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Predigt zum Begräbnis von Prof. Hans Rotter

Autor:Inama Markus
Veröffentlichung:
Kategoriepredigt
Abstrakt:
Publiziert in:
Datum:2014-03-20

Inhalt

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Tageslesung: Ez 34,11-16 Der gute Hirt

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Tagesevangelium: Mt 23,1-12 Warnung vor den Schriftgelehrten

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A) Sein Zimmer

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Ich möchte Ihnen meine Eindrücke des Zimmers schildern, das P. Rotter hier im Kolleg bewohnt hat.

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Ich tue das, weil die Dinge, die sich in unserem nächsten Umfeld befinden, zu einem nicht geringen Masse widerspiegeln, wer wir sind und wie wir sind.

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Es ist einfach eingerichtet. Es ist stilvoll und geschmackvoll.

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Der Wandschmuck ist eine Mischung aus verschiedenen Kulturen, ein geschnitzter Johannes der Täufer, der auf dem Sterbebildchen zu sehen ist, ebenso wie eine asiatische Stabpuppe.

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Hans war ein bescheidener Mensch, der seine eigenen Wurzeln geschätzt hat und fasziniert war von anderen Kulturen.

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In seinem Zimmer nehmen Bücherregale viel Raum ein. Die Bücher, Zeitschriften und Alben sind übersichtlich geordnet. Werke von Autoren, die für P. Rotter wichtig waren; dann seine eigenen Bücher, die zum Teil in verschiedene Sprachen übersetzt wurden.

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Hans war ein international anerkannter Wissenschaftler.

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Hinter seinem Schreibtisch befindet sich ein Regal mit Geistlichen Büchern, die er regelmäßig verwendete; Gebetsbücher aus älterer und neuerer Zeit, ein Liederheft mit rhythmischen Liedern, aus dem ich die Liedstrophe vom guten Hirten für sein Sterbebild genommen habe.

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P. Rotter war in seinem Beten am Puls der Zeit.

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In einem Regal fand ich einige Fotoalben von Reisen nach Afrika und Asien; zusätzlich eine Schublade mit Bildern, auf denen er mit vielen verschiedenen Menschen, Familien, MitarbeiterInnen von der Uni, Ordensleuten, Jung und Alt zu sehen ist.

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Hans hatte einen bunten, internationalen Freundeskreis.

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B) Seine Moral

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Im Jahr 2007 hat P. Rotter einen Aufsatz veröffentlicht, in dem er „seine Suche nach der Moral“ beschreibt.

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Vieles, was ich in den letzten Tagen in Gesprächen, Briefen und E-Mails über ihn erfahren habe, deckt sich mit den Erlebnissen, die er auf den zwanzig Seiten beschreibt.

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Ein Punkt, der nicht in seinem Aufsatz vorkommt, ist: dass er beliebt war wegen seiner kurzen und prägnanten Predigten.

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1. Umgang mit Autorität

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Am Ende seines Aufsatzes sagt Hans, dass sich das Thema Autorität, wie ein roter Faden durch sein Leben zieht.

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Als ich das heutige Tagesevangelium mit der Warnung an die Schriftgelehrten gelesen habe, dachte ich mir: diese Stelle passt.

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Als Hans die Volks- und Hauptschule besuchte, herrschte Krieg. Ein gutes Verhältnis zu staatlichen Autoritäten war damals nicht möglich. Er wurde eher zu einer kritischen Haltung gegenüber Autorität erzogen. Eine Haltung, die von Unsicherheit und Angst geprägt und zum Widerstand bereit war.

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Der Vater von Hans war dezidiert gegen die Nazis. Als an einem Tag die Kreuze in der Schulklasse von der Vorderwand an die Seitenwand gehängt wurden, kam sein Vater am Nachmittag in die Schule und hängte sie wieder vorne hin, wo sie auch blieben.

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Als Jesuit absolvierte P. Rotter sein Philosophiestudium in Pullach bei München: Zu der Zeit wurde dort hauptsächlich Neuscholastische Philosophie gelehrt. Es störte ihn, dass Autoren wie zum Beispiel Teilhard de Chardin nicht gelesen werden durften.

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Schließlich kam er zum Theologiestudium nach Innsbruck. Hier waren ihm die Rahner Brüder und P. Jungmann wichtige Vorbilder. Die Vorlesungen mit denen er sich in Innsbruck am schwersten tat, waren jene in Moraltheologie. Er erhielt dann von seinem Vorgesetzten den Auftrag, sich ausgerechnet darauf vorzubereiten.

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Er machte sich engagiert an seine neue Aufgabe. Inspiriert von Karl Rahner versuchte er, einen neuen Weg der Moraltheologie zu beschreiten. Der Dialog mit Kollegen aus anderen Fachrichtungen war für ihn dabei äußerst wichtig.

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Manchmal hatte er aber auch den Eindruck, dass sich Diskussionen totgelaufen hatten.

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„Ich hatte in der Zeit meiner Ausbildung eine starke Neigung zu den theoretischen, den philosophischen und theologischen Grundlagen der Moraltheologie entwickelt. Aber bald wurde ich mit sehr konkreten Themen konfrontiert, die mich in andere Denkrichtungen wiesen.“

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Eines Tages erhielt P. Rotter eine dringende Einladung zu einem Gespräch mit einer Gruppe von homosexuellen Menschen, die sich in einem Keller trafen.

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Es war sehr bewegend, was er an diesem Abend zu hören bekam:

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„Besonders ergreifend war für mich ein Gespräch mit einem Transsexuellen. Ich war noch nie einem Menschen begegnet, der so zerrissen und geistig heimatlos war wie dieser Mann. Er brauchte Hilfe. Eine Verurteilung seiner sexuellen Orientierung hätte weder ihm noch sonst jemandem etwas genützt. Mir ging der Abend lange nach.“

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Die Begegnung mit sozial schwachen Menschen, war für ihn der Weg,

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der ihn davor bewahrte, überheblich und selbstgerecht zu werden.

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Auf dem Hintergrund dieser Erfahrungen wurde ihm deutlich,

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was es heißt, zu lieben,

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was es heißt, sich selbst zu erniedrigen,

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was es heißt, Diener aller zu sein.

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Zusätzlich zu seiner Lehrtätigkeit wurde P. Rotter 1974 Dekan der Theologischen Fakultät.

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Es war eine unruhige Zeit, es gab viele Konflikte. Rückblickend sagt er, dass das das schmerzlichste Jahr seiner Laufbahn war.

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2. Dialog auf Augenhöhe

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In der Fotoschublade im Zimmer von P. Rotter fand ich einige Bilder einer Jazzband, bestehend aus jungen Jesuiten. Das Foto wurde in einem Keller aufgenommen.

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Hans spielte den Kontrabass, ein amerikanischer Mitbruder das Schlagzeug. Mitbrüder mit Handorgel und Blasinstrumenten vervollständigten die Band. Sie trugen Talare, manche sogar noch Mäntel darüber. Es muss kühl gewesen sein in diesem Keller.

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Beim Jazz sind die Noten nicht fix vorgegeben, sondern nur ein Grundthema. Bei allen Musikern wird vorausgesetzt, dass sie musikalisch sind, ihr eigenes Instrument beherrschen, aufeinander hören, das Thema und ein paar einfache Regeln kennen.

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P. Rotter hat natürlich auch klassische Musik gemocht. Dass er Mitglied einer Jazzband war, ist für mich ein Symbol dafür, dass er den Dialog geschätzt hat und zum Dialog fähig war.

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Er hat es verstanden und geliebt mit anderen zu diskutieren und Gedanken gemeinsam weiter zu entwickeln. Manche dieser Gesprächskreise existieren heute noch.

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Für ihn war klar, dass ethische Begriffe in den verschiedenen Religionen ihre eigene Ausprägung finden und dass er sich und seine Begriffe von anderen hinterfragen lassen muss.

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Der Ausspruch Jesu „Du sollst dich nicht Lehrer nennen lassen“, den wir im Evangelium gehört haben, heißt für mich, dass Hans es verstanden hat, mit Menschen unterschiedlichster Weltanschauungen und Religionen nicht von oben herab, sondern auf Augenhöhe zu kommunizieren.

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P. Rotter hat sich in den Medien immer wieder zu heißen Eisen geäußert. Er meinte dazu, dass es eben nicht genügt, die rechte innere Einstellung zu haben, man muss sich gegen Unrecht äußern. Das war eine Haltung, die ihm, denke ich, sein Vater während dem Nationalsozialismus vorgelebt hat.

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Wenn er wegen seinen Äußerungen kritisiert wurde, hat er das Gespräch gesucht, um die Kritikpunkte zu verstehen und seinen Standpunkt verständlich zu machen. Diese Gespräche wurden von anderen und von ihm meistens positiv erlebt.

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C) Seine Spiritualität

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Neben der Moraltheologie hatte P. Rotter ein zweites Standbein, die Spiritualität. Bereits im Jahr 1965 wurde er gebeten, monatlich im Karmel von Dachau einen Vortrag zu halten – so wurde für ihn die Spiritualität und vor allem die Begleitung von Menschen ein wichtiges Thema.

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Das hat ihn nach seiner Emeritierung dazu bewogen, als Krankenhausseelsorger und als Seelsorger der Barmherzigen Schwestern nach Zams zu übersiedeln.

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Ihm war klar, er kann nur dann andere führen und begleiten, wenn er auf sich und seine Beziehung zu Gott achtet. Er hat sich regelmäßig Zeit genommen für die Stille, für die Reflexion und fürs Gebet. Auch Zeit, um die schönen Seiten des Lebens zu genießen. Zeit für eine Wanderung, Zeit um Musik zu hören.

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So hat P. Hans Rotter über viele Jahre unterschiedlichste Menschen auf ihrem geistlichen Weg, auf ihrem Weg in ein befreites in ein verantwortetes Leben begleitet.

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Hans
Du hast behütet, was verletzbar ist.
Du hast in all den Konflikten, Deine Seele nicht preisgegeben
und den Ort gefunden,
wo es heißt: Gott mit uns.
Von Dir können wir sagen:
Du bist geworden wie einer der Hirten.

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