur Unterscheidung des Geistes gelten auch da, wo sie nicht ausdrücklich mit dem Heiligen Geist in Verbindung gebracht werden. Sie gelten erst recht da, wo man sich auf den Heiligen Geist beruft. Ob Kirchen, ob die Christen in ihnen geistlich sind, zeigt sich daran, ob sie dem Leben dienen.

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Das Leben als „theologischer Ort"

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Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil hat die Kirche für ihre Verkündigung und ihre Theologie wieder entdeckt, was schon Jesus (vgl. Lk 12,56) mit dem Achten auf die „Zeichen der Zeit" meinte: Diese sind nicht bloß Aufhänger sondern selbst schon Botschaft. Nicht nur die Bibel und die Tradition der Kirchen, nicht nur die theologischen Lehrbücher sondern auch die Lebenssituation von Menschen sind theologische Orte. Jugendliche spüren intuitiv, ob sie als Menschen, wie fremd sie sich auch immer gebärden mögen, wahr- und ernstgenommen werden, oder ob sie als Konsumenten eines kirchlichen Angebots benützt werden. Gerade in der heutigen Werbegesellschaft, in der sie ununterbrochen Opfer neuer Verkaufsstrategien werden, reagieren Jugendliche sensibel, wenn nun auch die Kirchen ihre Lebenswelt zu „kolonialisieren" versuchen.

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Implizite (Geist-)theologie thematisieren

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Nicht wenige Menschen, die in der Firmbegleitung engagiert sind, sehen ein, dass in theologisch-didaktischer Hinsicht, subjekt-, kommunikations- und prozessorientierte Konzepte in der Firmbegleitung angemessen sind. Sie votieren dafür gerade angesichts der Gefahr, dass die Firmung zum feierlichen Kirchenaustritt wird. Ihr Problem liegt in der Umsetzbarkeit, wenn u.a. die individuelle Lebens-/Glaubensgeschichte von Menschen und auch die Gemeindegeschichte nicht nur als katechetisch-didaktischer Aufhänger, sondern als theologischer Ort in das Spiel kommen sollen. Gleitet dann nicht alles in einen - gesellschaftlich ohnedies forcierten - Individualismus ab, mit dem kaum noch sinnvoll umzugehen ist?

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Auf der Ebene theologischer Aufmerksamkeit hilft im Blick auf die Praxis zunächst eine Unterscheidung weiter, welche die - meist impliziten - Alltagstheologien, wie sie sich in Meinungen von Menschen aber auch in Alltagshandlungen und Strukturen zeigen, von den „offiziellen" (Geist-)theologien abhebt. Mit impliziter Theologie ist die Gottes- (Geist-)-perspektive des Redens und Handelns gemeint, die überwiegend verborgen oder indirekt leitend wirksam ist. Diese gilt es wahrzunehmen, aufzudecken und zur Sprache zu bringen. Der Ansatz der Themenzentrierten Interaktion nach R. C. Cohn (vgl. u.a. Cohn/Farau 1984), wie er in einer „Kommunikativen Theologie" (Scharer 1999) weitergeführt wird, ermöglicht die thematische Verschränkung folgender Ebenen:

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  • der „subjektiven Theologie" der FirmkandiatInnen und ihrer BegleiterInnen, wie sie sich in deren Lebens-/Glaubensgeschichte zeigt,
  • der Kommunikation in der Gruppe als „geschenktes" und nicht „gemachtes" Wir (Scharer 1998)
  • der elementaren (expliziten) Geist- und Firmtheologie wie sie in Menschen, die aus dem Geist leben Gestalt gewinnt (siehe oben) und
  • der Auseinandersetzung mit den realen gemeindlichen-/kirchlichen-/gesellschaftlichen Bedingungen im Hinblick aus geistvolle und geistlose Strukturen usw.
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In der konkreten Firmbegleitung sind diese Ebenen immer in „dynamischer Balance" zu halten: Es gibt kein Geistthema, das nicht biografisch verortet und kommunikativ eingebracht wird; es gibt aber auch keine subjektive Geisterfahrung, die nicht kommunikativ an die christliche Perspektive vom Leben aus dem Geist angebunden ist. Aus diesem Wechselspiel heraus werden jene Anliegen und Themen der jeweiligen Begleitprozesse kreativ entwickelt, welche den Focus des Geschehens in einer Firmgruppe zum Ausdruck bringen. Je aufmerksamer aber auch klarer sich FirmbegleiterInnen auf die unterschiedlichen Ebenen einlassen, umso besser können sie jene Anliegen erspüren, die den FirmkandidatInnen in Auseinandersetzung mit der Botschaft des Glaubens wirklich am Herzen liegen; aus den Anliegen heraus können dann jene Themen verbalisiert und mit geeigneten Arbeitsformen, Methoden und Medien umgesetzt werden, die wirklich auch „stimmen".

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Literatur

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  • Cohn, Ruth C./Farau, Alfred, Gelebte Geschichte der Psychotherapie. Zwei Perspektiven, Stuttgart 1984, 199 - 647.
  • Hilberath, Jochen/ Scharer, Matthias, Firmung: Wider den feierlichen Kirchenaustritt. Theologisch-praktische Orientierungshilfen, Mainz u.a.O. 1998; 22000.
  • Kaufmann, Franz-Xaver: Religion und Modernität. Sozialwissenschaftliche Perspektiven. Tübingen. 1989.
  • Luckmann, Thomas, Die unsichtbare Religion. Frankfurt a. M. 1991.
  • Scharer, Matthias, Das geschenkte Wir. Kommunikatives Lernen in der christlichen Gemeinde, in: Weber, Franz (Hg.), Frischer Wind aus dem Süden: Impulse aus den Basisgemeinden, Innsbruck-Wien 1998, 84 - 100.
  • Scharer, Matthias, Kommunikative Theologie. Ein Beitrag zur Qualitätsentwicklung theologischer Lehre, in: Körtner, Ulrich/Schelander, Robert (Hg.), GottesVorstellungen. Die Frage nach Gott in religiösen Bildungsprozessen. Gottfried Adam zum 60. Geburtstag, Sonderheft der religionspädagogischen Zeitschrift: Schulfach Religion, Wien 1999, 437 - 451.

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