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Panel 2
Sprechen und Schweigen: Diskurse, Positionierungen, Identitäts(de-)konstruktionen

Moderation Prof. Manfred Kienpointner, Institut für Sprachen und Kulturen, Bereich Sprachwissenschaft

Mit dem Diskurs um die multikulturelle Gesellschaft setzt sich im europäischen Raum ein Kulturbegriff durch, mit dessen Hilfe die vorher als „Gastarbeiter“ beschriebenen „Migrant_innen“ nun als kulturell Fremde eingeordnet werden. Dieser Kulturbegriff enthält wesentliche Momente, die ihn zum dominanten Beschreibungsmodell veränderter gesellschaftlicher Verhältnisse der 1980er und 90er Jahre werden ließen: Er liefert eine einfache Semantik mit klaren Differenzierungen (Islam vs. Christentum, Moderne vs. Vormoderne etc.) und erwies sich gleichzeitig als anschlussfähig an die nationale homogenisierte Vorstellung einer Wertegemeinschaft. Dieser Diskurs trägt zum Verschwinden des Sozialen bei, indem er die als „Migrant_innen“ kategorisierten Gruppen nicht mehr im Zusammenhang mit ihrer politischen, rechtlichen und ökonomischen Situation thematisiert, sondern sie als eigene, kulturell homogene Einheiten auffasst.

Im Zuge der Neuordnung der Migrationspolitiken innerhalb der Mitglieder der Europäischen Union tritt seit der Jahrtausendwende der Diskurs über Sprache und Integration in den Vordergrund, der auf der Vorstellung eines monolingual verfassten Nationalstaates beruht. Die Adressierung von Sprache als Staatssprache entwirft diese als homogene Entität, überblendet die historische Mehrsprachigkeit vieler Mitgliedsstaaten und macht die mehrsprachige Verfasstheit der europäischen Migrationsgesellschaften unsichtbar. Durch sprachlich-kulturelle Differenzkonstruktionen werden intersektionale Ordnungen hergestellt, die symbolische Inklusionen bzw. Exklusionen produzieren und symbolische Macht vermitteln. Sowohl das Aufwachsen in sprachlich-kulturellen Zwischenräumen als auch die Vorstellung der Sprachlosigkeit von „Migrantinnen“ stellt sich als ein Zustand solcher symbolischen Exklusionen dar. Daraus entstehen poststrukturalistische und hegemonietheoretische Fragen nach dem Zusammenhang der wechselseitig konstitutiven Hervorbringung von Subjekten in diesen gesellschaftlichen Ordnungen und von gesellschaftlichen Ordnungen durch Subjekte.Die grundlegende Annahme dabei ist, dass Subjekte in der Migration selbst immer schon durch die entsprechenden gesellschaftlichen Verhältnisse „geformt“ sind, bevor sie sich (als Subjekte) darauf beziehen können.

Sabine Gatt bearbeitet in ihrem Vortrag den Diskurs über Sprache im Kontext der österreichischen Migrationspolitik und befragt das  Emanzipationsnarrativ der regierungspolitischen Kommunikation aus Perspektive symbolpolitischer Praxis. Yesim Kasap Cetingök diskutiert das auf der Kultursemantik beruhende beraterische Handeln und beschäftigt sich mit der Frage, welches Identitätskonzept die diskursiven Machtstrukturen der frauenspezifischen familiären Sozialisation über zwei unterschiedliche Kommunikationsgemeinschaften hinaus offenbaren und einer psychosozialen Beratungssituation zugrunde gelegt werden kann.

 

11.00

Panel 2 Sprechen und Schweigen:
Diskurse, Positionierungen, Identitäts(de-)konstruktionen

Moderation: Manfred Kienpointner

11.05 – 11.25

Sabine Gatt, Politikwissenschaft, Universität Innsbruck:
Das Emanzipationsnarrativ der österreichischen Sprachenpolitik

11.25 – 11.45

Yesim Kasap-Cetingoek, Erziehungswissenschaft, Universität Innsbruck:
Identitätskonstruktionen muslimischer Frauen und die psychosoziale Beratung

11.45 – 12.30

Diskussion 

12.30

Tagungsabschluss
Michaela Ralser und Kerstin Hazibar, Erziehungswissenschaft, Universität Innsbruck


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