Kapitel
19 | |
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G.
Exekutionsverfahren |
I. Rechtsdurchsetzung in Europa |
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Von Herbert
Fink
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Wenn Schuldner ihre gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen
nicht freiwillig erfüllen, kann jeder Gläubiger seine Forderung
im hiefür vorgesehenen Erkenntnisverfahren (Zivilprozess,
Außerstreitverfahren etc) geltend machen und seine Ansprüche notfalls
im Exekutionsverfahren durchsetzen. Solange über den Schuldner kein
Insolvenzverfahren behängt, handelt somit jeder Gläubiger für sich,
zwischen mehreren betreibenden Gläubigern entscheidet das Zuvorkommen;
Prioritätsprinzip:
prior tempore, potior iure. | |
Dieses
Modell versagt jedoch, wenn der Schuldner wegen seiner schlechten
finanziellen Lage nicht mehr im Stande ist, alle seine Gläubiger
zu befriedigen. In dieser Situation tritt nach der Intention des
Gesetzgebers das Insolvenzrecht auf den Plan: Dieses
verdrängt die für den „Normalfall” vorgesehene Einzelrechtsverfolgung
(im Konkurs zur Gänze, im Ausgleich teilweise) und setzt an deren
Stelle ein System kollektiver Rechtsverfolgung unter
gerichtlicher Aufsicht; dieses zielt auf die gleichmäßige
Befriedigung der unbesicherten Gläubiger ab (par condicio
creditorum). | Ziele des Insolvenzrechts |
1. Zwecke des Insolvenzrechts | |
Die (gleichmäßige) Befriedigung der Gläubiger ist
nur ein – freilich bedeutsamer – Zweck des Insolvenzrechts. Ein
weiteres Verfahrensziel, das in der jüngeren Entwicklung stark an
Bedeutung gewonnen hat, ist die Sanierung
insolventer
Unternehmen und damit die Sicherung von Arbeitsplätzen.
Aber auch dem Problem der wachsenden Verbraucherverschuldung ist
der Gesetzgeber mit Mitteln des Insolvenzrechts zu Leibe gerückt.
Hiezu stellt die Konkursordnung (KO) besondere Sanierungsinstrumente
für
zahlungsunfähige natürliche Personen bereit;
sog „Privatkonkurs” →
Privatkonkurs Die
entsprechenden Spezialnormen (§§ 181 ff KO) sind zum Teil nur auf
Privatschuldner zugeschnitten, zum Teil gelten sie auch für Einzelunternehmer. | |
Das österreichische Insolvenzrecht kennt zwei unterschiedlich
ausgestaltete Verfahren, nämlich: | |
• das Konkursverfahren nach
der KO und | |
• das Ausgleichsverfahren nach
der Ausgleichsordnung (AO). | |
Das Konkursverfahren
kann – je nach Einzelfall – unterschiedlich verlaufen: | |
• Wenn eine Sanierung des Gemeinschuldners
nicht möglich ist oder von diesem nicht angestrebt wird, kommt es
zur Verwertung des schuldnerischen Vermögens ohne
Rücksicht auf dessen wirtschaftliche Existenz. Der Verwertungserlös
wird unter den Gläubigern verteilt und in weiterer Folge das Konkursverfahren
aufgehoben. In der Praxis werden dabei nur bescheidene Konkursquoten
für die unbesicherten Gläubiger erzielt. Der nicht abgedeckte Teil
der Forderungen bleibt auch nach Konkursaufhebung weiterhin bestehen (Nachforderungsrecht
der Gläubiger), ist jedoch im Regelfall wirtschaftlich
weitgehend wertlos, weil nicht einbringlich. | |
Immerhin haben die Gläubiger, die am Konkursverfahren
teilgenommen und ihre Forderungen angemeldet haben, die Möglichkeit,
auf Grund der Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis Exekution
zu führen, wenn die Forderung im Konkurs festgestellt und auch vom
Gemeinschuldner nicht bestritten wurde; Exekutionstitel nach § 1 Z
7 EO, § 61 KO. | |
•
Das
Konkursverfahren dient aber auch Sanierungszwecken:
Jeder Gemeinschuldner kann im Laufe des Konkursverfahrens beantragen,
dass ein Zwangsausgleich angenommen (und gerichtlich
bestätigt) wird. Dabei bietet der Gemeinschuldner seinen unbesicherten
Gläubigern an, innerhalb bestimmter Fristen eine bestimmte Quote
ihrer Forderungen zu bezahlen; gesetzliche Mindestquote:
20 Prozent. Wenn die Gläubiger den Zwangsausgleich mit
den erforderlichen Mehrheiten annehmen und das Gericht diesen bestätigt,
reduzieren sich die unbesicherten Verbindlichkeiten des Schuldners
auf die im Zwangsausgleich festgelegte Quote; der diese Quote übersteigende
Teil der Schulden sinkt zu einer bloßen Naturalobligation ab→ KAPITEL 7: Naturalobligationen.
Darin liegt ein teilweiser Forderungserlass. – Für natürliche Personen
sieht der Konkurs alternativ weitere Sanierungsmöglichkeiten vor
(Zahlungsplan, Abschöpfungsverfahren: → Das Abschöpfungsverfahren). | Zwangsausgleich |
Das Ausgleichsverfahren nach der AO ist noch stärker als
das Konkursverfahren auf die Sanierung des Schuldners bedacht.
Ebenso wie im Zwangsausgleich bietet der Ausgleichsschuldner den unbesicherten
Gläubigern eine bestimmte Quote an: Nämlich mindestens 40
Prozent, zahlbar in voraus festgelegten Fristen, die zwei
Jahre nicht übersteigen dürfen. Darüber stimmen die Gläubiger ab.
Kommt der Ausgleich zustande und wird er vom Schuldner erfüllt,
so ist damit die Sanierung gelungen. Der die Quote übersteigende
Teil der Verbindlichkeiten wird zur Naturalobligation. Daneben kennt
die AO eine Vielzahl weiterer Maßnahmen, um die Sanierung insolventer Unternehmen
zu begünstigen; zB eine Exekutionssperre, die Erhaltung
in Bestand genommener Geschäftsräumlichkeiten oder der vorzeitige
Ausstieg aus Bestand- und Arbeitsverträgen etc). | |
Vorteile für den Schuldner
und die Gläubiger: Der Schuldner kann sich eines Teils
seiner Schulden entledigen und sein Unternehmen sanieren. Aber auch
für die Gläubiger ist ein Ausgleich dem Konkurs vorzuziehen: Erfahrungsgemäß
schneiden die Gläubiger in einem Ausgleich – sofern dieser erfüllt
wird – erheblich besser ab, als bei konkursmäßiger Liquidation des
Vermögens. Ein weiterer Vorteil des Ausgleichsverfahrens liegt darin,
dass dessen Kosten geringer sind als jene eines Konkursverfahrens.
Außerdem werden die Dispositionsbefugnisse des Schuldners im Ausgleich
weniger stark eingeschränkt. | Vorteile des
Ausgleichsverfahrens |
2. Rechtzeitige
Insolvenzeröffnung; Insolvenzprophylaxe; Unternehmensreorganisation | |
In den letzten Jahren stiegen die Insolvenzen sowohl in
Österreich als auch international erheblich an. Dazu kommt, dass
Insolvenzverfahren, wenn überhaupt, nur mit erheblicher Verspätung
beantragt werden. Wird der Antrag dann endlich gestellt, ist es
für eine Verfahrenseröffnung häufig bereits zu spät, weil kein die Verfahrenskosten
deckendes Vermögen mehr vorhanden ist. Ein zentrales Anliegen
des Gesetzgebers ist es daher, dafür zu sorgen, dass Insolvenzverfahren
rechtzeitig eröffnet werden. Damit steigen die Chancen für die Befriedigung
der Gläubiger, aber auch jene für die Sanierung des schuldnerischen
Unternehmens. | |
Daneben
forciert der Gesetzgeber auch die Insolvenzprophylaxe.
Im Jahr 1997 wurde für Unternehmer die Möglichkeit geschaffen, bereits vor
Eintritt der materiellen Insolvenz (Zahlungsunfähigkeit;
Überschuldung) ein Reorganisationsverfahren zu
beantragen. Dieses konnte sich freilich wegen seiner strukturellen
Mängel in der Praxis nicht durchsetzen. Das URG 1997 ist bis heute
„totes Recht” geblieben. | Insolvenzprophylaxe |
Beachte: Das Reorganisationsverfahren nach dem URG 1997
ist kein Insolvenzverfahren im eigentlichen Sinn. Die Eröffnung
eines Reorganisationsverfahrens setzt nämlich voraus, dass das betroffene
Unternehmen noch nicht insolvent ist. Wir haben es daher mit einem
Verfahren zur Insolvenzprophylaxe zu tun. | |
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Die
praktische Bedeutung des Insolvenzrechts ist groß. Dies gilt insbesondere
für wirtschaftliche Krisenzeiten. Im Jahr 2002 wurden 2864
Insolvenzverfahren über Unternehmen eröffnet, in 2417 Fällen
wurden Insolvenzanträge mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen.
Die Insolvenzverbindlichkeiten beliefen sich im Jahr 2002 auf 3,4
Mrd ı; Quelle: KSV 1870. | Insolvenzverfahren |
Im selben Jahr wurden
in Österreich 3234 Schuldenregulierungsverfahren (Privatkonkurse)
eröffnet, 532 Anträge mussten mangels Masse abgewiesen werden. Die
Insolvenzverbindlichkeiten der Privaten beliefen sich im Jahr 2002
auf 364 Mio ı. Die Zahl der Privatkonkurse steigt kontinuierlich. | Privatkonkurse |
Besondere
Bedeutung haben im Insolvenzverfahren die bevorrechteten
Gläubigerschutzverbände: Kreditschutzverband von 1870;
Alpenländischer Kreditorenverband; ISA. Diese haben die Aufgabe,
die Interessen der Gläubiger außerhalb und im Insolvenzverfahren
gebündelt wahrzunehmen. Zu diesem Zweck haben sie besondere Vorrechte im
Insolvenzverfahren, insbesondere das Recht auf Akteneinsicht
sowie ein Vertretungsrecht: Jeder Gläubiger kann sich im Insolvenzverfahren
durch einen bevorrechteten Gläubigerschutzverband vertreten lassen.
Die Gläubigerschutzverbände spielen vor allem bei der Abstimmung
über Ausgleiche, Zwangsausgleiche oder Zahlungspläne eine bedeutende
Rolle. | Gläubigerschutzverbände |
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Rechtsquelle ist die Konkursordnung (KO),
eingeführt durch Kaiserliche VO vom 10.12.1914 RGBl 337. | |
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1. Prinzipien des
Konkursrechts | |
Ausgangspunkt jedes Konkursverfahrens ist die materielle
Insolvenz des Schuldners. In dieser Situation sollen die
Gläubiger, wenn schon nicht zur Gänze, so doch zumindest gleichmäßig befriedigt
werden; sie bilden eine „Verlustgemeinschaft”. Im Zuge des Konkursverfahrens
werden die Gläubiger aus dem gesamten der Exekution unterworfenen
Vermögen des Schuldners gleichmäßig befriedigt. Das Konkursverfahren
wird daher auch als ”besonders ausgestaltetes Vollstreckungsverfahren” bezeichnet.
– Dazu tritt jedoch ein weiterer Verfahrenszweck: Das moderne Konkursrecht
kennt zahlreiche Instrumente, die dem Schuldner die finanzielle Sanierung ermöglichen
sollen. | |
Das Konkursrecht ist von folgenden Prinzipien beherrscht: | |
Im Stadium der
Insolvenz soll kein Gläubiger aus einem zufälligen Vorsprung Vorteile
ziehen. Die Gläubiger werden in einem kollektiv ausgestalteten Verfahren
zusammengefasst und erlangen gleichmäßige (quotenmäßige) Befriedigung aus
der Konkursmasse. Das Konkursverfahren ist somit (ebenso wie das
Ausgleichsverfahren) vom Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung geprägt.
Dies gilt jedenfalls für die unbesicherten Gläubiger (Konkursgläubiger). | Paritätsgrundsatz |
Die bis 1982 bestehenden unterschiedlichen Klassen von Konkursforderungen
wurden durch das IRÄG 1982 beseitigt; sog „
klassenloser
Konkurs”. | |
Soweit einzelne Gläubiger bereits vorkonkurslich Sicherheiten
erlangt haben (zB Pfandrechte, Eigentumsvorbehalt), behalten diese
ihre Wirkungen allerdings (von wenigen Ausnahmen abgesehen) auch
im Konkurs. Privilegiert sind auch die nach Konkurseröffnung begründeten
Forderungen; idR Masseforderungen. | |
Das Konkursverfahren
erfasst – im Gegensatz zum Exekutionsverfahren – das gesamte
Vermögen
des Schuldners („Generalexekution”).
Eine Durchbrechung findet dieses Prinzip allerdings durch die Konkursfreiheit
bestimmter Vermögensteile; Schuldnerschutz. | Universalitätsprinzip |
Solange
das Konkursverfahren behängt, bleibt den Konkursgläubigern der individuelle Zugriff
auf die Konkursmasse verwehrt; Prozess- und Exekutionssperre.
– Die Einzelrechtsverfolgung wird verdrängt durch die Möglichkeit
jedes Konkursgläubigers, am Konkursverfahren teilzunehmen. | Sperre der individuellen Rechtsverfolgung |
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Das österreichische Konkursrecht ist nicht auf Unternehmer
beschränkt; vielmehr wird die Konkursfähigkeit als Teil
der privatrechtlichen Rechtsfähigkeit definiert: Wer Träger
von Rechten und Pflichten sein kann, ist auch konkursfähig. Auf
die Geschäftsfähigkeit kommt es dagegen nicht an. Daher kann jede
natürliche Person (auch ein Kind), aber auch jede juristische Person
(des privaten oder öffentlichen Rechts) Gemeinschuldner sein, ebenso
Verlassenschaften und Handelsgesellschaften. | |
3. Eröffnungsvoraussetzungen | |
Die Konkurseröffnung erfolgt (mit wenigen Ausnahmen) nur auf
Antrag, nicht von Amts wegen. – Antragslegitimiert ist
der Schuldner selbst sowie jeder Gläubiger. | |
Ein Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht mehr in
der Lage ist, seine fälligen Schulden in angemessener
Frist zu erfüllen. – Davon zu unterscheiden ist die bloße Zahlungsstockung:
Eine solche liegt vor, wenn nur ein vorübergehender (Liquiditäts)Mangel
besteht, der alsbald behoben werden kann. – Zahlungsunfähigkeit
ist bei allen Arten von Schuldnern ein Konkursgrund. | |
Symptome der Zahlungsunfähigkeit sind: das
gehäufte Auftreten von Exekutionen, das Platzen von Wechseln, die Nichtbefolgung
von Exekutionstiteln etc. | |
Bei juristischen Personen, Handelsgesellschaften, bei denen
kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person
ist (zB: GmbH & Co KG) sowie bei Verlassenschaften ist alternativ zur
Zahlungsunfähigkeit auch bereits die Überschuldung ein
Konkursgrund. | Bei juristischen
Personen etc reicht Überschuldung |
Weitere
Voraussetzung für die Eröffnung eines Konkursverfahrens ist ein
die Kosten des Konkursverfahrens deckendes Vermögen; im Unternehmenskonkurs
ca 4.000 ı. Ausnahmen von diesem Erfordernis sind für natürliche
Personen (§ 183 KO), aber auch für juristische Personen vorgesehen. | |
Bei letzteren haften die organschaftlichen
Vertreter für die Anlaufkosten bis maximal 4.000 ı; der Konkurs
kann daher auch eröffnet werden, wenn nur bei den organschaftlichen
Vertretern ein kostendeckendes Vermögen vorhanden ist. | |
Nicht mehr erforderlich ist hingegen
seit Inkrafttreten des IRÄG 1997 eine Mehrheit von Konkursgläubigern.
– Mit der Beseitigung dieses Erfordernisses hat der Gesetzgeber
den Wandel der Konkurszwecke deutlich zum Ausdruck gebracht: Ein
Konkursverfahren mit nur einem Gläubiger macht nur deshalb Sinn,
weil das moderne Konkursrecht die Sanierung des Schuldners in den
Vordergrund rückt. | Mehrheit von
Konkursgläubigern? |
4. Wirkungen der Konkurseröffnung | |
Verlust der Dispositionsfähigkeit
– Durch die Eröffnung des Konkursverfahrens verliert der Schuldner
die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das konkursunterworfene
Vermögen; Konkursmasse. Hiezu gehört das gesamte
Vermögen des Schuldners, soweit es der Exekution unterworfen ist.
– Die Dispositionsbefugnis über die Konkursmasse fällt an den Masseverwalter. Nimmt
der Gemeinschuldner dennoch Rechtshandlungen über Gegenstände der
Konkursmasse vor, so sind diese den Gläubigern gegenüber wirkungslos;
§ 3 Abs 1 KO. | Konkursmasse |
Zivilprozesse
werden, soweit sie die Konkursmasse betreffen, ex lege unterbrochen.
– Prozesse, die nach Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner
eingeleitet werden, sind unzulässig (sofern es nicht um die konkursfreie Sphäre
geht). Dagegen können vom oder gegen den Masseverwalter sehr wohl
Klagen eingebracht (oder fortgeführt) werden. | Zivilprozesse |
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Im
Unternehmenskonkurs wird stets ein Masseverwalter bestellt. Diesen
wählt das Gericht zumeist unter den ortsansässigen Rechtsanwälten
aus; seltener kommen auch Wirtschaftstreuhänder und Unternehmensberater
zum Zug. – Der Masseverwalter ist die „Drehscheibe” des Konkursverfahrens.
Von seinen Fähigkeiten hängt der Erfolg des Verfahrens maßgeblich
ab. | Drehscheibe des Konkursverfahrens |
Dem Masseverwalter obliegt vor allem: die Sichtung und Verwaltung
der Konkursmasse, das Einbringlichmachen von Ansprüchen,
die Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen, die Prüfung der angemeldeten
Forderungen, die Führung notwendiger Prozesse, die Verwertung des Konkursvermögens
sowie die Verteilung des Erlöses an die Gläubiger. | |
Sämtliche Bankguthaben, Wertpapierdepots
etc unterstehen der alleinigen Verwaltungsbefugnis des Masseverwalters.
– Postsendungen, die an den Gemeinschuldner gerichtet sind, werden
während des Konkursverfahrens an den Masseverwalter zugestellt;
sog Postsperre. | |
6. Überblick über
den Verlauf des Konkursverfahrens | |
- Verwertung
der MasseNach der Eröffnung des Konkursverfahrens können die Gläubiger
ihre Forderungen anmelden. Dafür wird eine Anmeldungsfrist
festgesetzt, der jedoch keine Präklusionswirkung zukommt. – Der
Masseverwalter prüft die wirtschaftliche Lage des Schuldners, nimmt
das Konkursvermögen in Besitz und Verwaltung, ermittelt die Aktiva
und prüft die angemeldeten Forderungen. Allenfalls macht er Anfechtungen
nach der Konkursordnung geltend; §§ 27 ff KO. Er verwertet
die Masse und verteilt den erzielten Erlös:
die Verteilung erfolgt in der Praxis meist nur einmal, am Ende des
Verfahrens; gesetzlich sind aber auch Abschlagsverteilungen während
des Verfahrens möglich. | Anmeldung der Forderungen |
Die Vielfalt der Sachverhalte macht es unmöglich, das Verfahren
nach einem starren Zeitplan abzuwickeln. – Die KO gibt daher nur
einen groben zeitlichen Raster vor: | |
Die
erste Gläubigerversammlung findet ca 14 Tage nach
Konkurseröffnung statt, die allgemeine Prüfungstagsatzung 60
bis 90 Tage nach Konkurseröffnung. Die Frist für die Anmeldung der
Forderungen endet 14 Tage vor der Prüfungstagsatzung. Spätestens
90 Tage nach Konkurseröffnung findet die Berichtstagsatzung statt;
in dieser entscheidet sich das weitere Schicksal des Unternehmens:
Fortführung oder Schließung. Die Berichtstagsatzung ist nach der
Prüfungstagsatzung anzuberaumen; allenfalls können diese beiden
Tagsatzungen in einem Termin verbunden werden. | Erste Gläubigerversammlung, Prüfungs- und Berichtstagsatzung |
Dem
Gemeinschuldner steht es frei, im Lauf des Konkursverfahrens einen
Zwangsausgleich zu beantragen und damit vorerst die Verwertung der
Masse zu stoppen; § 140 Abs 2 KO. In der Berichtstagsatzung kann
dem Schuldner zur Stellung eines solchen Antrags eine Frist gesetzt werden.
– Natürliche Personen (auch Unternehmer) können statt dessen auch
einen Zahlungsplan bzw. subsidiär die Einleitung
des Abschöpfungsverfahrens beantragen. Auch diese
Varianten zielen auf die Sanierung des Schuldners ab. Im Gegensatz
zum Zwangsausgleich ist jedoch die Abstimmung über einen Zahlungsplan
(und ebenso die Entscheidung über die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens)
erst nach Verwertung der Konkursmasse zulässig. | Zwangsausgleich – Zahlungsplan etc |
Der Konkurs ist
aufzuheben:
wenn das Vermögen verwertet und der Erlös verteilt ist (§ 139 KO); ebenso,
wenn ein Zwangsausgleich oder Zahlungsplan rechtskräftig bestätigt
(§§ 157, 196 KO) oder das Abschöpfungsverfahren rechtskräftig eingeleitet
wurde (§ 200 Abs 4 KO); schließlich auch dann, wenn das Vermögen
zur Deckung der weiteren Verfahrenskosten nicht hinreicht (§ 166 KO)
oder wenn nach Ablauf der Anmeldungsfrist alle Masse- und Konkursgläubiger
der Aufhebung zustimmen (§ 167 KO). | Aufhebung
des Konkurses |
7. Behandlung von
Forderungen / Ansprüchen Dritter | |
Aussonderungsansprüche sind Ansprüche Dritter auf bestimmte,
beim Gemeinschuldner befindliche Sachen mit der Begründung, dass
diese überhaupt nicht oder teilweise nicht in die Konkursmasse gehören;
zB Eigentum oder Miteigentum an bestimmten Gegenständen, Eigentumsvorbehalt → KAPITEL 8: Eigentumsvorbehalt
als Warensicherungsmittel.
– Solche Rechte werden von der Konkurseröffnung nicht berührt. Der
Berechtigte kann seine Ansprüche auch während des Konkurses (notfalls
mittels Klage gegen den Masseverwalter) durchsetzen. | |
Absonderungsansprüche geben dem Berechtigten ein Recht auf
abgesonderte Befriedigung aus bestimmten Gegenständen, die zur Konkursmasse
gehören; Sondermasse. Dazu zählen insbesondere Pfandrechte. – Der
Verwertungserlös aus solchen Sachen wird abgesondert verteilt, wobei zuerst
die Absonderungsberechtigten nach ihrem zivilrechtlichen
Rang zum Zug kommen. Ein allfälliger „Überling“ fließt
in die Konkursmasse und wird an die allgemeinen Gläubiger verteilt. | |
Masseforderungen
(§ 46 KO) sind Forderungen, die typischerweise erst nach
Konkurseröffnung begründet werden; zB Forderungen aus einer
Unternehmensfortführung, Kosten des Konkursverfahrens. – Masseforderungen
werden aus der Konkursmasse
zur Gänze
befriedigt.
Erst nach Abdeckung der Masseforderungen kommen die Konkursgläubiger
zum Zug. Besondere Regeln gelten, wenn die Konkursmasse nicht einmal
zur Befriedigung aller Masseforderungen ausreicht; § 47 KO. | |
Konkursforderungen sind vermögensrechtliche Ansprüche
aller Art, die zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung
bereits
begründet sind; § 51 Abs 1 KO. Sie werden mit Konkurseröffnung sofort
fällig und in Geld umgerechnet. – Die Konkursgläubiger erhalten,
soweit sie unbesichert sind, nur die Konkursquote;
diese errechnet sich aus dem Verhältnis des Verwertungserlöses zur Gesamtsumme
der festgestellten Verbindlichkeiten. |
Konkursforderungen
– Konkursquote |
Ausgeschlossene Forderungen nehmen am Konkursverfahren nicht
teil. Dazu gehören die nach Konkurseröffnung angefallenen Zinsen,
Geldstrafen, die Kosten der Konkursgläubiger, die ihnen aus der
Teilnahme am Konkurs erwachsen, Ansprüche aus Schenkungen, Vermächtnissen
etc. | Ausgeschlossene
Forderungen |
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Einen Zwangsausgleich
kann jeder Gemeinschuldner (natürliche und juristische
Personen, Handelsgesellschaften) während des Konkursverfahrens beantragen.
Der Zwangsausgleich ermöglicht im Fall seines Zustandekommens die
Sanierung des Schuldners durch teilweisen Schuldnachlass und Stundung.
– Die Konkursgläubiger müssen zumindest 20 Prozent ihrer
Forderungen erhalten; gesetzliche Mindestquote.
Einzelne Gläubiger können, sofern die gesetzlichen Mehrheiten erreicht werden,
überstimmt werden. | Gesetzliche Mindestquote |
Für
die Annahme des Zwangsausgleichs sind folgende Mehrheiten erforderlich:
die Zustimmung von mehr als der Hälfte der anwesenden Gläubiger: Kopfmehrheit;
diese müssen zumindest 75 Prozent der Gesamtsumme der Forderungen
der anwesenden Gläubiger auf sich vereinigen: Summenmehrheit.
Für das Zustandekommen des Zwangsausgleichs sind beide Mehrheiten
(kumulativ) erforderlich. | Mehrheit für die Annahme eines Zwangsausgleichs |
Der
angenommene Zwangsausgleich wird erst rechtswirksam, wenn er vom
Gericht rechtskräftig bestätigt wird. Vor der Bestätigung
hat das Gericht ua zu prüfen, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten
wurden, ob der Zwangsausgleich der wirtschaftlichen Lage
des Gemeinschuldners angemessen und erfüllbar ist. – Der
Zwangsausgleich bewirkt, dass die Erfüllung jenes Teil der Konkursforderungen,
der die festgelegte Quote übersteigt, nicht mehr erzwingbar ist;
Naturalobligation. | Gerichtliche Bestätigung – Naturalobligation |
III. Das Ausgleichsverfahren | |
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Alternativ zum Konkursverfahren
kann der zahlungsunfähige (oder überschuldete) Schuldner (nicht:
ein Gläubiger) auch ein Ausgleichsverfahren beantragen.
Die materiellen Eröffnungsvoraussetzungen sind die gleichen wie
jene für die Konkurseröffnung. Darüber hinaus kann der Ausgleich
aber auch bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit eröffnet werden.
– Für das Ausgleichsverfahren ist jenes Gericht zuständig, das auch
für den Konkurs zuständig wäre. | Drohende
Zahlungsunfähigkeit |
Im Ausgleichsverfahren
steht die Erhaltung der wirtschaftlichen Existenz des Schuldners
im Mittelpunkt. Die Gläubiger sollen dafür eine Kürzung und Stundung
ihrer Forderungen in Kauf nehmen. Die gesetzliche Mindestquote beträgt
im Ausgleichsverfahren 40 Prozent, zahlbar in maximal
zwei Jahren. | Erhaltung der
wirtschaftlichen Existenz des Schuldners |
Die Mehrheitserfordernisse für
die Annahme des Ausgleichs sind die gleichen wie jene für die Annahme
eines Zwangsausgleichs; Kopfmehrheit, drei Viertel des Forderungsvolumens.
Der Ausgleich bedarf zu seiner Wirksamkeit der gerichtlichen Bestätigung,
der wiederum eine Angemessenheitsprüfung vorangeht. | Mehrheitserfordernisse |
Das Motiv der Gläubiger, einem Ausgleich
zuzustimmen, liegt darin, dass ihnen im Ausgleich eine höhere Quote angeboten
wird als jene, die im Konkurs nach Verwertung und Verteilung des
Massevermögens zu erwarten wäre. | |
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Vor der Ausgleichseröffnung sind die gesetzlichen Voraussetzungen
zu prüfen. Insbesondere darf kein Unzulässigkeitsgrund vorliegen. | |
Der Eröffnungsantrag
ist etwa zurückzuweisen, wenn der Schuldner flüchtig ist; wenn er
wegen betrügerischer Krida rechtskräftig verurteilt worden ist;
wenn in den letzten fünf Jahren ein Konkurs- oder Ausgleichsverfahren
eröffnet oder die Eröffnung mangels Kostendeckung abgelehnt worden
ist; wenn der Ausgleichsvorschlag gegen zwingende Bestimmungen verstößt;
zB wenn er die gesetzliche Mindestquote unterschreitet. | Voraussetzungen |
Außerdem sind dem Eröffnungsantrag umfangreiche
Beilagen beizufügen; Vermögensstatus, Jahresabschlüsse der letzten
drei Jahre ua. Die Vorbereitung eines Ausgleichsverfahrens ist daher
aufwändiger als jene des Konkursverfahrens. | |
3. Wirkungen der Ausgleichseröffnung | |
Im Gegensatz zum Konkursverfahren behält der Schuldner nach
der Ausgleichseröffnung die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis
über sein Vermögen. – Dies allerdings mit Einschränkungen: Bestimmte
Rechtshandlungen bedürfen der Zustimmung des Ausgleichsverwalters,
der ihn während des Ausgleichsverfahrens überwacht. – Die Schließung
des Unternehmens sowie dessen Wiedereröffnung bedarf sogar der gerichtlichen
Zustimmung. | |
• Während des Ausgleichsverfahrens
wird der Schuldner gegen Exekutionen der Ausgleichsgläubiger
abgeschirmt; § 10 Abs 1 AO. Außerdem errichtet die AO für
die Dauer des Ausgleichsverfahrens eine Konkurssperre. | |
•
Exekutive Absonderungsrechte, die in
den letzten 60 Tagen vor Ausgleichseröffnung begründet worden sind, erlöschen;
§ 12 AO. | |
• Der Schuldner kann von zweiseitigen
Rechtsgeschäften, die von beiden Seiten noch nicht vollständig
erfüllt wurden, mit Zustimmung des Ausgleichsverwalters zurücktreten.
– Die Zustimmung darf aber nur erteilt werden, wenn der Antrag binnen
eines Monats nach Ausgleichseröffnung gestellt wird und die Erfüllung
des Rechtsgeschäfts das Zustandekommen oder die Erfüllbarkeit des
Ausgleichs oder die Unternehmensfortführung gefährden könnte. | |
• Unter den gleichen Voraussetzungen kann der
Ausgleichsverwalter dem Schuldner auch die außerordentliche Kündigung
von Bestandverhältnissen genehmigen, wenn der Schuldner
Bestandnehmer ist, weiters die privilegierte Auflösung von
Arbeitsverhältnissen. | |
•
Wenn
ein Bestandnehmer den vereinbarten Bestandzins nicht vollständig
bezahlt, droht ihm grundsätzlich die Räumung des Geschäftslokals.
Im Fall der Ausgleichseröffnung kann dies verhindert werden: Die
Räumungsexekution wird zwar bewilligt, aber vorerst nicht vollzogen.
Kommt der Ausgleich rechtskräftig zustande, wird die Räumungsexekution
endgültig eingestellt; § 12a AO. | |
IV. Überblick über
den weiteren Verfahrensgang | |
In
der Phase zwischen Verfahrenseröffnung und Ausgleichstagsatzung
soll der Vermögensstand des Schuldners ermittelt und die Ausgleichstagsatzung
vorbereitet werden. Der Ausgleichsverwalter beaufsichtigt die Geschäftsführung
des Schuldners und überprüft dessen Wirtschaftslage. Er hat dem
Gericht binnen drei Wochen einen vorläufigen Bericht zu erstatten. | Verfahren bis zur Ausgleichstagsatzung |
Die Gläubiger
haben die Möglichkeit, innerhalb der Anmeldungsfrist (aber auch
noch später) ihre Forderungen anzumelden. Diese sind in das Anmeldungsverzeichnis
einzutragen und zu prüfen. | Forderungsanmeldung |
Kernstück des
Ausgleichsverfahrens ist die Ausgleichstagsatzung;
deren Termin wird im Edikt festgesetzt. Zwischen Ausgleichseröffnung
und Tagsatzung sollen nicht mehr als acht Wochen liegen; § 4 Abs
3 AO. In der Ausgleichstagsatzung stimmen die Gläubiger über den
Ausgleichsvorschlag ab. Die Mehrheitserfordernisse entsprechen jenen
beim Zwangsausgleich →
Zwangsausgleich
| Ausgleichstagsatzung |
Wenn bei der Abstimmung über den Ausgleich
die erforderlichen Mehrheiten nicht erzielt werden, kann unter bestimmten
Voraussetzungen eine Erstreckung der Tagsatzung erfolgen.
Dabei ist zu beachten, dass der Schuldner idR ab der Verfahrenseröffnung
nur 90 Tage Zeit hat, um den Ausgleich zustande zu bringen; § 67
Abs 1 Z 2 AO. Gelingt dies nicht, wird das Verfahren eingestellt.
Bei Unternehmen, die wegen ihrer Größe, ihres Standorts etc von wirtschaftlicher
Bedeutung sind, kann diese Frist erstreckt werden. | |
Wenn
die für die Annahme erforderlichen Mehrheiten erzielt werden, bedarf
der Ausgleich – ebenso wie der Zwangsausgleich – der gerichtlichen
Bestätigung. Diese ist zu erteilen, wenn keine gesetzlichen Versagungsgründe
vorliegen; zu diesen §§ 50, 51 AO. Die Entscheidung über die Bestätigung
(Erteilung oder Versagung) ist öffentlich bekannt zu machen und
mit Rekurs bekämpfbar. |
Ausgleichsbestätigung |
Die folgende
Phase ist nicht zwingend vorgesehen. Die AO sieht drei mögliche
Varianten vor: | Überwachungsmöglichkeiten |
- Die Aufhebung des Verfahrens ohne Überwachung des Schuldners, | |
- die Aufhebung mit Überwachung durch Sachwalter oder | |
- die Fortsetzung des Ausgleichsverfahrens mit Überwachung
durch den Ausgleichsverwalter. | |
Wenn der Schuldner den Ausgleich ordnungsgemäß erfüllt,
wird er von den die Ausgleichsquote übersteigenden Forderungen endgültig
befreit. Im Fall des qualifizierten Verzuges (Verzug trotz Mahnung
mit Nachfristsetzung) droht das Wiederaufleben der Forderungen. | |
Wird der Ausgleich
innerhalb der gesetzlichen Frist – idR 90 Tage – nicht angenommen
oder dem angenommenen Ausgleich die gerichtliche Bestätigung nicht
erteilt, hat das Gericht unverzüglich zu entscheiden, ob der
Anschlusskonkurs eröffnet
wird. Wenn die materiellen Voraussetzungen hiefür vorliegen (insbesondere
Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung), ist der Konkurs von Amts
wegen zu eröffnen (Ausnahme vom Antragsprinzip). In diesem Fall
geht das Ausgleichsverfahren nahtlos in das Konkursverfahren über. | Anschlusskonkurs |
Auch im Fall des Anschlusskonkurses bleiben die Möglichkeiten
des Schuldners, einen Zwangsausgleich zu beantragen, unberührt.
Der Schuldner, der im Ausgleichsverfahren scheitert, kann daher
immer noch einen Zwangsausgleich (mit einer Mindestquote von 20
Prozent) erreichen. | |
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Am 1.1.1995 trat die KO-Novelle 1993, BGBl 974 in Kraft,
die eine umfassende Neuregelung des Konkursverfahrens für natürliche
Personen brachte. Ziel dieser Novelle war es, insolventen Schuldnern
effiziente Auswege aus ihrer – oft drückenden – Überschuldung zu
weisen. Immer mehr private Haushalte verlieren nämlich die Kontrolle
über ihre Verbindlichkeiten und geraten an den Rand der wirtschaftlichen
Existenz. Die KO-Novelle 1993 hat für diese Fälle durchaus adäquate
Lösungen geschaffen. Zuletzt wurden die einschlägigen Bestimmungen
mit der InsNov 2002, BGBl I 2002/75, in einigen Punkten an die Bedürfnisse
der Praxis angepasst. | |
Sitz
dieser Bestimmungen ist vornehmlich der Dritte Teil der
KO (§§ 181 ff). Nach dem Anwendungsbereich dieser Sondernormen
ist zu unterscheiden: Soweit nichts Abweichendes bestimmt ist, gelten
die §§ 181 ff KO für alle natürlichen Personen, somit auch für Einzelunternehmer. Manche
der Sondernormen des Dritten Teils gelten allerdings kraft ausdrücklicher
Anordnung nur für Schuldner, die kein Unternehmen betreiben. In
den zuletzt genannten Fällen (und nur in diesen) spricht die KO
vom „
Schuldenregulierungsverfahren”. Dieses
ist somit ein Konkursverfahren besonderer Art, das auf Nicht-Unternehmer
anzuwenden ist. Maßgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse bei Stellung
des Konkursantrags. Auch frühere Unternehmer, die den Betrieb
des Unternehmens mittlerweile eingestellt haben, landen daher (gar
nicht so selten) im Schuldenregulierungsverfahren. Für dieses sind
die Bezirksgerichte zuständig. | für alle natürlichen Personen |
Der
Begriff „Privatkonkurs” hat sich sowohl in der
Umgangssprache als auch in der Fachliteratur für das Schuldenregulierungsverfahren
eingebürgert. Der Konkursordnung selbst ist dieser Begriff fremd. | Privatkonkurs |
Die praktische
Bedeutung dieses Verfahrens ist stark im Steigen begriffen:
Waren es im Jahr 1997 noch 1626 eröffnete Verfahren, so erhöhte
sich diese Zahl im Jahr 2002 auf 3234; in 532 Fällen wurde der Antrag
mangels Kostendeckung abgewiesen. Insgesamt wurden zwischen 1995
und Ende 2001 über 14.000 Konkursanträge über das Vermögen von Nichtunternehmern
gestellt. Die geschätzte Anzahl überschuldeter Privatpersonen in
Österreich ist allerdings um ein Vielfaches höher. | Zahlen – Rechtstatsachen |
2. Ausnahme vom
Kostendeckungsprinzip; außergerichtlicher Ausgleichsversuch | |
Wenn der Schuldner
eine natürliche Person ist, kann auf seinen Antrag das Konkursverfahren
auch eröffnet werden, wenn kein kostendeckendes Vermögen vorhanden
ist. In solchen Fällen werden die Kosten des Verfahrens vorerst
aus der Amtskasse bezahlt. | Verfahren
auch ohne kostendeckendes Vermögen |
Der Schuldner muss
in einem solchen Fall jedoch bestimmte Erfordernisse erfüllen (§
183 KO), und zwar: Vorlage eines Vermögensverzeichnisses, Vorlage
eines zulässigen Zahlungsplanantrags und Bescheinigung, dass er
diesen erfüllen wird. Außerdem muss er bescheinigen, dass die Verfahrenskosten
aus seinen zu erwartenden pfändbaren Einkünften abgedeckt werden
können. – Betreibt der (vermögenslose) Schuldner kein Unternehmen,
so muss er weiters bescheinigen, dass ein außergerichtlicher Ausgleich
mit den Gläubigern gescheitert ist oder ein darauf
abzielender Versuch aussichtslos wäre. Ansonsten wird der Konkurs
(bei fehlender Kostendeckung) nicht eröffnet; § 183 Abs 2 KO. | Voraussetzungen |
Damit bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck,
dass er außergerichtliche Lösungen bevorzugt. Bevor auf Kosten der Öffentlichkeit
ein Konkurs eröffnet wird, muss der Schuldner versuchen, mit seinen
Gläubigern im Verhandlungsweg ins Reine zu kommen. Hiezu hat er
den Gläubigern einen angemessenen Ausgleichsvorschlag mit
einer ausreichenden Überlegungsfrist (ca 6 Wochen) zu unterbreiten.
Erst nach Scheitern dieses Versuchs ist der Weg in den Privatkonkurs
frei. | |
| |
3. Besonderheiten
des Schuldenregulierungsverfahrens | |
Schuldenregulierungsverfahren
nennt die KO das Konkursverfahren über das Vermögen einer natürlichen
Person, die kein Unternehmen (mehr) betreibt. Auch ehemalige Unternehmer
fallen daher in dieses Verfahren, mögen die Schulden auch noch aus
der Unternehmenstätigkeit herrühren. Für solche Verfahren sieht
der Dritte Teil der KO einige Erleichterungen vor, die das Verfahren
einfacher und kostengünstiger gestalten
sollen. Soweit die §§ 182 ff KO nichts anderes vorsehen, sind die
allgemeinen Regeln der KO anwendbar. | Kein Unternehmen |
Das
Schuldenregulierungsverfahren fällt in die Zuständigkeit der Bezirksgerichte.
– Sofern der Wert der Aktiva voraussichtlich 50.000 ı nicht übersteigt,
wird das Verfahren vom Rechtspfleger durchgeführt.
Stimmrechtsentscheidungen und Ermessensentscheidungen nach § 213
Abs 2 – 4 KO bleiben auch hier dem Richter vorbehalten. | Bezirksgerichte – Rechtspfleger |
Auf
die Bestellung eines Masseverwalters wird im Regelfall verzichtet;
sog Eigenverwaltung des Schuldners. Ausnahmen: Wenn die Vermögenslage des
Schuldners unübersichtlich ist oder wenn die Eigenverwaltung Nachteile für
die Gläubiger befürchten ließe; seit der InsNov
2002 auch, wenn der Schuldner kein genaues Vermögensverzeichnis vorgelegt
hat; vgl § 186 Abs 2 KO. Damit sollen die Verfahren billiger werden,
was auch der Entlastung der Amtskasse dient. | Eigenverwaltung des Schuldners |
Im Fall
der Eigenverwaltung werden die Kompetenzen, die sonst dem Masseverwalter
zukämen, teils vom Schuldner selbst, teils von
den Gläubigern (zB Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen)
und teils vom Konkursgericht wahrgenommen (im
einzelnen §§ 187 – 190 KO). | |
Im Schuldenregulierungsverfahren
können sich die Schuldner auch durch eine bevorrechtete Schuldnerberatungsstelle vertreten
lassen; § 192 KO; § 12 IEG definiert die Voraussetzungen für die
Bevorrechtung. | Vertretung
durch Schuldnerberatungsstelle |
4. Überblick: Die
einzelnen Wege zur Entschuldung | |
Nach geltendem Recht sind für natürliche Personen mehrere
Wege zur Entschuldung vorgesehen: | |
• Zum einen der außergerichtliche Ausgleich, | |
• zum anderen drei Varianten im Rahmen des Konkursverfahrens,
nämlich | |
| |
Der Zahlungsplan ist eine speziell
auf die Bedürfnisse natürlicher Personen zugeschnittene Sonderform
des Zwangsausgleichs. Er steht jeder natürlichen Person offen
(auch Einzelunternehmern). Geregelt ist der Zahlungsplan in den
§§ 193 – 198 KO; subsidiär gelten die Bestimmungen über den Zwangsausgleich
(§ 193 Abs 1 KO). | Sonderform
des Zwangsausgleichs |
Für den Zahlungsplan
ist keine zahlenmäßig fixierte Mindestquote vorgeschrieben;
dies ist der wichtigste Unterschied zum Zwangsausgleich. Die angebotene
Quote kann daher auch unter 20 Prozent liegen (in der Praxis der
Regelfall); sie muss jedoch der Einkommenslage des Schuldners in
den folgenden fünf Jahren entsprechen (§ 194 Abs 1 KO; wirtschaftliche
Angemessenheit). Dabei kommt es darauf an, welche pfändbaren Bezüge
der Schuldner im Prognosezeitraum voraussichtlich erzielen wird.
Die Summe der pfändbaren Bezüge der nächsten 5 Jahre in Relation
zu den Gesamtverbindlichkeiten ergibt jene (Mindest)Quote, die jedenfalls
angeboten werden muss, damit der Vorschlag angemessen ist.
– Die Erfüllungsfrist darf maximal 7 Jahre betragen. | Mindestquote |
Über den Zahlungsplan darf erst nach Verwertung
des schuldnerischen Vermögens (der Konkursmasse) abgestimmt werden. | |
Über
den Zahlungsplan wird in einer Tagsatzung abgestimmt. Die Beschlussfähigkeit
und die Mehrheitserfordernisse sind gleich geregelt wie im Zwangsausgleich;
Kopf- und Summenmehrheit →
Zwangsausgleich Stimmen
die Gläubiger dem Zahlungsplan zu, so ist überdies noch die gerichtliche
Bestätigung notwendig; die Versagungsgründe finden sich in § 195
KO. Nach rechtskräftiger Bestätigung ist der Konkurs aufzuheben. | |
6. Das Abschöpfungsverfahren | |
Das Abschöpfungsverfahren
ist ultima ratio für jene Schuldner, die an den Hürden des Zahlungsplans scheitern;
zB weil die Gläubiger einem angemessenen Zahlungsplan nicht zustimmen. Grundgedanke
dieses Verfahrens ist folgender: Ein „kooperativer” Schuldner, der
bereit ist, für einen Zeitraum von idR 7 Jahren jede
zumutbare Beschäftigung auszuüben und das so erzielte pfändbare
Einkommen den Gläubigern zu überlassen, soll die Restschuldbefreiung
unter bestimmten Voraussetzungen auch gegen den Willen der Gläubiger
erlangen können. | Ultima ratio |
Der Schuldner hat keine
freie Wahl zwischen Zahlungsplan und Abschöpfung. Er muss
vorerst einen angemessenen Zahlungsplan anbieten und darüber abstimmen
lassen. Erst wenn die erforderlichen Mehrheiten für den Zahlungsplan
nicht erreicht werden, steht der Weg ins Abschöpfungsverfahren offen. | Zahlungsplan oder Abschöpfung |
Darüber entscheidet das Konkursgericht,
wenn ein (zulässiger) Zahlungsplan nicht angenommen wird, noch in
der selben Tagsatzung mit Beschluss. Eine Zustimmung der Gläubiger
ist nicht erforderlich. Allerdings kann jeder Gläubiger beantragen,
dass dem Schuldner die Einleitung versagt wird, wenn bestimmte,
gesetzlich definierte Einleitungshindernisse vorliegen.
Von Amts wegen darf das Gericht diese Hindernisse nicht aufgreifen.
Die Gründe, aus denen dem Schuldner der Weg in die Abschöpfung versperrt
werden kann, sind in § 201 KO taxativ umschrieben; zB: rechtskräftige strafgerichtliche
Verurteilung wegen bestimmter gläubigerschädigender Delikte;
Verletzung von Auskunfts- und Mitwirkungspflichten im
Konkursverfahren; verschwenderischer Lebensstil in den letzten drei
Jahren vor Stellung des Konkursantrags etc. | Einleitung
des Abschöpfungsverfahrens |
- Bestellung eines TreuhändersSinn
des Abschöpfungsverfahrens ist es, einerseits dem Schuldner die
Restschuldbefreiung zu ermöglichen, andererseits die Gläubiger für
eine bestimmte Zeitspanne am schuldnerischen Einkommen partizipieren
zu lassen. – Demgemäß muss der Schuldner sein pfändbares Einkommen
im voraus an einen Treuhänder abtreten. Wenn der
Schuldner unselbständig tätig ist, hat sein Arbeitgeber (oder ein
sonstiger Drittschuldner) den pfändbaren Teil der Bezüge direkt
an den Treuhänder auszuzahlen. Dieser hat die Gelder fruchtbringend
anzulegen und am Ende jedes Kalenderjahrs an die
Gläubiger zu verteilen. | Sinn des
Abschöpfungsverfahrens |
Da
der „Ertrag” des Abschöpfungsverfahrens für die Gläubiger vom Einkommen
des Schuldners abhängt, haben die Gläubiger naturgemäß ein Interesse
daran, dass der Schuldner ein entsprechendes Einkommen erzielt und
dieses auch offenlegt. § 210 KO statuiert daher bestimmte Obliegenheiten
des Schuldners. – „Herzstück” ist § 210 Abs 1 Z 1 KO: Danach hat
der Schuldner während der Dauer des Abschöpfungsverfahrens eine
angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben. | Obliegenheiten des Schuldners |
Im Fall der Beschäftigungslosigkeit
hat sich der Schuldner um einen angemessenen Erwerb zu bemühen und
darf keine zumutbare Arbeit ablehnen. Hiebei werden strenge Maßstäbe
angelegt: Der Schuldner muss auch berufsfremde Arbeiten annehmen
(auch Gelegenheits- oder Aushilfsarbeiten). Auf die familiäre Situation
(zB Kinder) ist aber Rücksicht zu nehmen. | Bemühung um eine angemessene
Erwerbstätigkeit |
Weitere Obliegenheiten:
Der Schuldner muss während der Dauer des Abschöpfungsverfahrens Schenkungen und Erbschaften herausgeben,
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder Arbeitsplatzes bekanntgeben und
darf keinem Konkursgläubiger eine Sonderbegünstigung zukommen
lassen. Außerdem darf er keine neuen Verbindlichkeiten eingehen,
die er bei Fälligkeit nicht erfüllen kann; im einzelnen § 210 Abs
1 KO. | Weitere Obliegenheiten |
Allfällige
Obliegenheitsverletzungen sind nicht von Amts wegen aufzugreifen.
Jeder Konkursgläubiger kann jedoch die vorzeitige Einstellung des
Verfahrens (§ 211 KO) beantragen, wenn der Schuldner seine Obliegenheiten schuldhaft
verletzt und dadurch die Befriedigung der
Konkursgläubiger beeinträchtigt. Wird einem solchen
Antrag stattgegeben, so hat der Schuldner die Restschuldbefreiung
verspielt. | Obliegenheitsverletzungen |
Restschuldbefreiung: Im
Regelfall dauert das Abschöpfungsverfahren 7 Jahre.
Eine Abkürzung ist ausnahmsweise möglich, wenn das Verfahren mindestens 3
Jahre gedauert hat und die Konkursgläubiger während des
Konkurs- und Abschöpfungsverfahrens insgesamt eine Quote von zumindest 50
Prozent erhalten haben. Diesfalls hat der Schuldner einen
Anspruch auf vorzeitige Restschuldbefreiung (in der Praxis selten). | Restschuldbefreiung |
Im Normalfall dauert das Verfahren 7 Jahre.
Wurden in diesem Zeitraum mindestens 10 Prozent der
Konkursforderungen abgedeckt wurden, hat der Schuldner Anspruch
auf Erteilung der Restschuldbefreiung. Wird die Mindestquote
nicht erreicht, so hängt die Erteilung der Restschuldbefreiung von
einer Billigkeitsentscheidung des Richters ab;
zu den einzelnen Varianten § 213 Abs 2 – 4 KO. – Möglich ist auch
eine Verlängerung des Abschöpfungsverfahrens um
bis zu 3 Jahre. | |
Die Restschuldbefreiung wird durch Gerichtsbeschluss erteilt;
§ 213 KO. Dieser wirkt
gegen alle Konkursgläubiger,
auch gegen solche, die ihre Forderung nicht angemeldet haben; anders
wenn eine Forderung nur aus dem Verschulden des
Schuldners unberücksichtigt geblieben ist. Mit Erteilung der Restschuldbefreiung
wandelt sich der nicht beglichene Teil der Konkursforderung in eine
Naturalobligation. Die Rechte der Gläubiger gegen Bürgen, sonstige
Mitverpflichtete etc bleiben aufrecht. | Wirkungen
der
Restschuldbefreiung |
Einige privilegierte
Forderungen werden von der Restschuldbefreiung nicht berührt;
§ 215 KO. Dazu zählen Ansprüche aus einer vorsätzlich begangenen
unerlaubten Handlung (zB Schmerzengeld aus vorsätzlicher Körperverletzung,
Schadenersatz aus vorsätzlicher Sachbeschädigung) sowie Ansprüche
aus einer vorsätzlichen strafgesetzwidrigen Unterlassung. Ebenso
ausgenommen sind Forderungen, die im Verfahren nur
aus dem Verschulden des Schuldners unberücksichtigt geblieben
sind. | |
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G.
Exekutionsverfahren |
I. Rechtsdurchsetzung in Europa |
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