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SCHNELL GENAU UMFASSEND
Kapitel 16
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vor B. Familiensoziologie
A. Familienrecht
Neu bearbeitet von Sabine Engel
I. Allgemeines
S. Thomasberger, Mehr Kinder – weniger Kinderpolitik, in: Juridikum 2/2000, 110 – Hareven / Mitterauer, Entwicklungstendenzen der Familie (1996); – Diemut Majer, Der lange Weg zu Freiheit und Gleichheit (1995); Rosemarie Nave-Herz, Familie heute (1994); – Franz Gschnitzer Lesebuch 377, 401, 577, 747, 771, 773, 776 (1993); – L. Rosenmayr, Streit der Generationen? (1993);– Mitterauer / Sieder, Vom Patriarchat zur Partnerschaft. Zum Strukturwandel der Familie (19914); – Sieder, Sozialgeschichte der Familie. (edition Suhrkamp; 1987); – M. Mitterauer, Ledige Mütter. Zur Geschichte der unehelichen Geburten in Europa (1983); –– M. Mitterauer, Der Mythos von der vorindustriellen Großfamilie (Beiträge zur historischen Sozialkunde, 1973, 41ff); – derselbe, Funktionsverlust der Familie, in: Mitterauer / Sieder, Vom Patriarchat zur Partnerschaft 38 und 92.
Literaturquelle
1. Rechtsquellen
Das ABGB regelte in seiner ursprünglichen Fassung das gesamte Familienrecht, das Teil des Personenrechts war. Heute enthalten die §§ 40 ff und §§ 89 ff einschlägige Bestimmungen. Wichtig für die Fragen der Eheschließung und Eheauflösung ist das EheG1938. Daneben spielt das PersonenstandsG1983 eine Rolle.
Das EheGist ein deutsches Gesetz, das 1938 in Österreich „zur Vereinheitlichung des Rechts der Eheschließung und der Ehescheidung im Lande Österreich und im übrigen Reichsgebiet” eingeführt wurde. Das alte Eherecht des ABGB wurde damals aufgehoben. – Das dtEheG wurde nach 1945 von nationalsozialistischem Gedankengut gesäubert und gilt mit Änderungen noch heute.
Erster Teil (= §§ 15 – 284): „Von dem Personenrechte”
ABGB – Einteilung
1. Hauptstück (§§ 1 – 43): „Von den Rechten, welche sich auf persönliche Eigenschaften und Verhältnisse beziehen”
2. Hauptstück (§§ 44 – 136): „Von dem Eherechte”
3. Hauptstück (§§ 137 – 186a): „Von den Rechten zwischen Eltern und Kindern”
4. Hauptstück (§§ 187 – 284): „Von den Vormundschaften und Kuratelen”.
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2. Was regelt das Familienrecht?
Das Familienrecht regelt die durch Ehe und Verwandtschaft begründeten Rechtesverhältnisse. Es versucht Klarheit in den für jedes Gemeinwesen wichtigen Bereich der Abstammung zu bringen, regelt Familiengründung, Verlöbnis (§§ 45, 46 und § 1247 ABGB) und Ehe (§ 44 ABGB lesen!), die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Gatten, die gegenseitigen Rechte und Pflichten von Eltern und Kindern (sog Kindschaftsrecht) sowie die Vorsorge für elternlose Kinder.
Heute erfolgt eine Dreiteilung des Stoffes in:
Dreiteilung des Stoffs
• Eherecht
• Kindschaftsrecht
• Vormundschafts- und Pflegschaftsrecht.
Das Familienrecht des ABGB wurde beginnend unter Justizminister Broda, insbesondere ab 1970, Schritt für Schritt grundlegend reformiert und an den starken gesellschaftlichen Wandel angepasst: Ziel der Familienrechtsreform war vor allem die Herstellung der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau und schließlich die Gleichstellung nichtehelicher mit ehelichen Kindern. Das ist formell weitgehend gelungen. Zur Gleichstellung der Geschlechter im Arbeitsleben → KAPITEL 12: Gleichbehandlung von Frauen und Männern .
Literaturquelle
Familienrechts- und Ehegesetzgebung: Entwicklung
Entwicklung der amilienrechts- und Ehegesetzgebung
• Im ABGB von 1812 umfasst das Personenrecht: das Personenrecht ieS und das Familienrecht (§§ 15-39 und 40-283).
• Im 19. Jhd erfolgt ein mehrfacher Kompetenzwechsel zwischen Staat und Kirche; Kampf um’s EheR – konfessionelle oder Zivilehe?
1938: Deutsche Okkupation – Übernahme des dtEheG 1938.
• Nach 1945: Säuberung von nationalsozialistischem Gedankengut.
Ab 1970 (Regierung Kreisky, Justizminister Broda) umfassende Reformen; sogFamR-Reform: Anpassung an den akzelerierten sozialen Wandel: insbesondere Gleichberechtigung der Frau und partnerschaftliche Ehe, einvernehmliche Scheidung, Gleichstellung nichtehelicher Kinder.
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II. Familie und Verwandtschaft
Die Familie gilt als Keimzelle des Staates und ist die älteste Form sozialer Beziehung. Der Begriff ist variantenreicher, als er bisher vom Gesetzgeber und einem konservativen Sprachgebrauch verstanden wurde. Die Familie beruht auf biologischen Fakten (Geschlecht, Alter, Sexualität, Fortpflanzung etc), beschränkt sich aber nicht darauf. – Heute sehen wir die Familie vornehmlich als soziales Gebilde, dessen Aufgaben / Funktionen einem äußeren und inneren Wandel unterworfen sind; Entwicklung von der Abstammungs-, zur sog Kernfamilie und von der vorindustriellen Produktions-, zur Konsumeinheit.
Der Begriff der „Familie” ist in der Statistik bereits ein ganz anderer geworden und umfasst alle in einem Haushalt lebenden Ehepaare oder Lebensgemeinschaften (mit oder ohne Kinder), aber auch alleinerziehende Elternteile mit ihren Kindern. Neben der Klein- und Gattenfamilie kennen wir die Patchworkfamilie, die auch Fortsetzungs- oder Folgefamilie genannt wird: Es handelt sich dabei um eine Familie, zu der außer dem gemeinsamen Nachwuchs auch Kinder aus einer früheren Verbindung eines oder beider Elternteile gehören.
Begriff der „Familie”
1. Familie, Verwandtschaft, Schwägerschaft
§ 40 ABGB enthält Legaldefinitionen der Begriffe Familie, Verwandtschaft und Schwägerschaft:
„Unter Familie werden die Stammeltern mit allen ihren Nachkommen verstanden. Die Verbindung zwischen diesen Personen wird Verwandtschaft; die Verbindung aber, welche zwischen einem Ehegatten und den Verwandten des andern Ehegatten entsteht, Schwägerschaft genannt.”


Die Verwandtschaft
Abbildung 16.1:
Die Verwandtschaft
§ 41 ABGB – Verwandtschafts- und Schwägerschaftsgrad:
„Die Grade der Verwandtschaft zwischen zwei Personen sind nach der Zahl der Zeugungen, mittels welcher in der geraden Linie eine derselben von der andern, und in der Seitenlinie beide von ihrem nächsten gemeinschaftlichen Stamme abhängen, zu bestimmen. In welcher Linie und in welchem Grade jemand mit dem einen Ehegatten verwandt ist, in eben der Linie und in eben dem Grade ist er mit dem andern Ehegatten verschwägert.”


Familie, Verwandtschaft, Schwägerschaft
Abbildung 16.2:
Familie, Verwandtschaft, Schwägerschaft
Schärfer als das ABGB formuliert das ALR von 1794 ( Bluts)Verwandtschaft und Schwägerschaft in I 1 §§ 42, 43:
§ 42: „Personen, welche gemeinschaftliche Stammeltern haben, heißen Blutsverwandte.”
§ 43: „Die Verbindung, welche durch Heyrath zwischen dem einen Ehegatten, und den Blutsverwandten des anderen entsteht, heißt Schwägerschaft.”


Verwandtschaft und Schwägerschaft
Abbildung 16.3:
Verwandtschaft und Schwägerschaft
§ 42 ABGB: Eltern und Kinder:
„Unter dem Namen Eltern werden idR ohne Unterschied des Grades alle Verwandten in der aufsteigenden; und unter dem Namen Kinderalle Verwandten in der absteigenden Linie begriffen.”
Das ABGB weicht mit seiner Terminologie vom allgemeinen Sprachgebrauch ab.
Auch hier ist das ALR I 1 §§ 40, 41 klarer; zudem zeigt sich eine Abhängigkeit des ABGB. Das ALR umschreibt auch (I 1 § 44) den Begriff der Stiefverbindungen: „[Sie] bestehen, im Sinne des Gesetzes, nur zwischen einem Ehegatten, und den aus einer sonstigen Ehe erzeugten Kindern des andern.” – Zu rechtlichen Eltern-Kind-Beziehung → Das Kindschaftsrecht


Verwandtschaft in gerader Linie
Abbildung 16.4:
Verwandtschaft in gerader Linie
Verwandtschaft: Als verwandt gelten jene Personen, die entweder voneinander (Eltern – Kinder – Enkel / Kindeskinder) oder von einer gemeinsamen dritten Person (Geschwister – Eltern) abstammen; leibliche, blutmäßige Abstammung/Blutsverwandtschaft.
Stammen die Personen (direkt) voneinander ab, sind sie in gerader Linie verwandt: Großmutter - Mutter - Tochter. Stammen sie dagegen von der- oder denselben dritten Person/en ab, sind sie in der Seitenlinie verwandt; zB Geschwister. Der Verwandtschaftsgrad bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Zeugungen / Geburten.
Beispiel


Verwandtschaft – Seitenlinie
Abbildung 16.5:
Verwandtschaft – Seitenlinie
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2. Rechtliche Bedeutung der Verwandtschaft
Mag auch die Bedeutung der Verwandtschaft zurückgegangen sein, noch heute verbinden sich mit ihr wichtige gesetzliche Konsequenzen, nämlich insbesondere:
• die Unterhaltsverpflichtung (§§ 140, 141, 142, 143 ABGB)
• die gesetzliche Erbfolge (§§ 727 ff ABGB) → KAPITEL 17: Die gesetzliche Erbfolge;
• der (gemeinsame) Familienname (§ 139 ABGB)
• das Eheverbot der Verwandtschaft ( § 6 iVm § 25 EheG)
• verschiedene familienrechtliche Rechte und Pflichten
• prozessuale und strafrechtliche Konsequenzen wie das Zeugnisverweigerungsrecht
steuerrechtliche Konsequenzen; zB Erbschafts- und SchenkungssteuerG usw.
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3. Charakterisierung der Gegenwartsfamilie
Literaturquelle
• Die Gegenwartsfamilie in hochentwickelten Ländern unterliegt tendenziell der Individualisierung und Singularisierung, dh Einzelgängertum als gesellschaftliche Lebensform wird akzeptiert; aaO 32.
• Sozialpsychologisch ist ein „generelles Zögern gegenüber Bindung” festzustellen: living apart together; Angst vor Nähe; abnehmende Bereitschaft, sich im engsten Bereich mit den Problemen anderer auseinanderzusetzen; Individuen ertragen einander besser auf Distanz; aaO 32.
• Auch bei Altehen (= Dauer über 25 Jahre) nimmt die Scheidungshäufigkeit zu; BRD: zwischen 1960 und 1990 Vervierfachung; aaO 32.
• Anteil der 3-Generationen-Haushalte geht in ganz Europa zurück; gleichzeitig wächst aber die soziale Generationenvielfalt, da die Lebenserwartung steigt; aaO 32.
Mehrere Generationen leben in Familien gleichzeitig, wenngleich in getrennten Haushalten: „Noch nie in der Geschichte der Menschheit lebten so viele Generationen mit so wenigen Kindern lebenslaufmäßig überlappend zur selben Zeit”; aaO 34.
• Vor 100 Jahren erlebte in West- und Mitteleuropa nur eine kleine Minderheit der Bevölkerung (ca 1/30tel) die „Rente”. Heute dagegen wächst die Zahl der Rentner und Pensionisten drastisch (ca 1/3); aaO 33. – Tendenz stark steigend.
• Rapide Zunahme der Urgroßmütter. Konsequenzen: steigende Verpflichtungen familiärer Hilfe und Pflege gegenüber Eltern, Groß- und Urgroßeltern, aber auch dramatische Zunahme der Dauer von Familienrollen aufgrund dieser ständig zunehmenden Generationenüberlappung.
Beispiel
• Alternde Eltern sind durchschnittlich für mehr als ein halbes Jahrhundert Teil des Lebens ihrer erwachsenen Kinder; aaO 35.
Famile und Kinderzahl
19912001Veränderung
Familien insgesamt2.109.1282.284.200-175.072
Familien ohne Kinder688.185866.100+177.915
Familien mit 1 Kind699.568678.000-21.568
Familien mit 2 Kindern497.050537.500+40.450
Familien mit 3 Kindern161.368156.300-5.068
Familien mit 4 und mehr Kindern62.95446.300-16.654
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III. Das Verlöbnis
Rechtsquellen: §§ 45, 46 und § 1247 Satz 2 ABGB
1. Verlöbnis und Verlöbnisbruch
Verlöbnis ist das „vorläufige [gegenseitige] Versprechen, sich zu ehelichen”. Es verpflichtet nicht zu nachfolgender Eheschließung – ist also kein verbindlicher Vorvertrag iSd § 936 ABGB – gewährt aber bei Verlöbnisbruch gewisse Ersatzansprüche (§ 46 ABGB): Bei schuldhafter Lösung – zB bei Untreue oder auch nur bei grundlosem Zurücktreten – stehen dem davon betroffenen Teil Ersatzansprüche gegen den Schuldigen zu, wenn aus dessen Verhalten Schaden entstanden ist. Dies sind zB Kosten für die Vorbereitung der Hochzeitsfeier oder solche, die durch Anmietung der künftigen Ehewohnung oder durch eine Berufsaufgabe entstanden sind. Auch Kosten für sonstige in Erwartung der Ehe getroffene Maßnahmen gehören hierher. Es kann aber zB kein Ersatz für einen wegen des Verlöbnisses abgelehnten Heiratsantrag eines/r Dritten verlangt werden.
Strittig ist, ob der Ersatzanspruch des § 46 ABGB Verschulden voraussetzt. – Nach der Rspr ist ersatzpflichtig, wer – wenn auch ohne Verschulden – die begründete Ursache zum Rücktritt des anderen gibt (EFSlg 7649), aber auch der, der grundlos zurücktritt (GlU 4700).
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2. Rückgabe der Verlobungsgeschenke
Der schuldlose Teil kann vor allem auch die Rückgabe der Verlobungsgeschenke (§ 1247 Satz 2 ABGB), wie Familienschmuck, Bilder, Briefe, Verlobungsringe etc fordern. – Es handelt sich um eine Form des Schenkungswiderrufs → KAPITEL 3: Unwiderruflichkeit von Schenkungen?.
Beispiel
Rechtssprechungsbeispiel
SZ 10/105: „Ein Verzicht auf eine Verdienstmöglichkeit, der aus Anlass eines Verlöbnisses erfolgt, verursacht ‘wirklichen’ Schaden. ... Die Klägerin, eine Schauspielerin, verlobte sich mit dem Beklagten, -einem Großindustriellen, der in der Folge nach Behauptung der Klägerin grundlos vom Verlöbnisse zurücktrat, und begehrt vom Beklagten Ersatz dafür, dass sie infolge des Verlöbnisses vorteilhafte Angebote von Bühnenleitern abgelehnt habe .... Die Arbeitsfähigkeit und die Möglichkeit, sich dadurch Verdienste zu verschaffen, gehört zu jenen Gütern, deren Gesamtheit das Vermögen einer Person im wirtschaftlichen Sinne darstellt .... [Wird die Klägerin] daher durch Zwang oder freiwilligen Entschluss in ihrer Ausnützung gehemmt, tritt eine Minderung des bereits bestehenden Vermögens und nicht etwa nur ein Entgang künftigen Gewinnes ein. ... Erweisen sich die Ausführungen der Klägerin ... als richtig, so war demnach ihr Ersatzanspruch gegen den Beklagten dem Grunde nach ... gerechtfertigt.”
SZ 40/15: Ein Verlöbnis setzt nicht nur die Absicht, sondern auch ein gegenseitiges Versprechen voraus, einander zu heiraten.
SZ 62/5: Verlöbnisse können auch konkludent (§ 863 ABGB) geschlossen werden. Der Zeitpunkt der Eheschließung muss aber ebenso wenig vorausbestimmt sein, wie die Einzelheiten der gemeinsamen Zukunft.
GlU 12.111: Eine „Abfertigung” wegen eines nicht eingelösten Eheversprechens verstößt nicht gegen die guten Sitten und ist keine Schenkung; vgl dazu Gschnitzers Kategorie der entgeltfremden (Rechts)Geschäfte → KAPITEL 5: Weitere Einteilungsgesichtspunkte.
GlU 4700: Die Ursache zum Rücktritt nach § 46 ABGB muss nach dem Verlöbnis entstanden sein.
SZ 10/105: Nach § 46 ABGB ist nur der wirkliche oder positive (Vermögens)Schaden zu ersetzen → KAPITEL 9: Vermögensschäden.
SZ 26/246: Der Begriff Schaden umfaßt jede Vermögensverminderung, die ohne Verlobung nicht aufgetreten wäre.
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IV. Nichteheliche Lebensgemeinschaft
Literaturquelle
Immer mehr Österreicherinnen und Österreicher meinen, man müsse nicht heiraten, um eine Familie zu gründen oder zusammenzuleben; 1978 waren es 27% und 1997 schon 40%. – Und: 80% der 25jährigen Frauen ziehen es heute vor, einmal ohne Trauschein zusammenzuleben, bei den heute 50jährigen waren es lediglich 20% gewesen. Und noch im Alter von 25 bis 29 Jahren lebt jedes dritte Paar ohne Trauschein zusammen, bei den 35- bis 39jährigen ist es jedes zehnte Paar.
1. Lebensgemeinschaft – Ehe
Unter einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft verstehen wir eine auf längere Dauer ausgerichtete Verbindung zweier Personen (verschiedenen Geschlechts) ohne die strengen rechtlichen Voraussetzungen und Wirkungen der (Zivil)Ehe. Rechtlich wird die Lebensgemeinschaft zwar in einzelnen Bestimmungen anerkannt, eine generelle Definition des Begriffs und eine umfassende Regelung der Beziehungen der Partner kennt das österreichische Familienrecht jedoch nicht. Die Judikatur versteht unter einer Lebensgemeinschaft das Vorliegen einer auf längere Dauer gerichteten Wohnungs-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft zweier Personen verschiedenen Geschlechts. Diese Merkmale müssen grundsätzlich kumulativ vorliegen, doch kann in Einzelfällen auch eines davon weniger stark ausgeprägt sein oder fehlen.
Eine Lebensgemeinschaft begründet grundsätzlich weder gegenseitige Unterhalts-, Erb-, noch sozial(versicherungs)rechtliche Hinterbliebenenrentenansprüche; gemeinsame Kinder gelten als unehelich. Vgl aber → Vereinzelte Gleichstellungen
Beachte
Rechtssprechungsbeispiel
JBl 1991/589: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft stellt aber ein von der Gesetzgebung in einzelnen Bestimmungen anerkanntes und rechtlich geschütztes familienrechtlichesVerhältnis dar;
Seit SZ 27/134 entspricht es stRspr, dass der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Gatten während einer Lebensgemeinschaft mit einem anderen Partner– mangels einer zulässigen gegenteiligen Vereinbarung (RZ 1982/3) – ruht (JBl 1991, 589), gleichviel ob der Unterhaltsbedarf in der Lebensgemeinschaft tatsächlich gedeckt wird. Wird die Lebensgemeinschaft beendet, lebt der Unterhaltsanspruch nicht automatisch wieder auf. Das Wiederaufleben setzt vielmehr Geltendmachung – Einmahnung – voraus. Diese Judikatur wurde mE zurecht heftig kritisiert und führt u.a. dazu, dass viele Geschiedene ihre neue Lebensgemeinschaft zu verschleiern versuchen; dennoch hält der OGH bislang in ihr fest.
Der OGH gewährt dem unterhaltspflichtigen Teil den Ersatz der Detektivkosten für das Ausforschen einer Lebensgemeinschaft nach Ehescheidung; JBl 1998, 723 mwH. (Diese Position bedarf präzisierender Einschränkungen!)
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2. Vereinzelte Gleichstellungen
In verschiedenen Gesetzen wird auf die Lebensgemeinschaft Bezug genommen. Bei diesen Normen geht es dem Gesetzgeber idR darum, Lebensgefährten Ehepartnern (zu ihrem Vorteil oder Nachteil) gleichzustellen, etwa weil eine Ungleichbehandlung ungerecht/unsozial wäre oder die Interessen Dritter geschützt werden sollen; vgl die folgenden Rspr und Gesetzesbeispiele:
Rechtssprechungsbeispiel
So sind etwa Lebensgefährten wie Ehepartner beim Tod gegenseitig berechtigt in den Mietvertrag einzutreten (§ 14 Abs 2 und 3 MRG): sog Eintrittsrecht. Der OGH wandte das Eintrittsrecht aber nicht auf gleichgeschlechtliche Paare an; vgl Schweighofer, Kein Eintrittsrecht für Homosexuelle, wobl 1998, 262.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat sich aber in einer E vom 23.7.2003 (Application no. 40016/98) mit § 14 MRG auseinandergesetzt und entschieden, dass gleichgeschlechtliche Lebensgefährten im Mietrecht verschiedengeschlechtlichen gleichzustellen sind. Gesetzliche Benachteiligungen, die nicht in einem Zusammenhang mit den (zulässigerweise) geschützten familienrechtlichen Werten stehen bzw keine „familienpolitischen Wirkungen” entfalten seien unzulässig. Diese E könnte zB dort Auswirkungen haben, wo rechtliche Reglungen der Lebensgemeinschaft „nur” vermögensrechtliche oder individuelle Auswirkungen haben (zB in der Arbeitslosenversicherung bei der Pflegefreistellung oder im Straf- und Strafprozessrecht).
• Auch beziehen die Bestimmungen gem §§ 382 b, c und d EO (Schutz vor Gewalt in der Familie) Lebensgefährten in den Angehörigenbegriff ein – Wegweisungsrecht, Aufenthaltsverbot usf.
• Im Strafverfahren gegen den/die PartnerIn steht Lebensgefährten ein Zeugnisentschlagungsrecht zu (§ 72 Abs 2 StGB vgl auch §§ 166, 299 Abs 3 und 4 StGB und § 152 Abs 1 StPO).
• Das UrlaubsG zählt LebensgefährtenInnen neben EhegatteIn zu den nahen Angehörigen, bei deren Krankheit ein Anspruch auf Pflegefreistellung besteht.
• Nach § 2 Abs 1 FMedG ist eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung nur in einer Ehe oder eheähnlichen Lebensgemeinschaft zulässig.
• § 123 Abs 8 ASVG: Mitversicherungsmöglichkeit für Lebensgefährten.
• Gemäß § 20 Abs 2 AlVG ist bei faktischer Unterhaltsleistung für Lebensgefährten unter bestimmten Voraussetzungen ein Familienzuschlag zum Arbeitslosengeld zu gewähren.
• § 167 ABGB: Gemeinsame Obsorge der im gemeinsamen Haushalt lebenden Eltern für uneheliche Kinder (auf Antrag beider Elternteile).
• Zu ihrem Nachteil Ehepartnern gleichgestellt werden Lenbesgefährten zB bei den Bestimmungen hinsichtlich der Gläubigeranfechtung (§§ 32 Abs 1 KO und 4 Abs 1 AnfO).
• Gemäß § 6 NotstandshilfeVO ist das von Lebensgefährten arbeitsloser Personen erzielte Einkommen – unter Berücksichtung gewisser Freibetragsgrenzen – anzurechnen.
Rechtssprechungsbeispiel
JBl 2003, 118: Lebensgefährtin einer seit 20 Jahren bestehenden Lebensgemeinschaft klagt nach dem Tod ihres Lebensgefährten, der nach einer Leistenoperation an postoperativen Problemen (Darmperforation) starb auf Schadenersatz. – OGH verneint einen Anspruch nach § 1327 ABGB; dieser umschreibe den Kreis der Anspruchsberechtigten erschöpfend – ein Lebensgefährte gehört, da er keinen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hat, nicht dazu. Der Schmerzengeldanspruch nach § 1325 ABGB wird jedoch bejaht. Zu den nahen Angehörigen, die Schadenersatz wegen eines durch eine Todesnachricht erlittenen Schocks mit Krankheitswert verlangen können, gehört auch Lebensgefährten/innen Getöteter.
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3. Vertragliche Regelung?
Immer wieder wird diskutiert, ob die Lebensgemeinschaft rechtlich stärker geregelt werden soll: Probleme tauchen zB sehr häufig auf, wenn während der Lebensgemeinschaft gemeinsame Vermögenswerte angeschafft wurden; bspw Hausbau, Wohnung, Einrichtung, Auto und sich die Partner nach Auflösung der Lebensgemeinschaft nicht über deren Aufteilung einigen können. Das Eherecht nimmt hier auf die besondere Fallkonstellation einer durch emotionale Bindungen geprägt gewesenen Wirtschaftgemeinschaft Bedacht und bietet Regelungen für den wirtschaftlichen Ausgleich beim Auseinandergehen. Vergleichbare Regelungen für die Lebensgemeinschaft gibt es nicht. Hier empfiehlt sich uU eine individuelle, vertragliche Regelung, wenn spätere Unannehmlichkeiten vermieden werden sollen. In einer solchen Vereinbarung kann noch bei bestem Einvernehmen im vorhinein zB eine Vermögensaufteilung für den Fall der einseitigen oder einvernehmlichen Auflösung der Lebensgemeinschaft vorgenommen werden. Auch letztwillige Verfügungen können, ja sollten getroffen werden.
Allerdings muss bei „Lebensgemeinschaftsverträgen” auf eine allfällige Sittenwidrigkeit geachtet werden besonders dann, wenn ein Partner noch verheiratet ist (keine grobe Benachteiligung von EhepartnerIn oder Kindern).
Zu einem allfälligen nachträglichen Bereicherungsausgleich → KAPITEL 5: Zweckverfehlende Arbeitsleistungen ¿ Hausbau von Lebensgefährten.
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4. Rechtspolitischer Ausblick: Frankreich
Eine interessante Entwicklung ist aus Frankreich zu berichten. Dort ist seit Dezember 1999 ein Pacte civil de solidarité in Kraft. Dieser „ Pacs” schafft einen neuen gesetzlichen Rahmen für das Zusammenleben von zwei erwachsenen Menschen, die nicht verheiratet sind. Dieses Rechtsstatut gilt sowohl für gleichgeschlechtliche wie heterosexuelle Lebensgemeinschaften. Ein „Pacs” wird von den Rechtspflegern der Amts-(= Bezirks)gerichte registriert. Die Konsequenzen einer solchen Registrierung sind weitreichend und können als eine Art Gütergemeinschaft ohne Ehe bezeichnet werden.
Pacs
Für registrierte Paare gilt:
Konsequenzen
• wechselseitige Unterhaltspflichten
gemeinschaftliche Haftung für (alle) Schulden während des Zusammenlebens
Wohngeld und andere Sozialleistungen können beantragt werden
• (nach drei Jahren) eine gemeinsame Steuererklärung
• im Falle des Todes eines/r Partners/in geringere Erbschaftssteuer, wenngleich mehr als ein Ehepaar.
• Zur Auflösung der Gemeinschaft genügt ein eingeschriebener Brief.
Rechtstatsächliches: Etwa die Hälfte der bereits registrierten Lebensgemeinschaften sind heterosexuelle Paare. Innerhalb der ersten drei Monate wurden etwa 30.000 Pacs geschlossen. Das französische Justizministerium rechnet künftig mit 140.000 Pacs-Verträgen jährlich. Zum Vergleich: In Frankreich werden pro Jahr 260.000 Ehen geschlossen und 450.000 neue Lebensgemeinschaften eingegangen.
Überlegen Sie: Was könnte Österreich übernehmen, was bleibt besser weg? Was halten Sie bspw von der Schuldentragungsregel?
Auch Deutschland hat es (hetero- und homosexuellen) Paaren ermöglicht, eine „eingetragene Lebenspartnerschaft” einzugehen. Verbessert wird danach die Stellung dieser Paare vor allem im Steuer- und Erbrecht. Registrierte Partnerschaften (in unterschiedlicher rechtlicher Ausgestaltung) als weitere Form des Zusammenlebens neben Ehe und unformalisierter Lebensgemeinschaft (oder die Möglichkeit der „Homosexuellenehe”) kennen u.a. auch Dänemark, Norwegen, Finnland, Schweden, Portugal und die Niederlande.
Literaturquelle
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V. Die Ehe
Rechtsquellen: §§ 44 ff und 89 ff ABGB; EheG; PStG 1983
Literaturquelle
Zu den unterschiedlichen Leitbildern über die Rollenverteilung der Gatten in der Ehe etwa im alten Griechenland, China oder der späteren christlichen Doktrin: M. Foucault, Sexualität und Wahrheit Bd 2, Der Gebrauch der Lüste 181 ff (stw 717, 1989), mwH; aber auch Bd 3: Die Sorge um sich zB 235 ff – Plutarchs Coniugalia praecepta (20006). Die Rollenverteilung in der Ehe blieb lange unverändert. Der Außenwirkung des Mannes – er ackert, sät, erntet, jagd, zieht die Herden auf und bringt seine Erträge ins Haus, in welchem die Frau waltet und auf die Kinder und das Gesinde achtet; das heißt, das vom Mann Empfangene aufnimmt, verwahrt, verwertet und den Mitgliedern des Hauses die Mittel nach ihren Bedürfnissen zuteilt – steht die Innenwirkung der Frau gegenüber. Diese Form der Gemeinsamkeit (koinonia) in der Ehe pflegten die alten Griechen, und sie blieb (zumindest in wohlhabenden Familien) fast unverändert bis ins 19. und 20. Jhd. Erst die Industrialisierung ( → Familiensoziologie) änderte diese für natürlich, ja gottgewollt gehaltene Ordnung.
Rechtsgeschichte
Der teilweise hohe rechtliche Entwicklungsstand der Ehe in der griechisch-römischen Antike (vgl zB die Reflexion der Gattenbeziehung im Hellenismus oder bei den Stoikern der römischen Kaiserzeit oder in Plutarchs „Coniugalia praecepta”) geht während der Jahrhunderte nach dem Zusammenbruch des römischen Imperiums und im Mittelalter auch durch christlichen Einfluss verloren und drängt erst am Ende der Aufklärung wiederum nach gesellschaftlicher Anerkennung. Zu all dem M. Foucault, aaO Bd 3, Die Sorge um sich 197 ff (20006).
1. Der Ehevertrag
Berühmt ist die Definition des ABGB, das in § 44 den Begriff der Ehe umschreibt:
§ 44 ABGB
„Die Familienverhältnisse werden durch den Ehevertrag gegründet. In dem Ehevertrage erklären zwei Personen verschiedenen Geschlechtes gesetzesmäßig ihren Willen, in unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben, Kinder zu zeugen, sie zu erziehen, und sich gegenseitig Beistand zu leisten.”
Die Verlobten müssen, bei gleichzeitiger und persönlicher Anwesenheit vor dem Standesbeamten des Trauungsortes (§ 15 Abs 1 EheG) erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen; sog obligatorische Zivilehe. § 17 EheG regelt die Form der Eheschließung näher: Nach Abs 1 wird die Ehe dadurch geschlossen, „dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen”; und Abs 2 ergänzt, dass diese Erklärungen nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung [Befristung → KAPITEL 13: Die Befristung] abgegeben werden” dürfen. Die Verletzung dieser Vorschriften bewirkt eine nichtigeEhe (§ 21 EheG).
obligatorische Zivilehe
Nähere Bestimmungen über den Ablauf der Eheschließung enthalten EheG und PStG 1983. – Die Formvorschriften für die Eheschließung dienen auch der Publizität dieses wichtigen Rechtsaktes und damit der Rechtssicherheit → KAPITEL 15: Die Form (im Privatrecht). – Von fakultativer Zivilehe spricht man, wenn es der Staat den Eheschließenden freistellt, ob sie zivil oder im Rahmen einer Religionsgesellschaft getraut werden wollen. Österreich kennt sie nicht.


Zahl der Eheschließungen und Scheidungen
Abbildung 16.6:
Zahl der Eheschließungen und Scheidungen
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2. Ehefähigkeit und Eheverbote
Das Eingehen einer gültigen Ehe setzt voraus, dass sie in bestimmter Form von zur Ehe befähigten Personen (Ehefähigkeit) geschlossen wird und dass keine Eheverbote vorliegen.
Die Ehefähigkeit entspricht grundsätzlich der Geschäftsfähigkeit; Ehemündigkeit. – Geschäftsunfähige können grundsätzlich keine Ehe schließen (§ 2 EheG), beschränkt Geschäftsfähige nur mit Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters und – allenfalls – ihres Erziehungsberechtigten (§ 3 Abs 1 und Abs 2 EheG).
Männer und Frauen werden seit dem KindRÄG 2001 mit dem vollendeten 18. Lebensjahr ehemündig § 1 Abs 1 EheG.
Ehemündigkeit
§ 1 Abs 2 EheG sieht nunmehr vor: „Das Gericht hat eine Person, die das [16.] Lebensjahr vollendet hat, auf ihren Antrag für ehemündig zu erklären, wenn der künftige Ehegatte volljährig ist und sie für diese Ehe reif erschein.”Ein verheiratetes minderjähriges Kind steht hinsichtlich seiner persönlichen Verhältnisse einem Volljährigen gleich, solange die Ehe dauert.” (§ 175 AGBG)
Fehlt die Ehemündigkeit ist die Ehe unwirksam.
Bei den Eheverboten wird zwischen absoluten (deren Übertretung die Nichtigkeit der Ehe bewirkt) und schlichten Eheverboten (ohne solche Rechtsfolgen) unterschieden.
Absolute Eheverbote sind zB die Blutsverwandtschaft(§ 6 EheG) oder die Doppelehe(§ 8 EheG – Prinzip der Einehe). Ein schlichtes Eheverbot stellt zB das Fehlen von (Trauungs)Zeugen dar.
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3. Persönliche Rechtswirkungen der Ehe
Leitbild der partnerschaftlichen Ehe: Für die persönlichen Rechte und Pflichten der Ehegatten zueinander gilt der Gleichheitsgrundsatz (§ 89 ABGB): „Die persönlichen Rechte und Pflichten der Ehegatten im Verhältnis zueinander sind ... gleich.”
Partnerschaft
Das heißt, die Ehegatten haben grundsätzlich dieselben Rechte und Pflichten, sie sollen ihre eheliche Beziehung einvernehmlich gestalten und eine partnerschaftliche Ehe führen, gemeinsame Vorstellungen über die Kindererziehung haben, und die Erwerbs- und Haushaltstätigkeit soll mit dem Ziel voller Ausgewogenheit der Beiträge einvernehmlich gestaltet werden.
Vgl damit noch die Fassung des § 91 ABGB (von 1811): „Der Mann ist das Haupt der Familie. In dieser Eigenschaft steht ihm vorzüglich das Recht zu, das Hauswesen zu leiten; es liegt ihm aber auch die Verbindlichkeit ob, der Ehegattin nach seinem Vermögen den anständigen Unterhalt zu verschaffen, und sie in allen Vorfällen zu vertreten.”
Das geht zurück auf das Alte Testament; 1 Mos 3 (Genesis): „Zum Weibe sprach Gott: Schmerzvolle Mutterschaft will ich dir bereiten, und doch gehe nach dem Manne dein Verlangen, der über dich herrschen soll.”
Geregelt sind die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe in den §§ 89-100 ABGB.
Die Ehegatten sollen eine umfassende Lebensgemeinschaft führen (§§ 90 Abs 1 und 91 ABGB): Sie beinhaltet eine Geschlechtsgemeinschaft, die Verpflichtung zur gegenseitigen Treue und das gemeinsame Wohnen (Ehewohnung), die Pflicht zu anständiger Begegnung und zu gegenseitigem Beistand. § 91 ABGB wurde durch das EheRÄG 1999 neu gefasst.
Rechtssprechungsbeispiel
SZ 73/28 = JBl 2000, 517: Die aus § 90 ABGB folgenden rein persönlichen Rechte und Pflichten der Ehegatten sind während aufrechter Ehe nicht einklagbar.
Ein Verlegen der gemeinsamen Wohnung aus gerechtfertigten Gründen ist heute ebenso möglich wie die gesonderte Wohnungsnahme eines Ehepartners zB bei Unzumutbarkeit, wie körperlicher Bedrohung oder aus sonstigen wichtigen persönlichen Gründen (§ 92 ABGB). – In Weiterentwicklung des Ansatzes in § 92 Abs 2 ABGB hat der Gesetzgeber 1996 ein Gesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie beschlossen. Die Bestimmungen zum Schutz vor Gewalt in der Familie finden sich nun in den §§ 382 b, 382 c, 382 d EO und § 38 a Sicherheitspolizeigesetz. Die Interessen bedrohter Familienmitglieder können danach geschützt werden (u.a. durch Ausweisung der gewalttätigen Person aus der Wohnung, Rückkehrverbot, Verbot des Aufenthalts an bestimmten Orten).
gemeinsame Wohnung
Die von der Rspr zur gesonderten Wohnungsnahme wegen Gewalttätigkeit gemäß § 92 Abs 2 ABGB entwickelten Grundsätze bilden auch die maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung von Ehegatten betreffende Verfügungen nach § 382 b EO → KAPITEL 19: Exekutionsverfahren.
Rechtssprechungsbeispiel
EvBl 1999/86: Zu den Voraussetzungen der einstweiligen Zuweisung der Ehewohnung (§ 97 ABGB) an einen Ehegatten (§ 382 Abs 1 Z 8 lit c und § 382b EO).
EvBl 1999/198: Voraussetzungen für die Erlassung eines Auftrags an den Antragsgegner, das Zusammentreffen sowie die Kontaktaufnahme mit der Antragstellerin zu meiden (§ 382 Abs 2 EO und GeSchG 1996).
Auch an der Haushaltsführung haben die Gatten nach den persönlichen Verhältnissen möglichst einvernehmlich mitzuwirken (§ 95, 1. Satz ABGB); dh es sind zB berufliche oder sonstige körperliche und seelische Belastungen zu berücksichtigen.
Haushaltsführung
• Ist ein Ehegatte nicht erwerbstätig, obliegt ihm die Haushaltsführung (§ 95, 2. Satz ABGB). Der berufstätige Teil ist jedoch in seiner Freizeit zur Mithilfe im Haushalt verpflichtet (§ 90 Abs 2 ABGB idFd EheRÄG 1999) – sog Hausfrauen- oder Hausmannehe. Der den Haushalt führende, nicht berufstätige Teil hat gegen den anderen einen Unterhaltsanspruch in Natur (Kleider, Essen, eigenes Geld etc) und/oder Geld.
Schlüsselgewalt: Der haushaltsführende Teil, der keine Einkünfte hat, vertritt den anderen bei Rechtsgeschäften des täglichen Lebens, die er für den gemeinsamen Haushalt schließt und die zur Führung eines derartigen Haushalts gehören (§ 96 ABGB); zB: Kauf von Küchengeräten, Nahrungsmitteln, Blumen; nicht aber von Haustieren, Luxusartikeln (Pelzmantel oder Perserteppich) etc. Es handelt sich um ein gesetzliches Vertretungsverhältnis, das dadurch widerrufen werden kann, dass der „andere Ehegatte dem Dritten zu erkennen gegeben hat, dass er von seinem Ehegatten nicht [mehr] vertreten sein wolle”. – Der letzte Satz des § 96 ABGB behandelt den Fall, dass „der Dritte” aus den Umständen nicht erkennen kann, dass der Handelnde (Ehegatte) als Vertreter auftritt und lässt in diesem Falle „beide Ehegatten zur ungeteilten Hand” haften.
Schlüsselgewalt
Beispiel
Soweit ihm dies zumutbar und nach den Lebensverhältnissen der Partner üblich ist, hat der Ehepartner im Erwerb des andern mitzuwirken (§ 90 Satz 2 ABGB). Maßgeblich sind zB das vorhandene Vermögen und sonstige Verpflichtungen, wie Kindererziehung und Haushaltsführung.
Mitwirkungspflicht
Üblich ist die Mitarbeit in der Landwirtschaft, Kleinbetrieben, aber auch bei Freiberuflern, zB Ärzten oder Rechtsanwälten. Häufig werden aber auch Arbeitsverträge geschlossen, zB Mann einer Anwältin arbeitet in der Kanzlei mit.
Der/die Mitwirkende hat einen Anspruch auf angemessene Vergütung (§ 98 ABGB). Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach Art und Dauer der Leistung. Hier sind die gesamten Lebensverhältnisse des Ehepaares zu berücksichtigen (so insbesondere der geleistete Unterhalt). Es handelt sich nicht um einen arbeitsrechtlichen Anspruch, sondern um eine familienrechtliche Gewinnbeteiligung; dh es gebührt ein angemessener Anteil am erzielten Gewinn. – Ein möglicherweise (dennoch) geschlossener Arbeits- oder Werkvertrag geht aber vor (§ 100 ABGB). § 99 ABGB bestimmt, dass Abgeltungsansprüche wegen Mitarbeit eines Gatten vererblich sind, und unter Lebenden oder von Todes wegen übertragbar und verpfändbar sind, soweit sie durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht worden sind.
Zur Verjährung der Ansprüche nach § 98 ABGB → KAPITEL 13: § 1486a ABGB.
Auch zum Unterhalt (§ 94 ABGB) sollen beide Gatten möglichst gemeinsam beitragen. Beide haben „nach ihren Kräften [sog „Anspannungstheorie”] und gemäß der Gestaltung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft” zur Deckung ihrer Lebensbedürfnisse gemeinsam beizutragen. Sind zB beide erwerbstätig, verdient einer aber doppelt so viel, muss dieser auch mehr beitragen. Führt einer den Haushalt, leistet er dadurch seinen Beitrag zur Bestreitung des Lebensaufwandes und hat gegen den anderen Teil einen Unterhaltsanspruch. – Auf Unterhalt kann im Voraus nicht verzichtet werden (§ 94 Abs 3 ABGB). Ein Teilverzicht ist jedoch möglich. In § 94 Abs 3 wurde durch das EheRÄG 1999 folgender 1. Satz eingefügt: „Auf Verlangen des unterhaltspflichtigen Ehegatten ist der Unterhalt auch bei aufrechter Haushaltsgemeinschaft ganz oder zum Teil in Geld zu leisten, soweit nicht ein solches Verlangen, ..., unbillig wäre.” Haben die Ehepartner keine Unterhaltsvereinbarung getroffen, gibt das Gesetz nur Richtlinien vor. Über die Höhe des Anspruchs trifft es keine Aussage. Die Judikatur orientiert sich an Prozentsätzen des Nettoeinkommens.
gemeinsamer Beitrag zum Unterhalt
Der nicht erwerbstätige haushaltsführende Ehegatte hat Anspruch auf 33 % des Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen (evtl verringert, wenn dieser sonstige Sorgepflichten hat).
Sind beide Teile berufstätig und führen gemeinsam den Haushalt, hat der schlechter verdienende Teil gegen den anderen einen Ergänzungsanspruch von 40 % des Nettofamilieneinkommens abzüglich des eigenen Einkommens.
In Österreich lag die Beschäftigungsquote der Frauen 2001 bei 60,1 %. Damit liegen wir über dem Durchschnitt der EU-Staaten (54,9 %) und im Ländervergleich der EU-Staaten an 7. Stelle. Spitzenreiter ist Dänemark, wo 72 % der Frauen erwerbstätig sind, gefolgt von Schweden, Finnland und den Niederlanden (70,4 %; 65,4 %; und 65,2 %). Schlusslichter sind Griechenland, Italien und Spanien (40,9 %; 41,1 % und 41,9 %); Quelle: EUROSTAT.
Rechtssprechungsbeispiel
Beispiele zum Ehegattenunterhalt:
JBl 2002, 449: Ehemann misshandelt Gattin (Hausfrau und 5-fache Mutter) wiederholt. Diese verlässt daher nach 30 Jahren die Ehewohnung und klagt den Mann auf Unterhalt; zur Sicherung des Lebensunterhaltes arbeitet sie nach dem Auszug als Raumpflegerin. – OGH: Das Unterhaltsbegehren ist nicht rechtsmissbräuchlich, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte die Ehewohnung deshalb verlässt, weil ihm ein weiteres Verbleiben nicht mehr zumutbar war. Versucht der Unterhaltsberechtigte aus eigener Kraft, seiner vom Ehegatten verschuldeten prekären finanziellen Situation durch eine Berufstätigkeit zu entrinnen, so darf er bei der Unterhaltsbemessung nicht schlechter gestellt werden, als wäre er seiner Erwerbsfähigkeit nicht nachgegangen. Dem Gesetz ist ein bestimmtes System für die Berechnung eines Unterhaltsanspruchs nicht zu entnehmen; Prozentsätze zur Berechnung des Ehegattenunterhalts haben bloß den Charakter einer Orientierungshilfe – Kriterien der Einzelfallgerechtigkeit sind immer auch die besonderen Umstände des Einzelfalls.
SZ 73/179: Während aufrechter Ehe klagt Ehefrau auch Zahlung von rückständigem Unterhalt und höhere laufende Unterhaltsbeiträge. Der Ehemann hatte einen wesentlichen Teil seines Vermögens (16 Mio S) in eine Privatstiftung eingebracht, deren Erträgnisse ihm nicht zufließen. Frau will diese Erträgnisse bei der Berechnung ihres Unterhalts berücksichtigt wissen. – OGH: Der (geld)unterhaltspflichtige Ehegatte ist auf die fiktiven Erträgnisse jenes Vermögens, dessen er sich zugunsten der Stiftung begeben hat, anzuspannen.
JBl 2001, 55: Eheleute leben in getrennten Haushalten; der nach § 94 Abs 2 ABGB unterhaltspflichtige Mann verliert seine Arbeit und erhält eine Abfertigung. – OGH: Die Abfertigung stellt einen für die Unterhaltsbemessung heranzuziehenden Einkommensteil dar. Die gesetzliche Abfertigung ist auf Grund ihres Entgeltcharakters auf so viele Monate aufzuteilen, als sie den darin enthaltenen Monatsentgelten entspricht. Andere Einmalzahlungen – wie auch die freiwillige Abfertigung – sind auf Grund ihrer Funktion als Ersatz des Einkommensausfalls auf die einzelnen Monate so aufzuteilen, dass unter Berücksichtigung des dem Unterhaltsschuldner an Stelle des Arbeitseinkommens zufließenden Einkommens etwa der Betrag seines letzten durchschnittlichen Einkommens erreicht wird.
Literaturquelle
Die Ehegatten hatten in Österreich lange einen gemeinsamen Familiennamen zu führen; seit 1.5.1995 kann – wie in vielen anderen Ländern – jeder Gatte seinen bisherigen Namen behalten. In diesem Fall haben die Gatten aber den Familiennamen der gemeinsamen Kinder zu bestimmen (§ 93 Abs 3 ABGB). Können sich die Eltern nicht auf den Familiennamen für ihre Kinder einigen, erhält das Kind den Familiennamen des Vaters (Gleichheitsgrundsatz?). – Die Ehegatten können aber auch entweder den Namen der Frau oder den des Mannes als gemeinsamen Familiennamen wählen. Das Gesetz geht nämlich grundsätzlich noch davon aus, dass die Ehegatten einen gemeinsamen Familiennamen führen (§ 93 Abs 1 ABGB). Der andere Teil hat aber dann – wie schon bisher – das höchstpersönliche Recht, seinen bisherigen Namen dem gemeinsamen Familiennamen vor- oder nachzustellen; Recht auf Führung eines Doppelnamens (Bindestrichname; § 93 Abs 2 ABGB). Vgl auch § 93a ABGB: Name nach Auflösung der Ehe.
Familienname
Binnen 10 Jahren können auch Ehegatten, die nach bisherigem Recht als Familiennamen den ihres Partners gewählt haben, einen Antrag auf Namensänderung stellen (§ 72a Abs 4 PStG). Also auch bereits verheiratete Personen profitieren vom NamensrechtsänderungsG, BGBl 1995/25.
Namensänderung
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4. Das Ehegüterrecht
Das Ehegüterrecht regelt die Vermögensverhältnisse zwischen den Gatten. Es gibt verschiedene Systeme:
Güterrechtssysteme
• Gütertrennung,
• Gütergemeinschaftund
• Zugewinngemeinschaft.
Literaturquelle
Das ABGB sieht als gesetzlichenGüterstand (dh: dieser gilt auch ohne Vereinbarung zwischen den Gatten) die Gütertrennung vor (§ 1237 ABGB), überlässt es aber den Ehegatten, sich durch Ehepakt, also vertraglich, auf ein anderes System zu einigen – vertraglicher Güterstand. Die gesetzliche Zugewinngemeinschaft der §§ 81 ff EheG gilt nur im Fall der Auflösung der Ehe; dazu gleich unten.
Gütertrennung
Rechtsvergleich: Gesetzlicher Güterstand in Deutschland ist die Zugewinngemeinschaft, die aber durch Vertrag abbedungen werden kann. – Deutschland (§§ 1358 ff dtBGB) kennt ein eigenes Güterrechtsregister für Eintragungen, die das vertragliche eheliche Güterrecht betreffen.
Das System der Gütertrennung sieht vor, dass jeder Ehegatte Eigentümer des von ihm in die Ehe eingebrachten und während der Ehe erworbenen Vermögens bleibt (§ 1237 ABGB). Jeder Gatte verwaltet und nützt sein Gut selbständig und haftet nur für eigene Schulden.
Die Gütergemeinschaft (§§ 1233–1236 ABGB) wird durch Ehepakt, für den die Form eines Notariatsakts notwendig ist, begründet. Sie kann das ganze gegenwärtige undkünftige Vermögen oder nur bestimmte Teile – zB die gesamte Fahrnis – betreffen. Im Zweifel wird die Beschränkung auf das gegenwärtige Vermögen rechtlich vermutet (§ 1233 ABGB). – Bei der Gütergemeinschaft unter Lebenden ist jeder Gatte Miteigentümer an allen Vermögensobjekten. Bei der Gütergemeinschaft auf den Todesfall besteht während der Ehe Gütertrennung und erst beim Tod eines Gatten wird dessen Vermögen geteilt; eine Hälfte fällt an den überlebenden Gatten, die andere in den Nachlass (§§ 1234, 1235 ABGB).
Gütergemeinschaft
Ein Ehepakt ist ein Vertrag, mit dem die Gatten bei oder nach der Eheschließung eine umfassende Regelung der wirtschaftlichen Seite der Ehe bezwecken (zB Versorgungsfragen oder Vereinbarungen, was zu gelten hat, wenn es zur Auflösung der Ehe kommt). Ehepakte müssen also zumindest weitgehend den gesetzlichen Vermögensstand ersetzen (hier ergeben sich oft Abgrenzungsfragen). – Die praktische Bedeutung der Ehepakte ist zurückgegangen. Noch immer sind sie im bäuerlichen Bereich üblich; sog Anschreiben des einheiratenden Gatten. Leider fehlen brauchbare Zahlen.
Ehepakte
Rechtssprechungsbeispiel
SZ 73/172 = JBl 2001, 309: Ehegatten vereinbaren allgemeine Gütergemeinschaft – im Falle einer Scheidung gehen die Vorschriften des EheG über die nacheheliche Aufteilung (§§ 81 ff) als leges speziales den Regelungen des ABGB (§ 1266) vor. Dies gilt nicht für jenes Vermögen, das der ehelichen Aufteilung entzogen ist; hier: bäuerliches „Unternehmen” iSd § 82 Abs 1 Z 3, 4 EheG. Bei Scheidung ohne Verschulden wird der Ehepakt ex nunc aufgehoben. Jeder Ehegatte hat grundsätzlich Anspruch auf Rückstellung dessen, was er in die Ehe eingebracht hat. Bei Wertsteigerungen aus der Sache selbst (zB Marktwert) kommt es zur Aufteilung nach den Wertverhältnissen zum Einbringungszeitpunkt. Bei Wertsteigerungen durch Arbeitsleistungen/Investitionen bestimmt der Beitrag zur Werterhöhung den Anteil.
JBl 2002, 110: Ehegatten schließen Ehepakt (allgemeine Gütergemeinschaft). Frau versteckt nachher im Schlafzimmer ohne Wissens ihres Mannes ihr Erspartes. – OGH: Der Mann erwarb trotzdem daran Miteigentum; der Abschluss des Ehepaktes ist sowohl Titel als auch Modus (iSe vorweggenommenen Besitzkonstituts).
Bei der Zugewinngemeinschaft (§ 81–97 EheG) besteht während der Ehe Gütertrennung und erst nach Auflösung der Ehe wird der während der Ehe erzielte Zugewinn (also nur der während der Ehe gemeinsam erzielte Erwerb) geteilt. Die Aufteilung erfolgt nach Billigkeit (im Gegensatz zur Rechtslage in anderen Ländern wie Deutschland, Frankreich, Italien, Schweiz, wo grundsätzlich von einer Hälfteteilung des Zugewinns ausgegangen wird). – In Österreich gilt seit 1.7.1978 eine beschränkte Zugewinngemeinschaft als gesetzlicher Güterstand. Bei Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe werden:
Zugewinngemeinschaft
• das eheliche Gebrauchsvermögen und
• die ehelichen Ersparnisse unter den Ehegatten aufgeteilt (§§ 81–98 EheG).
Das eheliche Gebrauchsvermögen umfasst alle beweglichen und unbeweglichen Sachen, die während der Ehe dem Gebrauch beider Gatten dienten. Hierzu gehört insbesondere der Hausrat und die Ehewohnung, das gemeinsame Auto aber auch Zweitwohnung, Luxusgüter (zB Segelyacht, Reitpferd) sowie Rechte (zB Anwartschaften), die von beiden gebraucht bzw ausgeübt worden sind (§ 81 Abs 2 EheG).
eheliches Gebrauchsvermögen
Eheliche Ersparnisse sind Wertanlagen, die die Ehegatten während ihrer Ehe ansammeln und die ihrer Art nach üblicherweise für eine Verwertung bestimmt sind (§ 81 Abs 3 EheG); zB Sparbücher oder eine Kunstsammlung.
Ersparnisse
Von der Aufteilung ausgenommen sind Sachen, die von einem Ehegatten:
Von der Aufteilung ausgenommen sind ...
• in die Ehe eingebracht,
• von Todes wegen erworben
• oder ihm von Dritten geschenkt wurden;
• weiters Sachen, die dem persönlichen Gebrauch eines Ehegatten allein (zB Schmuck)
• oder der Ausübung seines Berufs (zB Bücher, PC, Werkzeug) dienen;
• ebenso Sachen, die zu einem Unternehmen gehören oder Unternehmensanteile, außer es handelt sich um bloße Wertanlagen (§ 82 Abs 1 und § 91 Abs 2 EheG). – Die Ausnahme für Unternehmen ist rechtspolitisch stark umstritten. Sie soll einer wirtschaftlichen Gefährdung von Unternehmen vorbeugen, läuft aber dem Partnerschaftsprinzip in der Ehe zuwider und ermöglicht vermögensrechtliche Manipulationen zu Lasten eines Partners.
Nach § 82 Abs 2 EheG werden die Ehewohnung sowie Hausrat, auf dessen Weiterbenützung ein Ehegatte oder ein gemeinsames Kind angewiesen ist, in die Aufteilung auch dann einbezogen, wenn sie ein Ehegatte in die Ehe eingebracht, von Todes wegen erworben oder sie ihm von einem Dritten geschenkt wurden. – Zur Sicherung des dringenden Wohnbedürfnisses eines Ehegatten vgl § 382d EO.
Ehewohnung und Hausrat
Rechtssprechungsbeispiel
JBl 1999, 728: Ein Leistungsanspruch auf Übertragung der Mietrechte an der Ehewohnung ist § 97 ABGB nicht zu entnehmen. Eine gerichtliche Anordnung der Übertragung von Mietrechten an den anderen Ehegatten kann erst im Aufteilungsverfahren nach Scheidung erfolgen.
Die Aufteilung kann im Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe einvernehmlich erfolgen; sog Aufteilungsvergleich. Sonst kann jede Partei binnen 1 Jahres nach Auflösung der Ehe einen Aufteilungsantrag im Außerstreitverfahren stellen, wobei die Richter nach Billigkeit teilen und zB das Wohl der Kinder und den Beitrag jedes Gatten zum Erwerb der Aufteilungsmasse etc berücksichtigen (§ 83 EheG). Bei der Aufteilung haben die Außerstreitrichter einen breiten Gestaltungsspielraum und können zB die Übertragung von Eigentum oder Anwartschaften von einem an den anderen Partner anordnen oder einen Eintritt in Mietverhältnisse durch den anderen Teil (sogar ohne Zustimmung des Vermieters) anordnen.
Aufteilungsvergleich
Rechtssprechungsbeispiel
EvBl 2001/174: Gattin wird im Rahmen einer Ehescheidung richterlich nach § 87 EheG ein unbefristetes Mietrecht zu üblichen Konditionen an der vormaligen Ehewohnung eingeräumt. Ein Pfandgläubiger (Bank), der auf dieser Liegenschaft eine Hypothek besitzt, wendet Pfandverschlechterung/ Devastation ein und argumentiert mit „materieller Enteignung”. – OGH: Ein Pfandgläubiger, der dadurch eine Pfandverschlechterung erfährt, dass die Ehewohnung an einen früheren Ehepartner vermietet wird, kann eine gerichtlich angeordnete Vermietung zu üblichen Konditionen nicht verhindern.
EvBl 2002/33: Ehegatten sind Miteigentümer der Liegenschaft, auf der ihre Ehewohnung (Einfamilienhaus) gelegen ist. Mann verlässt grundlos Frau und Kind und zieht nach Deutschland. Im ehelichen Aufteilungsverfahren nach der Scheidung wird der Frau auch das Hälfteeigentum des Mannes an der Ehewohnung gegen eine Ausgleichszahlung in 3 Raten ( über 2,5 Jahre) übertragen. Der Mann verlangt ex ante Verzinsung. – OGH: Ob die Ausgleichszahlung vor Fälligkeit zu verzinsen oder auch wertzusichern ist, hängt vor allem davon ab, ob es nach den im konkreten Fall gegebenen Umständen billig erscheint, einen möglichen Kaufkraftverlust oder notwendige Finanzierungskosten durch eine Verzinsung und/oder eine Wertsicherung auszugleichen; zB sehr lange Verfahrensdauer oder Zahlungsfristen.
EvBl 1983/102: § 82 EheG: Anschaffungen während einer vorehelichen Lebensgemeinschaft gehören nach der Auflösung der Ehe nicht in die Aufteilungsmasse. Mündet daher eine Lebensgemeinschaft in eine Ehe, dann behalten die von den Lebensgefährten einzeln oder gemeinsam in die Ehe eingebrachten Sachen ihre bisherige rechtliche Zuordnung, sei es als Eigentum eines der beiden Lebensgefährten, sei es als gemeinschaftliches Eigentum, und gehören im Fall der Auflösung der Ehe nicht in die Aufteilungsmasse.
EvBl 2000/156: Ehegatten errichten 10 Jahre nach ihrer Eheschließung (1961) im Zusammenhang mit einer Erbschaft der Frau eine allgemeine Gütergemeinschaft. Die Gattin bringt die ererbten Grundstücke ein, der Mann seinen Wagnereibetrieb. Nach der Scheidung (1995) aus gleichteiligem Verschulden beantragt die Frau im Aufteilungsverfahren nach §§ 81 ff EheG die (Rück)Übertragung des Hälfteanteils der Liegenschaft gegen Leistung einer Ausgleichszahlung. – OGH entscheidet nicht in der Sache selbst, klärt aber das Verhältnis zwischen §§ 81 ff EheG und § 1266 ABGB mit interessanten Ausführungen.
EvBl 1981/217: Von einem Ehegatten in die Ehe eingebrachter Hausrat, aber auch eine von einem Ehegatten in die Ehe eingebrachte Ehewohnung unterliegen nur dann der Aufteilung, wenn ein Ehegatte auf die Weiterbenützung dieser Sachen zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist (§ 82 Abs 2 EheG). Das Einbeziehen solcher Sachen in das Aufteilungsverfahren kommt aber nur dann in Betracht, wenn der antragstellende Ehegatte deren Zuweisung begehrt, weil er auf die Weiterbenützung angewiesen sei.
SZ 73/59: Während aufrechter Ehe beginnen die Ehegatten gemeinsam ein Haus zu bauen. In einem Notariatsakt verzichtet der Mann für den Fall der Scheidung auf Ansprüche am und aus dem Haus. Nach der Scheidung verlangt der Mann jedoch eine Ausgleichszahlung für die Eigentumsübertragung an die Frau. Er argumentiert, dass der Rohbau als Ehewohnung zum Gebrauchsvermögen gehöre und darüber nicht im Vorhinein verfügt werden könne. – OGH kontert messerscharf: „Rohbau ist keine Ehewohnung”.
Die Rsp sieht aber in anderen E eine Wohnung als Ehewohnung an, wenn sie zwar niemals gemeinsam benutzt wurde, aber als Ehewohnung bestimmt war (vgl SZ 54/126, EFSlG 90.444).
SZ 69/174: Im Rahmen eines Aufteilungsverfahrens nach den §§ 81 ff EheG kann es notwendig sein, dass ein Ehegatte gegen den anderen einen Anspruch auf Rechnungslegung nach dem bürgerlichen Recht oder (wegen Verschweigen oder Verheimlichung von Vermögen) einen solchen auf eidliche Vermögensangabe gemäß Art XLII EGZPO (sog Manifestationsklage) geltend machen muss.
Vgl auch SZ 73/45 = JBl 2000, 671: Die Manifestationsklage des Art 52 EGZPO ist auch auf das eheliche Aufteilungsverfahren analog anzuwenden; allerdings nur die Verpflichtung zur Offenlegung des Vermögens, nicht aber die Rechnungslegung (Teilanalogie).
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5. Die Auflösung der Ehe
Literaturquelle
Die Ehe wird auf natürliche Weise durch den Tod eines Gatten aufgelöst. – Das EheG kennt aber auch die gerichtliche Nichtigerklärung, Aufhebung und Scheidung der Ehe als Auflösungsgründe.
Tod
Im österreichischen Eherecht wurde die Auflösung der Ehe dem Bande nach (= Scheidung) erst 1938 mit der Übernahme des dt EheG im Rahmen der Eingliederung Österreichs ins Deutsche Reich geschaffen. Das ABGB kannte nur die Scheidung von Tisch und Bett, nicht aber dem Bande nach.
a) Die Ehescheidung: Der häufigste Fall der Auflösung einer Ehe ist die Scheidung. 2002 wurden in Österreich 19.597 Ehen geschieden; damit betrug die (Gesamt)Scheidungsrate 44 %. Die Scheidungsrate ist – wie die folgende Folie zeigt – im Verhältnis zu 2001 (46 %) zwar zurückgegangen, liegt aber noch immer über dem Wert von 2000 (43,1 %). – Nach wie vor erfolgen ca 90% der Scheidungen einvernehmlich (§ 55a EheG). – 2001 waren insgesamt 18.961 Kinder von Scheidungen betroffen. 2002 waren es 17.726.
Ehescheidung
Eine Konfliktregelung durch Mediation im Zuge von Ehescheidungen wird seit dem EheRÄG 1999 – ua durch verfahrensrechtliche Bestimmungen – gefördert (vgl § 99 EheG nF, § 460 Z 6 a und 7a ZPO).
Mediation
Die §§ 46 ff EheG regeln die Ehescheidung. Unheilbare Zerrüttung der Ehe wird vorausgesetzt, dh dass die eheliche Gemeinschaft faktisch beendet ist und auch eine Wiederherstellung nicht zu erwarten ist; objektives Zerrüttungsprinzip.
Zerrüttung der ehelichen Gemeinschaft
Wir unterscheiden:
• Scheidung aus Verschulden und
• Scheidung aus anderen Gründen.
§ 49 EheG statuiert als Generalklausel eine Scheidung wegen „schwerer Eheverfehlung”.
Scheidung aus Verschulden
Ein Partner kann Scheidung begehren, wenn der andere (schuldhaft) eine schwere Eheverfehlung gesetzt hat, die für die Zerrüttung der Ehe kausal war.
Ob ein Scheidungsgrund nach dieser Gesetzesstelle vorliegt, ist nach dem Gesamtverhalten des beklagten Ehegatten zu beurteilen; EFSlg 63.352. – „Eheverfehlungen” betrifft ein Verhalten, das sich gegen das Wesen der Ehe und die damit verbundenen Pflichten richtet; EFSlg 51.576, 63.350. – „Schwer” ist eine Verfehlung dann, wenn sie eine völlige Entfremdung der Gatten herbeizuführen vermag; zB böswilliges Verlassen (EFSlg 63.354), Verletzung der Unterhaltspflicht (EFSlg 63.371), grobe Vernachlässigung des Haushalts oder der Kinder (SZ 36/124), beharrliches Verweigern des Geschlechtsverkehrs (EFSlg 63.355), Verletzungen der ehelichen Treue (EFSlg 51.588), übermäßiger Alkoholgenuss (EFSlg 78.615); nicht dagegen die Verweigerung einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung. – Eine unheilbare Zerrüttung der Ehe ist dann anzunehmen, wenn die geistige, seelische und körperliche Gemeinschaft zwischen den Partnern und damit die Grundlage der Ehe objektiv und wenigstens bei einem von ihnen auch subjektiv weggefallen ist (EFSlg 51.601, RZ 1990/78).
Das EheRÄG 1999 hat § 47 (Ehebruch) und § 48 (Verweigerung der Fortpflanzung) aufgehoben. Gleichzeitig wurden die Ehescheidungsgründe wegen Verschuldens in der Generalklausel des § 49 EheG zusammengefasst. Neu ist auch der zweite Satz des § 49 EheG:
„Eine schwere Eheverfehlung liegt insbesondere vor, wenn ein Ehegatte die Ehe gebrochen oder dem anderen körperliche Gewalt oder schweres seelisches Leid zugefügt hat.”
Der Ehebruch ist – entgegen anderslautender häufig kolportierter Gerüchte – also nach wie vor ein Scheidungsgrund, wird aber aus der Gruppe der möglichen Eheverfehlungen nicht mehr gesondert hervorgehoben und geregelt. Die Strafbarkeit des Ehebruchs als Privatanklagedelikt (§ 194 StGB alt) wurde schon 1996 aufgehoben.
Ehebruch
Trotz schwerer Eheverfehlungen ist ein Scheidungsbegehren abzuweisen bei mangelnder sittlicher Rechtfertigung (§ 49 Satz 3 EheG, Eheverfehlung war eine angemessene Reaktionshandlung auf Verfehlungen des klagenden Teils), Verzeihung (§ 56 EheG) oder Fristenablauf (§ 57 EheG, binnen 6 Monaten ab Kenntnis des Scheidungsgrundes – relative Frist bzw. binnen 10 Jahren unabhängig von der Kenntnis des Scheidungsgrundes – absolute Frist).
Scheidung aus anderen Gründen (§ 50 ff EheG):
Scheidung aus anderen Gründen
Geistesstörung (§ 50 EheG), Geisteskrankheit (§ 51 EheG), ansteckende oder ekelerregende Krankheit (§ 52 EheG) und
Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft seit 3 oder 6 Jahren (§ 55 EheG).
Die Scheidung wegen Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft basiert auf dem Zerrüttungsprinzip. Nach dreijähriger Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft kann jeder Ehegatte (auch der an der Zerrüttung schuldige Teil) die Scheidung begehren. Der beklagte Teil kann allerdings dem Scheidungsbegehren widersprechen, wenn der Kläger die Zerrüttung allein/überwiegend verschuldet hat und die Scheidung den Beklagten härter träfe als den klagenden Teil die Abweisung des Scheidungsbegehrens.
Nach einer sechsjährigen Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft besteht eine absolute Scheidungsmöglichkeit ohne Widerspruchsrecht.
Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft
Die häusliche Gemeinschaft ist nach der Rspr dann aufgehoben, wenn ihre drei Merkmale Wohnungs-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft sämtlich weggefallen sind (bei getrennten Lebensbereichen ist das auch innerhalb derselben Wohnung möglich).
Der Begriff der „ehelichen Lebensgemeinschaft” deckt sich nicht mit dem in § 55 EheG verwendeten der „häuslichen Gemeinschaft” → Die Auflösung der Ehe. Entscheidend ist nach der Rspr nicht, ob die Gatten räumlich getrennt leben, sondern ob sie noch ihrer Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft nachkommen (EFSlg 34.016, 66.424).
Rechtssprechungsbeispiel
JBl 2003/320: Ein Jugoslawe heiratet eine Österreicherin, die er seit 3 Monaten kannte, nimmt ihren Namen an und verschwindet noch am Tag der Eheschließung. Nach 6 Jahren begehrt die Frau Scheidung nach § 55 Abs 3 EheG, was der OGH im Gegensatz zu den Unterinstanzen akzeptiert. Obwohl anzunehmen ist, dass hier ein Fall des § 23 EheG (Namens- und Staatsbürgerschaftsehe) vorliegt, wandte der OGH zurecht § 55 Abs 3 EheG an, da der Staatsanwalt den diesbezüglichen Antrag noch gar nicht gestellt hatte.
Daneben gibt es noch die einvernehmliche Scheidung nach § 55a EheG. Der Großteil der Ehen wird – wie erwähnt – einvernehmlich geschieden, was nicht nur rascher geht, sondern meist auch die psychischen Belastungen der Beteiligten reduziert und die hohen Kosten streitiger Scheidungen vermeidet.
Einvernehmliche Scheidung
Voraussetzungen für eine einvernehmlichen Scheidung:
Voraussetzungen
• Ein gemeinsamer Scheidungsantrag der Partner (nicht gleichzeitig erforderlich) beim Außerstreitgericht;
• die eheliche Lebensgemeinschaft muss seit mindestens einem 1/2 Jahr aufgehoben sein;
• beide Ehegatten haben die unheilbare Zerrüttung der Ehe zugestanden
• und haben eine schriftliche und protokollarische Einigung über die wesentlichen Scheidungsfolgen vorgelegt; insbesondere über:
Der auch in einer einvernehmlichen Scheidung steckende Scheidungsvergleich ist die finanzielle und persönliche Ausgangsbasis für den künftigen Umgang der Gatten miteinander und den Kindern. Überlegung und rechtliche Beratung erscheint daher sinnvoll, Unterstützung durch Mediation mag hilfreich sein.
Literaturquelle
Die Scheidungsfolgen betreffen vornehmlich:
Scheidungsfolgen
• die Namensführung,
• den gegenseitigen Unterhalt,
• die Kinder
• die Vermögensaufteilung
• die Schuldentragung.
Geschiedene Gatten behalten grundsätzlich den Namen, den sie während der Ehe geführt haben (§ 62 EheG). Doch kann jeder durch Erklärung vor dem Standesbeamten seinen früheren Familiennamen wieder annehmen (§ 93a ABGB). Aufgehoben durch die Namensrechts-Nov (BGBl 1995/25) wurde die Vorschrift des § 64 EheG, wonach einem Gatten, der allein oder überwiegend schuldig war, vom anderen die Weiterführung des Ehenamens untersagt werden konnte.
Für die Bemessung des Unterhalts nach der Scheidung ist zwischen Scheidung aus Verschulden und ohne Verschulden zu unterscheiden:
Bei der Scheidung aus Verschulden und Scheidung nach den §§ 50–52 EheG mit Schuldausspruch muss der schuldige Teil dem anderen den nach den Lebensverhältnissen der (bisherigen) Ehegatten angemessenen Unterhalt gewähren (§ 66 EheG). Der Unterhalt ist in Form einer monatlichen Geldrente zu leisten (§ 70 Abs 2 EheG) und entfällt bei Tod oder Wiederverheiratung des Unterhaltsberechtigten (§ 75 EheG). Er ruht bei Eingehen einer Lebensgemeinschaft → Nichteheliche Lebensgemeinschaft
Scheidung aus Verschulden
Im Gegensatz zum Unterhaltsanspruch bei aufrechter Ehe ist der unterhaltsberechtigte Teil verpflichtet, seinen Unterhalt durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit zu decken. – Die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit ist von verschiedenen Faktoren abhängig (ua Alter, Ausbildung, bisherige Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse, Arbeitsmarktlage, Betreuungspflichten).
zumutbare Erwerbstätigkeit
Rechtssprechungsbeispiel
EVBl 2000/68: Ein Ehepaar lässt sich aus Verschulden des Ehemannes scheiden. Die Frau geht idF eine neue Lebensgemeinschaft ein, der ein Kind entstammt; der Lebenspartner stirbt, das Kind ist schwerst behindert und braucht ganztägige Betreuung – die Mutter, die Sozialhilfe bezieht, klagt den ehemaligen Ehemann auf Unterhalt, da sie keiner Beschäftigung nachgehen könne. – OGH: Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Erwerbstätigkeit des Unterhaltsberechtigten im Hinblick auf zu betreuende Kinder macht es keinen Unterschied, ob es sich um ein Kind des Unterhaltspflichtigen handelt oder nicht. Die Sozialhilfe wird bei der Berechnung der Unterhaltsleistungen nicht berücksichtigt, da diese nicht bezweckt, den unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten zu entlasten.
Das EheRÄG 1999 hat mit dem neuen § 68a EheG den bisherigen Grundsatz durchbrochen, dass dem schuldig geschiedenen Partner kein Unterhaltsanspruch zusteht. Eingeschränkt ist der verschuldensunabhängige Unterhaltsanspruch aber dadurch, dass dem schuldig geschiedenen Ehegatten „auf Grund der Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes unter Berücksichtigung dessen Wohles nicht zugemutet werden kann, sich selbst zu erhalten ...” (§ 68a Abs 1 EheG). – Eine weitere Durchbrechung des Verschuldensgrundsatzes für den Unterhaltsanspruch statuiert nunmehr § 68a Abs 2 EheG; typischer Fall: Dem schuldig geschiedenen Ehegatten kann wegen seines Alters oder aus Gesundheitsgründen etc nicht zugemutet werden, „sich ganz oder zum Teil selbst zu erhalten”. Ein solcher Unterhaltsanspruch kann aber befristet werden. § 68a Abs 3 EheG nennt Gründe für eine Verminderung oder den Ausschluss eines verschuldensunabhängigen Unterhaltsanspruchs.
Unterhaltsanspruch nach § 68a EheG
Bei gleichteiligem Verschulden und bei Scheidung aus anderen Gründen ohne Schuldausspruch besteht grundsätzlich kein Unterhaltsanspruch (§ 68 EheG). – Dem Ehegatten, der sich nicht selbst erhalten kann, kann aber aus Billigkeit ein Unterhaltsbeitrag zugesprochen werden (§ 69 EheG).
Unterhaltsbeitrag
Bei Scheidung nach § 55 EheG (Auflösung der häuslichen Gemeinschaft) mit Schuldspruch, besteht der bei aufrechter Ehe bestehende Unterhaltsanspruch des beklagten Ehegatten nach § 94 ABGB fort (§ 69 Abs 2 EheG).
Scheidung nach § 55 EheG
Unterhalt nach Scheidung
1. Scheidung wegen Verschuldens
Unterhaltsanspruch
alleiniges/überwiegendes Verschulden eines Ehegatten:Unterhaltsanspruch gem §§ 66 EheG gegenüber dem schuldigen Teil
beiderseitiges Verschulden:grundsätzlich kein Unterhalt, bei mangelnder Erwerbsfähigkeit eines Teils (bescheidener) Unterhaltsbeitrag aus Billigkeit gem § 68 EheG
verschuldensunabhängig:befristeter Unterhaltsanspruch gem § 68a EheG bei Unzumutbarkeit der Erwerbstätigkeit
2. Scheidung aus anderen Gründen
Scheidung nach §§ 50-52 EheG mit SchuldausspruchUnterhalt wie bei Verschuldensscheidung gem § 69 Abs 1 EheG
Scheidung nach § 55 EheG (Auflösung der häuslichen Gemeinschaft) mit SchuldausspruchUnterhaltsanspruch wie bei aufrechter Ehe für den schuldlosen Teil gem § 69 Abs 2 EheG
Scheidung aus anderen Gründen (§§ 50-52 und 55 EheG) ohne Schuldausspruch:Unterhaltsanspruch gegen denjenigen, der die Scheidung verlangt hat, aber nur nach Billigkeit gem § 69 Abs 3 EheG
verschuldensunabhängig:§ 68a EheG ist gem § 69b EheG auch in den Fällen der Scheidung aus anderen Gründen (§§ 50-52 und 55 EheG) entsprechend anzuwenden
3. einvernehmliche Scheidung
Vereinbarung über den Unterhalt (kann auch gegenseitiger Unterhaltsverzicht sein) ist Voraussetzung für die einvernehmliche ScheidungUnterhaltsanspruch gemäß Vereinbarung
Literaturquelle
Literaturquelle
Folgen der Scheidung für die Kinder:
Seit dem KindRÄG 2001 bleibt es auch nach Scheidung bei der gemeinsamen Obsorge beider Elternteile (§ 177 Abs 1 ABGB). Sie müssen sich allerdings darüber einigen, bei welchem Elternteil sich das Kind überwiegend aufhalten soll (§ 177 Abs 2 ABGB). Beide Elternteile können jedoch auch die alleinige Obsorge eines Elternteils vereinbaren (§ 177 Abs. 1 ABGB). Kommt binnen angemessner Frist keine Vereinbarung der Eltern gemäß § 177 ABGB zustande oder entspricht sie nicht dem Wohl des Kindes, hat das Gericht (nach dem Versuch einer gütlichen Einigung) zu entscheiden, welcher Elternteil künftig mit der alleinigen Obsorge zu betrauen ist (§ 177a Abs 1 ABGB).
gemeinsame Obsorge
Auch kann bei Wegfall des Einvernehmens bei gemeinsamer Obsorge jeder Elternteil die alleinige Obsorge beantragen. In diesem Fall hat das Gericht ebenfalls (nach dem Versuch einer gütlichen Einigung) zu entscheiden, welcher Elternteil künftig mit der alleinigen Obsorge zu betrauen ist (§ 177a Abs 2 ABGB).
alleinige Obsorge
Literaturquelle


Von Scheidungen betroffene Kinder
Abbildung 16.7:
Von Scheidungen betroffene Kinder
Rechtssprechungsbeispiel
EvBl 2002/143: Nach Scheidung (1995) wird der Mutter die Obsorge an den beiden ehelichen Kindern übertragen. Nach Inkrafttreten des KindRÄG 2001 will Vater an der Obsorge teilnehmen, was die Mutter strikt ablehnt. – OGH: Die nunmehr in § 177 ABGB vorgesehene Obsorge beider Elternteile ist zwar grundsätzlich auch in Abänderung bestehender Obsorgeregelungen möglich, bei denen ein Elternteil auf Grund der im Zeitpunkt des früheren Ehescheidungsverfahrens geltenden Rechtslage allein mit der Obsorge betraut wurde. Eine derartige Änderung setzt aber zwingend eine Vereinbarung der Eltern voraus, zumal eine Verpflichtung des bisher allein obsorgeberechtigten Elternteils, der Änderung zuzustimmen, nicht besteht, Auch eine Pflicht des Gerichts, auf ein Einvernehmen der Eltern iSd §§ 177a ABGB iVm 182e AußStrG hinzuwirken besteht nicht; es sei denn die gemeinsame Obsorge erscheint im Einzelfall zur Wahrung des Kindeswohls angezeigt.
JBl 2002, 374 = EvBl 2002/82: Nach Scheidung kommt Mutter die Obsorge zu; Sohn will jedoch beim Vater leben und bleibt nach den Osterferien bei ihm. Nach 5 Jahren beantragt der Vater die Übertragung der Obsorge. – OGH: Lebt ein mündiger Minderjähriger bereits seit Jahren in guten, dem Kindeswohl entsprechenden Verhältnissen beim nicht obsorgeberechtigten Elternteil (hier: Vater), so ist sein Wunsch nach einem Obsorgewechsel auch dann zu berücksichtigen, wenn die Obsorgeberechtigte (Mutter) sich nichts hat zuschulden kommen lassen. Die Obsorgeentscheidung ist zukunftsbezogene Rechtsgestaltung und nur dann sachgerecht, wenn sie auf aktueller Sachverhaltsgrundlage beruht. OGH argumentiert de lege ferenda und berücksichtigt bei seiner E bereits eine rechtspolitische Intention der damals schon beabsichtigten Kindschaftsrechts-Reform: die Stärkung der Position Minderjähriger.
SZ 59/144 = JBl 1988, 238 = EvBl 1989/80: Die Zuerkennung der aus den familienrechtlichen Beziehungen erfließenden rein persönlichen Rechte und Pflichten an einen Elternteil, der die Kinder iS einer Religionsgemeinschaft (Zeugen Jehovas) erziehen will, der sie nicht angehören, und sich weigern würde, einer notwendigen Bluttransfusion zuzustimmen, verletzt bei Eignung des anderen Elternteils das Kindeswohl.
Zur Vermögensaufteilung → Das Ehegüterrecht: Ehegüterrecht
Zur Haftung von Ehegatten für Kredite bei Scheidung: § 98 EheG sieht bei Krediten, für die beide Partner haften, die Möglichkeit vor, anlässlich der Scheidung auf Antrag auszusprechen oder zu vereinbaren, dass derjenige Partner, der die Zahlung nach dem Innenverhältnis tatsächlich erbringen soll, im Verhältnis zum Gläubiger als Hauptschuldner und der andere nur als Ausfallbürge haftet. § 98 EheG ist nur auf Schulden anwendbar, die mit dem ehelichen Gerbrauchsvermögen in Zusammenhang stehen.
Haftung für Kredite
Zu Kreditgeschäften von Ehegatten vgl nunmehr §§ 25a-25d KSchG iVm § 32 Abs 1 lit c KSchG. Die §§ 25b-25d behandeln Kreditverbindlichkeiten von Verbrauchern, wobei § 25d KSchG ein richterliches Mäßigungsrecht enthält. – Das KSchG verlangt danach eingehende Belehrung der Gatten über ihre (Solidar)Haftung und darüber, dass die Haftung auch bei Auflösung der Ehe aufrecht bleibt; aber auch darüber, dass nur das Gericht im Fall der Scheidung die Haftung eines der Gatten gemäß § 98 EheG auf eine Ausfallsbürgschaft beschränken kann, was binnen eines Jahres nach Rechtskraft der Scheidung beantragt werden muss (§ 25a KSchG).
Nach § 25c KSchG muss ein Gläubiger einen Verbraucher, der einer Verbindlichkeit als Mitschuldner, Bürge oder Garantbeitritt (Interzession), auf die wirtschaftliche Lage des Schuldners hinweisen, „wenn er erkennt oder erkennen muss, dass der Schuldner seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen wird”.
b) Die Nichtigerklärung durch gerichtliches Urteil beseitigt die Ehe im öffentlichen Interesse ex tunc. Das EheG zählt sechs Nichtigkeitsgründetaxativ auf (§§ 21–25 EheG und § 43 Abs 1 EheG). Es handelt sich einerseits um schwere Mängel bei der Eheschließung, wie zB Mängel der Form, der Geschäfts- oder Urteilsfähigkeit und die sog Namens- und Staatsbürgerschaftsehe ); andrerseits um Verstöße gegen absolute Eheverbote: Doppelehe (Bigamie), Blutsverwandtschaft, Wiederverehelichung nach irriger Todeserklärung. – Kinderaus für nichtig erklärten Ehen gelten aber weiter als ehelich (§ 138 Abs 1 EheG).
Nichtigerklärung
Rechtssprechungsbeispiel
JBl 1995, 55 Nichtigkeit einer Ehe zwecks Erlangung einer Arbeitsbewilligung – § 23 EheG: Auch die ausschließliche oder überwiegende Absicht, durch die Eheschließung nur die unbeschränkte Aufenthaltsmöglichkeit und/oder den ungehinderten Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu erlangen, macht eine Ehe nichtig. – OGH 30.3.1994, 8 Ob 577/93 (LGZ Wien 16.12.1992, 44 R 2067/92; BezG Floridsdorf 30.6.1992, 3 C 108/92).
c) Die Aufhebung der Ehe durch gerichtliches Urteil erfolgt wegen mangelhafter Willensbildung der Partner bei der Eheschließung. Die Ehe wird mit Rechtskraft des Urteils – ex nunc – aufgelöst (§ 34 EheG). Die §§ 35–39 und § 44 EheG zählen die sechs Aufhebungsgründe taxativ auf: – Mangel der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, – Irrtum über die Eheschließung und über die Person des anderen Ehegatten, – Irrtum über Umstände, die die Person des anderen Ehegatten betreffen (zB Geisteskrankheit, Impotenz, schwere Vorstrafen, arglistige Täuschung, Drohung) und Wiederverehelichung nach irrtümlicher Todeserklärung.
Aufhebung der Ehe
Die Aufhebungsklage kann binnen eines Jahres ab Kenntnis des Mangels oder Wegfall des Zwangs erhoben werden (§ 40 EheG). Die Aufhebung der Ehe hat dieselben Folgen wie die Scheidung der Ehe (§ 42 Abs 1 EheG).
Eine interessante Übung besteht darin, sich in die Rolle des Gesetzgebers zu versetzen und zu überlegen, wie man selbst ein Eherecht konzipieren würde. Vergessen Sie dabei aber nicht, dass nicht alle Menschen in Österreich gleich denken wie Sie!
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VI. Das Kindschaftsrecht
Literaturquelle
Rechtsquellen: – §§ 137-154a und §§ 172-178a ABGB; – §§ 155-168 ABGB: Sonderregeln für das uneheliche Kind; – UnterhaltsvorschussG (UVG) 1976 und UnterhaltsschutzG (UschG) 1925 idF 1960; – JugendwohlfahrtsG (JWG) 1989
Die Bedeutung der Kindheit für die Persönlichkeitsentwicklung des Menschen war eine der großen Entdeckungen Sigmund Freuds, der dies pointiert zum Ausdruck gebracht hat, indem er sagte, das Kind sei der Vater des erwachsenen Menschen. (Neueste Forschungsergebnisse über die „Kompetenz” von Säuglingen und Kleinkindern stammen daher nicht zufällig aus dem Bereich der Psychoanalyse.) Diese Einsichten sind für die Rechtswissenschaft nicht unwichtig, zumal der Schutz des Kindes(wohls) schon immer ein zentrales Ziel des Rechts war. Vgl die Literaturhinweise in → Die Adoption
1. Was regelt das Kindschaftsrecht?
Das Kindschaftsrecht regelt die Rechte und Pflichten zwischen Eltern und Kindern, wobei als Orientierungsmaß das Kindeswohl dient.
Das Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kindern hat sich seit dem Inkrafttreten des ABGB im Jahre 1812 signifikant geändert. So gewährte das ABGB von 1812 in § 145 noch ein Züchtigungsrecht (das bis 1989 gegolten hat); vgl dagegen § 146a ABGB in der geltenden Fassung. § 145 ABGB aF (s. gleich unten) zeigt aber den absoluten Charakter der elterlichen Rechte anschaulich auf, der – wenngleich in modifizierter Form – bis heute besteht (§ 137 a ABGB):
kein Züchtigungsrecht
Dritte dürfen in die elterlichen Rechte nur insoweit eingreifen, als ihnen dies durch die Eltern selbst, unmittelbar auf Grund des Gesetzes oder durch eine behördliche Verfügung gestattet ist.”
Auf Verstöße gegen die absoluten Elternrechte stehen diesen Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche zu. § 195 StGB sanktioniert die Entziehung eines Minderjährigen aus der Macht des Erziehungsberechtigten. Nach § 146 b ABGB bestimmen Eltern/Erziehungsberechtigte den Aufenthaltsort eines Kindes.
absolute Elternrechte
§ 145 ABGB aF: „Die Aeltern sind berechtiget, vermisste Kinder aufzusuchen, entwichene zurück zu fordern, und flüchtige mit obrigkeitlichem Beystande zurück zu bringen; sie sind auch befugt, unsittliche, ungehorsame oder die häusliche Ordnung störende Kinder auf eine nicht übertriebene und ihrer Gesundheit unschädliche Art zu züchtigen.”
Das KindRÄG 2001 hat wichtige Änderungen gebracht, die jedoch nicht alle begrüßt werden können. So wurde unnötiger Weise der alte und eingelebte Begriff der Vormundschaft durch den nichtssagenden der „Obsorge einer anderen Person” ersetzt; vgl nunmehr die Überschrift des 4.Hauptstücks vor § 187 ABGB. Es empfiehlt sich den eingebürgerten Begriff „Vormundschaft” beizubehalten, zumal er keinerlei Stigmatisierung enthält. Zu bedauern ist auch die kurzerhand erfolgte Preisgabe des § 866 ABGB (anstelle einer Änderung des Tatbestandsmerkmals auf 17 Jahre), die zeigt, dass den Gesetzesverfassern die feine Symmetrie des ABGB nicht mehr geläufig ist. (Allein Richterinnen und Richter werden die aufgehobene Bestimmung über § 7 ABGB aus dem Norm-Orkus wieder ans Tageslicht zu holen wissen. Dies wird in einer Zeit, in der wir jedes Hilfsmittel zur Anleitung und Steuerung junger Menschen dringend benötigen sicher erforderlich werden.)
Neu eingefügt durch das KindRÄG 2001 wurden weiters die Bestimmungen der §§ 146c (Einwilligung in eine medizinische Behandlung) und 146d (Einwilligung in die Sterilisation Minderjähriger) ABGB; Zu diesen neuen Bestimmungen → KAPITEL 10: Die ¿Einwilligung¿ in die medizinische Behandlung. – Neben vielen kleinen Änderungen wurde weiters das Volljährigkeitsalter auf 18 Jahre herabgesetzt: § 21 Abs 2 ABGB; mehrfache Änderungen betrafen die Kindesobsorge. Neu geregelt wurde auch das Besuchsrecht. Erfreulich die Weiterentwicklung des § 167 ABGB(Obsorge durch nicht verheiratete Eltern). Einen Versuch wert sind auch die nunmehr in § 178 ABGBgeschaffenen Informations- und Äußerungsrechte des nicht mit der Obsorge betrauten Elternteils.
Änderungen durch das KindRÄG 2001
Die (absoluten) Elternrechte werden heute in vielfacher Weise vom Staat unterstützt, aber auch eingeschränkt und kontrolliert. § 176 ABGB regelt die Entziehung oder Einschränkung der Obsorge. – § 196 StGB stellt die Vereitelung behördlich angeordneter Erziehungsmaßnahmen unter Strafe, § 197 StGB das Verlassen eines Unmündigen. – Die Aufgabe des JWG 1989 liegt in der Mutterschafts-, Säuglings- und Jugendfürsorge. Wichtige (Landes)Behörde nach dem JWG ist das Jugendamt, dem die Aufgaben eines öffentlichen Jugendwohlfahrtsträgers übertragen wurden: Dieser hat insbesondere auch für Erziehungshilfe (§§ 26 ff JWG) zu sorgen, wenn die Eltern oder sonstige Erziehungsberechtigte dazu nicht in der Lage sind. Dem Jugendamt ist auch das Vermitteln von Pflegeplätzen (§§ 15 ff JWG) und Adoptionen (§§ 24 ff JWG) vorbehalten.
Entziehung und Einschränkung der Obsorge
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2. Eheliche Abstammung – Ehelichkeitsvermutung
Die Mutter eines Kindes, steht idR fest (Römisches Recht: mater semper certa est), wogegen die Feststellung der Vaterschaft lange Zeit nicht oder doch schwer nachweisbar war – pater incertus. Daher das Rechtssprichwort: pater est, quem nuptiae demonstrant. Heute ist die Feststellung der Vaterschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit (~ 99,9%) möglich, hingegen ist die Zuordnung der Mutterschaft durch die Methoden der Fortpflanzungsmedizin (Leihmutterschaft, In vitro-Fertilisation usw) unsicherer geworden.
Literaturquelle
Während Kindesweglegung (ohne Gefährdungsvorsatz) bis zum StGB 1975 straflos war, schuf das StGB mit § 197: „Verlassen eines Unmündigen” einen neuen Straftatbestand. § 197 StGB wurde mit BGBl I 19/2001 aufgehoben. – Künftig ist die Kindesweglegung nicht mehr strafbar, wenn das Kind an einen sicheren Ort gebracht wird (zB sog „Babynester”). Diese Neuerung ermöglicht Müttern auch, ihr Kind in einem Krankenhaus anonym zur Welt zu bringen, was in einigen Bundesländern bereits möglich ist; anonyme Geburt – Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat im Februar 2003 die Ermöglichung der anonymen Geburt grundsätzlich gebilligt, da jedem Staat der Entscheidungsspielraum zugestanden werden müsse, zu entscheiden, wie er das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft und die Rechte der Mutter und der Adoptiveltern auf Schutz ihres Privatlebens miteinander vereinbare. Auch zielte die in der konkreten Klage betroffene französische Regelung auf das allgemeine Interesse ab, die Gesundheit von Frauen und ihren Kindern bei der Entbindung zu schützen; Application no. 42326/98.
Anonyme Geburt
Für Kinder, die nach der Eheschließung und vor Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe der Mutter geboren werden, stellt das Gesetz eine Ehelichkeitsvermutung auf. Es wird angenommen, dass das Kind (noch) vom Ehemann der Mutter stammt. Gleiches gilt für Kinder, die vor Ablauf des 300. Tages nach dem Tod des Ehemannes der Mutter geboren werden (§ 138 Abs 1 ABGB). Bis zum KindRÄG 2001 galt die Ehelichkeitsvermutung auch für Kinder, die innerhalb von 302 Tagen nach Eheauflösung geboren wurden.) Diese (Rechts)Vermutung ist durch den Beweis des Gegenteils widerlegbar: Hat der Ehemann Gründe, anzunehmen, dass er nicht der Vater ist, kann er die Ehelichkeit innerhalb 1 Jahres ab Kenntnis dieser Umstände, frühestens aber mit Geburt des Kindes, durch Klage bestreiten; sog Ehelichkeitsbestreitungsklage. Seit dem KindRÄG 2001 durchbricht ein späteres Vaterschaftanerkenntnis eines anderen Mannes die Ehelichkeitsvermutung unter der Voraussetzung, dass die Mutter den Anerkennenden als Vater bezeichnet und das Kind (vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger) dem zustimmt. Der Mann, der bisher als Vater vermutet wurde kann allerdings gegen ein solches Anerkenntnis Widerspruch erheben.
Ehelichkeitsvermutung
Ebenso kann der Ehemann der Mutter trotz Vorliegen eines wirksamen Anerkenntnisses nach Auffassung des OGH noch die Ehelichkeitsbestreitungsklage erheben.
Rechtssprechungsbeispiel
JBl 2002, 515 = EvBl 200/129: Mann erhebt Ehelichkeitsbestreitungsklage gegen geborenes Kind während aufrechter Ehe. Kollisionskurator (für Mutter-Kind Beziehung) wendet ein, seit dem KindRÄG 2001 sei ein streitiges Verfahren nicht mehr möglich. – OGH stellt klar, dass § 163e ABGB zur Verhinderung unnötigen Aufwands für jene Fälle geschaffen wurde, in denen alle (somit auch der Vater) den Wunsch nach einer einfachen außerstreitigen Vaterschaftsfeststellung haben. Dem Ehemann stehe jedoch nach wie vor auch die Ehelichkeitsbestreitungsklage nach § 156 AGBG offen – mag der dadurch verursachte Aufwand auch unnötig sein. ME widerspricht diese Auffassung des OGH nicht nur dem Sinn des § 163b, sondern ist auch mangels Rechtsschutzinteresse des Ehemannes schwer zu rechtfertigen (man denke auch an den Verfahrensaufwand und dessen Kosten, die zudem das Kind treffen).
Allgemein zur Rechtsvermutung → KAPITEL 3: Redlichkeitsvermutung.
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3. Uneheliche Abstammung
Die uneheliche Abstammung wird bei Kindern rechtlich vermutet, die von einer unverheirateten Frau, nach Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe der Mutter geboren wurden. Gleiches gilt für Kinder, die nach Ablauf von 300 Tagen nach dem Tod des Ehemannes geboren werden (§ 155 ABGB). Auch diese (Rechts)Vermutung ist (durch den gerichtlichen Beweis des Gegenteils) widerlegbar.
Der Anteil unehelich geborener Kinder in Österreich lag 2001 bei 33,1 %. Vgl die Folie:


Anteil unehelicher Kinder
Abbildung 16.8:
Anteil unehelicher Kinder
Als Vater gilt, wer der Frau innerhalb eines Zeitraumes von nicht mehr als 302 Tagen und nicht weniger als 180 Tagen vor der Entbindung beigewohnt hat (§ 163 Abs 1 ABGB). Diese Vermutung kann wieder durch den Beweis widerlegt werden, dass die Vaterschaft unwahrscheinlich oder die eines anderen Mannes wahrscheinlicher ist (§ 163 Abs 2 ABGB). – Als unehelicher Vater gilt derjenige, dessen Vaterschaft durch Urteil gerichtlich festgestellt wurde oder der sie vor bestimmten Behörden (zB Notar, Außerstreitgericht, Standesamt) anerkennt (§ 163b ff ABGB). – Ist die Vaterschaft zu einem unehelichen Kind festgestellt und schließen die Kindeseltern die Ehe, wird das Kind mit Zeitpunkt der Eheschließung ehelich; sog Legitimation durch nachfolgende Ehe (§ 161 Abs 1 ABGB). – Daneben gibt es noch die Möglichkeit der Legitimation durch Erklärung des Bundespräsidenten.
Vaterschaftsvermutung
Durch das KindRÄG 1989 erfolgte eine fast vollständige Gleichstellung des unehelichen Kindes mit dem ehelichen; Unterhalt, Pflege und Erziehung, sowie das Recht auf persönlichen Verkehr sind für das uneheliche Kind gleich geregelt wie für das eheliche, vorausgesetzt die Vaterschaft ist festgestellt.
uneheliche Kinder
Das uneheliche Kind erhält den Familiennamen der Mutter. Mit der Obsorge ist bei unehelichen Kindern die Mutter allein betraut (§ 166 ABGB). Unverheiratete, aber zusammenlebende Eltern können vereinbaren, dass ihnen die gemeinsame Obsorge zusteht, soweit dies für das Wohl des Kindes nicht nachteilig ist. Die Vereinbarung bedarf der gerichtlichen Genehmigung (§ 167 ABGB):-Neufassung durch das KindRÄG 2001. – Bei Trennung der Eltern (Aufgeben der häuslichen Gemeinschaft) sind die §§ 177, 177a (Regelung der Obsorge nach Auflösung der Ehe) entsprechend anzuwenden → Nichteheliche Lebensgemeinschaft
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4. Namensrecht und Staatsbürgerschaft
Der Familienname wird mit der Geburt erworben. Das uneheliche Kind erhält den Familiennamen der Mutter (§ 165 ABGB) und deren Staatsbürgerschaft (§ 7 Abs 3 StbG). – Eheliche Kinder erhalten den gemeinsamen Familiennamen der Eltern (§ 139 ABGB) – oder nunmehr den Namen, auf den sich die Eltern geeinigt haben, sonst den Namen des Vaters – und werden mit Geburt österreichische Staatsbürger, wenn dies ein Elternteil ist oder am Tag seines Ablebens war (§ 7 Abs 1 StbG).
Namensgebung
Den Vornamen des Kindes bestimmen bei ehelichen Kindern die Eltern, bei unehelichen die Mutter; also die Erziehungsberechtigten. Der Vorname darf nicht gegen das Kindeswohl und die öffentliche Ordnung verstoßen. Der erste Vorname muss dem Geschlecht des Kindes entsprechen: zB Rainer Maria R. (§ 21 Abs 2 PStG).
Vorname
Namensänderung ist nicht ohne weiters möglich, sondern bedarf behördlicher Zustimmung, die aber aus wichtigen Gründen erteilt wird. Vgl jedoch das folgende Beispiel.
Namensänderung
Rechtssprechungsbeispiel
EFSlg 14.731 (VwGH 1969): Namensangleichung von Lebensgefährten wird abgelehnt, weil dadurch der „Anschein einer Ehe” erweckt wird.
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5. Das elterliche Sorgerecht – „Obsorge”
1989 (BGBl 1989/162) wurde ins Kindschaftsrecht der Begriff der „Obsorge” (Überschrift vor § 144 ABGB) eingeführt.
Zur „Obsorge” gehören Pflege und Erziehung, Vermögensverwaltung und die gesetzliche Vertretung (in allen anderen Angelegenheiten), wobei Eltern bei gemeinsamer Obsorge möglichst einvernehmlichvorgehen sollen. – In bestimmten Fällen kann ihnen das Sorgerecht ganz oder teilweise entzogen oder den Großeltern übertragen werden (§ 145 ABGB) wurde durch das KindRÄG 2001 detailierter gefasst. Neu gestaltet wurden auch die §§ 145b (Unterlassungspflichten aus Gründen des Kindeswohls) und 145c (Vermögensverwaltung) ABGB.
Obsorge
Die Pflege minderjähriger Kinder umfasst insbesondere die Wahrung des seelischen und körperlichen Wohles, der Gesundheit und Aufsicht (§ 1309 ABGB). – Die Erziehung soll körperliche, geistige, seelische und sittliche Anlagen und Fähigkeiten des Kindes fördern. Ausmaß von Pflege und Erziehung richten sich nach den Lebensverhältnissen der Eltern (genauer § 146 ABGB). Das KindRÄG 2001 fügte dieser Bestimmung einen neuen Abs 3 an, nach dem die Eltern in Pflege- und Erziehungsangelegenheiten „auch auf den Willen des Kindes Bedacht zu nehmen” haben.
Pflege
Der 1989 eingefügte § 146a ABGB verbietet ausdrücklich jegliche Gewaltanwendung und Zufügung körperlicher oder seelischen Leides.
Die §§ 146c und 146d ABGB regeln die Einwilligung in eine medizinische Behandlung und eine Sterilisation Minderjähriger neu.
Das Religionsbekenntnis des Kindes ist nach § 154 Abs 2 ABGB iVm dem RelKEG einvernehmlich durch die Eltern zu bestimmen, wobei das Kind ab vollendetem 10. Lebensjahr zu hören ist. Ab vollendetem 14. Lebensjahr kann das Kind frei entscheiden, welchem religiösen Bekenntnis es angehören will.
Näheres im RelKEG 1985, BGBl 155.
Bei der Vermögensverwaltung und Vertretung sollen die Eltern des minderjährigen Kindes wiederum möglichst einvernehmlich vorgehen (§ 144 ABGB). – Sie haben das Vermögen des Kindes in seinem Bestand zu erhalten und nach Möglichkeit zu mehren. Geld ist als Mündelgeld anzulegen (= gut verzinste Spareinlagen, Liegenschaften, Wertpapiere) (§ 149 Abs 1 ABGB).
Vermögensverwaltung und Vertretung
Zur Vertretung des Kindes ist grundsätzlich jeder Elternteil (für sich allein) berechtigt und verpflichtet, selbst wenn der andere Teil nicht einverstanden ist (§ 154 Abs 1 ABGB). Bei wichtigen Vertretungshandlungen (zB Namensänderung, vorzeitige Auflösung eines Lehr- oder Dienstvertrages) bedarf es nach § 154 Abs 2 ABGB aber der Zustimmung des anderen Elternteils. In Vermögensangelegenheiten, die nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehören, ist neben der Zustimmung des andern Elternteils auch die Genehmigung des Gerichtes erforderlich (§ 154 Abs 3 ABGB); zB Veräußerung oder Belastung einer Liegenschaft, Ausschlagen einer Erbschaft → KAPITEL 4: § 154 Abs 3 ABGB.
Rechtssprechungsbeispiel
JBl 1992, 586 (Verwaltung des Vermögens Minderjähriger durch die Eltern): Die Stellung der Eltern als Verwalter des Vermögens der Kinder ist im allgemeinen freier als die des Vormundes oder eines sonstigen gesetzlichen Vertreters. Eltern sind im Einzelfall nur dann der gerichtlichen Überwachung unterworfen, wenn das Wohl des Minderjährigen gefährdet ist. Nur die Erträgnisse, die die Unterhaltskosten übersteigen, fallen unter die Rechnungslegungspflicht der Eltern nach § 150 ABGB.
Die §§ 177-177b ABGB idFd KindRÄG 2001 regeln die Obsorge der Eltern für minderjährige eheliche Kinder, wenn ihre Ehe geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt wird → Nichteheliche Lebensgemeinschaft
Neu gefasst durch das KindRÄG 2001 wurde auch § 178 ABGB, wonach dem Elternteil, der nicht mit der Obsorge betraut ist außer dem Besuchsrecht (Recht auf persönlichen Verkehr) auch Informations- und Äußerungsrechte zustehen.
– BesuchsrechtNeu und ausdrücklich geregelt wurde durch das KindRÄG 2001 in den §§ 182a ff AußStrG die verfahrensrechtliche Stellung Minderjähriger in Verfahren über ihre Pflege und Erziehung sowie das Recht auf persönlichen Verkehr (Besuchsrecht). § 182b Abs 1 AußStrG statuiert ein Anhörungsrecht Minderjähriger und § 185b AußStrG regelt Entscheidungen im Besuchsverfahren, § 185c AußStrG das neue Recht der „Besuchsbegleitung”.
Familiengerichtliche Verfahrensfähigkeit Minderjähriger
§ 148 ABGB idFd KindRÄG 2001 regelt das Besuchsrecht eines Elternteils, sofern dieser mit dem minderjährigen Kind nicht im gemeinsamen Haushalt lebt; Abs 3 regelt nunmehr das Besuchsrecht der Großeltern, Abs 4 das von dritten Personen.
Die Eltern haben nach ihren Kräften anteilig zur Deckung der Lebensbedürfnisse des Kindes beizutragen, wobei Art und Höhe des Unterhalts vom Einkommen und den Lebensverhältnissen beiderEltern, aber auch den Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes, abhängen (§ 140 Abs 1 ABGB). – Die Unterhaltspflicht der Eltern endet mit erreichter Selbsterhaltungsfähigkeitdes Kindes (§ 140 Abs 3 ABGB); also mit Abschluss einer Berufsausbildung, regelmäßig aber nicht mit Eintritt der Volljährigkeit.
Unterhaltspflicht
Studierenden steht auch nach der Matura und während des Studiums grundsätzlich ein Unterhaltsanspruch gegen ihre Eltern zu. Der Unterhaltsanspruch des Kindes mindert sich aber durch eigene Einkünfte des Kindes (§ 140 Abs 3 ABGB).
Studium
Rechtssprechungsbeispiel
EvBl 2001/117: Eine minderjährige, schwangere, arbeitslose, außereheliche Tochter klagt ihren Vater auf Unterhalt. Nach Abschluss der HAK trat sie mehrere Lehrstellen an, welche sie – zT aus eigenem Verschulden – rasch wieder verlor. Der Vater wendet (bereits eingetretene) Selbsterhaltungsfähigkeit ein. – OGH: Unterhaltsanspruch geht nicht automatisch mit Abschluss der Berufsausbildung verloren, sondern nur wenn eine zumutbare Erwerbstätigkeit verschuldet unterlassen wird. Bei verschuldetem Verlust des Arbeitsplatzes kommt es darauf an, ob sich das Kind zielstrebig bemüht, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Für die konkrete Unterhaltshöhe spannt der OGH die Klägerin insoferne an, als er ihr jenes Einkommen anrechnet, das sie mutwillig zu erwerben versäumt hat; Wochen- und Karenzgeld auf Grund des Verlustes des letzten Arbeitsplatzes.
JBl 2000, 112: Ein Unterhaltsanspruch während des juristischen Doktoratsstudiums wird bei entsprechendem Studienfortschritt bejaht.
Jus Extra 1989/48: Hat das unterhaltsberechtigte Kind die Absicht, an der Wirtschaftsuniversität Fremdenverkehr zu studieren, dient ein einjähriger Studienaufenthalt in den USA dem angestrebten Bildungsziel und hat daher nicht das Ruhen des Unterhaltsanspruchs zur Folge.
ZAS 1992, 20: Wenn ein Student das Studium der Rechtswissenschaft mit dem Magisterium abgeschlossen hat, verfügt er über eine abgeschlossene Berufsausbildung. Ein, wenn auch früher begonnenes, Zweitstudium der Handelswissenschaften stellt keine der bisherigen Ausbildung entsprechende unabdingbare Fortbildung dar. Anders wäre der Fall gelagert, wenn der Kläger nach dem Erwerb des akademischen Grades Magister der Rechtswissenschaft das Doktoratsstudium fortgesetzt hätte; OLG Wien 15.3.1991.
EvBl 1999/167: Ein während einer Unterhaltsperiode (zB Monat) eintretender Herabsetzungsgrund führt erst zum nächsten Monatsersten zur Verringerung der Unterhaltspflicht; Analogie zu § 1418 Satz 3 ABGB. – Nach stRsp kann der gesetzliche Unterhalt im Rahmen der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1480 ABGB auch rückwirkend eingeschränkt, also herabgesetzt werden.
NRsp 1991/216: Die anteiligen Unterhaltsquoten der Eltern sind nach ihrer Leistungsfähigkeit zu bestimmen. Die Gesamtbeurteilung hat so zu erfolgen, dass alle Beteiligten in etwa gleichem Maße in der Lage sein sollen, ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Bei verschieden großer Leistungsfähigkeit sind vor der Aufteilung die für den eigenen Unterhalt erforderlichen Beträge abzuziehen und erst danach die für den zu ermittelnden Gesamtunterhaltsbedarf erforderlichen Beträge im Verhältnis der Restsummen aufzuteilen.
JBl 2003/107: Richtungsweisende E zur Anrechnung des neu eingeführten Kinderbetreuungsgeldes auf familiäre Unterhaltsleistungen – Nach Scheidung geht Mann eine zweite Ehe ein; aus der ersten Ehe ist er für Zwillinge unterhaltspflichtig. Er will die Unterhaltspflichten für seine (zweite) nicht berufstätige Frau, die auf Grund eines gemeinsamen Kindes Kinderbetreuungsgeld erhält, durch eine Reduktion seiner Unterhaltspflichten für die Zwillinge um 3 % anrechnen lassen. Von den Unterinstanzen werden ihm aber nur 2 % gewährt, da das Kinderbetreuungsgeld als Einkommen der Frau zu qualifizieren sei. – OGH stimmt dem zu, führt aber aus, dass das Kinderbetreuungsgeld als neue familienpolitische Leistung an die Stelle des bisherigen Karenzgeldes trete; Karenzgeld wurde vom OGH in stRspr als bei der Unterhaltsermittlung zu berücksichtigendes Einkommen der Ehefrau qualifiziert. – In diesem Sinne auch JBl 2003, 111 und JBl 2003, 113.
OGH 29.1.2001, 1 Ob 16/02p: Nach Scheidung wohnen beide Kinder beim Vater, einem gut verdienenden Zahnarzt. Dieser klagt die Mutter auf Leistung von Geldunterhalt, weil sie sich weigerte, diesen zu leisten. – OGH: Die Verpflichtung des betreuenden Elternteils zur Leistung von Geldunterhalt ist subsidiär, sie besteht somit nur dann, wenn der andere Elternteil zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht im Stande ist. Die erhöhte Leistungsfähigkeit des betreuenden Elternteils darf aber nicht zu einer Verminderung des vom anderen Elternteil zu leistenden Geldunterhalts führen. Liegt kein extremes Ungleichgewicht vor, gilt der Grundsatz, dass das Einkommen des die Obsorge wahrnehmenden Elternteils außer Betracht bleibt.
JBl 2000, 725 = EvBl 2000/165: Unselbständig tätiger Unterhaltspflichtiger macht sich selbständig. Scheitert er als Unternehmer, so ist er – spätestens nach 3 Jahren – auf das Einkommen aus einer unselbständigen Erwerbstätigkeit anzuspannen, das ihm zum jetzigen Zeitpunkt und unter den konkreten Umständen möglich ist.
SZ 71/9 (1998): Großeltern sind erst dann zur Unterhaltsleistung heranzuziehen, wenn beide Elternteile nicht ausreichend imstande sind, für den Unterhalt des Kindes aufzukommen.
EvBl 2000/114: Werkstudent und Vater eines Kleinkindes hat nur Einkünfte aus eigenem Unterhalt und bezahlt Unterhalt für sein Kind nicht; Mutter klagt Großeltern väterlicherseits auf Unterhalt. – OGH: Die Unterhaltszahlungen der Eltern des Unterhaltspflichtigen an diesen sind die Unterhaltsbemessungsgrundlage zur Festlegung der Unterhaltspflicht des Werkstudenten einzubeziehen. Der Werkstudent kann nach Meinung des OGH über des Existenzminimum hinaus bis zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit in Anspruch genommen werden.
Von der Judikatur werden für die Ermittlung des Kindesunterhalts zum einen Prozentsätze vom Einkommen des Verpflichteten, zum anderen Durchschnittsbedarfswerte herangezogen.
Unterhaltsdaten – Beispiel
Prozentsätze von Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen
für Kinder unter 6 Jahren
16 %
für Kinder zwischen 6 und 10 Jahren
18 %
für Kinder zwischen 10 und 15 Jahren
20 %
für Kinder über 15 Jahre
22 %
bei weiteren Sorgepflichten für Kinder
1 – 2 % abzuziehen
bei Sorgepflichten für die Ehefrau
bis zu 3 % abzuziehen
Durchschnittsbedarfsätze (ab 1.7.2002, für ein Kind)
bis zu 3 Jahren
155 €
von 3-6 Jahren
198 €
von 6-10 Jahren
255 €
von 10-15 Jahren
293 €
von 15-19 Jahren
344 €
von 19-28 Jahren
434 €
Ausgleichszulagenrichtsatz (Selbsterhaltungsfähigkeit)
Der Richtsatz für den Bezug einer Ausgleichszulage beträgt 750,80 €.
Der VfGH hat im letzten Jahr eine Bestimmung im Familienlastenausgleichsgesetz aufgehoben, die es untersagt hat, die Familienbeihilfe vom Geldunterhalt für Kinder abzuziehen (ARD 5326/21/2002). Dadurch sollen getrennt lebende Unterhaltsschuldner steuerlich deutlich entlastet werden, was bei höheren Einkommen mit den bisher geltenden Unterhaltsabsetzbeträgen nicht bewirkt werden konnte. Damit geht der VfGH nicht nur endgültig vom Prinzip ab, dass die Familienbeihilfe für den Unterhalt des Kindes bestimmt ist, sondern er provoziert damit auch gravierende rechtliche und soziale Probleme für AlleinerzieherInnen – bekanntlich in den meisten Fällen Frauen. Nunmehr sollen die Gerichte nämlich bis zu 20 % der Familienbeihilfe vom Geldunterhalt für Kinder abziehen können. Zwar soll dies nur bei höheren Einkommen zulässig sein, aber die Grenzen wurden in der Entscheidung nicht definiert.
Literaturquelle
Ob die (Unterhalts)Leistung in natura (was die Regel ist) oder in Geld erfolgt, richtet sich nach den Umständen. Die Eltern zahlen die Unterhaltskosten, das Kind erhält Aufenthalt, Kost, Kleidung, Betreuung, Unterricht, Taschengeld usw.
Die Verletzung familienrechtlicher Unterhaltspflichten wird strafrechtlich geahndet (§§ 198, 199 StGB) und UnterhaltsschutzG/USchG 1925, idF, BGBl 1960/59. – Praktisch wichtiger ist das UnterhaltsvorschussG/UVG 1976; danach gewährt der Bund Vorschüsse an Minderjährige, deren Unterhaltspflichtige sich ihrer Verpflichtung entziehen. Der Bund bevorschusst und versucht in der Folge die offenen Forderungen einzutreiben. Zuständig für die Bewilligung eines Unterhaltsvorschusses ist das Vormundschafts- oder Pflegschaftsgericht im Außerstreitverfahren.
Verletzung von Unterhaltspflichten
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Unterhaltsansprüche von VorfahrenAuch die Eltern und Großeltern besitzen gegenüber ihren Kindern und Enkeln nach § 143 ABGB einen Unterhaltsanspruch. Dieser Unterhaltsanspruch setzt voraus, dass:
• der Unterhaltsberechtigte nicht imstande ist, sich selbst zu erhalten und
• dass er seinerseits seine Unterhaltspflichten gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat.
Die Höhe der Unterhaltsleistung richtet sich nach den Lebensverhältnissen des Kindes. Mehrere Kinder schulden den Unterhalt anteilig nach ihren Kräften. – Diese Regelung besitzt heute insoferne Aktualität, weil viele (nicht alle) Landessozialhilfegesetze Regressbestimmungen gegenüber unterhaltspflichtigen Angehörigen vorsehen. Da die Kosten für eine Alten- oder vor allem Pflegeheimunterbringung sehr hoch sind, werden immer wieder Kinder iS dieser Vorschriften zur Ersatzleistung herangezogen.
Beispiel
Vgl etwa TirSozHG, LGBl 1973/105 idgF:
„§ 9. (1) Personen, die gesetzlich [nach dem ABGB!] zum Unterhalt des Empfängers der Sozialhilfe verpflichtet sind, haben die Kosten der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht zu ersetzen.
(2) Großeltern und Enkel sind zum Kostenersatz nicht heranzuziehen.”
„§ 10.(2) Bei der Geltendmachung der Ersatzansprüche gegenüber Unterhaltspflichtigen ist auf deren wirtschaftliche Verhältnisse und ihre sonstigen Sorgepflichten Bedacht zu nehmen.”
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6. Ausstattung und Heiratsgut: §§ 1218 ff ABGB
Eine besondere Form der elterlichen Unterhaltspflicht ist die Ausstattung – bei Töchtern (noch immer) Heiratsgutgenannt – bei (erstmaliger) Verehelichung des Kindes (vgl § 1220 ABGB).
Der Ausstattungsanspruch von Töchtern und Söhnen ist – trotz unterschiedlicher Terminologie der §§ 1220 ff und 1231 – nach hA inhaltlich ident. In beiden Fällen soll er eine Starthilfe zu Familien- und Hausstandgründung beim Eingehen einer Ehe sein. Voraussetzung ist, dass das Kind über kein nennenswertes eigenes Vermögen verfügt (das Vermögen des Ehepartners ist nicht relevant). Der Umfang des Anspruchs richtet sich nach den Vermögensverhältnissen der (Groß-)Eltern, wobei die Judikatur einen Betrag in der Höhe von 25 – 30 % des Jahresnettoeinkommens der Eltern für angemessen hält.
Rechtssprechungsbeispiel
SZ 53/110: Der Ausstattungsanspruch des Sohnes besteht gesondert gegen beide Eltern, die für die Erfüllung ihrer Verpflichtung auch nicht solidarisch haften. Die Höhe des Anspruches richtet sich nach Stand und Vermögen der Eltern und wird durch das Vermögen des Kindes, nicht aber das seines Ehegatten begrenzt; die Auferlegung von Ratenzahlungen ist möglich.
EvBl 2000/1 geht auf den maßgeblichen Zeitpunkt für die Bemessung des Heiratsguts nach § 1220 ABGB ein: Tochter heiratet und will vom Vater Heiratsgut. Dieser verweigert Zahlung mit Hinweis auf den in Kürze von der Mutter im Zuge einer Grundstücksteilung zu erwartenden Erhalt von 1 Mio S durch die Tochter. Da der Anspruch eines Dotationsberechtigten auf angemessenes Heiratsgut mit der Eheschließung fällig wird, ist eine Besserung der Vermögensverhältnisse des Berechtigten nach diesem Zeitpunkt grundsätzlich unerheblich. Absichtlich herbeigeführte Veränderungen der Vermögensverhältnisse sind jedoch sowohl auf der Seite des Dotationspflichtigen, als auch des Dotationsberechtigten zu berücksichtigen.
JBl 2002, 176: Vater bringt 7 Jahre vor der Hochzeit seines zweiten Sohnes einen großen Teil seines Vermögens in eine Schweizer Familienstiftung ein. Bei der Heirat des ersten Sohnes war dies noch nicht der Fall; dieser bekam deshalb eine wesentlich höhere Ausstattung. Der zweite Sohn will nun dieses eingebrachte Vermögen bei der Berechnung auch seines Heiratsgutes berücksichtigt wissen. – OGH: Der Ausstattungsanspruch des Kindes anlässlich seiner Heirat unterliegt unterhaltsrechtlichen Grundsätzen. Ohne Umgehungsabsicht vor der Entstehung des Ausstattungsanspruchs bewirkte Vermögensverringerungen führen grundsätzlich nicht zu einer Veranschlagung in der Bemessungsgrundlage nach einem hypothetischen Vermögensstand.
Literaturquelle
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7. Die Adoption
Literaturquelle
Adoption, Annahme an Kindesstatt oder Wahlkindschaft (§§ 179–185a ABGB) begründet ein künstliches – genauer: bloß rechtlich geschaffenes – Verwandtschaftsverhältnis. Das römische Recht – in dem dieses Rechtsinstitut eine wichtige Rolle spielte – sprach von imitatio naturae / Nachahmung der Natur. Es diente damals ganz wesentlich der Auffrischung alter im Aussterben befindlicher Adelsgeschlechter und damit der Sicherung von Einfluss, Herrschaft und Macht. So war der spätere Kaiser Augustus Großneffe und Adoptivsohn Caesars. – Vgl auch → KAPITEL 17: Allgemeines: Wurzeln der Adoption im Totenkult.
Annahmeberechtigt sind nur eigenberechtigte Personen, aber sowohl Einzelpersonen als auch Ehegatten (§ 179 ABGB). Ehegatten dürfen idR nur gemeinsam adoptieren (Ausnahmen sind möglich und im Gesetz demonstrativ aufgezählt).
Wer kann annehmen? – Voraussetzungen
Form (§ 179a ABGB): Das Gesetz sieht einen schriftlichen Vertrag zwischen Annehmendem/n und Wahlkind (gesetzlicher Vertreter) sowie die zusätzliche gerichtliche Bewilligung vor.
Alter (§ 180 ABGB): Der Wahlvater muss das 30., die Wahlmutter das 28. Lebensjahr vollendet haben. Geringfügige Unterschreitungen dieses Alters sind möglich, jedoch müssen Annehmende mindestens 18 Jahre älter sein, wobei wiederum kleine Ausnahmen gestattet werden. Ist das Wahlkind mit dem Annehmenden verwandt oder das leibliche Kind seines Ehepartners genügt ein Altersunterschied von 16 Jahren.
Rechtssprechungsbeispiel
SZ 72/163 = EvBl 2000/58: Ein Ehemann will die Tochter seiner Gattin aus einer vorhergehenden Beziehung adoptieren. Sie ist jedoch nur 15 Jahre und 11 Monate jünger als ihr Adoptivvater. – OGH legt § 180 Abs 2 Fall 2 ABGB entgegen der Genese und den Materialien aus teleologischen Überlegungen (Kindeswohl) flexibel aus.
Bewilligung: Die Annahme an Kindesstatt ist nach § 180a ABGB zu bewilligen, „wenn eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll. Sie muß dem Wohle des nicht eigenberechtigten Wahlkindes dienen. Ist das Wahlkind eigenberechtigt, so muß ein gerechtfertigtes Anliegen des Annehmenden oder des Wahlkindes vorliegen”.
Die Bewilligung ist nur zu erteilen, wenn jene Personen, deren Interessen durch die Adoption berührt werden, zustimmen (das sind die Eltern des mj. Wahlkindes, der Ehepartner des Annehmenden oder des Wahlkindes).
Rechtssprechungsbeispiel
SZ 73/84 = EvBl 2000/205: Zustimmung des leiblichen Vaters zur Adoption seines Sohnes wird nicht eingeholt, da er angeblich unbekannten Aufenthalts sei. – OGH verlangt intensivere Nachforschung; es sei „besonders streng” zu prüfen, ob die Voraussetzungen für den Entfall des Zustimmungsrechts gemäß § 181 Abs 2 ABGB vorliegen. Das rechtliche Gehör eines im Adoptionsverfahren Zustimmungsberechtigten soll nach Möglichkeit gewahrt bleiben.
Die Bewilligung ist zu versagen, „wenn ein überwiegendes Anliegen eines leiblichen Kindes des Annehmenden entgegensteht, insbesondere dessen Unterhalt oder Erziehung gefährdet wäre”. Eine Schmälerung der Erbquote ist kein solcher Grund. Das minderjährige Wahlkind ab dem vollendeten fünften Lebensjahr, die Eltern des volljährigen Wahlkindes und der Jugendwohlfahrtsträger haben ein Anhörungsrecht. – Vgl auch die §§ 181 und 181a ABGB.
Wahlkind kann nicht nur eine minderjährige, sondern auch eine volljährige Person sein (diesfalls muss jedoch ein gerechtfertigtes Interesse einer der beteiligten Personen vorliegen – § 180a ABGB).
Wer kann adoptiert werden?
• Die Wahlkindschaft begründet eine künstliche eheliche Abstammung; §§ 182, 182a, 182b, 183 ABGB. Weitere verwandtschaftliche Beziehungen werden jedoch nicht begründet.
Wirkungen der Adoption
• Bei einer Adoption durch Ehegatten erlöschen die bestehenden familienrechtlichen Beziehungen zwischen den leiblichen Eltern (und deren Verwandten) und dem Wahlkind (und dessen minderjährigen Nachkommen). Adoptiert hingegen eine Einzelperson, so tritt diese in die Stellung des entsprechenden leiblichen Elternteils ein. Die Rechte des anderen leiblichen Elternteils bleiben unberührt. Er kann allerdings in deren Erlöschen einwilligen.
• Das Erbrecht zwischen den leiblichen Eltern (samt Verwandten) und dem Wahlkind bleibt aber aufrecht; die Wahleltern gehen den leiblichen Eltern aber bei der gesetzlichen Erbfolge vor.
• Das Wahlkind erhält den Familiennamen der Wahleltern.
• Adoption und Pflegekindschaft vermitteln ferner familienpolitische Leistungen; zB Kinderbetreuungsgeld (bisher Karenzgeld) → KAPITEL 12: Vom Karenz(urlaubs)geld zum Kinder(betreuungs)geld.
Widerruf der gerichtlichen Bewilligung und Aufhebung der Adoption (vgl die §§ 184-185a ABGB).
Zuständigkeit: Zuständig ist das Vormundschaft- oder Pflegschaftsgericht des Wahlkindes (§ 113a JN).
Offene Adoption: Dabei sind Name und Wohnort der Annehmenden den Beteiligten bekannt.
Arten der Adoption
Inkognitoadoption (§ 259 AußStrG): Name und Wohnort des oder der Annehmenden werden hier geheimgehalten. Diese 1960 geschaffene Möglichkeit, sollte Mutter, Kind und Wahleltern schützen und entlasten. Heute erscheint diese Adoptionsform manchen nicht mehr zeitgemäß.
Blankoadoption: Hier stimmt die leibliche Mutter der Adoption zu, ehe Wahleltern noch bestimmt sind. Man spricht auch von Freigabe zur Adoption. Sie ist in der Schweiz der Regelfall in Österreich jedoch nicht zulässig.
Volladoption: Dieser Begriff soll ausdrücken, dass mit der Adoption alle Beziehungen des Wahlkindes zu seinen leiblichen Eltern erlöschen. Sie kommt vornehmlich in Deutschland vor.
Im Rahmen des Adoptionsverfahrens ist darauf zu achten, dass ein Missbrauch dieses Rechtsinstitutes möglichst ausgeschlossen werden soll. Typische Missbrauchsmöglichkeiten sind: Namensverschaffung, Staatbürerschaftserwerb, Steuerersparnis (Schenkungs- und Erbschaftssteuer).
Missbrauchs- und Umgehungsgefahren
Adoptionsanträge werden in der Praxis von Rechtsanwälten oder Notaren bei Gericht eingebracht. Bei der Anbahnung erster Kontakte in Richtung Adoption sind die Jugendämter sowohl für die Adoptionswerber wie abgebende Eltern(teile) eine wichtige Hilfe. Ist ein Antrag gerichtlich eingebracht lädt das Gericht die potentiellen Eltern und das Wahlkind (samt gesetzlichen Vertreter) vor, um sich von den Gründen und Zielen der beabsichtigten Adoption ein Bild zu machen. Dabei werden auch die leiblichen Kinder der Antragsteller gehört.
Verfahrensablauf
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8. Die Pflegekindschaft
§§ 186, 186a ABGB (Neufassung durch das KindRÄG 2001); – §§ 14 ff JWG 1989.
Pflegeeltern sind nach § 186 ABGB Personen, welche „die Pflege und Erziehung des Kindes ganz oder teilweise besorgen und zu denen eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahe kommende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll.” – Pflegeeltern haben das Recht, in den das Pflegekind betreffenden Verfahren Anträge zu stellen. Nach § 186a ABGB kann Pflegeeltern auf ihren Antrag die Obsorge für das Pflegekind ganz oder teilweise übertragen werden, wenn das Pflegeverhältnis nicht nur kurze Zeit beabsichtigt ist und dies dem Kindeswohl entspricht.
Die Rechtsgrundlage eines Pflegekindschaftsverhältnisses nennt § 186 ABGB nicht. Es kann sich um einen Vertrag (= Werkvertrag oder freier Dienstvertrag) zwischen den Erziehungsberechtigten und den Pflegeeltern, oder auch nur einer natürlichen Person (zB Pflegemutter) handeln. Eine derartige vertragliche Beziehung ist aber nicht unbedingt erforderlich. IdR wird jedenfalls eine Ermächtigung der Erziehungsberechtigten mit Einwilligung der Pflegeeltern erforderlich sein. Auch Stiefelternteile fallen – bei Erfüllung der Voraussetzungen – nunmehr unter den Begriff Pflegeeltern. Die Pflegeeltern handeln als Gehilfen der Erziehungsberechtigten, deren Rechte dadurch nicht eingeschränkt werden.
Rechtsgrundlage
Die Begründung eines Pflegeverhältnisses braucht keine gerichtliche Bestätigung; vgl jedoch § 16 JWG, wonach die Begründung von Pflegschaftsverhältnissen für Kinder unter 16 Jahren grundsätzlich der Bewilligung des Wohlfahrtsträgers bedarf. Deren Fehlen macht den Vertrag aber nicht ungültig (Strafsanktion). – Fraglich ist, ob eine sog Tagesmuttervereinbarung ein Pflegekindschaftsverhältnis begründet. Eher ist das zu verneinen.
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9. Vormundschaft und Kuratel
Rechtsquelle: §§ 187-283 ABGB. – Zur Sachwalterschaft → KAPITEL 4: Die Sachwalterschaft.
Vormundschaft bedeutet Rechtsfürsorge für Minderjährige, wenn sonst kein gesetzlicher Vertreter – also zB weder Vater oder Mutter noch Großeltern – vorhanden ist und nicht wenigstens einer Person die beschränkte gesetzliche Vertretung im Rahmen der Obsorge zusteht.
Wesen der Vormundschaft
Am Beginn des Kindschaftsrechts wurde darauf hingewiesen, dass der altbekannte und eingebürgerte Begriff „Vormundschaft” durch das KindRÄG 2001 aufgegeben wurde. Er wird hier dennoch beibehalten, weil die vom Gesetzgeber angebotene Alternative der „Obsorge einer anderen Person” zu nichtssagend ist.
Die Überschrift zum 4. Hauptstück (vor § 187 ABGB) lautet nunmehr: „Von der Obsorge einer anderen Person, der Sachwalterschaft und der Kuratel”:
§ 187 ABGB idFd KindRÄG 2001
Soweit nach dem dritten Hauptstück weder Eltern noch Großeltern oder Pflegeeltern mit der Obsorge betraut sind oder betraut werden können und kein Fall des § 211 [Obsorge des Jugendwohlfahrtsträgers für Findelkinder] vorliegt, hat das Gericht unter Beachtung des Wohles des Kindes eine andere geeignete Person mit der Obsorge zu betrauen.
§ 188 ABGB betont für die Auswahl des Vormunds die Bedeutung des Kindeswohls. In diesem Rahmen sind auch Wünsche des Kindes, der Eltern und allfälliger anderer Personen (zB von Vermögenszuwendern: § 145c ABGB) zu berücksichtigen (das Gericht ist jedoch an diese Wünsche nicht gebunden). – § 188 Abs 2 ABGB legt fest, wer nicht zum Vormund bestellt werden darf. – § 189 ABGB verpflichtet die Person, die mit vormundschaftlicher Obsorge betraut werden soll, allfällige Ausschlussgründe dem Gericht mitzuteilen und statuiert für Unterlassungen eine Haftung gegenüber dem minderjährigen Kind für entstehende „Nachteile”. – § 189 Abs 2 ABGB lässt die Ablehnung der Übernahme einer Vormundschaft durch eine „besonders geeignete Person” nur zu, „wenn ihr diese unzumutbar wäre”. (Eine Betrauung mit der Vormundschaft gegen den Willen der betroffenen Person wird allerdings nur in den seltensten Fällen im Interesse des Kindes sein.) Lassen sich keine Verwandten, andere dem Kind nahe stehenden oder sonst besonders geeignete Personen finden, ist die Obsorge dem Jugendwohlfahrtsträger zu übertragen; § 213 ABGB.
Auswahl des Vormunds
Zur Vormundbestellung kommt es also durch den gänzlichen Entfall der gesetzlichen Vertretung bei allen Obsorgeberechtigten; zur Bestellung eines Kurators (also eines besonderen Sachwalters) nur dann, wenn ein besonderer – also partieller – Kuratelstatbestand – zB einer nach § 271 ABGB (sog Kollisionskurator) – vorliegt (EFSlg 68.912).
Vormund- und Kuratorbestellung
Begründung: Die Vormundschaft tritt unmittelbar kraft Gesetzes ein oder durch gerichtliche Bestellung. – Unmittelbar kraft Gesetzes wird der zuständige Jugendwohlfahrtsträger Amtsvormund aller im Inland geborenen Kinder, die durch keinen Elternteil vertreten sind; nach § 211 ABGB auch der Findelkinder.
Die §§ 216 ff ABGB statuieren besondere Pflichten und Rechte des Vormunds:
Rechte und Pflichten des Vormunds
• § 216 ABGB lautet nunmehr: „Ist eine andere Person mit der Obsorge betraut, so hat sie, soweit nichts anderes bestimmt ist, in wichtigen, die Person des Kindes betreffenden Angelegenheiten, insbesondere in den Angelegenheiten des § 154 Abs 2, die Genehmigung des Gerichtes einzuholen. Ohne Genehmigung getroffene Maßnahmen oder Vertretungshandlungen sind unzulässig und unwirksam, sofern nicht Gefahr im Verzug vorliegt.”
§§ 264 und 265 ABGB regeln die Haftung von Vormündern, § 266 ABGB ihre „Entschädigung”, § 267 ABGB „Entgelt und Aufwandersatz”.
• § 229 ABGB (Vermögensverwaltung), §§ 230-230e: Anlegung von Mündelgeld.
Die Überschrift vor § 269 ABGB lautet nun: „Von der Kuratel und der Sachwalterschaft”. – Damit wurde vielfältiger Kritik daran begegnet, dass zuvor unter der Überschrift Kuratel (begrifflich verwirrend) Kuratel ieS und Sachwalterschaft behandelt wurden..
Fälle der Kuratel: – Für Minderjährige ist nach § 271 ABGB für Geschäfte zwischen Eltern und minderjährigem Kind oder zwischen Vormund und Minderjährigem, aber auch für Rechtsstreitigkeiten zwischen zwei oder mehreren Minderjährigen, die ein und denselben Vormund haben (§ 272 ABGB) ein sog Kollisionskurator zu bestellen.
• Die §§ 273, 273a ABGB behandeln die Sachwalterschaft für behinderte Personen.
• § 274 ABGB: Sachwalter für Ungeborene.
• § 276 ABGB: Bestellung eines sog Abwesenheitsvertreters.
• §§ 280, 281 ABGB: Regeln für die Bestellung von Sachwaltern und Kuratoren.
• § 282 Satz 1 ABGB erklärt die Bestimmungen über die Vormundschaft grundsätzlich auch für Sachwalterschaft und Kuratel anwendbar; Satz 2 statuierte – etwas versteckt – die Pflicht der Personensorge für Sachwalter, worunter vornehmlich die ärztliche und soziale Betreuung zu verstehen ist; die Abs 2 und 3 führen das nun näher aus.
• § 283 ABGB: Beendigung von Sachwalterschaft und Kuratel.
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