Kapitel 4 | |
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Inhaltsverzeichnis |
B. Die
juristische Person |
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Wichtig für
das Verständnis der hier behandelten Fragen erscheint am Beginn
der Ausführungen zur natürlichen Person R. Hübners (Grundzüge des
Deutschen Privatrechts, 19305) Einsicht, wonach
die „heutige einfache und übersichtliche Gliederung des Personenrechts,
die darauf beruht, dass jeder Mensch als Rechtssubjekt anerkannt
wird, ... erst der neueren Kulturentwicklung” angehört. – Die Entwicklung
war schwierig und bis zuletzt politisch umkämpft. Hübner führt aus (aaO
50): | Von ständischer Schichtung zur
Gleichberechtigung aller Rechtssubjekte |
„Die heutige einfache und übersichtliche Gliederung
des Personenrechts, die darauf beruht, dass jeder Mensch als Rechtssubjekt
anerkannt wird, gehört erst der neueren Kulturentwicklung an. Auch
das deutsche Recht hat in seinen Anfängen die Menschen keineswegs
als rechtlich gleichwertige Wesen behandelt. Manchen Klassen versagte
es überhaupt jeden rechtlichen Wert, anderen legte es nur einen
geminderten bei. Erst allmählich wurde dieser Standpunkt … überwunden.
Damit fielen Gegensätze und Unterscheidungen, die einst für das
Volksleben tiefgreifende Bedeutung besessen hatten. Vor allem die ständische
Schichtung, die der mittelalterlichen Welt ihr Gepräge
verlieh, und gegen die auch die Lehre des Christentums von der sittlichen
Gleichheit der Menschen nicht aufzukommen vermochte, wenngleich
tiefer blickende Geister wie Eike von Repgow die rechtliche Gleichheit
aller Menschen als religiös-sittliche Forderung anerkannten …. Erst
das Naturrecht führte diese Anschauung zum endgültigen
Sieg. Unter der Herrschaft seiner Ideen wurde die Hörigkeit aufgehoben,
die feudale Ständegliederung beseitigt, die Gleichberechtigung der
Bekenntnisse durchgesetzt.” | |
Die
Entwicklungsgeschichte des § 16 ABGB – der (privat)rechtlichen Keimzelle
eines modernen, bereits menschen- und grundrechtlich orientierten
Verständnisses der Rechtsperson – verlief wie ein Krimi. | |
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Unter
Rechtsfähigkeit wird die Fähigkeit verstanden, Träger von
Rechten und Pflichten zu sein. | |
 | Abbildung 4.1: Rechtsfähigkeit |
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Die Rechtsordnung
verleiht heute wie früher dem Menschen seine Rechtsfähigkeit. Der Mensch, die natürliche
Person – uzw jeder (!) Mensch – ist heute aber geborenes
Rechtssubjekt; dh er ist automatisch mit seiner Geburt
(ohne Unterschied, ob gesund oder krank, arm oder reich) Rechtssubjekt
und damit Träger von Rechten und Pflichten; § 16 ABGB. – Neben dem
Menschen, der natürlichen (Rechts)Person, ist aber
auch die juristische Person Rechtssubjekt; gleichsam
ein (von der Rechtsordnung) gekorenes. Auch die juristische Person
ist Trägerin eigener Rechte und Pflichten. Wir werden davon handeln.
Diese Rechtssubjekte – natürliche wie juristische Personen – sind
ua Träger konkreter Rechte, eben subjektiver (Privat)Rechte; zB
ist Frau X oder die A-GmbH Eigentümerin einer Liegenschaft oder
Herr Y Erbe (nach dem Tod seines Vaters). – Subjektive Rechte richten
sich (inhaltlich) gegen andere Rechtssubjekte oder betreffen unmittelbar Rechtsobjekte
/ Sachen. | Unterscheidung:
Rechtssubjekt und Rechtsobjekt |
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 | Abbildung 4.2: Rechtssubjekte und Rechtsobjekte: Sachen |
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•
Rechtssubjekt ist
zu aller erst der Mensch (als natürliche Person),
aber auch die juristische Person (als rechtliches
Kunstgebilde der Rechtsordnung). | |
•
Rechtsobjekte sind die Sachen iwS
des § 285 ABGB. | |
Die Bedeutung der Unterscheidung
liegt darin, dass die Rechtsordnung Rechtssubjekte mit Rechtsfähigkeit
ausstattet, nicht dagegen Rechtsobjekte. Rechtsobjekte sind nur
(passive) Bezugspunkte von Rechten und Pflichten, die Rechtssubjekten
zustehen, nicht aber Träger eigener subjektiver Rechte und Pflichten. | Bedeutung
der Unterscheidung |
Die starre Grenzziehung des § 285 ABGB zwischen
Person und Sache, wurde durch § 285a ABGB etwas gemildert. Die Stringenz
dieser begrifflichen Trennung besitzt nämlich – wie wir heute klarer sehen
– auch Nachteile. | Grenzziehung
des
§ 285 ABGB |
| Übergänge zwischen Rechtssubjekt und Rechtsobjekt |
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2. Zur natürlichen
und juristischen Person | |
Die Rechtsordnung richtet sich
mit ihren Ge- und Verboten an den Menschen. Der Mensch ist
der natürliche Adressat des Rechts. Er ist primäres Rechtssubjekt.
– Seine Stellung im Recht erlangt der Mensch aber – wie erwähnt
– durch die (jeweilige) Rechtsordnung, die aber heute inhaltlich bereits
vielfach gebunden ist; innerstaatlich wie durch supra- und internationale
Normen; zB EMRK, künftige EU-Verfassung. Die Rechtspersönlichkeit
/ Rechtsfähigkeit / Rechtssubjektivität wird aber (unter Wahrung
kultureller Standards, deren Verletzung das Widerstandsrecht auslöst) grundsätzlich
von der Rechtsordnung verliehen, was heute insbesondere für juristische
Personen von Bedeutung ist. – Im Privatrecht stellen die §§ 16 ff
ABGB klar, dass jeder Mensch Rechtspersönlichkeit / Rechtsfähigkeit
besitzt, also Rechtssubjekt ist. In Deutschland schützt Art 1 BonnGG 1949
die Menschenwürde. – Das Verleihen der Rechtsfähigkeit
durch die Rechtsordnung steht demnach heute nicht mehr im Belieben
des Staates. Das war aber nicht immer so. Die Geschichte lehrt uns,
dass historische Rechtsordnungen die Rechtsfähigkeit in sehr unterschiedlichem
Maße gewährt haben; es gab Sklaverei, Hörigkeit, Halbfreie usw.
Vgl auch → Die
Antike
| §
16 ABGB, Art 1 BonnGG |
Zur Sklaverei und ständischen Gliederungen:
Vgl auch Kaser, Römisches Privatrecht § 13 (198313)
sowie Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts § 13 (19305).
– Zur Ehrenrettung der Griechen muss erwähnt werden, dass namhafte
Denker bereits damals anders dachten und der aufklärerische Ansatz
zu Gleichheit und Rechtssubjektivität für alles Menschliche aus
der attischen Aufklärung stammt. Es brauchte aber mehr als 2000
Jahre, um diese Ideen zu verwirklichen. Platon etwa diskutierte
(uH auf Homer, Odysse 17, 322 f) in den „Nomoi” (776b-778a) die Sklaverei
kritisch. Eine besonders schöne Stelle findet sich dort 777d. Und
im „Ion” des Euripides lesen wir: „Denn was den Sklaven Schande
bringt, ist einzig der Name. Sonst in allem ist der Sklave mit wackerm
Sinn nicht schlechter als der Freie”. | |
In Bezug
auf die Rechtsfähigkeit enthält das ABGB (von 1811)
– Dank K.A.v. Martini – gegenüber dem ALR von 1794
( → KAPITEL 1: Die
drei großen Kodifikationen) bereits eine deutliche Weiterentwicklung,
indem es in § 16 bereits jedem Menschen die gleiche Rechtsfähigkeit
zuerkennt, während das ALR (I 1
§ 1) noch von einer ständisch abgestuften Rechtsfähigkeit ausgeht: | ABGB und ALR |
„Der Mensch wird, insofern er gewisse Rechte
in der bürgerlichen Gesellschaft genießt, eine Person genannt.” | |
Während heute jeder Mensch zeitlebens
volle Rechtsfähigkeit besitzt, bestehen im Bereich der juristischen
Personen Abstufungen. Es gibt dort nicht nur die Voll- Rechtsfähigkeit,
sondern auch eine Teil- Rechtsfähigkeit; und zwar
sowohl im Privatrecht, wie im öffentlichen Recht. | Voll-
und Teilrechtsfähigkeit |
Vgl einerseits § 26 ABGB (grundsätzliche Gleichstellung
juristischer mit natürlichen Personen) und andrerseits früher zB
§ 3 UOG 1993: Teilrechtsfähigkeit von Universitäten, Fakultäten,
Instituten und Kliniken etc, die aber nunmehr in eine Vollrechtsfähigkeit
umgewandelt wurde. | |
Die
Rechtsfähigkeit betrifft sowohl die privatrechtliche Stellung
von Rechtssubjekten in der Rechtsordnung – zB ihre allgemeine Geschäfts-,
Testier- oder Ehefähigkeit, als auch deren öffentlichrechtliche
Position; zB Wahlrecht, Steuerpflicht, Staatsbürgerschaft. | RF
betrifft privat-, und öffentlichrechtliche Stellung |
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Neben dem Menschen,
der natürlichen Person, gibt es also Rechtsgebilde,
die ebenfalls Rechtssubjektivität / Rechtsfähigkeit besitzen: die juristischen
Personen, als rechtlich gebündelte, wirtschaftliche oder
kulturelle Interessenträger. Durch ihre rechtliche Institutionalisierung
wird ihnen Dauer und Bestandskraft verliehen; zB einem Verein. –
Freilich können rechtliche Kunstgebilde wie es juristische Personen
nun einmal sind, nicht selbst für sich handeln. Sie benötigen Organe → Die
juristische Person handelt durch Organe Aber
auch natürliche Personen sind nicht von Geburt an selbst handlungsfähig;
dazu gleich mehr. | Rechtssubjekt und HF |
Person kommt
etymologisch aus dem griechischen Kulturkreis; Ethik des Panaitios,
der wiederum auf platonische Vorbilder zurückgriff: aus „prósopon”
wurde lateinisch „persona” / personare, durchtönen; persona heißt
nämlich auch (Schauspiel)Maske (!), ist also das, was aus dem Inneren
des Menschen durchtönt, durch die äußere Hülle des Menschen nach
Außen dringt, die äußere Fassade / Haut, das Gesicht des Menschen
„passiert”. – Das moderne Verständnis der menschlichen Person ist
allerdings umfassender. Eine andere, ältere Wurzel des modernen
Personsbegriffs ist das griechische Wort átomos:
der Einzelne, Unteilbare, dessen lateinische Übersetzung zum in-dividuum wurde. | á-tomos (in-dividuum) und persona |
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§ 26 ABGB stellt
natürliche und juristische Personen grundsätzlich gleich; dh: das
Eigentum an einer Liegenschaft kann Herrn oder Frau Müller, aber
auch einem Verein, einer GmbH oder der öffentlichen Hand (Bund,
Land, Gemeinde) zustehen. Trotz dieser fortschrittlichen grundsätzlichen
Gleichstellung juristischer mit natürlichen Personen werden wir
sehen, dass die dadurch eröffneten Möglichkeiten rechtlich noch
nicht ausgeschöpft wurden. Mehr zur juristischen Person → Die
juristische Person
| Gleichstellung
juristischer mit natürlichen Personen |
3. Beginn
und Ende der natürlichen Person | |
Das Rechtssubjekt Mensch beginnt
mit der vollendeten Geburt und endet mit dem Tode,
wobei der Eintritt des Todes – dessen Kriterien bislang gesetzlich
nicht geregelt sind – heute Probleme bereitet; früher Herz-Kreislauf-Tod
heute Hirntod. | |
 | Abbildung 4.3: Beginn und Ende der natürlichen Person |
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 | Abbildung 4.4: Der Lebensbeginn – Geburt |
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Lebendgeburt
wird aber nach § 23 ABGB vermutet; praesumtio iuris / einfache Rechtsvermutung. | Lebendgeburt |
 | Abbildung 4.5: Was ist eine Rechtsvermutung? |
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Das Personenstandsrecht
dokumentiert staatlich die existentiellen und zugleich rechtlich
bedeutsamen Stationen des menschlichen Lebens: Geburt, Heirat und
Tod → KAPITEL 17: Das
Personenstandsrecht. | Personenstandsrecht |
Vom
bürgerlichen war der sog Klostertod zu unterscheiden.
Er besagte, dass im Mittelalter Personen, die in einen Nonnen- oder
Mönchsorden eintraten, mit der Ablegung der feierlichen Gelübde
„von der Welt für Tod erachtet” wurden; Glosse zum Sachsenspiegel.
Der Eintritt ins Kloster beseitigte insbesondere die Vermögensfähigkeit
der Person; zB Verlust der Testierfähigkeit mit der Folge, dass
das Vermögen eines Religiosen seinen Blutsverwandten zufiel. Künftiger
Vermögenserwerb war ausgeschlossen; auch nicht durch das Kloster.
Anders das kanonische Recht, das die Vermögensfähigkeit auf das
Kloster übergehen ließ. – Während das ALR (II 11 §§ 1199 f) den
Klostertod noch kannte und das dtBGB (Art 87 EG zum BGB) Erwerbsbeschränkungen
der toten Hand übernahm, kennt das ABGB und seine Vorstufen weder
den bürgerlichen, noch den Klostertod; vgl Zeiller, Gibt es nach
den österreichischen Gesetzen einen bürgerlichen Tod?, in: Wagners
Zeitschrift 2 (1826) 161 ff. Unser öffentliches Recht kennt aber noch
die Möglichkeit der rechtlichen Beschränkung der sog „toten Hand”;
vgl Art 6 Abs 2 StGG 1867: „Für die tote Hand [d.i. die Kirche]
sind Beschränkungen des Rechtes, Liegenschaften zu erwerben und
über sie zu verfügen, im Wege des Gesetzes aus Gründen des öffentlichen
Wohles zulässig.” – Bedeutung besitzt das aber nicht mehr. | Bürgerlicher und Klostertod |
Der frCC von 1804 kannte
noch das Rechtsinstitut des bürgerlichen Todes (la
mort civile; Art 22 f), das aber mit Gesetz von 1854 abgeschafft
wurde. Danach wurde ein (noch lebender) Mensch rechtlich so behandelt,
als wäre er schon gestorben. Er verlor dadurch seine Eigenschaft
als (Rechts)Person. Gründe dafür waren zB eine lebenslange strafrechtliche
Verurteilung (sog Kapitalstrafe) oder – seit der Französischen Revolution
– auch Emigration. Der bürgerliche Tod zog auch den Vermögensverfall
nach sich (Verlust des Eigentums) und eine bestehende Ehe galt als gelöst.
Eine solche Person durfte weder Vormund noch Zeuge sein etc. Kurz:
Die Rechtsfähigkeit wurde diesen Personen aberkannt. – Das germanische
Recht kannte als Parallele dazu Friedlosigkeit und Acht,
das antike griechische Atimie (Ehrlosigkeit) und Asebie (Gottlosigkeit),
das römische Recht die capitis deminutio (maxima) und
die infamia sowie das Kirchenrecht Bann und Exkommunikation.
Auch das englische Recht kannte lange den civil death (R.
Hübner). – Allgemein zur Bedeutung der Ehrminderung → Besonders
geschützte Werte, Zustände und Eigenschaften
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4. Nasciturus:
ABGB und StGB | |
Das ABGB lässt die Rechtspersönlichkeit des
Menschen nicht schlagartig mit der Geburt beginnen, sondern kennt
– dem ALR und dem römisch-gemeinen Recht folgend – gewisse Vor-Wirkungen: | Vor-Wirkungen
der RF |
Nach
den §§ 22, 23 ABGB besitz schon die Leibesfrucht / nasciturus besitzt
in gewisser Hinsicht Rechtspersönlichkeit. Sie kann aber nur Rechte
erwerben, nicht dagegen mit Pflichten belastet werden. Man kann
also nicht schon mit Schulden auf die Welt kommen. | Leibesfrucht |
Relevant ist
§ 22 ABGB bspw für die Erbfolge. Zugunsten des
beim Tod des Erblassers bereits gezeugten Kindes kann zB testiert
werden. – Auch künftige Unterhaltsansprüche Ungeborener
und allfällige (eigene) Ersatzansprüche wegen Tötung
des/r Unterhaltspflichtigen (zB § 1327 ABGB) oder auch Verletzung
der Leibesfrucht stehen zu (§ 1325 ABGB); zB wenn eine Verletzung
oder Ansteckung während der Schwangerschaft erfolgte. | Bedeutung |
§
22 ABGB: „Selbst ungeborene Kinder haben von dem Zeitpunkte ihrer
Empfängnis an einen Anspruch auf den Schutz der Gesetze. Insoweit
es um ihre und nicht um die Rechte eines Dritten zu tun ist, werden
sie als Geborene angesehen; ein totgeborenes Kind aber wird in Rücksicht
auf die ihm für den Lebensfall vorbehaltenen Rechte so betrachtet,
als wäre es nie empfangen worden.” | |
 | Abbildung 4.6: Lebensschutz: Leibesfrucht |
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 | Abbildung 4.7: Einschränkungen des § 22 ABGB |
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In
diesem Zusammenhang sind auch die §§ 96, 97 StGB zu beachten: Straflosigkeit
des Schwangerschaftsabbruchs. – Wir sehen daraus, dass
schon der Beginn der menschlichen Existenz in einem rechtlichen
Spannungsverhältnis steht. Nach hA ist die Abtreibung innerhalb
der ersten 3 Monate, wenn sie von einem Arzt vorgenommen wird, nicht
rechtswidrig; für manche bedeutet die Regelung des Strafrechts aber
nur Straffreiheit. | Schwangerschaftsabbruch |
(1)
Die Tat ist nach § 96 nicht strafbar, | § 97 Abs Z 1 StGB |
1. wenn der Schwangerschaftsabbruch innerhalb
der ersten drei Monate nach Beginn der Schwangerschaft
nach vorhergehender ärztlicher Beratung von einem Arzt vorgenommen
wird; oder | |
2. wenn der Schwangerschaftsabbruch zur
Abwendung einer nicht anders abwendbaren ernsten Gefahr für das Leben
oder eines schweren Schadens für die körperliche oder seelische
Gesundheit der Schwangeren erforderlich ist oder eine ernste Gefahr
besteht, dass das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt
sein werde, oder die Schwangere zur Zeit der Schwängerung unmündig
gewesen ist und in allen diesen Fällen der Abbruch von einem Arzt
vorgenommen wird; oder ... | |
(2) Kein Arzt ist verpflichtet, einen Schwangerschaftsabbruch
durchzuführen oder an ihm mitzuwirken, es sei denn, dass der Abbruch
ohne Aufschub notwendig ist, um die Schwangere aus einer unmittelbar
drohenden, nicht anders abwendbaren Lebensgefahr zu retten. Dies
gilt auch für die im Krankenpflegefachdienst, in medizinisch-technischen Diensten
oder in Sanitätshilfsdienst tätigen Personen. | |
(3) Niemand darf wegen der Durchführung
eines straflosen Schwangerschaftsabbruchs oder der Mitwirkung daran oder
wegen der Weigerung, einen solchen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen
oder daran mitzuwirken, in welcher Art immer benachteiligt werden. | |
| Anonyme Geburt |
5. Tod und Todeserklärung | |
Der
Tod bedeutet das Ende der Rechtsperson Mensch. Er wird grundsätzlich
durch eine Amtsperson (Amtsarzt) – zB den Gemeindearzt – festgestellt,
die darüber eine öffentliche Urkunde ausstellt: Totenschein. | |
| Rechtsstellung des Leichnams |
Ist die übliche Feststellung des Todes nicht möglich, kommt
es zur Todeserklärung. Rechtsgrundlage ist das TodeserklärungsG
1950. Regelungen kannten aber schon das ABGB von 1811 und
das Westgalizische Gesetzbuch (WGGB) von 1797. – Anlass für die
Todeserklärung ist Verschollenheit, was meint:
lange, nachrichtenlose Abwesenheit. Man unterscheidet Kriegs-, See-, Luft-
und eine allgemeine Gefahrenverschollenheit: Hochwasser, Erdbeben,
Feuer usw. | |
Als Vorbild für spätere Regelungen wirkte
das
ius
postliminii des römischen Rechts: Geriet ein Römer in
Kriegsgefangenschaft, wurde er idR zum Sklaven. Seine Rechtsstellung
während der Kriegsgefangenschaft war durch einen Schwebezustand
gekennzeichnet: Gelang es dem Gefangenen, seine Freiheit wieder
zu gewinnen, wurde er so behandelt, als hätte er seine Rechte behalten;
starb er, galten seine Rechte schon mit der Gefangennahme als erloschen.
– Nach der fictio legis Corneliae (~ 80 v. C.)
blieb das vor Gefangennahme errichtete Testament in Kraft, eine
Annahme, die später vom Prätor auf die Intestaterbfolge erstreckt
wurde; mehr bei M. Kaser, Römisches Privatrecht § 15 II 2 (198313). | |
Zunächst
wird im Außerstreitverfahren ein Abwesenheitskurator bestellt. Der
Todeserklärungsbeschluss des Gerichts begründet die widerlegbare
(Rechts)Vermutung des Todes; § 19 TEG. § 10 TEG führt aus, dass
bis zu diesem Zeitpunkt eine Lebensvermutung gilt. Zur Rechtsvermutung → KAPITEL 3: Redlicher
Besitz.
Als rechtliche Folge des Todeserklärungsbeschlusses gelten: | Wirkung |
• die Erbfolge als
eingetreten, | |
•
höchstpersönliche Rechte als erloschen,
und | |
• eine bestehende Ehe als aufgelöst. | |
Das EheG enthält in den §§ 43, 44 eine originelle
Lösung für den Fall, dass der für tot erklärte Gatte doch noch lebt und
zurückkommt; zB nach einem Krieg. Der mittlerweile wieder verheiratete
Teil kann zwischen den folgenden Möglichkeiten wählen: Entweder
die zweite Ehe weiterzuführen oder zum ersten Gatten zurückkehren. | |
Eine
Besonderheit enthält § 11 TEG: Sog Kommorientenpräsumtion.
– Kommen mehrere Personen in gemeinsamer Gefahr (zB Unfälle, Katastrophen,
aber auch Selbstmord) um, gelten sie als gleichzeitig verstorben.
Diese Personen kommen daher für eine gegenseitige Erbfolge nicht
in Betracht. | Kommorientenpräsumtion |
 | Abbildung 4.8: Das Lebensende – Tod |
|
 | Abbildung 4.9: Todeserklärung: TEG 1950 |
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II. Die
Handlungsfähigkeit | |
Handlungsfähigkeit
ist die Fähigkeit, Rechte und Pflichten durch eigenes (!) Handeln zu erwerben.
Sie besteht aus: | |
• der Geschäftsfähigkeit und | |
• der Deliktsfähigkeit
→ Die
zivilrechtliche Deliktsfähigkeit
| |
Rechtsfähigkeit bedeutet nämlich nicht,
dass eine Person schon allein rechtsgültig handeln kann. Das setzt
vielmehr Handlungsfähigkeit voraus. | |
Minderjährige (§
21 ABGB) bedürfen daher, wollen sie sich verpflichten, grundsätzlich
der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters und juristische Personen
handeln rechtswirksam (überhaupt) nur durch ihre Organe. Aber auch volljährige
Personen schließen gültige Rechtsgeschäfte nur dann, wenn
sie bei deren Abschluss handlungs- und daher geschäftsfähig waren,
was nicht immer der Fall ist; zB Alkohol, Drogen, Krankheiten, Alter
/ Demenz können das ausschliessen → Die
Sachwalterschaft Die
Geschäftsfähigkeit fehlt etwa auch volljährigen Personen, für die
ein Sachwalter ( → Die
Sachwalterschaft)
bestellt wurde. Aber auch Personen für die kein Sachwalter bestellt
wurde, müssen beim Geschäftsabschluss geschäftsfähig gewesen sein,
sonst ist das Geschäft ungültig. § 869 ABGB verlangt wahre
Einwilligung
→ KAPITEL 5: Allgemeine
Voraussetzungen gültiger Vertragsschlüsse.
Das Risiko der Ungültigkeit des Geschäfts (wegen fehlender Geschäftsfähigkeit)
trägt demnach – wie bei Minderjährigen – grundsätzlich der Vertragspartner
des Geschäftsunfähigen. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Vertragspartner
die Geschäftsunfähigkeit kannte oder kennen musste, sondern nur
auf die Tatsache, ob die betreffende Person geschäftsfähig war oder
nicht. Das stellt für diesen Personenkreis einen starken Schutz
dar, der unserem Privatrecht durch Martini zugeführt worden war.
Nicht zu unrecht wurde daher gesagt, dass der soziale Gehalt des
ABGB, durch den es sich vom dtBGB unterscheidet, sein Werk war.
– All das mag zunächst befremdend und fast geheimnisvoll klingen,
aber wir werden diese Fragen noch eingehender besprechen. Behauptet
aber jemand, dass er beim Geschäftsabschluss nicht geschäftsfähig
war, muss er das allerdings beweisen, was Schwierigkeiten bereiten
kann. | Fehlende
HF macht Rechtsakte ungültig |
Eine Frau ist manisch-depressiv, steht aber
(noch) nicht unter Sachwalterschaft → Die
Sachwalterschaft In
einer manischen Phase kauft sie teuren Schmuck, Kleider und Möbel
im Gesamtwert von mehr als 30.000 Euro ein, obwohl sie diese Sachen nicht
braucht. – Kann sie (etwa durch ein psychiatrisches Gutachten, noch
besser durch Gerichtsbeschluss) beweisen, dass sie zur Zeit der
Vertragsschlüsse nicht geschäftsfähig war, sind die geschlossenen
Verträge ungültig und „rückabzuwickeln”. Das von einer geschäftsunfähigen
Person geschlossene Geschäft ist absolut nichtig → KAPITEL 5: Wie
wirkt Nichtigkeit?.
– In der Praxis wird, in Unkenntnis der Rechtslage oder aus Scham,
oft anders verfahren. Der Rechtsschutz Geschäftsunfähiger wäre zu
effektuieren. | |
1. Allgemeines
zur Geschäftsfähigkeit – Altersstufen | |
Geschäftsfähigkeit ist
die Fähigkeit, sich selbst durch eigenes (!) rechtsgeschäftliches
Handeln zu berechtigen oder zu verpflichten. | |
Mit ihren altersbedingten
Beschränkungen der Handlungsfähigkeit (und insbesondere der GF)
will die Rechtsordnung nicht bevormunden, sondern schützen; dies
um Nachteile vom betroffenen Personenkreis möglichst abzuwenden.
– § 21 Abs 1 ABGB drückt dies aus, wenn es dort heißt: | Was bezweckt
das Gesetz mit den Altersstufen? |
„Minderjährige ... stehen unter dem besonderen
Schutz der Gesetze.” | |
 | Abbildung 4.10: Geschäftsfähigkeit: § 21 ABGB |
|
 | Abbildung 4.11: Geschäftsfähigkeit: § 151 ABGB |
|
Von
den Betroffenen wird dies oft anders empfunden. Das Gesetz will
aber mit seinen schützenden Anordnungen mangelnde Reife, fehlende
geschäftliche Erfahrung, Unbedachtheit und Leichtsinn ausgleichen.
– Dies auf verschiedene Weise, dh mit unterschiedlicher
Rechtsfolgeanordnung: | Unterschiedliche Rechtsfolgeanordnung |
•
Entweder, dass überhaupt kein
Vertrag zustande kommt und damit idR auch keine Rechtsfolgen und
insbesondere Verpflichtungen für Minderjährige eintreten. – Dies
ist die normale Rechtsfolge, wenn sich Minderjährige alleinverpflichten
wollen. Ein sie verpflichtendes Geschäft bedarf eben grundsätzlich
wenigstens der nachträglichen Genehmigung des gesetzlichen Vertreters;
§ 151 Abs 2 ABGB iVm § 865 ABGB. | |
•
Oder,
es entstehen nur in unproblematischem Umfang und
in einem eng überschaubaren Bereich Rechtsfolgen,
dh Verpflichtungen für Minderjährige; so etwa nach § 151 Abs 3 ABGB. | |
•
Oder – das galt bisher – schließlich dadurch,
dass die nicht volljährige Person zwar nicht ganz ungeschoren, aber
noch mit einem „blauen Auge” davonkommt: § 866
ABGB. Dh, dass der unter Täuschung des Vertragspartners geschlossene
Vertrag zwar nicht zugehalten, also erfüllt werden muss, weil er
– mangels voller Geschäftsfähigkeit – nicht gültig zustande gekommen
ist, wohl aber für den sog Vertrauensschaden einzustehen
ist → §
866 ABGB aF: Vortäuschung der Volljährigkeit Diese Bestimmung wurde leider durch das
KindRÄG 2001 aufgehoben. | |
Die Rechtsordnung unterscheidet vier charakteristische Altersstufen und
schreibt ihnen im Rahmen der Handlungsfähigkeit in unterschiedlichem
Umfang die Fähigkeit zu, Rechtsgeschäfte abschließen zu können (= Geschäftsfähigkeit)
und für eigenes Handeln verantwortlich zu sein (= Deliktsfähigkeit).
– Geschäftsfähig ist also – bei der Rechtsfähigkeit ist das anders
– nicht jede Person. | |
Als Minderjährige bezeichnet
das Gesetz Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Diese Altersgruppe steht „unter dem besonderen Schutz der Gesetze”;
§ 21 ABGB. – Die gesetzlichen Regeln der Geschäftsfähigkeit sind
unsystematisch über das ABGB verstreut. Die wichtigsten, auf die
in der Folge eingegangen wird, finden sich in den §§ 21, 151, 152,
153, 154 und 865 (866) ABGB. | |
Das Strafrecht (insbesondere
das JGG 1988) kennt als weitere Altersgruppe: Jugendliche
→ Die
zivilrechtliche Deliktsfähigkeit :
Deliktsfähigkeit. – Auch das BWG 1993 kennt diese
(Alters)Kategorie. | JGG und BWG kennen „Jugendliche” |
Unmündige Personen werden strafrechtlich sogar besonders
geschützt; vgl etwa: § 195 StGB – Entziehung eines Minderjährigen
aus der Macht des Erziehungsberechtigten; § 196 StGB – Vereitelung
behördlich angeordneter Erziehungsmaßnahmen; § 197 StGB – Verlassen
eines Unmündigen. | |
|
Vgl
auch EvBl 1999/101: Einem Unmündigen fehlt es an der nötigen Reife,
die ... Tragweite eines Selbsttötungsentschlusses zu
erfassen und sein Verhalten dieser Einsicht gemäß auszurichten.
Mangels eines dem Unmündigen zurechenbaren Sterbewillens ist daher
eine ihm bei der Selbsttötung geleistete Hilfe nicht als Mitwirkung
am Selbstmord (§ 78 StGB), sondern als Mord (§ 75 StGB) zu beurteilen. | |
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Die Geschäftsfähigkeit
erscheint (in den einzelnen Bereichen der Rechtsordnung) in unterschiedlichen
rechtlich-begrifflichen Ausformungen/Etikettierungen: Erbfähigkeit
(zB § 538 ABGB), Testierfähigkeit (§ 569 ABGB), Prozessfähigkeit
(§ 1 ff ZPO), Wechselfähigkeit, Ehefähigkeit
(§ 1 EheG), Strafmündigkeit sind besondere Erscheinungsformen
der hier behandelten allgemeinen Geschäftsfähigkeit. | Ausformungen
der
allgemeinen GF |
Die
Geschäftsfähigkeit war in der Rechtsgeschichte sehr
unterschiedlich ausgestaltet; so war noch im Mittelalter die Erb-
und Lehensfähigkeit typisch von der körperlichen Verfassung abhängig:
Zwerge, Verkrüppelte, Blinde oder Aussätzige waren in ihrer Geschäftsfähigkeit
eingeschränkt, während dies heute keinen Einfluss mehr hat. Auch
die Geschäftsfähigkeit von Frauen war lange beschränkt; vgl etwa
Sachsenspiegel, Landrecht 4 und die Feststellung R. Hübners → Die
natürliche Person
| Rechtsgeschichte |
 | Abbildung 4.12: Geschäftsfähigkeit: Altersstufen |
|
 | Abbildung 4.13: Geschäftsfähigkeit von Kindern |
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 | Abbildung 4.14: Geschäftsfähigkeit unmündiger Minderjähriger |
|
 | Abbildung 4.15: Geschäftsfähigkeit mündiger Minderjähriger |
|
2. Die Geschäftsfähigkeit
im einzelnen: Altersstufen | |
Aus der Schritt für Schritt erfolgenden
Erweiterung der Geschäftsfähigkeit Minderjähriger lässt sich die
Intention des Gesetzgebers herauslesen, junge Menschen mit zunehmendem
Alter an die volle rechtliche Verantwortlichkeit heranzuführen und
bis dorthin effizient zu schützen. | |
Kinder sind grundsätzlich vollkommen
geschäftsunfähig und können sich allein
weder berechtigen noch verpflichten. Sie können (selbst) nicht einmal
Schenkungen annehmen. – Rechtsgeschäfte dieser Personengruppe sind
ungültig; und zwar absolut nichtig: §§ 21 Abs 1, 151 Abs 1, 865
Satz 1 ABGB, §§ 2 und 102 EheG. – Eine kleine Ausnahme statuiert
aber § 151 Abs 3 ABGB. | |
Das gleiche gilt auch für Personen über
7 Jahre und Erwachsene, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben. | |
Die Konsequenz dieser
von der Rechtsordnung angeordneten vollkommenen Geschäftsunfähigkeit
von Kindern ist die, dass sie nur durch ihren gesetzlichen
Vertreter Rechte erwerben und Pflichten eingehen können;
dazu gleich unten. | |
Lesetip: Zur interessanten Entwicklungspsychologie
von Säuglingen und Kleinkindern – Daniel N.
Stern, Die Lebenserfahrung des Säuglings
(19986); – M.
Dornes, Der kompetente Säugling (1993). | |
Die erwähnte geringfügige Ausnahme des
§ 151 Abs 3 ABGB besagt folgendes: Auch Kinder können kleine
Geschäfte des Alltags gültig schließen, wenn: | Ausnahme
des
§ 151 Abs 3 ABGB |
•
diese Geschäfte von
„Minderjährigen [ihres] Alters üblicherweise geschlossen”
werden und diese zudem | |
• nur „eine geringfügige Angelegenheit
des täglichen Lebens” betreffen. | |
Das Rechtsgeschäft
wird unter diesen Voraussetzungen „mit der Erfüllung der das Kind
treffenden Pflichten rückwirkend rechtswirksam”; also idR dann,
wenn das Kind bezahlt. | |
Aus § 151 Abs 3 ABGB
drängt sich ein Analogieschluss (Größenschluss:
Argumentum a maiori ad minus → KAPITEL 11: Analogieformen)
insofern auf, als Kinder sinnvollerweise auch berechtigt sein sollten,
sie ausschließlich berechtigende, altersübliche und geringfügige
Schenkungen (sofern sie dem Kindeswohl entsprechen) anzunehmen. Rspr
und Lehre lehnen das aber bislang eher ab, ohne dafür ernsthafte
Gründe anführen zu können. | |
 | |
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Sie
können sich bereits allein berechtigen, sich aber
immer noch nicht ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters
verpflichten: § 151 Abs 1 ABGB und § 865 Satz 2 und 3 ABGB;
Ausnahme wiederum § 151 Abs 3 ABGB: altersangepasst. | Unmündige Minderjährige:
7-14 |
Die Zustimmungspflicht des
gesetzlichen Vertreters zu verpflichtenden Rechtsgeschäften Minderjähriger
(dazu mehr bei den mündigen Minderjährigen) reicht demnach von der
Altersgruppe der 7jährigen bis zur Großjährigkeit! | |
Sie
können sich wie unmündige Minderjährige bereits allein berechtigen,
aber ebenfalls noch nicht (generell allein) verpflichten.
Noch immer ist grundsätzlich die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters
nötig. – Es bestehen jedoch schon wichtige Ausnahmen:
Zu dem auch für diese Personengruppe geltenden (freilich altersmäßig
angepasst) § 151 Abs 3 ABGB gesellen sich die §§ 151 Abs 2 und 152
ABGB (zB Ferialjob: Kauf eines Fahrrads). – Auf diese Erweiterungen
der Geschäftsfähigkeit wird noch eingegangen. | Mündige Minderjährige: 14-18 |
Für die Notwendigkeit
der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters kommt
es ausschließlich darauf an, ob das Geschäft Minderjährige rechtlich
(auch) verpflichtet, mag die Verpflichtung auch
nur (wie bei der Rückgabeverpflichtung des Entlehners) geringfügig
sein; vgl § 865 Satz 2 ABGB: „wenn sie eine damit verknüpfte
Last [= Verpflichtung] übernehmen oder selbst etwas versprechen”. | Notwendigkeit
der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters |
Unter „ Last” iSd § 865
Satz 2 ABGB sind nicht nur Gegenleistungen zu verstehen;
auch sonstige Verpflichtungen (mögliche Haftung, Versicherungs-
oder Pflegekosten eines Tieres oder Gebühren / Steuern) fallen darunter.
– Minderjährige ab dem 7. Lebensjahr können zwar Schenkungen
annehmen, aber nur dann, wenn damit keine Belastung verbunden
ist; vgl dazu gleich unten SZ 54/20: Schenkung von Reitpferden.
Man spricht in solchen Fällen von einer belastenden Schenkung; dazu → §
154 Abs 3 ABGB:
§ 154 ABGB. | „Last”
iSd Gesetzes |
Gesetzliche Vertreter sind beide (wenn
auch geschiedene) Elternteile minderjähriger ehelicher Kinder
(§ 144 ABGB), die Mutter oder der Vater des
minderjährigen unehelichen Kindes allein (§ 166 ABGB) oder beide
(unehelichen) Eltern nach § 167 ABGB; oder – wenn sonst
kein gesetzlicher Vertreter vorhanden ist – der Vormund ( → KAPITEL 16: Vormundschaft
und Kuratel)
und allenfalls ein Sachwalter nach § 269 ABGB
iVm §§ 273, 273a ABGB. | Wer
ist gesetzlicher
Vertreter? |
Nach § 149 Abs 1 ABGB haben: „Die Eltern ...
das Vermögen eines minderjährigen Kindes mit der Sorgfalt
ordentlicher Eltern zu verwalten. Sie haben es in seinem
Bestand zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren; Geld ist
nach den Vorschriften über die Anlegung von Mündelgeld anzulegen.”
Vgl dazu die §§ 230 ff ABGB. | |
Die Zustimmung (=
Oberbegriff) des gesetzlichen Vertreters heißt, wenn sie vor oder
bei Geschäftsabschluss gegeben wird, Einwilligung,
wenn nachträglich, Genehmigung. | Zustimmung |
Schließen Minderjährige ein sie verpflichtendes
und daher zustimmungsbedürftiges Geschäft ohne Einwilligung ihres
gesetzlichen Vertreters, ist das Geschäft schwebend un-wirksam,
aber nicht nichtig!; sog hinkendes Rechtsgeschäft /
negotium claudicans. – Beide Parteien bleiben vorläufig an das Geschäft
gebunden, für keine Partei entstehen aber zunächst Erfüllungspflichten!
Denn rechtsgeschäftliche „Bindung” ist nicht gleichzusetzen mit
vertraglicher „Verpflichtung”: Hier bestehen bereits Erfüllungspflichten
aus einem gültig geschlossenen Vertrag heraus! – Zu beachten ist
§ 865 Schlusssatz ABGB: „Bis diese Einwilligung erfolgt, kann der
andere Teil [d.i. der Geschäftspartner des Minderjährigen] nicht
zurücktreten ...” Der Geschäftspartner des Minderjährigen kann jedoch
dem gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen eine angemessene
Erklärungsfrist setzen, nach deren Ablauf seine Bindung
erlischt; § 865 Satz 3 ABGB. Auch der Minderjährige kann nicht zurücktreten,
er ist ja noch nicht geschäftsfähig. Nur der gesetzliche Vertreter
kann seine Genehmigung verweigern (iSd § 863 ABGB:
demnach auch durch Stillschweigen), wozu er nicht einmal einen Grund
anführen muss. Damit wird das bislang schwebend unwirksame Geschäft
endgültig unwirksam. | Sog
hinkendes
Rechtsgeschäft |
Wie
werden übliche Verträge zwischen Eltern / Vormündern und den von
diesen gesetzlich vertretenen minderjährigen Kindern / Mündeln /
geistig Behinderten / Pflegebefohlenen geschlossen? | Verträge zwischen Eltern und Kindern … |
Dies ist ein
praktisch häufiger Fall: ZB ein oder beide Elternteile schenken
ihrem Kind etwas. Dieser einfache Vorgang ist rechtlich relativ
kompliziert. Kurz: Vater oder Mutter beschenken ihr Kind, indem
sie als gesetzliche Vertreter des Kindes die eigene Schenkung an
das Kind annehmen. Dies ist ein sog Insichgeschäft /
Selbstkontrahieren. Solche Geschäfte sind nicht beliebig möglich,
hier aber im Regelfall gültig, weil zum Vorteil des Kindes; zu den
Voraussetzungen → KAPITEL 13: Insichgeschäfte. – Die Rolle von Vater und Mutter ist danach
gespalten: Einerseits sind sie Schenkende, andrerseits gesetzliche
Vertreter ihrer Kinder. Das Insichgeschäft schließen sie mit sich
selber: als schenkende Eltern (einerseits) und als gesetzliche Vertreter
ihrer Kinder (andrerseits). Das Gesetz (§ 271 ABGB) sieht für solche
Fälle an und für sich vor, dass ein sog Kollisionskurator zu
bestellen ist. Die gelebte Rechtspraxis reduziert aber § 271 ABGB
teleologisch darauf, dass – den allgemeinen Regeln für Insichgeschäfte
entsprechend – ein Kollisionskurator nur dann zu bestellen ist,
wenn die Interessen des Minderjährigen gefährdet sind, also wirklich eine
Interessenkollision(sgefahr) besteht. – Schenken zB Onkel / Tante
oder Großeltern dem Kind etwas, liegt der Fall schon „etwas” einfacher:
Diese Personen können Kinder dadurch gültig beschenken, dass zB
die Eltern die Geschenke für ihre Kinder als deren gesetzliche Vertreter
– ausdrücklich oder schlüssig – annehmen. Die Kinder (nicht die
Eltern) erwerben dadurch Besitz (animus rem sibi habendi) und Eigentum!
– Zu beachten ist aber stets
§ 154 Abs 3 ABGB!; sog belastende Schenkung. Vgl das folgende Beispiel
SZ 54/20. – Durch Übergabe der Geschenke an die Kinder erlangen
diese Besitz; vgl § 310 Satz 2 ABGB: Genauer – sie können den über
ihre Eltern erlangten Besitz (er)halten → KAPITEL 3: Wer
ist besitzfähig ¿ Kinder?. | |
|
SZ 54/20 (1981): „Bei Abschluss
eines Schenkungsvertrages [zwischen Vater und
minderjährigen Sohn] wird im allgemeinen eine Gefährdung der Rechte
des Minderjährigen auszuschließen und demnach die Bestellung eines
Kollisionskurators [= ein vom Gericht bestellter Kurator, der die
allenfalls kollidierenden Interessen von Minderjährigem und gesetzlichem
Vertreter abwägt und entscheidet] für den Minderjährigen entbehrlich
sein, insbesondere wenn es sich um die üblichen Schenkungen von
Gebrauchsgegenständen handelt. Im vorliegenden Fall kann davon aber
nicht gesprochen werden. Die Schenkung von Reitpferden bringt
für einen Minderjährigen nicht nur Vorteile mit sich, sondern es
sind damit auch beträchtliche wirtschaftliche Lasten verbunden,
so etwa die Kosten der Fütterung, der ärztlichen Betreuung der Pferde
und einer abzuschließenden Haftpflichtversicherung. In einem solchen
Fall muss die Zulässigkeit des Abschlusses des Rechtsgeschäfts durch
den gesetzlichen Vertreter in Form des Selbstkontrahierens verneint
werden, weil die Gefahr einer Beeinträchtigung der Interessen des
Minderjährigen besteht. Ob und unter welchen Bedingungen das Rechtsgeschäft
für den Minderjährigen überhaupt noch als vorteilhaft anzusehen
ist, hätte der Kollisionskurator zu beurteilen.” | |
|
|
EvBl
1971/106: Ein Mietvertrag zwischen Vater und minderjährigem
Sohn bedarf zur Gültigkeit der Bestellung eines Kollisionskurators.
Ist diese [Bestellung] unterblieben, würde auch eine nachträgliche pflegschaftsgerichtliche
Genehmigung des Vertrags nicht ausreichen. (?) | |
|
 | |
Die Zustimmung
des gesetzlichen Vertreters macht den Vertrag rückwirkend (also
bezogen auf den Abschlusszeitpunkt) gültig, wenn
die Zustimmung nicht schon beim Abschluss des Geschäfts vorliegt.
– Abzustellen ist dabei für die Wirksamkeit auf den Zugang der Zustimmungserklärung beim
Geschäftspartner. – Die Zustimmungserklärung des gesetzlichen Vertreters
kann nach § 863 ABGBauch schlüssig / konkludent
oder stillschweigend erfolgen! – ZB: Mutter oder Vater bewundern
das neue Fahrrad des Kindes und loben es für den „guten” Kauf. | Wirkung
der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters |
 | |
| |
3. Ausnahmen für
mündige Minderjährige | |
Danach können
mündige Minderjährige (also ab dem vollendeten 14. Lebensjahr) über: | |
• Sachen, die ihnen
„zur freien Verfügung überlassen” sind, und | |
• über ihr „Einkommen aus eigenem Erwerb” | |
• „so weit verfügen und sich verpflichten,
als dadurch nicht die Befriedigung ihrer Lebensbedürfnisse [=
Lebensunterhalt] gefährdet wird”. | |
 | |
Nach EFSlg 48.360
handelt es sich bei § 151 ABGB um Ausnahmen von der allgemein geltenden beschränkten
Geschäftsfähigkeit Minderjähriger, weshalb diese Verfügungs- und
Verpflichtungsbefugnisse im Interesse des Schutzes Minderjähriger
einschränkend – dh zu ihrem Vorteil – auszulegen sind. | |
Der Begriff der „
Verfügung” bedeutet
mehrerlei: Im Erbrecht wird von letztwilligen Verfügungen gesprochen,
womit insbesondere das Testament gemeint ist. Im Sachenrecht –
und das wird hier vornehmlich angesprochen – bedeutet „verfügen”
das Setzen (sachen)rechtlich verbindlicher Rechtsakte und Erklärungen
zum Erwerb oder zur Übertragung dinglicher Rechte. | Verfügung |
| |
Der Abschluss
von Arbeitsverträgen: Mündige Minderjährige können bereits
allein (einfache) Arbeitsverträge abschließen; nicht erfasst von
dieser Erweiterung der Geschäftsfähigkeit werden aber „Lehr- oder sonstige
Ausbildungsverträge”. – Nach § 152 Satz 2 ABGB kann der
gesetzliche Vertreter des Kindes „das durch den Vertrag begründete
Rechtsverhältnis [aber] aus wichtigen Gründen [zB Angst vor schlechtem
Umgang, aber auch befürchteten Gesundheitsschäden] vorzeitig lösen”,
dh außerordentlich kündigen. | |
Bei berufstätigen, also bereits selbst
verdienenden mündigen Minderjährigen geht die Rspr davon aus, dass
sie schon „möglichst selbständig” für ihren Unterhalt
sorgen (und die Eltern dadurch entlastet werden) sollen; vgl § 140
Abs 3 ABGB. – Diese Faustregel gilt als Richtschnur der Praxis für
das Beurteilen der von mündigen Minderjährigen selbständig abgeschlossenen
Geschäfte / Verpflichtungen. – Alles, was dieses Ziel gefährdet,
ist unwirksam. | Berufstätige
Minderjährige |
 | |
Diese
Bestimmung wurde leider durch das KindRÄG 2001, BGBl I 135, mit
1. Juli 2001 aufgehoben. Die österreichische Legistik war nicht
(wie bei den bisherigen Absenkungen des Volljährigkeitsalters) in
der Lage, das in § 866 aF ABGB vorgesehene Alter (von 18 Jahren)
auf 16 oder 17 Jahre zu senken und dadurch den rechtspolitisch interessanten
Gehalt dieser Norm, die vor allem erzieherisch-präventiv und nicht
sanktionierend wirkte, zu erhalten. Die Ministerialbürokratie stellte
sich damit ein Armutszeugnis aus. | §
866 ABGB aF: Vortäuschung der Volljährigkeit |
Ich streiche die Ausführungen zu dieser
Bestimmung im Buch deshalb nicht, sondern setze die Ausführungen
nur in Kleindruck, weil sie der Rspr weiterhin als Analogiebasis
dienen können und dadurch die Chance besteht, § 866 aF ABGB (wenigstens
bis zu einem gewissen Grad) zu reanimieren. – Die Vernunft ist ja
zum Glück weiterhin eine Rechtsquelle iSd ABGB. | |
Eine
wichtige Ausnahme (von der ansonsten bestehenden rechtlichen Folgenlosigkeit
eines allein vom Minderjährigen abgeschlossenen verpflichtenden
Rechtsgeschäfts) enthielt § 866 aF ABGB: „Wer nach Vollendung des [achtzehnten]
Lebensjahrs listigerweise vorgibt, dass er Verträge zu schließen
fähig sei, und dadurch einen anderen, der darüber nicht leicht Erkundigung
einholen konnte, hintergeht, ist zur Genugtuung verpflichtet.” | |
Oben wurde diese Norm als Beispiel dafür angeführt, dass
Minderjährige zwar das von ihnen geschlossene Geschäft nicht zuhalten,
also den Vertrag nicht erfüllen müssen, aber auch nicht ganz ungeschoren,
vielmehr nur „mit einem blauen Auge” davon kommen. Darin steckt
– neben dem erzieherischen Aspekt – auch ein gewisser Schutz für
den Geschäftspartner des Minderjährigen! | |
Vertragspartner
von Minderjährigen schützen sich gegen derartige Hintergehung dadurch,
dass sie Anschrift, Telefon- oder Faxnummer etc oder einen Ausweis
verlangen, um sich erkundigen zu können. | |
Das Gesetz
verpflichtete Minderjährige in § 866 aF ABGB „zur Genugtuung”. Dies
wird als cic-Haftung verstanden und bedeutet Ersatz des
Vertrauens-, nicht des Erfüllungsschadens.
Der Vertrag kommt also nicht gültig zustande und ist daher auch
nicht zu erfüllen, aber es ist zB vom Minderjährigen Spesenersatz
zu leisten; zB für die Produktbestellung, Transport- und Bearbeitungskosten
etc. | |
| |
Die Rechtsfolgeanordnungen des
ABGB sind oft sehr knapp, ja lapidar kurz; es obliegt der Rspr sie
auszuführen; zB was unter „ ... ist zur Genugtuung verpflichtet”
zu verstehen ist. Vgl neben § 866 aF ABGB etwa auch § 1419 ABGB
(Gläubigerverzug → KAPITEL 7: Gläubiger-
oder Annahmeverzug): „ ... so fallen die widrigen Folgen auf
ihn.” – Oder § 1009 ABGB (Vollmachtsüberschreitung des sog falsus
procurator): „ ... so haftet er für die Folgen”. | |
•
„Vollendung des [ bisher 18.]
Lebensjahrs”; | Tatbestandsvoraussetzungen
des
§ 866 ABGB waren: |
•
listige Vorspiegelung, Verträge
schließen zu können und | |
•
Hintergehung eines anderen,
der darüber „nicht leicht Erkundigung einholen konnte”. | |
Mündige Minderjährige
sind nach § 569 ABGB schon testierfähig; allerdings
insoferne beschränkt, als sie nur mündlich vor Gericht oder notariell
testieren können; Gesetz lesen. – Die volle Testierfähigkeit wird
mit Vollendung des 18. Lebensjahrs erreicht. | Mündige
Minderjährige sind beschränkt testierfähig |
4. § 154 ABGB:
Stufenförmige Zustimmung | |
Ausgegangen
wird von einem ehelichen Kind in aufrechter Ehe. | |
Dieser Paragraph staffelt in seinen drei
Absätzen das Ausmaß der Zustimmung des „gesetzlichen Vertreters”
in charakteristischer Weise: | Zustimmungsstaffelung
in
§ 154 ABGB |
•
ein Elternteil
(Abs 1), | |
•
beide Elternteile (Abs 2), | |
•
beide Elternteile +
Gericht (Abs 3). | |
Wir
haben gehört, dass eine selbständige rechtsgeschäftliche Verpflichtung
Minderjähriger grundsätzlich nicht möglich ist; es bedarf vielmehr
stets der Zustimmung wenigstens eines Elternteils. | |
§ 154 Abs 1 ABGB: „Jeder Elternteil ist
für sich allein berechtigt und verpflichtet, das Kind zu vertreten;
seine Vertretungshandlung ist selbst dann rechtswirksam, wenn der
andere Elternteil mit ihr nicht einverstanden ist.” | |
Es schadet
also der Gültigkeit des Geschäfts nicht, wenn ein Elternteil zustimmt
und der andere dagegen ist. – Gelingt es zB der Tochter, ihren Vater
um den Finger zu wickeln und bleibt die Mutter konsequent bei ihrem
Nein bezüglich des Mopedkaufs, ist das Rechtsgeschäft dennoch gültig.
Der Vater hat zugestimmt, mag seine Zustimmung auch erzieherisch
und „familienpolitisch” falsch gewesen sein. | |
Hier werden taxativ, also erschöpfend, „Vertretungshandlungen
und Einwilligungen” aufgezählt, die der Zustimmung beider
Elternteile bedürfen: | |
• Änderung
des Vor- oder Familiennamens des Kindes; | |
• Eintritt oder Austritt in eine Kirche oder
Religionsgesellschaft bis 14 Jahre; mit 14 Jahren wird das Kind
religionsmündig (§ 5 ReKEG); | |
•
Übergabe in fremde Pflege; | |
• Erwerb einer Staatsangehörigkeit oder Verzicht
auf eine solche; | |
• vorzeitige Lösung eines Lehr-, Ausbildungs-
oder Dienstvertrags; | |
• schließlich die Anerkennung der Vaterschaft
zu einem unehelichen Kind. | |
Gesetzlicher Vertreter ist
bei aufrechter Ehe jeder Elternteil, also Mutter oder Vater. – Für
nichteheliche Kinder kommt die Obsorge grundsätzlich der Mutter
allein zu (§ 166 ABGB); Vertretungshandlungen und Einwilligungen
nach § 154 Abs 2 ABGB stehen hier somit der Mutter allein zu. –
Leben nicht verheiratete Eltern mit dem Kind in dauernder häuslicher
Gemeinschaft (Lebensgemeinschaft), kann das Gericht auf gemeinsamen
Antrag der Eltern beiden die Obsorge übertragen; § 167 ABGB. Auch
darauf ist § 154 ABGB anwendbar. | |
Dieser
Absatz bringt eine weitere, rechtspolitisch wichtige,
Zustimmungssteigerung! – Um das Kindeswohl zu
sichern, ordnet das Gesetz an, dass in bestimmten Fällen – es geht
um Vermögensangelegenheiten, die nicht
zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehören – nicht einmal
die Zustimmung beider Elternteile ausreicht, sondern dass zusätzlich das (Pflegschafts)Gericht zustimmen muss!
– Diese Bestimmung ist das Ergebnis praktischer Erfahrung, die gezeigt
hat, dass nicht alle Eltern bloss ans Kindeswohl denken, wenn sie
über Kindesvermögen verfügen wollen. Eigene Geldsorgen können –
wie das gleich folgende Beispiel zeigt – das Kindeswohl allzuleicht
in den Hintergrund treten lassen. | |
Gesetzestext: „Vertretungshandlungen und Einwilligungen
eines Elternteils in Vermögensangelegenheiten, bedürfen zu ihrer
Rechtswirksamkeit der Zustimmung des andern Elternteils und der
Genehmigung des Gerichts, sofern die Vermögensangelegenheit nicht
zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört.” | |
 | |
Verweigert das Gericht seine Zustimmung,
macht dies das Geschäft rückwirkend unwirksam. | |
Nach § 144 ABGB haben die Kindeseltern
das Vermögen des Kindes zu verwalten. Sie sollen dabei nach Vorstellung
des Gesetzgebers „einvernehmlich” vorgehen. – §
154 Abs 3 ABGB stellt eine begründete Ausnahme von dieser Regel
dar. – Wird durch eine Rechtshandlung das Vermögen des Kindes vermehrt,
ohne dass damit gleichzeitig die Gefahr von Belastungen verbunden
ist, kommt eine Versagung der gerichtlichen / Pflegschaftsbehördlichen
Genehmigung aus Gründen des Kindeswohls nicht in Betracht; EvBl
1998/202. | Verwaltung
des Kindesvermögens |
Nicht
jede (Geld)Angelegenheit ist Vermögensangelegenheit iSd Gesetzes. | Was sind Vermögensangelegenheiten? |
 | |
Auch hier ist stets das Wohl des
Minderjährigen zu beachten! Die Grenzziehung ist nicht immer einfach,
zumal nach der Rspr auch Geschäfte „von größerer Wichtigkeit” in
den Rahmen des ordentlichen Wirtschaftsbetriebs fallen können. Nach
der Rspr (das zeigt uns, dass blosse Gesetzeskenntnis oft nicht
ausreicht) ist bei der Beurteilung der Frage, ob das abgeschlossene
Geschäft ein solches des ordentlichen oder außerordentlichen Wirtschaftsbetriebs
ist, abzuwägen, ob die übernommene Verpflichtung in einem angemessenen
Verhältnis zur Höhe des Einkommens des Minderjährigen im Zeitpunkt
des Geschäftsabschlusses stand; EFSlg 29.106. | Was
gehört zum ordentlichen
Wirtschaftsbetrieb? |
§ 154 Abs 3 ABGB zählt demonstrativ,
also beispielhaft, jene Vermögensangelegenheiten auf, die der (pflegschafts)gerichtlichen
Genehmigung bedürfen, weil sie nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb
zählen: | |
•
die Veräußerung
oder Belastung von Liegenschaften (wie in unserem Beispiel!
Vgl auch § 232 ABGB); | |
•
Gründung, Erwerb, Umwandlung,
Veräußerung, Auflösung oder Änderung des Gegenstandes eines
Unternehmens; | |
• der Eintritt in eine oder
die Umwandlung einer Gesellschaft oder Genossenschaft; | |
•
der Verzicht auf ein Erbrecht; | |
•
die Annahme einer mit Belastungen verbundenen
Schenkung; vgl die folgende E: SZ 54/20 | |
• oder die Ablehnung eines Schenkungsanbots. | |
|
SZ 54/20 (1981): Vater schenkt
Sohn zwei Reitpferde (Stute Sevilla + Hengst Waldemar).
– OGH: „Die Schenkung bedarf zu ihrer Rechtswirksamkeit der pflegschaftsbehördlichen
Genehmigung, da sie für den Minderjährigen mit beträchtlichen wirtschaftlichen
Lasten verbunden ist: zB Kosten der Fütterung, der tierärztlichen
Betreuung, Haftpflichtversicherung etc.” | |
|
|
OGH 16. 2. 2000, 7 Ob 312/99d, EvBl 2000/137:
Zwei Minderjährige werden bei einem Verkehrsunfall verletzt und
erhalten 15.000 S und 40.000 S Schmerzengeld. Eltern beantragen Befreiung
von der Pflicht zur jährlichen Rechnungslegung gem § 150
ABGB. – OGH: Eine betragsmäßige Untergrenze für die Rechnungslegungspflicht
der Eltern fehlt zwar; ein Ausufern (und der damit einhergehende
Eindruck einer „obrigkeitlichen Gängelung”) kann aber durch einen
Befreiungsantrag verhindert werden. Diesem ist dann stattzugeben,
wenn im Einzelfall gegen eine ordentliche Verwaltung der Eltern
keine Bedenken bestehen, was der OGH hier annimmt. | |
|
Dieser Absatz wurde durch das KindRÄG 2001 neu eingefügt
und bestimmt, dass in den Fällen der Abs 1-3, also „bei
Fehlen” der jeweils nötigen Zustimmung,
das volljährig gewordene Kind nur dann daraus „wirksam
verpflichtet wird, wenn es schriftlich erklärt,
diese Verpflichtungen als rechtswirksam anzuerkennen”. – Der Gläubiger
kann dafür eine angemessene Frist setzen. – Damit wurde eine bereits
geübte Praxis gesetzlich normiert. | |
| |
Der Gesetzgeber will – wie erwähnt
– Minderjährige durch die Einschränkung ihrer Geschäftsfähigkeit
schützen, sie unter den besonderen Schutz der Gesetze stellen. Dieser Minderjährigenschutz
erlischt mit Erreichung der Volljährigkeit, die derzeit
mit vollendetem 18. Lebensjahr eintritt; § 21 Abs 2 ABGB. | Erlöschen
des
Minderjährigenschutzes |
Die Volljährigkeitsgrenze liegt seit 2001
bei 18 Jahren, und lag bis dorthin seit 1973 beim
vollendeten 19. Lebensjahr. Vor 1973 wurde man
mit vollendetem 21. Lebensjahr volljährig, nach
dem ABGB (1811) erst mit 24 Jahren und nach dem römischen
Recht lag die Grenze bei 25, bei den Griechen aber
schon – die Grenze war hier noch eine individuell zu bestimmende
– bei etwa 18 Jahren. | |
Volljährige Personen
können sich allein berechtigen und verpflichten;
Ausnahme: bspw Sachwalterschaft (§ 273 ABGB) → Die
Sachwalterschaft –
Alle Verpflichtungen, die volljährige Personen eingehen, haben sie
nunmehr voll zu erfüllen, denn sie sind, wie man das früher nannte,
zu ihren Jahren gekommen. | Volle
rechtsgeschäftliche Verantwortung |
Synonyma
für Volljährigkeit sind: Großjährigkeit und Eigenberechtigung. | Synonyma |
Volljährigkeit
ist nicht zu verwechseln mit Selbsterhaltungsfähigkeit:
vgl § 140 Abs 3 ABGB; diese kann früher (zB „Kind” arbeitet schon
und verdient angemessen) oder später (zB „Kind” studiert) als die
Volljährigkeit eintreten und auch wieder wegfallen; zB „Kind” wird
arbeitslos oder unfallbedingt arbeitsunfähig. | Selbsterhaltungs-fähigkeit |
|
OGH 12.1.1993, 4 Ob 502/93 (§ 140
ABGB) – Selbsterhaltungsfähigkeit einer 19jährigen während
eines Auslandsaufenthalts als Au-pair-Mädchen? Mit einem
monatlichen Taschengeld von ca 2.500 S sowie Kost und Quartier ist
die Unterhaltsberechtigte unter Berücksichtigung der Lebensverhältnisse
des Vaters (27.000 S Monatseinkommen bei Mehraufwand wegen Invalidität)
nicht selbsterhaltungsfähig. | |
|
|
JBl 1999, 725: Zur Unterhaltspflicht
der Eltern nach erreichter Volljährigkeit des Kindes. –
Dabei sind auch die Lebensverhältnisse des Kindes zu berücksichtigen
(Selbsterhaltungsfähigkeit). | |
|
|
ZVR 1998/20: Zur Selbsterhaltungsfähigkeit
eines behinderten berufstätigen” Kindes”.
Anspruch auf Unterhaltsentgang beim Unfalltod des Vaters. | |
|
•
Eine weitere
Konsequenz liegt darin, dass die sog Obsorgepflicht der
Eltern erlischt (§ 172 ABGB); vgl § 144 ABGB. Neu ist die
Bestimmung des § 172 Abs 2 ABGB (KindRÄG 2001), dass der gesetzliche
Vertreter dem volljährig gewordenen Kind dessen Vermögen sowie alle
dessen Person betreffenden Urkunden und Nachweise zu übergeben hat.
– Wechselseitige (latente) Unterhalts- und Beistandspflichten bleiben
davon aber unberührt; vgl
§§ 142, 143 ABGB. – Auch eine Vormundschaft erlischt
mit Eintritt der Volljährigkeit; § 251 ABGB. | Weitere
Konsequenzen der Selbsterhaltungsfähigkeit |
•
Volljährigkeit tritt
in Bezug auf die persönlichen Verhältnisse auch durch die Eheschließung
Minderjähriger vor dem vollendeten 18. Lebensjahr ein;
§ 175 ABGB → KAPITEL 16: Ehefähigkeit und Eheverbote. Das gilt allerdings nur (solange die Ehe
dauert) hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des minderjährigen
Kindes, nicht für vermögensrechtliche Fragen, für die auch verheiratete
Minderjährige weiterhin der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters
(nicht des Gatten) bedürfen. | |
•
Die Minderjährigkeit konnte bisher verlängert (§
173 ABGB) oder verkürzt (§ 174 ABGB, sog Volljährigkeitserklärung)
werden; das KindRÄG 2001 hat diese Bestimmung aufgegeben. – Bis
zur Volljährigkeit gilt nunmehr aber § 154b ABGB. | |
 | Abbildung 4.16: Volljährigkeit im ABGB |
|
III. Die
zivilrechtliche Deliktsfähigkeit | |
Die
zivilrechtliche Deliktsfähigkeit ist – wie die Geschäftsfähigkeit
– Teil der Handlungsfähigkeit. Auch die Deliktsfähigkeitsgrenze,
die beim vollendeten 14. Lebensjahr liegt, will
junge Menschen vor dem harten Zugriff des Rechts schützen. | |
Andere Rechtsordnungen, etwa das dtBGB idgF,
kennen eine andere Deliktsfähigkeitsgrenze. Dessen § 828 lässt die
Deliktsfähigkeit mit dem vollendeten 7. Lebensjahr beginnen. – Im
Rahmen der Europäisierung des Privatrechts erschiene ein Absenken
der ABGB-Grenze auf 7 Jahre bedenkenswert. Selbstverständlich in
Abstimmung mit
§ 1310 ABGB. Eine Unterschreitung der neuen Deliktsfähigkeitsgrenze
sollte dann aber ausgeschlossen sein. | |
Zivilrechtliche
Deliktsfähigkeit meint die Fähigkeit, für eigenes rechtswidriges
Verhalten (zivilrechtlich) einstehen zu müssen,
also schadenersatzpflichtig zu werden. | |
Zivilrecht und Strafrecht gehen
hier aber insoferne unterschiedliche Wege, als die 14-Jahresgrenze
für das Strafrecht eine absolute ist, die nicht unterschritten werden
kann, während das Zivilrecht – über § 1310 ABGB ( → KAPITEL 10: Der
sogenannte Billigkeitsersatz des § 1310 ABGB)
– auch eine Haftung Minderjähriger unter 14 Jahren kennt. – Das
flexible Abstellen auf eine Verantwortlichkeit ohne starre Altersgrenze
(Diskretionsfähigkeit, dazu gleich mehr) geht auf K.A.v. Martini zurück;
vgl dazu auch → Haften
Eltern für ihre Kinder?
| Zivilrecht und Strafrecht |
| |
Diese Altersgruppen
sind auch zivilrechtlich grundsätzlich deliktsunfähig. Jedoch ist
– wie erwähnt – nach der Zurechnungsregel des § 1310 ABGB das Mass
der persönlichen Einsicht – zB bei Verkehrsunfällen oder Verletzungshandlungen
– jeweils konkret zu prüfen, was bedeutet, dass eine Unterschreitung
der 14-Jahresgrenze möglich ist. Dabei geht die Rspr sogar sehr
weit! – Aber auch 12-Jährige wissen bereits, dass man andere nicht
(schwer) verletzen, nicht stehlen oder fremdes Gut zerstören darf.
Insoferne erweist sich die zivilrechtliche Regel gerade heutzutage
als sehr modern und der erste Eindruck täuscht! – Vgl damit die
oben erwähnte Wertungsbasis des § 866 ABGB aF!) Mehr dazu → §
866 ABGB aF: Vortäuschung der Volljährigkeit
| Kinder und unmündige Minderjährige |
Die zivilrechtliche
Rspr rechnet Minderjährigen / Kindern nach § 1310 ABGB ( → KAPITEL 10: Der
sogenannte Billigkeitsersatz des § 1310 ABGB)
sehr früh – nämlich noch unter 6 Jahren! – schadensstiftendes Verhalten
zu. Die Rspr des Zivilrechts behandelt junge Menschen also strenger
als das Strafrecht, das die Strafmündigkeit konsequent
mit 14 Jahren ansetzt und zudem für Jugendliche (also bis zum vollendeten
18. Lebensjahr) eine mildere Behandlung vorsieht; Jugendstrafrecht.
Unter 14 Jahren können Jugendliche daher strafrechtlich nicht verfolgt
werden. Das ist sinnvoll. – Auch im Zivilrecht ist es aber möglich,
in schwierigen Fällen Erziehungsmaßnahmen nach
dem JugendwohlfahrtsG / JWG 1989 (BGBl Nr 161) zu verhängen; vgl
§§ 26 ff JWG: „Hilfen zur Erziehung”. Das ist praktisch bedeutsam:
1997 wurden bspw in Österreich etwa 22.000 Minderjährige von Jugendwohlfahrtsbehörden
(auf Grund einer Vereinbarung mit den Eltern oder einer gerichtlichen
Verfügung) betreut. Anlässe dafür waren Scheidung, Alkoholismus
der Eltern oder schlicht Verhaltensauffälligkeiten. Der Großteil
dieser Minderjährigen lebt aber noch bei den Eltern, nur ein Drittel bei
Pflegefamilien → KAPITEL 16: Die
Pflegekindschaft. Die Hauptaufgabe der Jugendwohlfahrt liegt
in psycho-sozialer Hilfe. | |
Klammer/Mikosz (Hg),
Psychologie in der Jugendwohlfahrt. Konzepte, Methoden, Positionen (2001);
– Werneck/Werneck-Rohrer (Hg),
Psychologie der Familie. Theorien, Konzepte, Anwendungen (2000). | |
Begehen noch nicht Deliktsfähige eine Straftat,
kann der von ihnen zugefügte Schaden zwar uU zivilrechtlich (nach §
1310 ABGB) zugerechnet werden, nicht aber eine strafrechtliche Verurteilung
erfolgen. In Österreich wäre also ein Fall wie der des 11-jährigen
Schweizer Jungen Raoul gar nicht möglich gewesen,
der wegen Inzestverdachts (Spiel mit der eigenen Schwester) in ein
US-Gefägnis gesteckt wurde. Er wäre in Österreich strafunmündig
gewesen. Die einzige Konsequenz hätte darin bestehen können, dass
der Pflegschaftsrichter tätig geworden wäre, wenn die Eltern sich
um das Kind nicht hinreichend kümmerten, was hier aber gar nicht
zutraf. Ein Kind kann allenfalls unter Aufsicht des Jugendamts gestellt
werden und im äußersten Fall könnten den Eltern Erziehungsrechte
entzogen werden. Dabei ist aber stets das Kindeswohl (§
178a ABGB) zu beachten; vgl die §§ 176 ff ABGB: Entziehung und Einschränkung
der Obsorge. | |
„Im Sinne dieses Bundesgesetzes
ist | Diskretions- und
Dispositionsfähigkeit |
. Unmündiger:
wer das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat; | |
. Jugendlicher:
wer das 14, aber noch nicht das 19. Lebensjahr vollendet hat; | |
. Jugendstraftat:
eine mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlung, die von einem Jugendlichen
begangen wird; ... | |
„Unmündige, die eine mit Strafe bedrohte Handlung begehen,
sind nicht strafbar. | |
Abs 2: Ein Jugendlicher, der eine mit Strafe bedrohte Handlung
begeht, ist nicht strafbar, wenn | |
1. er aus bestimmten
Gründen noch nicht reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen
[sog Diskretionsfähigkeit] oder nach dieser Einsicht
zu handeln [sog Dispositionsfähigkeit], | |
2. er vor Vollendung des [16. Lebensjahrs] ein Vergehen
begeht, ihn kein schweres Verschulden trifft und nicht aus besonderen
Gründen die Anwendung des Jugendstrafrechts geboten ist, um den
Jugendlichen von strafbaren Handlungen abzuhalten, ...” | |
§ 4 Abs 2 JGG definiert
zwei auch für das Zivilrecht wichtige Begriffe: Die sog Diskretions- und die Dispositionsfähigkeit! | |
Sie
sind zivilrechtlich uneingeschränkt deliktsfähig;
§ 153 ABGB. – Das Zivilrecht kennt keine dem Strafrecht vergleichbare
Schutzzone bis zur Volljährigkeit. | |
Bei (vorübergehender) Sinnesverwirrung besteht
generell – also auch für Volljährige! – keine Deliktsfähigkeit;
§ 1307 ABGB (sog actio libera in causa) ist jedoch zu beachten. | |
 | |
Das Beurteilen der
Deliktsfähigkeit psychisch Kranker oder geistig
Behinderter bestimmt sich – sie mögen unter Sachwalterschaft
stehen oder nicht – immer nach ihrem jeweiligen Zustand: Auch
für sie kommt daher eine Haftung nach § 1310 ABGB in Betracht. Handeln
in lichten Augenblicken (sog lucida intervalla) ist – unabhängig
von § 1310 ABGB – beachtlich und macht ersatzpflichtig → KAPITEL 10: Der
sogenannte Billigkeitsersatz des § 1310 ABGB. | Psychisch Kranke
und geistig Behinderte |
Eine
bestehende Sachwalter- oder Patientenanwaltschaft berührt
die Deliktsfähigkeit also nicht; sonst entstünde ein Freibrief für
unerlaubtes Handeln. Vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen, ob die
nötige Einsicht gegeben war! Andernfalls müssten sich Kriminelle
nur unter Sachwalterschaft stellen lassen, um ihre Ziele zu verfolgen
und nichts befürchten zu müssen. | |
 | Abbildung 4.17: Zivilrechtliche Deliktfähigkeit, Personengruppen |
|
2. Haften
Eltern für ihre Kinder? | |
Nach österreichischem
Privatrecht haften Eltern grundsätzlich nicht für
deliktisches Verhalten ihrer Kinder. Sie haften vielmehr nur
dann schadenersatzrechtlich, wenn sie nach § 1309 ABGB schuldhaft (!)
ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt haben; dazu → KAPITEL 10: Aufsichtspflichtverletzung.
– Diese Akzentuierung ist wichtig, wird aber häufig falsch dargestellt.
Vgl etwa die häufig anzutreffende, aber missverständliche, Baustellentafel: | Auf
die Akzentsetzung kommt es an! |
„Betreten der Baustelle verboten. Eltern
haften für ihre Kinder”. | |
Die
Konsequenz daraus ist die, dass (bei fehlender Haftung der Eltern)
uU der / die Minderjährige nach § 1310 ABGB persönlich haftet. Greift
auch § 1310 ABGB nicht, geht der Geschädigte leer aus. Der Schaden
stellt für ihn dann einen Zufall iSd § 1311 ABGB dar → KAPITEL 9: Schadenersatz
und Zufall: § 1311 ABGB. | Konsequenz |
Die
Regel des § 1309 ABGB gilt übrigens nicht nur für Eltern, sondern
allgemein für aufsichtspflichtige Personen wie
Lehrer/innen in Schulen oder das Personal in Kindergärten, aber
auch in Krankenanstalten sowie in Alten- oder Pflegeheimen → KAPITEL 10: Aufsichtspflichtverletzung.
– Die Aufsichtspflicht mag unmittelbar auf
Gesetz (Kinder) oder auf vertraglicher Vereinbarung (zB
Kindergarten) beruhen. | §
1309 ABGB gilt auch für andere „Aufsichtsverhältnisse” |
Die Aufsichtspflicht darf
dabei aber nicht überspannt werden, worauf die
Rspr zu recht achtet! – Vgl die Beispiele im Rahmen der Darstellung
des § 1309 ABGB in Kapitel 10. | Kein Überspannen der Aufsichtspflicht |
Der tiefere Grund der Haftung Minderjähriger etc
nach § 1310 ABGB liegt darin, dass das rationalistische Naturrechtsdenken
(Entwurf Martini + WGGB), dem diese Norm entstammt, als allgemeinen
Haftungsgrund nicht das Verschulden (des Schädigers),
sondern das ”Vertheidigungsrecht” des Geschädigten (gegen
Verletzungen seiner Person und seines Vermögens) ansieht. Das führt
zu Haftungen wie der in § 1310 ABGB, die allerdings auf 3 Fälle eingeschränkt
ist; Billigkeitshaftung, Vermögensvergleich etc. Dazu auch § 1310
ABGB: → KAPITEL 10: Der
sogenannte Billigkeitsersatz des § 1310 ABGB. | |
 | |
 | Abbildung 4.18: Zivilrechtliche Deliktsfähigkeit |
|
 | Abbildung 4.19: Natürliche Person (1) |
|
 | Abbildung 4.20: Natürliche Person (2) |
|
| |
Neu bearbeitet von Elisabeth Villotti | |
 | |
1. Historische
Entwicklung | |
Die EntmündigungsO
1916 regelte erstmals gemeinsam, was nunmehr Sachwalterschaft (Nov zum
ABGB: BGBl 1983/136 und Art I BGBl I Nr 135/2000) und UnterbringungsG /
UbG 1990 (BGBl 155) getrennt regeln. Die Reform der EntmO wurde
– trotz ursprünglich hoher legistischer Qualität – immer drängender.
Zum einen war es erklärtes Reformziel, den Personenkreis der Entmündigten
zu „ entstigmatisieren”. Aber auch das in der EntmO
geregelte sog Anhalteverfahren psychisch Kranker
in psychiatrischen Anstalten bedurfte dringend der Reform; das UbG
1990 brachte sie → Das
Unterbringungsgesetz 1990 Das UbG, das gegen den Widerstand der Medizin
beschlossen wurde, betont den Persönlichkeitsschutz psychisch Kranker. | EntmündigungsO |
Mit dem KindRÄG 2001 wurde
auch das Sachwalterrecht mit Wirkung vom 1.7.2001 novelliert. Die
wichtigsten Neuerungen betreffen die Personensorge, das Verbot der
Zustimmung zur Sterilisation, die Haftung des Sachwalters und dessen
Entschädigung sowie die Einkommens- und Vermögensverwaltung. | |
Die Termini „Sachwalter”
und „Sachwalterschaft” sind unglücklich
gewählt. Denn es steht nicht eine Sache, sondern ein Mensch als
betroffene Person im Mittelpunkt. – In der Praxis besteht deshalb
häufiger Erklärungsbedarf, da sich Laien unter diesen Begriffen
nichts vorstellen können. | Terminologie? |
Die Vorschriften über die Sachwalterschaft modifizieren
die gesetzlichen Bestimmungen über die Handlungsfähigkeit (insbesondere
die Geschäftsfähigkeit) für psychisch kranke und geistig behinderte
volljährige Personen. – Eine Sachwaltschaft sollte abernur dann
eingerichtet werden, wenn keine andere Unterstützung möglich ist; Subsidiarität der
Sachwalterschaft. Sie stellt nämlich einen massiven Eingriff in
die Rechte einer Person dar und sollte das letzte Mittel sein!
| Modifikationen
der HF |
Das
Sachwalterrecht brachte im Vergleich zur EntmO als Novum eine verstärkte
Möglichkeit der | Aufgaben von Sachwaltern |
•
Personen(für)sorge,
beschränkt sich also nicht auf bloße | |
•
Vermögensvorsorge. | |
Im Vordergrund steht das „Wohl des Betroffenen”
und nicht das der Erben oder naher Angehöriger. Der Sachwalter ist
verpflicht, dem Gericht in bestimmten Abständen Rechnung zu legen;
das Gericht kann ihn aber davon befreien. Er ist weiters verpflichtet
Belege etc. zu sammeln und aufzubewahren. | |
Beseitigt wurde (von Anfang an, also bereits
1983) durch das Sachwalterrecht der frühere Entmündigungstatbestand der Verschwendung(ssucht);
Alkohol- und Drogenmissbrauch, querulatorisches Verhalten oder Verschwendungssucht
allein stellen demnach keinen ausreichenden Grund für die Bestellung
eines Sachwalters dar. Wohl aber, wenn sich daraus psychiatrische
Krankheitssymptome ableiten lassen. Vgl unten EvBl 1999/11. – Im
Zeitalter der „Süchte” und Abhängigkeiten muss das als Nachteil
angesehen werden: In Österreich gibt es etwa 20.000 Drogenabhängige,
11.000 Medikamentensüchtige, 330.000 Alkoholkranke (und weitere
900.000 Alkoholgefährdete; 8000 sterben jährlich) und etwa 2 Mio
Raucher; Quelle: Der Standard, 1. Oktober 2003, S. 10. | |
 | |
Rechtstatsächliches
zur Sachwalterschaft: 1995 waren es 25.208,
Ende 1997 gab es in Österreich 33.791 Sachwalterschaften
und 1999 bereits 34.804. Dies entspricht einer
Steigerung von mehr als 30%, wobei ca 63% von nahestehenden Personen,
ca 19% von Rechtsberufen und lediglich etwa 15% von Vereinssachwaltern
ausgeübt wurde. (Parlamentarische Anfragenbeantwortung des Justizministers
vom Juni 1999.) – Ziel des Sachwalterrechts war eine Verringerung
besachwalteter Personen, tatsächlich ist die Tendenz aber stark
steigend. | |
Eine Ursache dieser Entwicklung ist die demoskopische Entwicklung
in Österreich; eine andere die fehlende und rigide Personalpolitik
in der Altenpflege. Hier besteht dringender Handlungsbedarf! Es
müssten Qualitätsstandards in den Heimen, zB durch ein BundesheimvertragsG,
geschaffen werden. So regen immer wieder Altenheime für Heimbewohner
Sachwalterschaften an, um deren Taschengeld (43 ı / Monat) zu verwalten.
Diese Aufgabe müßte aber eigentlich von einer im Heim angestellten
Sozialarbeiterin wahrgenommen werden, wozu aber meist die Mittel fehlen.
Diese reichen meist nicht einmal für genügend Pflegepersonal. Deshalb
der Versuch durch „Sachwalterschaft” Defizite auszugleichen. | |
Als Grundsatz für Sachwalterbestellungen muss
gelten: Nur wenn nach strenger Prüfung der Voraussetzungen kein
Zweifel an der Notwendigkeit einer solchen Maßnahme besteht, soll
zu dieser Maßnahme gegriffen werden; vgl § 273 Abs 2 ABGB: | Grundsatz
für
Sachwalterbestellungen |
„Die Bestellung eines Sachwalters
ist unzulässig, wenn der Betreffende durch andere
Hilfe, besonders im Rahmen seiner Familie oder von Einrichtungen
der öffentlichen oder privaten Behindertenhilfe, in die Lage versetzt
werden kann, seine Angelegenheiten im erforderlichen Ausmaß zu besorgen.” | |
2. Beispiele aus
Praxis und Rspr | |
 | |
|
EvBl 1999/11: Voraussetzungen für
die Bestellung eines Sachwalters – Der Missbrauch von Alkohol bildet
ebenso wie die Verschwendungssucht – im Gegensatz
zur Rechtslage bis 1983 – keinen Anlass zum Schutz des Betroffenen
einzuschreiten, es sei denn, dass sich aus dem Alkoholmissbrauch ein
Indiz für eine psychische Erkrankung ergibt. Ein unschlüssiges,
aber nicht absurdes Prozessvorbringen allein indiziert aber noch
nicht eine psychische Erkrankung, genauso wenig wie beleidigende
Äußerungen. Für einen Querulanten ist nur dann ein Sachwalter zu
bestellen, wenn dieser sich durch sein Querulieren selbst Schaden
zufügt. | |
|
|
OGH 12. 9. 2002, 6 Ob 218/02f:
Ein in Deutschland lebender Österreicher hatte nach deutschem
Betreuungsrecht einen Betreuer (= Sachwalter) erhalten.
Er übersiedelt idF nach Österreich. – OGH: Der Beschluss des deutschen
Gerichts entfaltet in Österreich mangels internationaler, bilateraler
oder europarechtlicher Bestimmungen weder automatisch noch durch
gerichtliche Anerkennung Wirkung. In Österreich ist ein neuer Sachwalter
zu bestellen. | |
|
3. Gesetzliche
Regelung: §§ 269, 273–283 ABGB; §§ 236–252, 266 AußStrG | |
Oben
wurde angeführt, dass Rechtsgeschäfte nur dann gültig geschlossen
werden, wenn die beteiligten Parteien geschäftsfähig waren. Dort
wurde auch erwähnt, dass auch Rechtsgeschäfte volljähriger Personen
ungültig sind, wenn diese, auch ohne unter Sachwalterschaft zu stehen,
das Geschäft in einem Zustand abgeschlossen haben, der ihnen ihre
Geschäftsfähigkeit genommen hat; § 869 ABGB. | |
|
Vgl das Beispiel → Die
Handlungsfähigkeit am
Anfang: Manisch- depressive Frau tätigt
in einer „Hochphase” teure Anschaffungen (Kaufverträge), die sie
nicht braucht. Solche Vorfälle werden allerdings idR dazu führen, dass
über eine solche Person in der Folge die Sachwalterschaft verhängt
wird. | |
|
|
OGH 12. 2. 2002, 5 Ob 22/02z, JBl 2002, 655:
Schwer Alkoholkranker und dadurch psychisch beeinträchtigter
Mann hebt von seinem Konto über 250.000 S ab; fünf Monate zuvor
war ihm ein Sachwalter bestellt worden. Der Verbleib der Gelder
kann nicht geklärt werden. Der Sachwalter klagt die Bank auf neuerliche
Auszahlung; § 1424 Satz 2 ABGB. – OGH setzt sich mit der Beweislast
für den Wegfall der Bereicherung bei Zahlung an einen Geschäftsunfähigen
auseinander. OGH wendet nicht § 1298 ABGB an. Die Beweislast für
die berechtigte Auszahlung trifft die Bank; für die Frage des Verbleibs
des Geldes hingegen den Betroffenen. Er hat zu beweisen, dass das
Geld nicht zu seinem Nutzen verwendet wurde. – Beachte die verschiedene
Beweislast für verschiedene Beweisthemen. | |
|
Was eben ausgeführt wurde muss erst recht gelten, wenn eine
Person psychisch oder geistig behindert ist.
– Dafür trifft das im ABGB geregelte Sachwalterrecht Vorsorge. Das
Gesetz umschreibt die Voraussetzungen einer Sachwalterbestellung
folgendermassen: | Gründe der
Sachwalterbestellung |
„Vermag
eine volljährige Person, die an einer Psychischen Krankheit leidet
oder geistig behindert ist, alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten
nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen, so
ist ihr auf ihren Antrag oder von Amts wegen dazu ein Sachwalter
zu bestellen”; § 273 Abs 1 ABGB. | |
Die Unterscheidung
in § 273 Abs 1 ABGB zwischen „psychischer Krankheit” und „geistiger Behinderung” ist
schwierig und weniger ein juristisches, als ein medizinisches Problem. | |
Dies
darf aber nur erfolgen, wenn – wie ausgeführt – andere Abhilfe nicht
möglich ist; § 273 Abs 2 Satz 1 ABGB: sog Subsidiarität der
Sachwalterbestellung. | |
Die
bloße Behauptung der Notwendigkeit einer Sachwalterbestellung ist
für die Einleitung eines Verfahrens nicht hinreichend. Die Anhaltspunkte
müssen vielmehr konkret und begründet sein und haben sich auf die
psychische Krankheit oder die geistige Behinderung und die sich
daraus ergebende Notwendigkeit der Sachwalterbestellung zum Schutz
der betreffenden Person zu beziehen. Fehlen solche Anhaltspunkte,
ist ein Verfahren nach § 236 AußStrG nicht einzuleiten. – Das Gesetz
(§ 237 AußStrG) verpflichtet den Richter überdies zur persönlichen Anhörung Betroffener;
JBl 1999, 332. „Rolle” des Sachwalters | |
Ein Sachwalter übernimmt
rechtlich etwa die Rolle von Eltern oder einem alleinerziehenden Elternteil
als gesetzlicher Vertreter; ihm kommt aber auch
die Aufgabe zu, bei verpflichtenden Rechtsgeschäften der unter Sachwalterschaft
stehenden Person zuzustimmen oder diese zu genehmigen. Er ist gesetzlicher
Stellvertreter: → KAPITEL 13: Entstehungsquellen
der Vertretungsmacht. – Die Vertretungsmacht des Sachwalters
beruht mittelbar auf Gesetz, wird aber unmittelbar richterlich erteilt → KAPITEL 13: Entstehungsquellen
der Vertretungsmacht. | |
Psychisch
kranke oder geistig behinderte Personen müssen – das ist eine weitere
Voraussetzung für eine Sachwalterbestellung – zudem außerstande
sein, „alle oder einzelne ihrer
Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu
besorgen”; § 273 ABGB. | Umfang
der
Sachwalterschaft |
Weiters ist der Sachwalter
verpflichtet persönlichen Kontakt mit Betroffenen
zu halten und sich darum zu bemühen, die nötige ärztliche und/oder soziale
Betreuung zugänglich zumachen;
§ 282 Abs. 2 ABGB. – Der Sachwalter betreut aber nicht selbst. Die
Personensorge räumt dem Sachwalter auch keine Zwangsbefugnisse ein
und besteht unabhängig von seinem zu besorgenden allgemeinen Wirkungskreis. | Personensorge |
Mit der Novelle zum KindRÄG 2001, wurde
der Versuch unternommen, die Personensorge praxisnäher
zu gestalten. | |
Von der Personensorge
ist die (ersatzweise) Zustimmung zu einer Heilbehandlung
→ KAPITEL 10: Partner
des Behandlungsvertrags nicht
umfasst. Hiezu muss der Sachwalter vom Gericht mittels Beschluss
bestellt werden. Eine ersatzweise Zustimmung ist nur möglich, wenn
durch medizinisches Gutachten die fehlende Einsichts- und Urteilsfähigkeit
des Betroffenen festgestellt wird und ein weiteres fachärztliches
Gutachten die Notwendigkeit der vorzunehmenden Heilbehandlung bejaht.
Bei Gefahr in Verzug ist der behandelnde Arzt jedoch verpflichtet,
die erforderlichen medizinischen Maßnahmen zu setzten; vgl § 8 KAKuG. | Heilbehandlung |
|
RdM 2002/63: Behandlungszustimmung
zu einer Elektrokonvulsivbehandlung durch den Sachwalter
– „Die Einwilligung einer Person, die infolge einer psychischen
Erkrankung oder geistigen Behinderung nicht in der Lage ist, die
Notwendigkeit der Vornahme einer Heilbehandlung und die Bedeutung
ihrer Verweigerung frei zu beurteilen, kann durch die Bestellung
eines endgültigen oder einstweiligen Sachwalters substituiert werden.
Das Gericht hat sich dabei auf die Genehmigung oder Nichtgenehmigung
der Einwilligung des Sachwalters zur Heilbehandlung zu beschränken.
Dem Gericht kommt die Kompetenz zu, die Einwilligung der betroffenen
Person oder des Sachwalters zu ersetzen oder den Eingriff selbst
anzuordnen, wobei die Tätigkeit des Sachwalters im Interesse des
Betroffenen, also zu dessen Wohl (§ 21 ABGB), zu erfolgen hat. Sie
soll möglichst den Willen des Betroffenen verwirklichen. Allerdings
darf dies nicht zur einzigen Maxime der Handlung eines Sachwalters
werden. [?] Für die Entscheidung eines Sachwalters müssen von der
Willensbildung und Willensentscheidung des Betroffenen unabhängige
objektive Gründe ausschlaggebend sein. [?] Die Verweigerung der
Einwilligung in eine Heilbehandlung (hier Elektroschock) darf nicht
allein auf dem widerstrebenden Standpunkt des Betroffenen beruhen,
sondern muss durch andere objektivierbare Gründe fundiert sein.
Lägen solche Gründe vor, wäre die Enthebung des Sachwalters in Erwägung
zu ziehen.” – Diese Ausführungen des OGH überzeugen nicht vollends
und fördern wohl eher eine autoritäre Praxis als das am Grundgedanken
der Selbstbestimmung orientierte Wohl Betroffener. | |
|
 | |
Ein weiteres wichtiges Ziel der Reform des Sachwalterrechts
bestand von allem Anfang an darin, Sachwalterschaften nicht pauschal
und undifferenziert – wie früher im Rahmen der Entmündigung – zu
verhängen, sondern sie möglichst konkret an das Maß der jeweiligen
Behinderung anzupassen. – Die Reformerwartungen haben sich diesbezüglich
aber nicht erfüllt. | |
Trotz Bemühens des Gesetzgebers, die vom
Sachwalter zu besorgenden Angelegenheiten möglichst individuell
auf die Bedürfnisse des Betroffenen anzupassen und somit dessen
Handlungsfähigkeit möglichst zu erhalten, wurde fast die Hälfte
aller Sachwalterschaften für „alle Angelegenheiten”
bestellt. – Die Zahlen einer Parlamentarischen Anfragenbeantwortung
des Justizministers mit Stichtag 30. 9. 1999 lauten: 22.787 für
alle Angelegenheiten; 11.012 für einen bestimmten Kreis von
Angelegenheiten und nur 1.005 für eine Angelegenheit. | |
Je
nach Behinderung sowie Art und Umfang der zu besorgenden Angelegenheiten ist
der Sachwalter nach § 273 Abs 3 ABGB zu bestellen für: | Mögliche Aufgabenkreise von Sachwaltern |
• Die Besorgung „einzelner
Angelegenheiten”; zB Beantragung der Pension, Wohnungsauflösung; | |
• einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten;
zB Einkommens- und Vermögensverwaltung; oder für die Besorgung | |
•
„aller Angelegenheiten” einer
behinderten Person. | |
4. Was
bewirkt die Sachwalterschaft? | |
Die Sachwalterschaft beschränkt die Geschäftsfähigkeit:
Die behinderte Person kann „innerhalb des Wirkungskreises des Sachwalters
ohne dessen ausdrückliche, konkludente oder stillschweigende Einwilligung
rechtsgeschäftlich weder verfügen [zB jemandem eine Servitut einräumen], noch
sich verpflichten” (zB Abschluss eines Kaufvertrags); § 273a Abs
1 ABGB. – Der Sachwalter muss – wie allgemein bei minderjährigen
Personen – bei Geschäften, bei denen die behinderte Person Verpflichtungen
eingeht, zustimmen oder genehmigen. Ausgenommen sind wiederum kleine
Alltagsgeschäfte; § 273a Abs 2 ABGB iVm § 151 Abs 3 ABGB. – Das
Gericht kann bestimmen, dass die §§ 151 Abs 2 und 152 ABGB auch
bei einer Sachwalterschaft anzuwenden sind. | |
|
OGH 13. 11. 2001, 5 Ob 185/01v: Beschränkte
Handlungsfähigkeit vor Sachwalterbestellung: „…Bei der
zeitlichen Erfassung dieses Zustandes ist … Vorsicht geboten. Gemäß
§ 17 ABGB wird [auch] die Geschäftsfähigkeit einer Person so lange
als bestehend angenommen, als nicht die gesetzmäßige Beschränkung
bewiesen ist. … Diese Vermutung, dass jeder erwachsene Mensch voll
handlungsfähig ist, aber auch Gründe der Rechtssicherheit gebieten
es, die Indizwirkung einer notwendig gewordenen Sachwalterbestellung
für eine anzunehmende Beschränkung der Handlungsfähigkeit des Betroffenen
in der Regel maximal ein Jahr vor dem Bestellungsakt auszudehnen,
sofern nicht konkrete Belege für einen bereits länger anhaltenden
Zustand beschränkter Handlungsfähigkeit vorliegen. …” | |
|
|
OGH 29. 11. 2001, 2 Ob 100/01x, EvBl 2002/83:
14jähriger wird bei einem Autounfall schwer verletzt und
bleibt idF geistig behindert. Fast 13 Jahre später klagt die Mutter
auf Schadenersatz. Der Verjährungseinrede hält
sie entgegen, es hätte dem Verletzten ein Sachwalter zur Erhebung
der Schadenersatzklage beigegeben werden müssen. Außerdem wendet
sie mangelnde Vorhersehbarkeit der Dauerfolgen ein. – OGH entscheidet
nicht in der Sache selbst, stellt aber zum ersten Argument klar,
dass einer Person erst ab vollendetem 14. Lebensjahr ein Sachwalter
bestellt werden kann. Mündige Minderjährige können zudem nur für
jene Geschäfte unter Sachwalterschaft gestellt werden, in denen
sie selbst rechtswirksam tätig werden könnten; ansonsten haben auf
Grund der Familienautonomie und der Eltern-Kind-Beziehung die Eltern
ihre Rolle als gesetzliche Vertreter wahrnehmen; Verweis auf legistische
Tendenz, die mit KindRÄG 2001 Gesetz wurde. Zum zweiten Argument
führt der OGH aus: Treten Dauerfolgen vor Erreichen der Volljährigkeit
ein, ist die objektive Kenntnismöglichkeit dem gesetzlichen Vertreter
zuzurechnen; treten sie erst danach ein und bedarf der Kläger zu
diesem Zeitpunkt eines Sachwalters, ist § 1494 ABGB anzuwenden. | |
|
|
OGH 26.2.2003, 3 Ob 75/02d: Bescheidene
Schenkung an den in Not geratenen Sohn der Betroffenen
ist möglich, da weder derzeit noch zukünftig der angemessene Unterhalt
der Betroffenen gefährdet ist. – OGH erkannte, dass die in § 149
Abs 1 ABGB (iVm § 282 ABGB) eingefügte Einschränkung „sofern das Wohl
des Kindes nicht anderes erfordert” (KindRÄG 2001), den Zweck hat,
den Grundsatz der Vermögenserhaltung und Vermögensvermehrung flexibel
zur „Befriedigung aktueller Bedürfnisse” zu durchbrechen. „Hier
wird der Grundsatz Bedürfnis vor Vermögensvermehrung nicht selten
das dem Wohl des Pflegebefohlenen Förderlichste sein …[V]or allem
älteren Menschen [kann] auch ein vorsichtiger Verbrauch des Vermögens
zzum Zweck der Bedürfnisbefriedigung dem Wohl des Betroffenen besser
dienen … als eine weitere Vermehrung, wovon letztlich nur die Erben
profitieren. Die Erhaltung des Vermögens ist nicht Selbstzweck,
sondern am Wohl und Interesse des Betroffenen zu messen.. Diese
Abwägung ist einzelfallbezogen.” | |
|
|
OGH 26. 2. 2003, 3 Ob 75/ 02d: Nahe
Angehörige haben kein Einsichtsrecht in
den Sachwalterschaftsakt, wenn sie nicht ein ausreichendes
rechtliches Interesse glaubhaft machen können. Wobei im Sachwalterverfahren
besonders sorgfältig zwischen dem Schutz des Privat- und Familienlebens
des Betroffenen einerseits und dem rechtlichen Interesse Dritter
abzuwägen ist. | |
|
Unter
Sachwalterschaft stehende Personen haben das Recht „von
beabsichtigten wichtigen Maßnahmen die ihre Person oder
ihr Vermögen betreffen vom Sachwalter rechtzeitig verständigt zu
werden und sich innerhalb angemessener Frist zu äußern”;
§ 273 a Abs 3 ABGB. | Verständigungspflicht |
Für Eheschließungen bedürfen
unter Sachwalterschaft stehende Personen der Zustimmung des Sachwalters,
die uU vom Gericht ersetzt werden kann. – Zur einvernehmlichen
Scheidung NZ 1996, 339: | Eheschließung – Adoption |
”Wer in der in der Geschäftsfähigkeit beschränkt
ist, bedarf gemäß § 3 Abs 1 EheG zur Eingehung der Ehe – und damit
auch zur Erhebung des Scheidungsbegehrens – der Einwilligung seines
gesetzlichen Vertreters. Die Erklärung des Einvernehmens nach §
55 EheG ist aber Ausübung eines höchstpersönlichen Rechtes, wofür
die natürliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Ehegatten erforderlich
ist. Fehlt diese Einsicht oder verweigert der Ehegatte das Einvernehmen,
so kann letzteres weder durch einen Sachwalter, noch durch das Pflegschaftsgericht
ersetzt werden.” | |
Unter Sachwalterschaft stehende Personen können auch nicht adoptieren;
Umkehrschluss aus
§ 179 Abs 1 ABGB. Vgl die folgende E. | |
|
OGH 30. 1. 2002, 7 Ob 328/01p:
„Eine Person, die für irgendeine Angelegenheit [?] einen Sachwalter
hat, kann nicht adoptieren, weil sie nicht als
eigenberechtigt anzusehen ist (§ 179 Abs 1 ABGB e contrario). Auch
der Sachwalter gemäß § 273 ABGB kann einen Adoptionsvertrag namens
der Vertretenen nicht abschliessen.” | |
|
Sie
wird – wie erwähnt – durch die Sachwalterschaft nicht berührt; dh
Delikte werden zugerechnet, wenn sie von einer unter Sachwalterschaft
stehenden Person in zurechnungsfähigem Zustand begangen wurden,
sonst nicht. | Deliktsfähigkeit |
|
VwGH 20.9.2000: UVS verurteilt
einen besachwalteten, an Debilität leidenden Mann
wegen Fahrens eines PKW ohne Lenkerberechtigung und Überschreitung
der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Debilität sei lediglich
Milderungsgrund. Zurechnungsfähigkeit ist aber unbedingte Voraussetzung
der Strafbarkeit. Liegen Indizien in Richtung mangelnder Zurechnungsfähigkeit
zur Tatzeit vor, ist die Einholung eines medizinischen SV-Gutachtens
notwendig. | |
|
|
LG Innsbruck, 6. 11. 2001: Frau
leidet an Schizophrenie mit Fremd- und Selbstgefährdung.
Sie verletzt eine Krankenschwester schwer. Keine Bestrafung, sondern
Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, da
die Frau zum Zeitpunkt der Tat nicht diskretions- und dispositionsfähig
war. | |
|
Zur Testierfähigkeit: § 568 iVm
§ 566 ABGB; wie mündige Minderjährige nur mündlich vor Gericht oder
einem Notar. – Zur tauglichen Testamentszeugenschaft:
§ 591 ABGB. | Testierfähigkeit
etc |
Personen, die unter Sachwalterschaft
stehen, behalten ihr aktives und passives Wahlrecht (§
24 NR-WahlO wurde mit Urteil vom 30.9.1988 durch den VfGH aufgehoben). | Wahlrecht |
Sie können
nicht beschränkt werden; zB Recht auf persönliche Freiheit, das
Recht auf körperliche Unversehrtheit, Wahrung des Briefgeheimnisses
etc; vgl oben NZ 1996, 339. | Höchstpersönliche Rechte |
Die Fixierung eines dementen
Heimbewohners im Altersheim verstößt gegen das
BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit. – Die Schaffung einer Heimanwaltschaft für
Alters- und Pflegeheime wäre zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte
der Heimbewohner sinnvoll. Das UbG ist hier nicht anwendbar → Das
Unterbringungsgesetz 1990
| |
Ausdrücklich untersagt wurde
nunmehr die (ersatzweise) Zustimmung zur Durchführung einer Sterilisation; §
282 Abs 3 ABGB. Grundsätzlich kann eine Sterilisation nur
vorgenommen werden, wenn die einsichts- und urteilsfähige Person
dem selbst zustimmt. Eine ersatzweise Zustimmung mit
pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung ist nur möglich,
wenn die Betroffene nicht einsichts- und urteilsfähig ist und ein
dauerhaftes körperliches Leiden vorliegt, das mit Eintritt der Schwangerschaft
eine ernste Gefahr für das Leben oder eine schwere Schädigung der Gesundheit
bedeuten würde; sog medizinische Indikation. | Sterilisation |
 | |
|
Zur bisherigen
Praxis vgl SZ 50/161 (1977): Vater,
der Sachwalter seiner behinderten Tochter ist, befürchtet
Schwangerschaft. Diese ist unfähig eine Willenserklärung
abzugeben. OGH: Die Einwilligung zur Sterilisation kann durch den
gesetzlichen Vertreter mit Zustimmung des Pflegschaftsgerichts ersetzt
werden, wenn besondere Umstände den Eingriff rechtfertigen. | |
|
5. Zur
Person des Sachwalters | |
Zu bestellen ist immer nur ein Sachwalter
für eine/n Betroffene/n; eine Aufteilung der Agenden auf zwei Personen
ist weder zulässig noch sachgerecht; EvBl 2000/11. | |
Die
Betreuung durch geschulte Personen der Vereinssachwalterschaft garantiert
den höchsten Standard und sollte ausgebaut werden. Für die finanzielle Unabhängigkeit
des”Vereins” wäre zu sorgen. Anzustreben
wäre ein festes Budget des „Vereins”, das dieser autonom verwaltet.
Das würde der Gängelung durch den BMfJ ein Ende setzen. | Vereinssachwalterschaft |
•
Bei der
Bestellung von Sachwaltern ist auf die persönlichen Bedürfnisse Behinderter
Bedacht zu nehmen; § 280 ABGB. – Nach § 281 ABGB ist möglichst „eine
geeignete, ihr nahestehende Person” zu bestellen; zB beide Elternteile
(§ 154 ABGB) oder der Ehegatte, für ältere Personen „die Kinder”.
– Der Sachwalter ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. | |
•
Sind
Rechtskenntnisse erforderlich, ist eine rechtskundige Person (Rechtsanwalt
oder Notar) als Sachwalter zu bestellen; § 281 Abs 3 ABGB. – Es
stellt einen Missstand dar, dass bspw Rechtsanwälte zu viele Sachwalterschaften
(100 und mehr!) übernehmen. Auszubauen wäre statt dessen die Vereinssachwalterschaft. | |
•
§ 283 Abs 2
ABGB sieht die Möglichkeit einer sog Vereinssachwalterschaft vor.
Damit ist gemeint, dass ein Sachwalterverein, der für die konkrete
Betreuung einer behinderten Person eine bei ihm angestellte natürliche Person
namhaft macht, als Sachwalter bestellt wird. – Hinsichtlich der
Rechte und Pflichten des Sachwalters ist
§ 282 ABGB zu beachten. Der Sachwalter hat danach die Personensorge,
besonders auch die ärztliche und soziale Betreuung zugänglich zu
machen (nicht selbst durchzuführen!) und über das Vermögen des Behinderten
dem Gericht jährlich Rechnung zu legen; § 282 iVm § 238 und § 150
ABGB. | |
6. Haftung von
Sachwaltern | |
Erleiden Betroffene
durch eine Pflichtverletzung des Sachwalters einen Schaden, haftet
der Sachwalter nach den Regeln des ABGB und wird schadenersatzpflichtig,
wobei wie auch sonst leichte Fahrlässigkeit genügt. | Haftung nach ABGB |
Das KindRÄG 2001 sieht aber nunmehr ein Mäßigungsrecht oder
den gänzlichen Erlass durch das Gericht vor, wenn
es den Sachwalter bei Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere
des Grades des Verschuldens oder eines besonderen Naheverhältnisses
unbillig hart träfe. – Auf professionelle Sachwalter, wie Rechtsanwälte,
Notare und Vereinssachwalter ist diese Bestimmung aber nicht anzuwenden.
Für diese Personen gilt vielmehr die erhöhte Sorgfaltspflicht des
§ 1299 ABGB: Sachverständigenhaftung. | Mäßigung
oder Erlass |
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OGH 22. 10. 2001, 1 Ob 197/01d, JBl 2002, 304 = EvBl 2002/42:
Gericht bestellt für Betroffenen Sachwalter und verfügt gerichtliche Sparbuchsperre.
Sachwalter gibt Betroffenem Sparbuch und teilt ihm das Losungswort
mit. Angestellter der Bank übersieht die Sperre und zahlt über 300.000
S aus. – OGH: Schadenersatz ist hier nach allgemeinem Schadenersatzrecht
und nicht nach AHG zu prüfen, da in concreto der Sachwalter eigenverantwortlich
handelte. Der Sachwalter haftet aber nicht für den der Bank entstandenen Schaden,
weil Eigenverschulden vorliegt. | |
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Soweit die Lebensbedürfnisse des Betroffenen nicht gefährdet
sind, kann das Gericht dem Sachwalter für seine Tätigkeit eine Entschädigung oder
bei besonderen beruflichen Kenntnissen ein Entgelt zusprechen.
Weiters kann ihm Aufwandersatz, wie Porto etc,
zuerkannt werden. – Damit wurde mit dem KindRÄG 2001 der bisher
bestehende Grundsatz der Unentgeltlichkeit beseitigt. | |
Dies ist in der Praxis vor allem dann problematisch,
wenn Betroffene die Sachwalterschaft als massive persönliche Einschränkung
sehen, für die sie jetzt auch noch bezahlen müssen. | |
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OGH 22. 10. 2001, 1Ob 298/00f, JBl 2002, 308:
Pflegschaftsgericht genehmigt Rechtsanwalt als Sachwalter jährlichen Belohnungsanspruch.
Die unter Sachwalterschaft stehende Frau erhebt Schadenersatzklage
nach AHG gegen den Bund (als Rechtsträger des Gerichtes)
wegen Ermessensüberschreitung. – Die Bestimmung der Belohnung des
Sachwalters obliegt dem pflichtgemäßen Ermessen der Gerichts; eine unrichtige,
jedoch vertretbare Rechtsauffassung begründet keinen Amtshaftungsanspruch. | |
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8. Beendigung der
Sachwalterschaft | |
Die
Sachwalterschaft endet mit dem Tod der behinderten Person (§
283 ABGB); beim Tod des Sachwalters ist vom Gericht
ein neuer zu bestellen. – Bedarf der Behinderte keiner Hilfe mehr (Wegfall
des Verhängunggrundes), ist der Sachwalter auf Antrag oder von Amts
wegen zu entheben; § 283 Abs 2 ABGB. | |
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OGH 28. 6. 2001, 2 Ob 271/00t, JBl 2002, 42:
Nach einem Autounfall mit Kopfverletzungen wird
der Verletzte psychisch krank sodass ihm ein Sachwalter bestellt
wird. Nach seinem Tod – über 4 Jahre nach dem Unfall – bringen seine
Erben eine Schadenersatzklage nach § 1325 ABGB ein. Beklagter wendet
Verjährung ein. – OGH: Die Ablaufhemmung gem §
1494 ABGB greift ein, wenn die psychische Erkrankung oder geistige
Behinderung zumindest von solcher Art ist, dass deswegen zur Durchsetzung oder
Abwehr von Ansprüchen ein Sachwalter zu bestellen wäre. Dies gilt
auch in dem Fall, dass ein Sachwalter bestellt wurde, dieser aber
keine angemessenen Vertretungshandlungen gesetzt hat. (Vgl auch
EvBl 2000/2.) | |
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OGH 7. 8. 2002, 7 Ob 81/02s, JBl 2003, 306:
Rechtsanwalt ist Sachwalter eines an paranoiden Persönlichkeitsstörungen
leidenden Mannes und beantragt Enthebung, da der
Betreute ihn immer wieder der Unfähigkeit bezichtigt und zwischen
den beiden Feindschaft bestehe. – OGH prüft, ob Rechtsanwalt eine „besonders
geeignete Person” iSd § 189 Abs 2 ABGB sei und ob ein Fall der „Unzumutbarkeit”
vorliege. OGH hält Rechtsanwälte generell für „besonders
geeignete Personen”, was in dieser Allgemeinheit wohl anzuzweifeln
ist. Weiters qualifiziert der OGH – was konsequent ist – die konkrete
Tätigkeit als „unzumutbar”. – Auszubauen wäre in Österreich die Vereinssachwalterschaft,
da nur diese Institution wirklich adäquate Voraussetzungen für die
Betreuung des hier betroffenen Personenkreises erfüllt. Allein die
Tatsache, dass Anwälte 100 und mehr Sachwalterschaften übernehmen,
zeigt die Fehlentwicklung in Österreich drastisch auf. – OGH stellt
interessante Überlegungen zu intertemporalen Rechtsfragen an. | |
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Das Sachwalterbestellungsverfahren ist
in den §§ 236–248 AußStrG, die Rechtsmittel (Rekurs und außerordentlicher
Revisionsrekurs) gegen die Sachwalterbestellung in den §§ 249, 250 AußStrG
geregelt. | |
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OGH 12. 2. 2002, 5 Ob 22/02z, JBl 2002, 655:
Schwer Alkoholkranker und dadurch psychisch beeinträchtigter
Mann hebt von seinem Konto über 250.000 S ab; fünf Monate zuvor
war ihm ein Sachwalter bestellt worden. Der Verbleib der Gelder
kann nicht geklärt werden. Der Sachwalter klagt die Bank auf neuerliche
Auszahlung; § 1424 Satz 2 ABGB. – OGH setzt sich mit der Beweislast
für den Wegfall der Bereicherung bei Zahlung an einen Geschäftsunfähigen
auseinander. OGH wendet nicht § 1298 ABGB an. Die Beweislast für
die berechtigte Auszahlung trifft die Bank; für die Frage des Verbleibs
des Geldes hingegen den Betroffenen. – Beachte die verschiedene
Beweislast für verschiedene Beweisthemen. | |
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 | Abbildung 4.21: Alte Menschen in West- und Mitteleuropa |
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V. Das
Unterbringungsgesetz 1990 | |
Von Elisabeth Villotti | |
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Die
Aufnahme psychisch kranker Personen in eine – wie es früher hieß
– „Irrenanstalt”, wurde in Österreich erstmals
durch die Entmündigungsordnung 1916 (RGBl 207)
gesetzlich geregelt; später kamen Bestimmungen des KAG,
BGBl 1957/1 dazu, die bspw die Tätigkeit der Organe der Sicherheitsbehörden
und der ärztlichen Dienste bei der Aufnahme in eine „Krankenanstalt
für Geisteskrankheiten” (§§ 49-54) regelten. Die EntmO 1916 war
ein – damals – modernes Gesetz; sie unterschied zwischen voller (=
Gleichstellung mit Kindern unter 7 Jahren) und beschränkter Entmündigung
(= Gleichstellung mit mündigen Minderjährigen ab 14 Jahren). – Das UbG
1990, BGBl 155 fasst zusammen, bringt diesen Bereich auf
den neuesten rechtlichen und medizinischen Stand und betont insbesondere
den wichtigen Persönlichkeitsschutz psychisch Kranker. Das heißt
natürlich noch nicht, dass in der Praxis deswegen alles schon zum
besten stünde! Der Widerstand der Medizin gegen dieses Gesetz ist
– nach wie vor – groß und offenbart geringes Verständnis für existentielle
und zugleich sensible rechtliche wie menschliche Probleme. Das UbG
ist am 1.1.1991 in Kraft getreten. | Rechtsgeschichte |
| |
•
Schutz
der Persönlichkeitsrechte psychisch Kranker; | |
• Verstärkung eines kompensatorischen Rechtsschutz (bedürfniss)es
untergebrachter Kranker; | |
• Zurückdrängen von Zwang und | |
•
Kontrolle der ärztlichen Tätigkeit. | |
3. Wichtige Bestimmungen
des UbG | |
(1) Die Persönlichkeitsrechte
psychisch Kranker, die in eine Krankenanstalt aufgenommen werden,
sind besonders zu schützen. Die Menschenwürde psychisch Kranker
ist unter allen Umständen zu achten und zu wahren. | §
1: Schutz der
Persönlichkeitsrechte |
(2) Beschränkungen von Persönlichkeitsrechten sind nur zulässig,
soweit sie im Verfassungsrecht, in diesem Bundesgesetz oder in anderen
gesetzlichen Vorschriften ausdrücklich vorgesehen sind.” | |
|
OGH 23. 1. 2002, 9 Ob 3/02k, RdM 2002/62:
Ein mit Zustimmung [?] des Patienten erfolgter Transport in
eine andere psychiatrische Anstalt kann nicht als unzulässiger
Eingriff in dessen Persönlichkeitsrechte angesehen werden, auch
wenn die Zustimmung über Anraten eines Arztes erteilt wird. | |
|
„Die
Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten für Krankenanstalten und
Abteilungen für Psychiatrie (im folgenden Anstalt), in denen Personen
in einem geschlossenen Bereich angehalten oder sonst Beschränkungen
ihrer Bewegungsfreiheit unterworfen werden (im folgenden Unterbringung).” | Geltungsbereich: § 2 |
Das UbG gilt nicht in Alten- und Pflegeheimen etc → Zur
Person des Sachwalters Der
VfGH hat mit Erk vom 28. 6. 2003, G 208,/02-16, entschieden, dass
der Bund für die Regelung von Freiheitsbeschränkungen in Pflegeheimen
zzuständig ist. Dem war ein langwieriger Kompetenzkonflikt zwischen
Bund und Ländern vorausgegangen. Um die Lebensqualität für alte
und behinderte Menschen in Pflegeheimen und sonstigen Einrichtungen
zu verbessern, müssen im gesamten Bundesgebiet einheitliche Voraussetzungen
für Freiheitsbeschränkungen gelten. | |
|
SZ 71/10 (1998): Nach der Rspr
des VwGH ist eine in eine Anstalt eingelieferte Person in
die Anstalt „aufgenommen”, sobald sie durch Anstaltspersonal
Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit unterworfen wird. Dies gelte
unabhängig davon, ob die nach § 10 Abs 1 UbG unverzüglich zu erstellenden
ärztlichen Zeugnisse auch tatsächlich erstellt wurden und der Aufnahmevorgang
damit rechtmäßig war. Der OGH hat die Auffassung des VwGH seiner
E 2 Ob 25/97h ausdrücklich gebilligt; an ihr ist auch weiterhin festzuhalten;
vgl auch Barta/Ganner (Hg),
Alter, Recht und Gesellschaft 183. | |
|
„In
einer Anstalt darf nur untergebracht werden, wer | § 3: Voraussetzungen der Unterbringung |
1. an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang
damit sein Leben oder seine Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit
anderer ernstlich und erheblich gefährdet und | |
2. nicht in anderer Weise, insbesondere außerhalb einer
Anstalt, ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden kann.” | |
|
RdM
1999, 89
ff und VwGH
27. 11. 2001, 2000/ 11/0320, RdM 2003/49: Unterbringung
ohne Verlangen – Begründungspflicht des Amtsarztes: „…
Das im § 3 Z 1 UbG enthaltene Erfordernis, dass das Leben oder die
Gesundheit des psychisch Kranken oder anderer ‚ernstlich’ gefährdet
sein müssen, bedeutet, dass ein hohes Mass der Wahrscheinlichkeit
des Schadenseintrittes gegeben sein muss. Eine bloss vage Möglichkeit
einer Selbst- oder Fremdgefährdung reicht nicht aus … Die ernstliche
Gefährdung muss – ebenso wie die weiteren Unterbringungsvoraussetzungen
(insbesondere die psychische Krankheit, das Fehlen der Behandlungs-und
Betreuungsmöglichkeit außerhalb einer Anstalt) – in der vom Arzt
gem. § 8 UbG ausgestellten Bescheinigung begründet werden. Die im
§ 8 zweiter Satz UbG normierte Begründungspflicht soll die Nachvollziehbarkeit
der Bescheinigung sicherstellen und damit deren Überprüfung ermöglichen. Ein
blosses Ankreuzen formularhafter Bescheinigungen genügt dem Begründungserfordernis
nicht. Es ist insbesondere festzuhalten, aus welchem Verhalten und
welchen medizinischen Zustandsbildern sich die psychische Krankheit
erschliessen lässt, worin die ernstliche und erhebliche Gefährdung
besteht und welche Alternativen geprüft bzw. kontaktiert wurden.” | |
|
|
OGH 7 Ob 590/91, 4 Ob 542/91, 8 Ob 593/91: Geistige
Behinderung führt nicht zur Unterbringung, außer es liegen
im Zeitpunkt der Unterbringungsentscheidung Symptome
einer psychischen Erkrankung vor.
| |
|
|
LGZ
Wien , 29. 6.
1996: „Die Unterbringung psychisch
Kranker wegen bloßer Behandlungsbedürftigkei t
oder Verwahrlosungsgefahr ist ebenso wenig zulässig
wie eine Unterbringung als „Maßnahme der Fürsorge”. Behandlungsbedürftigkeit
kann eine Unterbringung erst dann rechtfertigen, wenn sie zu einer besonders
schweren und ernstlichen Gefährdung der Gesundheit führt .... Die
mit einer Unterbringung verbundenen Beschränkungen der Persönlichkeitsrechte
dürfen im Verhältnis zu der aus der Krankheit drohenden Gefahr nicht
unangemessen sein.” | |
|
|
LG Salzburg 5. 3. 1997, 21 R 66/97w:
Die bloß vage Möglichkeit einer Selbst- und Fremdgefährdung ist
für eine Unterbringung nicht ausreichend. | |
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|
SZ 68/117, OGH 6 Ob 546/95: Es
müssen vielmehr konkrete Gefährdungen vorliegen. Ein Fall der Selbstgefährdung
liegt bei anorexia nervosa (Magersucht) vor, wenn
die Verweigerung der Nahrungsaufnahme auf psychogene, rational nicht
erklärbare Ursachen zurückzuführen ist und periodisch immer wieder
eine völlige Uneinsichtigkeit des Patienten in die Krankheit auftritt.
In diesem Fall handelt es sich um eine psychische Erkrankung. | |
|
|
OGH 27. 2. 2001, 1 Ob 251/oov: Fremdgefährdung liegt
auch vor, wenn ein selbstmordgefährdeter, aggresiver Mann Rettungspersonal
mit dem Umbringen bedroht | |
|
„(1) Eine Person, bei
der die Voraussetzungen der Unterbringung vorliegen, darf auf eigenes
Verlangen untergebracht werden, wenn sie den Grund und die Bedeutung
der Unterbringung einzusehen und ihren Willen nach dieser Einsicht
zu bestimmen vermag. | §
4: Unterbringung auf Verlangen |
(2) Das Verlangen muss vor der Aufnahme eigenhändig schriftlich
gestellt werden. Dies hat in Gegenwart des mit der Führung der Abteilung
betrauten Arztes oder seines Vertreters (im folgenden Abteilungsleiter)
sowie eines weiteren Facharztes für Psychiatrie und Neurologie oder
für Neurologie und Psychiatrie (im folgenden Facharzt) zu geschehen. | |
(3) Das Verlangen kann jederzeit, auch schlüssig, widerrufen
werden. Auf dieses Recht hat der Abteilungsleiter den Aufnahmewerber
vor der Aufnahme hinzuweisen. Ein Verzicht auf das Recht des Widerrufs
ist unwirksam.” | |
Sachwalterschaft|Regelt die Unterbringung unter
Sachwalterschaft stehender Personen. | |
„Die Unterbringung auf Verlangen darf nur sechs
Wochen, auf erneutes Verlangen aber insgesamt längstens
zehn Wochen dauern; für das erneute Verlangen gelten die §§ 3 bis
6 sinngemäß. Eine Verlängerung der Unterbringung über diese Frist
hinaus ist nicht zulässig.” | |
„Eine Person
darf gegen oder ohne ihren Willen nur dann in eine Anstalt gebracht
werden, wenn ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender Arzt oder
ein Polizeiarzt sie untersucht und bescheinigt, dass die Voraussetzungen
der Unterbringung vorliegen. In der Bescheinigung sind im einzelnen
die Gründe anzuführen, aus denen der Arzt die Voraussetzungen der
Unterbringung für gegeben erachtet.” | |
|
OGH, 1 Ob 251/00v 27. 2. 2001.
In der gem. § 8 UbG zu erstellenden Bescheinigung ist unbedingt
zu erörtern, ob und welche Alternativen zur Unterbringung bestünden”. | |
|
|
VwGH 8. 8. 2002, 99/11/0327, RdM 2002/50:
Unterbringung ohne Verlangen – Fesseln durch Sicherheitskräfte zulässig?
Das Anlegen von Handschellen durch Sicherheitskräfte im Rahmen einer
Amtshandlung ist nur gerechtfertigt, wenn sie „unbedingt” erforderlich
ist; mwH. | |
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„(1) Zur Besorgung der nach diesem Bundesgesetz
dem Gericht übertragenen Aufgaben ist das Bezirksgericht zuständig,
in dessen Sprengel die Anstalt liegt. Dies gilt auch bei Kranken,
hinsichtlich deren ein Pflegschaftsverfahren bei einem anderen Gericht
anhängig ist. | § 12: Zuständigkeit des Gerichtes
und Verfahren |
(2) Das Gericht entscheidet im Verfahren außer Streitsachen.” | |
Zur
Vertretung des Kranken werden Patientenanwälte bestellt. | |
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EvBl 2000/96: §§ 14 Abs 1 und 33
ff UbG – Umfang der Vertretungsbefugnis des Patientenanwalts: Der
Patientenanwalt ist bei der Unterbringung ohne Verlangen nicht auf
die Wahrnehmung der Rechte nach den §§ 33 bis 39 UbG beschränkt.
Seine Vertretungsbefugnis umfasst auch andere subjektive Rechte, die
dem Kranken nach sonstigen Bestimmungen zustehen (zB Grundrechte).
Die Vertretungsbefugnis ist aber auch auf die Wahrnehmung solcher
Rechte zu beschränken, die mit der Unterbringung in einem unmittelbaren
und typischen Zusammenhang stehen. | |
|
Über
den Begriff Patientenanwaltschaft herrscht – woran
der Bundes- und einzelne Landesgesetzgeber nicht unschuldig sind,
Verwirrung. Obwohl das (Bundes)Gesetz diesen Begriff für das UbG
reservierte, wird er regelmäßig mit der Patientenvertretung nach
dem KAKuG und den Ld-KAG vermengt; Überblick: Persönlichkeitsrechte → Persönlichkeitsrechte
– Überblick
| Patientenanwaltschaft |
Darüber hinaus
regelt das UbG zahlreiche weitere Detailfragen, wie: §§ 19, 20 (Anhörung
des Kranken); Verfahrensregeln (§§ 22 ff); § 33 (Beschränkung der
Bewegungsfreiheit); § 34 (Verkehr mit der Außenwelt); §§ 35 ff (ärztliche
Behandlung); § 39 (Einsicht in die Krankengeschichte) etc. | |
 | Abbildung 4.22: Alten- und Pflegeheime (1) |
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 | Abbildung 4.23: Alten- und Pflegeheime (2) |
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Mit der Nov zum UbG 1997 wurde die sog „GES-Kartei”
(Geisteskranken-Kartei), in der bisher ohne gesetzliche Grundlage
polizeiliche Daten über Personen gesammelt wurden, die zwangsweise
in die Psychiatrie gebracht worden waren, erstmals gesetzlich geregelt.
Diese Aufzeichnungen mussten bis Ende 1997 vernichtet werden. | |
Vgl. § 57 Sicherheitspolizeigesetz (SPG): Demnach ist die
Sammlung von Daten über eine Person gestattet, die einen gefährlichen
Angriff begangen hat und zu befürchten ist, sie werde im Falle einer
gegen sie geführten Amtshandlung einen gefährlichen Angriff gegen
Leib und Gesundheit oder Freiheit begehen. Dabei ist eine gerichtliche
Verurteilung ebenso wenig notwendig wie Strafmündigkeit des Betroffenen;
sog „Gefährdungsdatei”. | |
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Ein eindringliches
Beispiel enthält JBl 1999, 325: Amtshaftung
wegen Entweichenlassens eines gefährlichen Geisteskranken,
der in der Folge zur Wohnung seiner Eltern zurückkehrt und diese
in Brand setzt. | |
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Inhaltsverzeichnis |
B. Die
juristische Person |
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