Kapitel 12 | |
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E. Geschäftsführung
ohne Auftrag |
G. Die Gesellschaft
bürgerlichen Rechts |
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F. Arbeitnehmerhaftung
iwS |
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Da im privat- oder öffentlichrechtlichen Arbeitsverhältnis
wurzelnd, werden die schadenersatzrechtlichen Sonderbeziehungen
der Dienstnehmerhaftung / D[N]HG → Die
Dienstnehmerhaftung, Amtshaftung / AHG → Die
Amtshaftung – AHG 1948,
und Organhaftung / OrgHG → Die
Organhaftung – OrgHG 1967 als
Exkurs im Anschluss an den Arbeits- oder Dienstvertrag dargestellt.
Für Arbeitnehmer, die als Organe eines hoheitlich-öffentlichrechtlichen Rechtsträgers
diesem Schaden zufügen gilt nämlich nicht das D(N)HG, sondern das
AHG und OrgHG, je nachdem, ob ein Dritter (AHG)
geschädigt wird oder nur der Rechtsträger selbst (OrgHG). | |
Zusätzlich werden hier auch die das allgemeine
Schadenersatzrecht innerbetrieblich modifizierenden Regeln der §§
332 ff ASVG mit den Haftungs(beziehungs)ebenen: Arbeitnehmer
– Arbeitgeber sowie von Arbeitnehmer und Arbeitgeber zum Sozialversicherungsträger
(eingeschlossen die sog Arbeitskollegenhaftung: Arbeitnehmer <->
Arbeitnehmer) behandelt, weil die haftungsrechtliche Beziehung zwischen
Arbeitgeber und Arbeitnehmer von größter praktischer Bedeutung, aber
wenig bekannt ist und zudem exemplarisch von der ABGB-Lösung abweicht; Arbeitsunfälle. Dabei
wird auch kurz auf die nicht nur historisch interessante gesetzliche
Unfallversicherung eingegangen. | §§
332 ff ASVG |
Die quantitative Bedeutung dieses Problemkreises
ist, wie die folgenden Zahlen verdeutlichen, groß. So ereigneten sich
bspw in Österreich im Jahre 1998 128.244 Arbeitsunfälle ieS, 1458
Berufskrankheiten, 12.828 Wegunfälle und 53.011 Schüler- und Studierendenunfälle. | |
In all diesen
Fällen handelt es sich um Sonderhaftungsrecht,
also um Abweichungen vom allgemeinen Schadenersatzrecht des ABGB;
vgl das Pkt F vorangestellte Motto, aus den ErlBem zum D(N)HG 1965.
– Zur Entwicklung dieses betrieblichen Sonderhaftungsrechts von
der Industriellen Revolution bis in die Gegenwart: Barta, Kausalität
im Sozialrecht (1983). | Sonderhaftungsrecht |
I. Die
Dienstnehmerhaftung | |
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Österreich besitzt mit dem D(N)HG
1965 – wie die Schweiz mit Art 321e OR – für die
vom allgemeinen Schadenersatzrecht abweichende Arbeitnehmerhaftung
eine gesetzliche Grundlage. In Deutschland hat
die Rspr durch Richterrecht haftungsrechtliche Sonderregeln geschaffen. | D(N)HG
1965 |
Nötig waren diese Sonderregeln, weil die Anwendung des allgemeinen
Schadenersatzrechts zu ungerechten Lösungen und Härten führte, die
der Schadensgeneigtheit vieler Arbeitnehmertätigkeiten nicht mehr
gerecht wurde. Vgl das diesem Pkt vorangestellte Motto. | |
Der tiefere
Grund für die geschaffenen Schadensverlagerungsmöglichkeiten zugunsten
von Arbeitnehmern liegt darin, dass der jeweilige Arbeitgeber dadurch
nicht mehr beliebig betriebliche Schadensrisiken auf seine Arbeitnehmer
abwälzen kann, wo er sich doch in vielen Fällen durch den Abschluss
einer Versicherung absichern kann; bspw Kasko-, Betriebsunterbrechungs-,
Transport- und diverse Haftpflichtversicherungen. Wer die Vorteile
aus einem Betrieb / Unternehmen zieht (Gewinn), hat auch damit zusammenhängende
Verluste zu tragen und sollte diese nicht vollständig auf seine
Arbeitnehmer übertragen können: Guter Tropfen – böser Tropfen. | Schadensverlagerung |
| Abbildung 12.53: Arbeitnehmerhaftung: „direkte” Schädigung des Arbeitgebers |
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1. Arbeitnehmer
schädigt Arbeitgeber | |
Auf Schadenersatzansprüche privater Dienstgeber gegen ihre
Dienstnehmer findet das D(N)HG Anwendung: | |
Ein Arbeitnehmer kann seinen Arbeitgeber auf verschiedene
Weise schädigen; etwa dadurch, dass er Maschinen, Apparate oder
Werkzeug unsorgfältig behandelt, wodurch der Arbeitgeber unmittelbar /
direkt geschädigt wird. Aber auch dadurch, dass er einer
Kundschaft (seines Arbeitgebers) Schaden zufügt, was eine mittelbare
/ indirekte Schädigung des Arbeitgebers darstellt; zB Kundschaft
erleidet durch schlampiges Autoservice Unfall und verlangt den Schaden
vom Arbeitgeber als (Werk)Vertragspartner ersetzt. | Unmittelbare
oder
mittelbare Schädigung des AG |
Der Arbeitgeber
kann in beiden Fällen vom Arbeitnehmer seinen Schaden unter den
Voraussetzungen des D(N)HG ersetzt verlangen; im zweiten Fall idR
durch Regress / Rückgriff beim
Arbeitnehmer, wobei auch dieser Regressanspruch zB gemäßigt werden
kann → Schadensmäßigung
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Die Beschränkung der Schadenshaftung zwischen Arbeitgeber
und Arbeitnehmer wirkt sich nicht auf vom Dienstnehmer geschädigte Dritte aus,
die außerhalb des Dienstverhältnisses stehen. Dritte behalten vielmehr
ihren vollen Schadenersatzanspruch auch dann, wenn das D(N)HG zwischen Arbeitgeber
und Arbeitnehmer haftungsmindernd oder haftungsausschließend wirkt. | |
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Um
Arbeitnehmer finanziell nicht zu überfordern, kann das Gericht aus
Gründen der Sachgerechtheit der Schadenstragung und der Billigkeit,
die Ersatzansprüche des Arbeitgebers gegen seinen Arbeitnehmer mäßigen. | |
Nach
§ 2 D(N)HG können Schäden, die von Dienstnehmern: | |
•
leicht fahrlässig zugefügt
wurden, teilweise oder ganz erlassen werden; | |
•
grob fahrlässig zugefügte
Schäden können vom Richter nur gemäßigt werden; | |
• für vorsätzlich herbeigeführte
Schäden (zB Sabotage) haften Arbeitnehmer voll. | |
Auch der vorsichtigste Arbeitnehmer
(zB ein Fernfahrer) begeht einmal einen kleinen Fehler, der größere
finanzielle Auswirkungen haben kann. Müsste er den ganzen Schaden
selber tragen, wäre das für ihn ruinös; daher kein vollständiges
Überbürden des Unternehmerrisikos auf Arbeitnehmer. Die
Fürsorgepflicht des Arbeitgebers verlangt in solchen Fällen überdies,
angemessene Versicherungen abzuschließen! – Was ist grobe
Fahrlässigkeit ? Sie wird von der Rspr dann angenommen,
wenn ein Arbeitnehmer die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlicher
und auffallender Weise vernachlässigt hat und der Eintritt des Schadens
als wahrscheinlich vorhersehbar war. – Als grob fahrlässig anzusehen
wäre es, wenn der Kassier eines Supermarktes den
Kassaschlüssel an der Kassa stecken lässt und sich (länger) entfernt.
Ein allfälliger Fehlbetrag in der Kassa (Kassenmanko) könnte in
diesem Fall allenfalls gemäßigt, nicht völlig erlassen werden. | Kein vollständiges Überbürden des
Unternehmerrisikos |
| Abbildung 12.54: Arbeitnehmerhaftung: „indirekte” Schädigung des AG |
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ZVR 1998/4 (§ 6 DHG): Das am Ende
eines Arbeitstages erfolgende unaufmerksame Überfahren einer ungeregelten
Kreuzung im Ortsgebiet mit einer Geschwindigkeit von 40
km/h kann nicht als grobe Fahrlässigkeit eines Dienstnehmers gewertet
werden, sondern stellt nur einen minderen Grad des Versehens dar.
Ein Schadenersatzanspruch erlischt daher, wenn er nicht innerhalb
von 6 Monaten gerichtlich geltende gemacht wird. | |
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3. Entschuldbare
Fehlleistungen | |
Nach dem
D(N)HG wird für entschuldbare Fehlleistungen (§ 2 Abs 3) überhaupt
nicht mehr gehaftet; zB: Kellner/in lässt einmal einen Teller fallen,
Lehrbub Werkzeug. – Die Rspr nimmt eine „entschuldbare Fehlleistung”
an, wenn der Eintritt eines Schadens entweder überhaupt nicht oder nur
bei außerordentlicher Aufmerksamkeit und Fleiß voraussehbar und
daher vermeidbar gewesen wäre. | |
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4. Regress zwischen
Dienstgeber und Dienstnehmer | |
§ 3 D(N)HG:
Schadeneersatzrechtliches Heranziehen von Dienstnehmer durch
Dritte; Regress. – Ersetzt der Dienstnehmer einem Dritten
dessen Schaden im Einverständnis mit dem Dienstgeber oder auf Grund
eines gefällten Urteils, steht ihm gegen den Dienstgeber ein Rückforderungsanspruch zu,
wenn der Dienstgeber dem Dritten ersatzpflichtig gewesen wäre; zB
nach § 1313a ABGB. Das Verlangen des Dienstnehmers muss zudem der
Billigkeit entsprechen. | Heranziehen
von Dienstnehmern durch Dritte |
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Nach
§ 3 D(N)HG hat der Dienstnehmer dem Dienstgeber den Streit
zu verkündigen, wenn er vom Dritten gerichtlich in Anspruch
genommen wird. Wird dies unterlassen, bleiben dem Dienstgeber die
nicht ausgeführten Einwendungen gegen den Dienstnehmer erhalten. | Streitverkündung |
| Abbildung 12.55: § 3 DHG: Leistung des Dienstnehmers an Dritte |
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Darf ein Dienstgeber seinen
(vermeintlichen) Schadenersatzanspruch gegen seinen Dienstnehmer von
dessen Gehalt abziehen, also aufrechnen? – § 7 Abs 1 D(N)HG bestimmt,
dass eine Aufrechnung ( → KAPITEL 15: Aufrechnung
/ Kompensation)
bei aufrechtem Dienstverhältnis nur zulässig ist, wenn der Dienstnehmer
nicht innerhalb von 14 Tagen (ab Zugehen der Aufrechnungserklärung)
widerspricht; anders bei Aufrechnung auf Grund eines rechtskräftigen
Urteils; § 7 Abs 2 D(N)HG. – Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
unterliegt die Aufrechnung von Schadenersatzansprüchen keinen besonderen
Beschränkungen mehr; Umkehrschluss aus § 7 Abs 1 DHG. | Aufrechnung
nicht ohne weiteres zulässig |
Die
Aufrechnungsmöglichkeit des Arbeitgebers spielt in der Praxis etwa
bei Kassenmankos eine Rolle. Immer weniger Arbeitgeber gewähren
ein gewisses Mankogeld, was nicht sachgerecht erscheint,
zumal der Einfluss von Arbeitnehmern teilweise gering ist oder gar
nicht gegeben erscheint; zB Scannerkasse. | Mankogeld |
II. Die
Amtshaftung – AHG 1948 | |
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1. Haftung des
Staates für seine Organe | |
Fügt ein staatliches Organ jemandem (einem
Dritten) Schaden zu, so haftet der Staat (in seiner jeweiligen Erscheinungsform
als Bund, Land oder Gemeinde etc) als Rechtsträger nach den Regeln des
AHG, wenn die Schädigung „in Vollziehung der Gesetze”, dh in Ausübung
öffentlichrechtlicher Funktionen, also ausgestattet mit Hoheitsgewalt
/ Imperium, geschehen ist. | Haftung gegen den wildgewordenen Amtsschimmel:
F. Gschnitzer |
Amtshaftung besteht für Verwaltungsbehörden (zB Polizei),
Gerichte, sonstige Ämter und Behörden, aber etwa auch sog beliehene
Unternehmer, die als Private hoheitliche Aufgaben erfüllen; vgl
SZ 71/7 (1998): Formungültiges gerichtliches Testament. Amtshaftung
ist also die Haftung staatlicher Rechtsträger /
Hoheitsträger, sei es von Bund, Ländern, Bezirken, Gemeinden oder
sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts für
jenen Schaden, den die jeweils als Organe handelnden
Personen: | |
•
in Vollziehung
der Gesetze, | |
• durch ein rechtswidriges Verhalten, | |
• wem immer schuldhaft zufügen;
Art 23 B-VG. | |
Das schädigende
Organ selbst haftet dem Geschädigten nicht;
beachte den Unterschied zum D(N)HG. Der Geschädigte hat sich vielmehr
ausschliesslich an den Rechtsträger zu halten. | |
Hat der Rechtsträger aber dem Geschädigten
den Schaden ersetzt, kann er selbst nach § 3 Abs 1 AHG von den Personen,
die als seine Organe gehandelt und die Rechtsverletzung vorsätzlich oder grob
fahrlässig verübt und verursacht haben, Rückersatz / Regress
begehren. | |
Der Bereich leichter Fahrlässigkeit ist
danach vom Regress ausgenommen. | |
Eine
Amtshaftung der genannten Rechtsträger kommt nur für den Bereich
der Hoheitsverwaltung, also den des öffentlichen
Rechts in Frage, nicht für den Bereich des Privatrechts; daher nach
hA keine Anwendung des AHG im Bereich der sog Privatwirtschaftsverwaltung des
Staates → KAPITEL 1: Die
sog Privatwirtschaftsverwaltung. | Hoheitsverwaltung |
Mit „in Vollziehung
der Gesetze” ist gemeint, dass der Rechtsträger eine hoheitliche
Tätigkeit, also eine solche mit Befehls- und Zwangsgewalt ausübt.
Das trifft zu auf Gerichte und Verwaltungsbehörden, aber auch öffentlich beliehene
private Unternehmer /Organe wie ein Abbruchunternehmen
bei Ersatzvornahme aufgrund eines baubehördlichen Bescheids, Fischereiaufsichtsorgane,
Jagdaufseher etc. – Auch beliehene Organe treten „hoheitlich” auf. | „in
Vollziehung der Gesetze” |
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Rspr-Beispiele
für sog beliehene Unternehmer: | |
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JBl 1991, 180: Automobilclub führt
Kfz-Überprüfungen nach § 57a KFG durch. | |
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SZ 68/220 (1995): Schwertransportbegleitung.
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OGH 27. 3. 2001, 1 Ob 25/01k, EvBl 2001/159:
Versicherung deckt Explosionsschaden eines Dampfspeichers in einer Styroporfabrik ab
und klagt Bund (nach AHG) und den für die Durchführung der gesetzlich vorgeschriebenen
Prüfungen beliehenen Unternehmer ( § 1299 ABGB)
auf Schadenersatz wegen Verletzung von Prüfpflichten nach dem KesselG.
– OGH: Unterhält ein Geschädigter mit einem als juristischen Person
des Privatrechts organisierten beliehenen Unternehmen vertragliche
Beziehungen, die von diesem vorzunehmende hoheitliche Tätigkeiten
zum Gegenstand haben (hier: Werkvertrag über regelmäßige Überprüfung
der Dampfkessel), kann er sowohl den Rechtsträger im Wege der Amtshaftung,
als auch den Vertragspartner wegen Vertragsverletzung in
Anspruch nehmen. | |
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§ 1 AHG | |
(1)
Der Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden, sonstige Körperschaften
des öffentlichen Rechts und die Träger der Sozialversicherung –
im folgenden Rechtsträger genannt – haften nach den Bestimmungen
des bürgerlichen Rechts für den Schaden am Vermögen oder an der
Person, den die als ihre Organe handelnden Personen in Vollziehung
der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten
wem immer schuldhaft zugefügt haben; dem
Geschädigten haftet das Organ nicht. Der Schaden ist nur
in Geld zu ersetzen. | |
(2) Organe im Sinne dieses
Bundesgesetzes sind alle physischen Personen, wenn sie in Vollziehung
der Gesetze (Gerichtsbarkeit oder Verwaltung) handeln, gleichviel,
ob sie dauernd oder vorübergehend oder für den einzelnen Fall bestellt
sind, ob sie gewählte, ernannte oder sonstwie bestellte Organe sind
und ob ihr Verhältnis zum Rechtsträger nach öffentlichem oder privatem
Recht zu beurteilen ist.” | |
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Danach können keine Amtshaftungsansprüche aus Akten der Gesetzgebung abgeleitet
werden! | |
| Abbildung 12.56: Amtshaftung: 3-Personen-Verhältnis |
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2. Gesetzliche
Voraussetzungen | |
Die Anwendung des AHG setzt also voraus, dass das Organ
eines Rechtsträgers ”hoheitlich” (= „in Vollziehung
der Gesetze”) aufgetreten ist und dabei ”rechtswidrig” und „schuldhaft” gehandelt
hat, wodurch einer (dritten) Person – die sich zB an diese Behörde
gewandt hatte, um ihre Angelegenheit / Ansprüche geltend zu machen
– Schaden entstanden ist. – Zugespitzt ließe sich
formulieren: Ein Rechtsträger des öffentlichen Rechts haftet nach
den Vorschriften des Privatrechts, wenn er hoheitlich
auftritt und dabei einem Privatrechtssubjekt Schaden zufügt. | |
Der Ersatzanspruch
besteht aber nicht, wenn der Geschädigte den Schaden durch ein Rechtsmittel oder
durch eine Beschwerde an den VwGH hätte abwenden können, was vom
Gericht auch ohne Einwendung des Beklagten (also amtswegig) zu prüfen
ist. – Ein offenkundig aussichtsloses Rechtsmittel muss aber zur
Wahrung des Amtshaftungsanspruchs nicht erhoben werden; SZ 71/7 (1998):
Formungültiges Testamtent einer unter Sachwalterschaft stehenden
Altenheimbewohnerin → Rspr-Beispiele:
Beispiele. | Rechtsmittel |
Es
wurde schon ausgeführt, dass das schädigende Organ dem Geschädigten
nicht persönlich haftet. Darin liegt ein wichtiger Schutz
des handelnden Organs, aber auch für Geschädigte bedeutet
dies einen Vorteil. – Ein Geschädigter hat sich nämlich an den Rechtsträger
zu halten. Dafür bestimmt § 8 Abs 1 AHG folgendes (sog Aufforderungsverfahren): | Aufforderungsverfahren |
„Der Geschädigte soll den Rechtsträger,
gegen den er den Ersatzanspruch geltend machen will, zunächst schriftlich auffordern
[Finanzprokuratur], ihm binnen einer Frist von drei Monaten eine
Erklärung zukommen zu lassen, ob er den Ersatzanspruch anerkennt
oder den Ersatz ganz oder zum Teil ablehnt.” | |
Zuständig für eine allenfalls in der Folge erhobene Klage
ist das Landesgericht in dessen Sprengel der Schaden zugefügt wurde. | |
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Einen Spezialfall
der Amts- oder Staatshaftung regelt das Strafrechtliche
EntschädigungsG/ StEG 1969, BGBl 270. Danach hat der Bund
eine Entschädigung zu leisten, wenn jemandem durch eine gesetzwidrige,
strafgerichtliche Anhaltung oder Verurteilung vermögensrechtliche
Nachteile (Schaden) entstanden sind; sog Haftentschädigungen. | StEG 1969 |
Eine weitere
Sonderregelung enthält das Polizeibefugnis-EntschädigungsG /
PolBEG 1988, BGBl 735. Danach haftet der Bund für Schäden, die von
einem Organ der öffentlichen Sicherheitsdienste bei der Ausübung
von Zwangsbefugnissen unmittelbar verursacht worden sind. | PolBEG 1988 |
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Discolärm:
Die Republik in Anspruch zu nehmen, beabsichtigt ein Hotel im Zentrum
von Wien, weil durch den Betriebslärm einer nahegelegenen Diskothek
die Gäste ausbleiben. Obwohl sich die Hotelbesitzer weder gegen
die Konzessionserteilung noch gegen den Betriebsanlagengenehmigungsbescheid gewehrt
hatten, stehen ihre Aussichten gar nicht schlecht. Seit 1992 muss
die Behörde auch bei bereits genehmigten Betriebsanlagen zusätzliche
oder andere Auflagen erteilen, wenn sich herausstellt, dass durch
die ursprünglich vorgeschriebenen Auflagen die Nachbarn nicht ausreichend
geschützt sind. Unterlässt dies die Behörde, besteht grundsätzlich
ein Amtshaftungsanspruch gegen die Republik Österreich. Mit dem
Urteil 1 Ob 107/97 k
vom 28.4.1998 hat der OGH deshalb die Rechtssache an das Gericht
erster Instanz zurückverwiesen. (Aus: Der Standard, 21.7.1998, Seite
22) | |
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ZVR 1998/10: Amtshaftung – Schutzpflicht
gegenüber Häftlingen: Ergreift das Wachpersonal trotz des randalierenden
Verhaltens und weiterer Drohungen keine Sicherheitsmaßnahmen, so
wird die gehörige Sorgfalt zum Schutz von Mithäftlingen außer Acht
gelassen und diesen steht im Fall ihrer Verletzung oder bei Sachschäden
ein Amtshaftungsanspruch zu. | |
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JBl 1999, 325:
Amtshaftung wegen Entweichenlassens eines gefährlichen Geisteskranken aus
einer psychiatrischen Klinik. Zum UbG → KAPITEL 4: Das
Unterbringungsgesetz 1990 . | |
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JBl 2000, 179: Kein Unterlassungsanspruch
gegen eine staatliche Sektenwarnung (Sri
Chinmoy-Bewegung) – Eine staatliche Tätigkeit
wie die Information der Öffentlichkeit vor bestimmten „Sekten” ist
ein Realakt, der in einem engen inneren und äußeren Zusammenhang
mit der Pflicht des Staates zum Schutz der persönlichen Freiheit
seiner Bürger steht. Eine solche Tätgikeit liegt im öffentlichen
Interesse und ist als hoheitlich zu qualifizieren. – Es kommen die
Bestimmungen des AHG zur Anwendung, die aber Unterlassungs- und
Widerrufsansprüche sowohl gegen das Organ als auch den Rechtsträger
[selbst bei Rechtswidrigkewit der Maßnahme angeblich!] ausschließen.
Die damit verbundene Rechtsschutzlücke (?) entzieht sich [angeblich?!]
einer Schließung durch die Rspr-Organe (Anm Kalb). | |
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SZ 71/7 (1998): Ein die Amtshaftung
auslösendes Organverschulden liegt vor, wenn der Richter bei mündlicher,
gerichtlicher Testamentserrichtung einer unter Sachwalterschaft
stehenden Person höchstrichterliche veröffentlichte Rspr nicht beachtet,
sodass das Testament wegen eines Formfehlers ungültig ist. | |
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OGH 22. 2. 2000, 1 Ob 14/00s, SZ 73/34:
Die Kläger erwarben eine Liegenschaft in Kärnten, zu deren Gutsbestand
eine Baufläche mit Haus gehörte; dieses befand
sich innerhalb der „roten Zone” des Gefahrenzonenplans,
die für Siedlungszwecke ungeeignet ist. Dies war jedoch im Flächenwidmungsplan der
beklagten Gemeinde nicht ersichtlich gemacht. Auch der Gemeindesekretär
erklärte dem Käufer auf dessen Rückfrage, es liege „alles in der
‚gelben Zone’” und es seien keine „Auflagen zu befürchten”. Als
sich der tatsächliche Sachverhalt herausstellt, klagt der Käufer
die Gemeinde auf Schadenersatz. – OGH: Behördliche Auskünfte bezwecken
den Schutz wirtschaftlicher Dispositionen des Auskunftswerbers;
dieser hat daher ein subjektives öffentliches Recht auf Erteilung
einer der Sache nach richtigen Auskunft. Bezieht sich die Auskunft
auf eine hoheitlich zu vollziehende Verwaltungsmaterie, ist auch
der Realakt der Auskunft selbst
eine Maßnahme hoheitlicher Verwaltung; daher Anwendbarkeit des
AHG. | |
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OGH 6. 10. 2000, 1 Ob 12/00x, SZ 73/150 = JBl 2001, 322
= EvBl 2001/51: Deutscher will in Österreich Handelsagentur
betreiben und kauft dazu ein Haus am Achensee.
Die BH Schwaz erteilt die grundverkehrsgesetzlich notwendige Zustimmung
nicht und verstieß damit gegen EU-Recht. Erst die Landes-Grundverkehrsbehörde
gab dem Deutschen Recht. Er klagt das Land Tirol auf Ersatz der
Vertretungskoten im Verfahren vor der Grundverkehrsbehörde. – OGH:
Ein Amtshaftungsanspruch kann auch dann entstehen, wenn ein Organ
eines Rechtsträgers in Österreich unmittelbar anzuwendendes Gemeinschaftsrecht vorwerfbar
nicht oder nicht richtig anwendet. Die zum Schadenersatz führende
Vorwerfbarkeit kann dabei auch in der Nichtbeachtung der ständigen
Rspr des EuGH liegen. | |
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| Abbildung 12.57: Amtshaftungsgesetz – Beispiele |
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III. Die
Organhaftung – OrgHG 1967 | |
Am Beginn dieses Exkurses
wurde darauf hingewiesen, dass das D(N)HG 1965 dann nicht gilt, wenn
Arbeitnehmer als Organe eines hoheitlichen / öffentlichrechtlichen
Rechtsträgers Schaden zufügen. – Das OrgHG gelangt gerade in jenen
Fällen zur Anwendung, wenn ein Organ seinen Rechtsträger „unmittelbar”
schädigt, ohne dass davon eine dritte Person betroffen ist; sonst
greift ja das AHG! Während
D(N)HG und AHG beide Schadensdimensionen (wenngleich mit unterschiedlichen
Rechtsfolgen) umfassen, nämlich die Ebenen: Arbeitgeber – Arbeitnehmer
+ Arbeitnehmer – Dritter, behandelt das OrgHG nur den ersten Bereich.
Inhaltlich sind alle drei Gesetze mittlerweile „harmonisiert”; vgl
§ 3 Abs 1 OrgHG mit § 2 D(N)HG. | |
| Abbildung 12.58: Organhaftung: DN-Haftung der Beamten |
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§ 1 OrgHG | |
(1) Personen, die als Organe des Bundes ...handeln,
haften ... für den Schaden am Vermögen, den sie dem Rechtsträger,
als dessen Organ sie gehandelt haben, in Vollziehung der Gesetze
durch ein schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten unmittelbar zugefügt
haben. Der Schaden ist nur in Geld zu ersetzen.” | |
(2) Organe sind alle physischen Personen, wenn
sie in Vollziehung der Gesetze (Gerichtsbarkeit oder Verwaltung)
handeln, gleichviel, ob sie dauernd oder vorübergehend oder für
den einzelnen Fall bestellt sind, ob sie gewählte, ernannte oder
sonstwie bestellte Organe und ob ihr Verhältnis zum Rechtsträger
nach öffentlichem oder privatem Recht zu beurteilen ist.” – Wie
im AHG! | |
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§ 2 OrgHG | |
(1) Ein Ersatzanspruch ...besteht nicht, wenn
der Rechtsträger den Schaden durch Rechtsmittel oder
durch eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den
Verwaltungsgerichtshof oder durch sonst eine gesetzlich begründete
Maßnahme hätte abwenden können.” | |
(2) Von einem Organ kann kein Ersatz wegen einer
Handlung begehrt werden, die auf einer entschuldbaren Fehlleistung
beruht oder auf Weisung (Auftrag, Befehl) eines Vorgesetzten erfolgt
ist, es sei denn, das Organ hätte die Weisung eines
offenbar unzuständigen Vorgesetzen befolgt oder in Befolgung dieser Weisung
gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen.” | |
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§ 3 Abs 1 OrgHG | |
Beruht die Schädigung, ... auf einem Versehen,
so kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit den Ersatz mäßigen oder,
sofern der Schaden durch einen minderen Grad des Versehens zugefügt
worden ist, auch ganz erlassen.” | |
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IV. Schadenersatz
und Sozialversicherung: Der Arbeitsunfall | |
Vgl das eingangs zur „Arbeitnehmerhaftung
iwS“ Gesagte. – Der enge Zusammenhang der in der Folge geschilderten
– vom „Normalfall” abweichenden – Haftungsnormen mit dem Arbeitsverhältnis,
macht es vertretbar, diese Rechtsbeziehungen nicht wie üblich im
Schadenersatzrecht, sondern im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag
darzustellen. – Die Haftungsbeziehung: Arbeitgeber–Arbeitnehmer
ist zudem eminent wichtig für die Praxis. | |
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| Abbildung 12.59: Die österreichische Sozialversicherung |
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1. Kein
direkter Ersatzanspruch von Arbeitnehmern gegen ihre Arbeitgeber
bei Arbeitsunfällen | |
Die
angesprochene Sonder(haftungs)regelung des ASV bewirkt vor allem
den Ausschluss (direkter) Schadenersatzansprüche von Arbeitnehmern
gegen ihre Arbeitgeber, wodurch dem Betriebsfrieden gedient werden
soll. Nur bei vorsätzlicher Schadenszufügung durch den Arbeitgeber
verbleibt es bei der direkten Haftung des Arbeitgebers → Das
Arbeitgeberhaftungsprivileg –
Der Übergang des Ersatzanspruchs des Arbeitnehmers (gegen seinen
Arbeitgeber) auf den Sozialversicherungsträger mittels Legalzession bedeutet
für Arbeitnehmer in Bezug auf die Anspruchsdurchsetzungsmöglichkeit
eine erhöhte Sicherheit, denn vom Sozialversicherungsträger erlangt
er mit Gewissheit Entschädigung, während zB der Arbeitgeber insolvent
werden kann. Die Regelung stellt historische Erfahrungen in Rechnung!
– Vgl aber auf der anderen Seite den weitgehenden Verlust von Schmerzengeldansprüchen → Kein
Schmerzengeld
| Legalzession |
Von großer Bedeutung in diesem Zusammenhang
ist der Begriff des Arbeitsunfalls, der deshalb kurz
behandelt wird. | Begriff
des Arbeitsunfalls |
Legaldefinition
des Arbeitsunfalls: Arbeitsunfälle sind nach §
175 Abs 1 ASVG „Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und [!]
ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden
Beschäftigung ereignen”. | Legaldefinition |
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Ein Unfall ist
ein „zeitlich begrenztes (von außen einwirkendes) Ereignis, das
zu einer Körperschädigung führt”; Rspr. Diese Definition dient der
Abgrenzung zur Krankheit, andrerseits werden aber die Berufskrankheiten
kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung miteinbezogen. | Unfallbegriff |
Um die Vielfalt des Arbeitslebens legistisch einzufangen,
kam es zu dieser kasuistischen Ausweitung des gesetzlichen UV-Schutzes
über die Generalklausel des Abs 1 des § 175 ASVG hinaus. Das war
auch deshalb nötig und ist nicht zu tadeln, weil damit die Rspr
unterstützt und größere Rechtssicherheit geschaffen wird. | |
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§ 175 ASVG | |
(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle, die sich im
örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die
Versicherung begründenden Beschäftigung ereignen. | |
(2) Arbeitsunfälle sind auch Unfälle, die sich
ereignen: | |
1. auf einem mit der Beschäftigung nach Abs.
1 zusammenhängenden Weg zur oder von der Arbeits- oder Ausbildungsstätte
[sog Wegunfälle ]; hat der Versicherte wegen der
Entfernung seines ständigen Aufenthaltsortes von der Arbeits(Ausbildungs)stätte
auf dieser oder in ihrer Nähe eine Unterkunft, so wird die Versicherung
des Weges von oder nach dem ständigen Aufenthaltsort nicht ausgeschlossen; | |
2. auf einem Weg von der Arbeits- oder Ausbildungsstätte
oder der Wohnung zu einer Untersuchungs- oder Behandlungsstelle
(wie freiberuflich tätiger Arzt, Ambulatorium, Krankenanstalt) zur
Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe (§ 135), Zahnbehandlung (§ 153)
oder der Durchführung einer Vorsorge(Gesunden)untersuchung (§ 132b)
und anschließend auf dem Weg zurück zur Arbeits(Ausbildungs)stätte
oder zur Wohnung, sofern dem Dienstgeber oder einer sonst zur Entgegennahme
von solchen Mitteilungen befugten Person der Arztbesuch vor Antritt
des Weges bekanntgegeben wurde, ferner auf dem Weg von der Arbeits-
oder Ausbildungsstätte oder von der Wohnung zu einer Untersuchungsstelle,
wenn sich der Versicherte der Untersuchung auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift
oder einer Anordnung des Versicherungsträgers oder des Dienstgebers
unterziehen muss und anschließend auf dem Weg zurück zur Arbeits(Ausbildungs)stätte
oder zur Wohnung; … | |
3. bei häuslichen oder anderen Tätigkeiten,
zu denen der Versicherte durch den Dienstgeber oder dessen Beauftragten
herangezogen wird; | |
4. bei häuslichen und anderen Tätigkeiten des
Versicherten im Zusammenhang mit der Gewinnung und Verarbeitung
von Produkten, die ihm vom Dienstgeber als Sachbezüge gewährt werden;
… | |
5. bei einer mit der Beschäftigung zusammenhängenden
Verwahrung, Beförderung, Instandhaltung und Erneuerung des Arbeitsgerätes,
auch wenn dieses vom Versicherten beigestellt wird; … | |
6. bei einer mit der Beschäftigung zusammenhängenden
Inanspruchnahme von gesetzlichen beruflichen Vertretungen oder Berufsvereinigungen;
… | |
7. auf einem Weg von der Arbeits- oder Ausbildungsstätte,
den der Versicherte zurücklegt, um während der Arbeitszeit, einschließlich
der in der Arbeitszeit liegenden gesetzlichen sowie kollektivvertraglich oder
betrieblich vereinbarten Arbeitspausen, in der Nähe der Arbeits-
oder Ausbildungsstätte oder in seiner Wohnung lebenswichtige persönliche
Bedürfnisse zu befriedigen, anschließend auf dem Weg zurück zur
Arbeits- oder Ausbildungsstätte sowie bei dieser Befriedigung der
lebensnotwendigen Bedürfnisse, soferne sie in der Nähe der Arbeits-
oder Ausbildungsstätte, jedoch außerhalb der Wohnung des Versicherten
erfolgt; … | |
8. auf einem mit der unbaren Überweisung des
Entgelts zusammenhängenden Weg von der Arbeits- oder Ausbildungsstätte
oder der Wohnung zu einem Geldinstitut zum Zweck der Behebung des
Entgelts und anschließend auf dem Weg zurück zur Arbeits- oder Ausbildungsstätte
oder zur Wohnung; … | |
9. auf einem Weg zur oder von der Arbeits- oder
Ausbildungsstätte, der im Rahmen einer Fahrgemeinschaft von Betriebsangehörigen
oder Versicherten zurückgelegt worden ist, die sich auf einem in
der Z 1 genannten Weg befinden; … | |
10. auf einem Weg eines (einer) Versicherten
zur oder von der Arbeits- oder Ausbildungsstätte (Z 1) zu einem
Kindergarten (Kindertagesstätte, fremde Obhut) oder zu einer Schule,
um das Kind (§ 252 Abs. 1) oder den Schüler (die Schülerin) (§ 8
Abs. 1 Z 3 lit. h) eines (einer) Versicherten dorthin zu bringen oder
von dort abzuholen, wenn dem (der) Versicherten die gesetzliche
Aufsicht obliegt. … | |
(3) In einem land- oder forstwirtschaftlichen
Betrieb gelten als Arbeitsunfälle auch Unfälle, die sich ereignen: | |
1. bei der Arbeit im Haushalt des Betriebsinhabers
oder der Dienstnehmer, wenn der Haushalt dem Betrieb wesentlich
dient; | |
2. bei der Arbeit in der Land- oder Forstwirtschaft
und im Haushalt der ständig im Betrieb beschäftigten Dienstnehmer,
die als Entgelt vom Betriebsinhaber Grundstücke oder sonstige Betriebsmittel
zur eigenen land(forst)wirtschaftlichen Erzeugung erhalten und aus
dieser Erzeugung einen wesentlichen Teil ihres Unterhaltes bestreiten; | |
3. Aufgehoben. … | |
4. bei Arbeiten, die im Zusammenhang mit der
Errichtung, dem Umbau und der Reparatur von Gebäuden, die dem land(forst)wirtschaftlichen
Betrieb dienen, verrichtet werden, sowie bei Arbeiten im Rahmen der
Nachbarschaftshilfe für einen anderen land(forst)wirtschaftlichen
Betrieb. … | |
(4) In der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs.
1 Z 3 lit. h und i sind Arbeitsunfälle Unfälle, die sich im örtlichen,
zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung
begründenden Schul(Universitäts)ausbildung ereignen. Abs.
2 Z 1, 2, 5, 6, 7 und 9 sowie Abs. 6 sind entsprechend anzuwenden.
… | |
(5) In der Unfallversicherung gemäß § 8 Abs.
1 Z 3 lit. h und i gelten als Arbeitsunfälle auch Unfälle, die sich
ereignen: | |
1. bei der Teilnahme an Schulveranstaltungen im
Sinne der §§ 1 und 2 der Verordnung des Bundesministers für Unterricht
und Kunst, BGBl. Nr. 369/1974, an gleichartigen Schulveranstaltungen
an anderen vom Geltungsbereich der zitierten Verordnung nicht erfassten
Schularten sowie an schulbezogenen Veranstaltungen gemäß § 13a des
Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/1986; … | |
2. bei der Ausübung einer im Rahmen des Lehrplanes
bzw. der Studienordnung vorgeschriebenen oder üblichen praktischen
Tätigkeit. … | |
(6) Verbotswidriges Handeln schließt
die Annahme eines Arbeitsunfalles nicht aus. … | |
|
| Abbildung 12.60: Schadenersatz und Sozialversicherung |
|
| Abbildung 12.61: 1. Legalzession |
|
| Abbildung 12.62: 2. Arbeitgeber-Privileg |
|
| Abbildung 12.63: 3. Arbeitgeber-Privileg |
|
| Abbildung 12.64: 4. Integritätsabgeltung |
|
| Abbildung 12.65: 5. Integritätsabgeltung |
|
| Abbildung 12.66: 6. Sozialversicherungsträger-Regreß |
|
| Abbildung 12.67: 7. Arbeitskollegenhaftung/1 |
|
| Abbildung 12.68: 8. Arbeitskollegenhaftung/2 |
|
| Abbildung 12.69: 9. Einfache Beispiele |
|
| Abbildung 12.70: 10. Die gesetzliche Unfallversicherung/1 |
|
| Abbildung 12.71: 11. Die gesetzliche Unfallversicherung/2 |
|
| Abbildung 12.72: 12. Die gesetzliche Unfallversicherung/3 |
|
| Abbildung 12.73: 13. Legaldefinition des Arbeitsunfalls |
|
Erleidet
jemand einen Arbeitsunfall /AU (Tötung oder Körperverletzung)
und steht dem Verletzten (gegen den Schädiger) ein Ersatzanspruch für
den zugefügten Körperschaden „auf Grund anderer Vorschriften” (zB
ABGB, EKHG, DNHG) zu, so geht dieser Ersatzanspruch auf
den Sozialversicherungsträger über, „insoweit ..., dieser
Leistungen zu erbringen hat”; das ist die sog Legalzession = gesetzlicher
Forderungsübergang → KAPITEL 14: Die
Legalzession.
Konkret geht zB der Schadenersatzanspruch eines Arbeitnehmers (AN)
gegen seinen Arbeitgeber (AG) auf den Sozialversicherungsträger
(SozVersTr) über. | Legalzession des § 332 ASVG |
| |
|
§ 332 ASVG | |
„(1) Können Personen, denen nach den Bestimmungen
dieses Bundesgesetzes Leistungen zustehen oder für die als Angehörige
gemäß § 123 Leistungen zu gewähren sind, den Ersatz des Schadens,
der ihnen durch den Versicherungsfall erwachsen ist, auf Grund anderer
gesetzlicher Vorschriften beanspruchen, geht der Anspruch auf den
Versicherungsträger insoweit über, als dieser Leistungen zu erbringen
hat. …” | |
|
2. Eigenverschulden
von Arbeitnehmern | |
Erwähnt werden soll noch, dass der jeweilige
Sozialversicherungsträger einen Arbeitsunfall auch dann entschädigt
– und zwar voll!, wenn der Schaden auf Eigenverschulden des Arbeitnehmers zurückzuführen
ist; und zwar sowohl bei leichter wie grober Fahrlässigkeit. Nur
vorsätzliche (Selbst)Schädigung schließt einen Ersatz aus. | |
| |
Ein Wermutstropfen für Arbeitnehmer
besteht allerdings darin, dass das Sozialversicherungsrecht kein
volles Schmerzengeld iSd Zivilrechts (§ 1325 ABGB) kennt; ein unzureichender
Ersatz ist die sog Integritätsabgeltung nach §
213a ASVG. | Nur
Integritätsabgeltung |
Der Weg auf dem dies erreicht wird, ist etwas
vertrackt. Ansprüche auf Schmerzengeld gehen nämlich nicht auf den Sozialversicherungsträger
über; § 332 Abs 1 Satz 1 ASVG. Sie können nach § 333 Abs 1 Satz
1 ASVG aber auch nicht gegen den Arbeitgeber geltend gemacht werden;
sog Arbeitgeberprivileg → Das
Arbeitgeberhaftungsprivileg
| |
Als Teilersatz für den lange völlig fehlenden immateriellen
Ersatz des Schmerzengeldes wurde 1990 die sog Integritätsabgeltung
geschaffen. Sie ist eine einmalige Geldleistung als Entschädigung
für ideelle Beeinträchtigungen bei grob fahrlässiger Missachtung
von Arbeitnehmer-Schutzvorschriften bei erheblicher und dauernder
Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Unversehrtheit
/ Integrität. – Diese zu sehr eingeschränkte Lösung, die in der Praxis
kaum eine Rolle spielt, ist nur ein Schritt in die richtige Richtung! | |
4. Das
Arbeitgeberhaftungsprivileg | |
Da der Arbeitgeber in der gesetzlichen
Unfallversicherung allein die Versicherungsbeiträge bezahlt, wurde
ihm die Haftung auf der Ebene leichter Fahrlässigkeit völlig
erlassen; vgl schon → Kein
direkter Ersatzanspruch von Arbeitnehmern gegen ihre Arbeitgeber
bei Arbeitsunfällen Man
spricht von Arbeitgeber-(Haftungs)Privileg. – Ab grob fahrlässiger
Schadensverursachung des Arbeitsunfalls durch den Arbeitgeber besteht
aber ein Regressanspruch seitens des Sozialversicherungsträgers. | Arbeitgeber
zahlt Beiträge, daher … |
| |
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§ 333 ASVG | |
(1) Der Dienstgeber ist dem Versicherten zum
Ersatz des Schadens, der diesem durch eine Verletzung am Körper
infolge eines Arbeitsunfalles oder durch eine Berufskrankheit entstanden
ist, nur verpflichtet, wenn er den Arbeitsunfall (die Berufskrankheit)
vorsätzlich verursacht hat. Diese Einschränkung gilt auch gegenüber
den Hinterbliebenen des Versicherten, wenn dessen Tod auf die körperliche
Verletzung infolge des Arbeitsunfalles oder auf die Berufskrankheit
zurückzuführen ist. | |
(2) Hat der Dienstgeber den Arbeitsunfall (die
Berufskrankheit) vorsätzlich verursacht, so vermindert sich der
Schadenersatzanspruch des Versicherten oder seiner Hinterbliebenen
um die Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. | |
(3) Die Bestimmungen der Abs. 1 und 2 sind,
unbeschadet der Bestimmungen des § 477, nicht anzuwenden, wenn der
Arbeitsunfall durch ein Verkehrsmittel eingetreten ist, für dessen
Betrieb auf Grund gesetzlicher Vorschrift eine erhöhte Haftpflicht
besteht. Der Dienstgeber haftet nur bis zur Höhe der aus einer bestehenden
Haftpflichtversicherung zur Verfügung stehenden Versicherungssumme,
es sei denn, dass der Versicherungsfall durch den Dienstgeber vorsätzlich
verursacht worden ist. (BGBl. Nr. 642/1989, Art. V Z 2 lit. a und
b) – 1.1.1990. | |
(4) Die Bestimmungen der Abs. 1 und 2 gelten
auch für Ersatzansprüche Versicherter und ihrer Hinterbliebenen
gegen gesetzliche oder bevollmächtigte Vertreter des Unternehmers
und gegen Aufseher im Betrieb. (BGBl. Nr. 13/1962, Art. V Z 10)
– 1.1.1962. | |
|
Das
Arbeitgeberprivileg § 333 ASVG: Der Arbeitgeber haftet dem geschädigten
Arbeitnehmer (seinen Hinterbliebenen) unmittelbar/direkt nur bei
Vorsatz; Abs1. Das Privileg gilt auch für gesetzliche und bevollmächtigte Vertreter
des Unternehmers und sog Aufseher im Betrieb:
Abs 4; zB Prokurist, Abteilungsleiter, sogar Fahrer eines Lastzuges.
Es gilt auch für Leistungen über die gesetzliche Unfallversicherung
hinaus; der Arbeitgeber haftet auch nicht für Schmerzengeldansprüche;
§ 332 Abs 1 letzter Satz iVm § 333 Abs 1 Satz 1 ASVG. Es besteht
aber uneingeschränkte Haftung des Arbeitgebers bei gesetzlicher
Haftpflichtversicherung bei Kfz-Unfällen bis zur Höhe der Versicherungssumme;
Abs 3. Ein Rückgriff des Sozialversicherungsträgers gegen Arbeitgeber ist
erst ab grober Fahrlässigkeit möglich; § 334 ASVG. Worin liegt die
Rechtfertigung? Es zählt das Argument des Betriebsfriedens ! Die
Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung soll, gerade auch nach Unfällen,
nicht durch Prozesse gestört werden! Der Arbeitgeber zahlt die Unfallversicherungsbeiträge
allein. Dies schützt ihn – und den Aufseher im Betrieb etc – vor
einem Sozialversicherungsträger-Regress bei bloß leicht fahrlässiger
Arbeitnehmer-Schädigung. | § 333 ASVG:
Aufseher im Betrieb etc |
Ein kleiner
Systemfehler liegt darin, dass Sachschäden von Arbeitnehmern gegen
ihren Arbeitgeber nach wie vor direkt geltend gemacht werden können;
das unterläuft das Betriebsfriedensargument! Umstritten ist (nach
wie vor) der Verlust des Schmerzengeldanspruchs von Arbeitnehmern;
vgl aber nunmehr die Integritätsabgeltung. | |
| |
|
§ 334 ASVG | |
(1) Hat der Dienstgeber oder ein ihm gemäß §
333 Abs. 4 Gleichgestellter den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit
vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit verursacht, so hat er
den Trägern der Sozialversicherung alle nach diesem Bundesgesetz
zu gewährenden Leistungen zu ersetzen. Dies gilt nicht in den Fällen
von Leistungen nach § 213a. (BGBl. Nr. 642/1989, Art. V Z 2 a) –
1.1.1990. | |
(2) § 328 ist auf Ersatzansprüche für Krankenbehandlung
(§§ 133 bis 137) oder für Unfallheilbehandlung (§§ 135 bis 137 in
Verbindung mit § 189) entsprechend anzuwenden. (BGBl. Nr. 31/1973,
Art. V Z 14) – 1.1.1973. | |
(3) Durch ein Mitverschulden des Versicherten
wird die Haftung gemäß Abs. 1 weder aufgehoben noch gemindert. | |
(4) Der Träger der Unfallversicherung kann als
Ersatz für eine von ihm zu gewährende Rente deren Kapitalswert (§
184) fordern. | |
(5) Hat der Dienstgeber oder ein ihm gemäß §
333 Abs. 4 Gleichgestellter den Arbeitsunfall nicht vorsätzlich
herbeigeführt, so kann der Träger der Sozialversicherung auf den
Ersatz ganz oder teilweise verzichten, wenn die wirtschaftlichen
Verhältnisse des Verpflichteten dies begründen. | |
|
Der Regress des Sozialversicherungsträgers richtet
sich gegen den Arbeitgeber (§ 334 Abs 1 ASVG) oder Arbeitskollegen des
Geschädigten (§ 332 Abs 5 lit a ASVG), die zur Zeit des Unfalls „in
demselben Betrieb” beschäftigt sind oder wenn der Versicherungsfall
durch ein Verkehrsmittel mit erhöhter gesetzlicher Haftpflichtversicherung
herbeigeführt wird; § 332 Abs 5 lit b ASVG. – Der Sozialversicherungsträger
kann die kraft Gesetzes auf ihn übergegangenen Ansprüche im Regressweg
geltend machen, soweit er Leistungen erbracht hat. Voraussetzung
ist grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz. Der Anspruch richtet sich. | Regress des
Sozialversicherungsträgers |
5. Die sog Arbeitskollegenhaftung | |
Was passiert, wenn
ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit nicht vom Arbeitgeber,
sondern von einem/r Arbeitskollegen/in herbeigeführt wurde? Auch
dieser Anspruch des Verletzten gegen den Arbeitskollegen geht auf
den Sozialversicherungsträger nach § 332 Abs 1 iVm § 332 Abs 5 ASVG
über, wenn der Sozialversicherungsträger Leistungen erbringen muss.
Das bedeutet, dass der verletzte Arbeitnehmer gewisse Ansprüche
grundsätzlich nicht mehr direkt gegen seine/n Arbeitskollegen/in
durchsetzen kann; Argument: Betriebsfrieden. | |
Beim Geschädigten (Arbeitnehmer) verbleiben hier jedoch
(!): | |
• die Schmerzengeld-
und | |
•
Sachschädenansprüche, | |
weil die Sozialversicherung keine derartigen Leistungen
erbringt und – anders als gegen den Arbeitgeber (!) – auch die Geltendmachung
nicht ausgeschlossen ist; zB Kleidung, Uhr. | |
Umstritten war, ob der geschädigte Arbeitnehmer
„seine” Ansprüche gegen seine/n Arbeitskollegen/in überhaupt durchsetzen
kann oder ob die haftungsreduzierenden Gedanken des D(N)HG auch
hier Anwendung finden sollen. Der OGH (Arb 9703 und 9704; dazu kritisch
Grillberger DRdA 1979, 219) entschied, dass die Ansprüche voll durchsetzbar
sind und hier nach dem D(N)HG keine Haftungsbeschränkung unter Arbeitskollegen
besteht. | |
6. Vorbild: Bismarcks
Arbeiter(unfall)versicherung | |
Historisch beruht unsere Regelung auf der Bismarckschen
Arbeiterunfallversicherung 1884, die Österreich 1887, wenngleich
etwas modifiziert, übernommen hat. | |
| |
Die
gesetzliche Unfallversicherung schützt bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten
und ist nicht mit der privaten Unfallversicherung zu verwechseln!
Rechtsgrundlage bilden die §§ 172 ff ASVG. Der Schutz der gesetzlichen
Unfallversicherung „greift” automatisch mit Aufnahme einer versicherungsgeschützten
Tätigkeit; es ist kein Abschluss eines Versicherungsvertrags – wie
bei privaten Versicherungen – nötig! Es erfolgt eine Haftungsverlagerung
vom Arbeitgeber auf den Sozialversicherungsträger; Arbeitgeber-Privileg.
Gleichzeitig wird der Arbeitnehmer besser gestellt: das Eigenverschulden
spielt erst ab Vorsatz eine Rolle. | |
...Das Unfallversicherungs-Konzept
umfasst insgesamt: | UV-Konzept umfasst |
•
Schadensausgleich /
Kompensation und | |
•
Schadensprävention iSv Unfallverhütung. | |
Allgemein zum Schadensausgleichs- und zum
Präventionsgedanken → KAPITEL 9: ¿Warum¿
ist Schaden zu ersetzen?.
Das Schadenspräventionskonzept der gesetzlichen Unfallversicherung
ist vorbildlich und hat die Zahl der Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten
drastisch gesenkt. | |
Die gesetzliche Unfallversicherung statuiert
eine verschuldensunabhängige Gefährdungs(Haftung)
neuen
Typs. Dieses Modell ist als (betriebliche) Innenhaftung konzipiert
und betrifft grundsätzlich die Beziehung Arbeitgeber <-> Arbeitnehmer
sowie des jeweiligen Sozialversicherungsträgers zu diesen Personen.
Die Arbeitnehmer erhalten ihre Versicherungsleistung (durch den
Sozialversicherungsträger) auch dann, wenn sie den Unfall durch
eigenes (leicht oder grob fahrlässiges) Verhalten herbeigeführt
haben (Eigenverschulden); nur vorsätzliches Herbeiführen des Versicherungsfalles
führt zur Leistungsfreiheit des Versicherers. | Art
der Haftung? |
| |
|
E. Geschäftsführung
ohne Auftrag |
G. Die Gesellschaft
bürgerlichen Rechts |
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