Kapitel 17 | |
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E. Erbvertrag
– Vermächtnisverträge |
G. Der
Erbschaftskauf |
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Das Erben hat nicht nur „angenehme” Seiten, es birgt auch
Gefahren: Erben haften nämlich auch für Schulden; und zwar: | |
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für solche des Erblassers
(Erblasserschulden) und | |
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solche,
die erst mit dem Erbgang entstehen; Erbgangs- oder Erbfallsschulden. | |
Beide zusammen machen die Nachlassverbindlichkeiten aus. | |
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Nach § 548 ABGB übernimmt
„Verbindlichkeiten, die der Erblasser aus seinem Vermögen
zu leisten gehabt hätte, ... sein Erbe.” | |
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SZ 49/136 (1976): Hat der Erblasser
ein Auto gekauft, aber noch nicht geliefert bekommen
und daher auch nocht nicht bezahlt, geht diese offene Kaufpreisschuld auf
den/die Erben über. – OGH: Es reicht hin, wenn eine Schuld auch
nur dem Rechtsgrund nach zu Lebzeiten des Erblassers entstanden
ist, der Modus zum Zeitpunkt des Erbfalls also noch fehlt. | |
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OGH 25. 4. 2001, 3 Ob 220/00z, EvBl 2001/172:
Ehegattin und Alleinerbin ihres verstorbenen Mannes kämpft um ihr
Recht, in der Ehewohnung bleiben zu können (§ 758
ABGB). Die entsprechende Liegenschaft aus dem überschuldeten Nachlass
wird versteigert ohne dass das gesetzliche Vorausvermächtnis in
die Versteigerungsbedingungen aufgenommen wird. – OGH: Der
gesetzliche Voraus geht Erblasserschulden im Range nach.
Demnach hat der aus § 758 ABGB Berechtigte, wenn das Wohnrecht nicht dinglich
begründet wird, keinen Schutz gegenüber Gläubigern des Erben. Der
Ersteher einer Liegenschaft übernimmt mit dem Zuschlag nicht die
Verpflichtung des Nachlasses auf Gewährung des gesetzlichen Voraus
gegenüber dem überlebenden Ehegatten. (?) | |
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Vgl auch § 1337 ABGB, wonach entstandene Schadenersatzverbindlichkeiten des
Erblassers auf die Erben übergehen. Heute gilt das auch für Schmerzengeld → KAPITEL 9: Schmerzen(s)geld. | §
1337 ABGB |
Erblasserschulden treffen
zunächst den Nachlass und nach Einantwortung der
Erbschaft (Erbserklärung) den/die Erben; § 547
ABGB. – Das gilt auch für die Erbschaftssteuer, die nach § 12 Abs 1
Erbschafts- und SchenkungssteuerG grundsätzlich mit dem Tode des
Erblassers entsteht; es bestehen aber zahlreiche Ausnahmen. – Keine
Erblasserschulden sind höchstpersönliche Schulden des
Erblassers; sie erlöschen mit seinem Tod. So etwa ein Veräußerungs-
und Belastungsverbot (§ 364c Satz 1 ABGB) oder eine persönliche
Leibrentenverpflichtung des Erblassers. Auch das Vorkaufsrecht ( → KAPITEL 2: Das Vorkaufsrecht)
ist nach § 1073 iVm § 1074 ABGB ein „persönliches Recht”. | Erblasserschulden
treffen zunächst den Nachlass |
II. Erbgangs- oder
Erbfallsschulden | |
Sie entstehen erst mit dem Erbgang
und treffen bis zur Einantwortung den Nachlass, dann wiederum den/die
Erben. – § 549 ABGB nennt die Kosten für ein „angemessenes Begräbnis”
des Verstorbenen und dazu werden im Zusammenhang damit noch weitere
Todfallskosten gezählt: etwa Grabkosten, Todesanzeigen etc. – Praktisch
wichtig sind auch die Pflichtteils- und Unterhaltsschulden, Vermächtnisse
und Abhandlungskosten. | Entstehen
erst mit dem Erbgang |
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GH 13. 9. 1999, 4 Ob 204/99s, EvBl 2000/40:
Nach dem Tod ihres Kindes streiten sich die Eltern darüber, wer
die Begräbniskosten zu tragen hat. Zu Lebzeiten
des Kindes erbrachte der Vater den Unterhalt (§ 140 ABGB) in Form
von Geld, die Mutter durch Betreuungsleistungen. – OGH: Begräbniskosten
sind nicht Unterhalt iSd § 140 ABGB; gem § 549 ABGB sind die Kosten
primär Nachlassverbindlichkeiten. – Reicht der
Nachlass nicht aus, ergibt sich die Pflicht der ehemals Unterhaltspflichtigen
zur anteiligen Zahlung aus dem nahen Verwandtschaftsverhältnis.
Die Begräbniskosten ihres Kindes haben grundsätzlich beide Eltern
je zur Hälfte zu zahlen. | |
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III. Wer haftet vor,
wer nach der Einantwortung? | |
Vor Einantwortung haftet (bloß) der Nachlass
→ Erbrecht
im objektiven und im subjektiven Sinn Nachlass
und Erbenvermögen sind bis zur Einantwortung rechtlich getrennt.
– Mit Einantwortung wird der Erbe aber Universalsukzessor (Gesamtrechtsnachfolger)
des Erblassers und übernimmt damit (neben Rechten) auch dessen Schulden.
– Die beiden getrennten Vermögensmassen verschmelzen nunmehr zu
einer. | |
Wie kann sich
ein Erbe gegen finanzielle Nachteile schützen, die dadurch entstehen
können, dass der Nachlass überschuldet ist? Vgl
auch → Erbserklärungen – Die bedingte und unbedingte Erbserklärung gelten
als reine Verfahrenserklärungen, auf die nicht die Regeln der §§
869 ff ABGB Anwendung finden. Sie könne daher grundsätzlich (nachträglich)
nicht widerrufen oder angefochten werden. | Nachlass überschuldet |
1. Bedingte Erbserklärung | |
Das Gesetz gewährt für solche Fälle die
bedingte Erbserklärung: Das ist Erbschaftsantritt mit der Rechtswohltat
des Inventars, also cum beneficio inventarii. Sie bewirkt eine Haftungsbeschränkung des
Erben auf das übernommene Nachlassvermögen, das zu seiner Feststellung
inventarisiert wird; sog pro viribus hereditatis-Haftung (= Betragsbeschränkung). | Rechtswohltat
des Inventars |
Die Inventarerrichtung kann
mit einer sog Gläubigerkonvokation / Gläubigereinberufung
einhergehen (§§ 813 ff ABGB und §§ 133 ff AußStrG), die unbedingt
zu empfehlen ist, da Erben ohne erfolgte Konvokation nach § 815
ABGB, sonst gegenüber sich allenfalls erst später meldenden Gläubigern
haften. | Gläubigerkonvokation |
2. Die
unbedingte Erbserklärung | |
Sie
bedeutet unbeschränkte Erbenhaftung und sollte
nur abgegeben werden, wenn feststeht, dass der Nachlass
nicht überschuldet ist. – Im Familienkreis weiß man das
meist, sonst ist jedoch Vorsicht geboten. | Unbeschränkte Erbenhaftung |
Mit Einantwortung findet (auch hier) die Trennung zwischen
dem Nachlass- und dem Erbenvermögen ein Ende. Gläubiger des Erben
können nunmehr auf das Gesamtvermögen des Erben greifen, zu dem
nun auch die Erbschaft gehört. | |
Ist
der Erbe überschuldet, können die Nachlassgläubiger
aber die Absonderung der Verlassenschaft / Nachlassseparation /
separatio bonorum verlangen; § 812 ABGB. – Denn die Rechte der Nachlassgläubiger
könnten durch die Vermögensvereinigung von Nachlass und Erbenvermögen beeinträchtigt
werden. Verlangt wird dafür eine Gefahrbescheinigung. | Nachlassseparation |
Nur die Nachlassgläubiger verfügen
über ein eigenes Schutzmittel, nicht die Erbengläubiger,
die sich nicht dagegen wehren können, dass ein Erbe bspw einen überschuldeten
Nachlass unbedingt antritt. – Grenzen gegen ein solches Vorgehen
bieten allenfalls Rechtsmissbrauch und Schikane: §§ 1295, 1305 ABGB → KAPITEL 11: Rechtsmissbrauch
und Schikane. | |
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OGH 12. 4. 2000, 4 Ob 80/00v, SZ 73/69 = EvBl 2000/175:
Erblasser hinterlässt 2 Söhne; der Nachlass ist überschuldet.
Im Verlassenschaftsverfahren gibt ein Bruder im eigenen Namen und
als Bevollmächtigter des andern Bruders eine unbedingte
Erbserklärung ab. Der vertretene Bruder will die Erbserklärung
idF wegen Irrtums anfechten, da der Gerichtskommissär
über die Folgen der unbedingten Erbserklärung nicht aufgeklärt habe.
– OGH vertritt weiterhin die Meinung, dass auf die Erbserklärung, als
Verfahrenserklärung, die für den rechtsgeschäftlichen Verkehr bestimmten
Vorschriften der §§ 869 ff ABGB nicht anzuwenden sind. Erbserklärungen
können daher auch nicht wegen Irrtums angefochten werden. – OGH
betrachtet die Erklärung als reine Prozesshandlung und nicht etwa
als quaestio mixta. | |
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IV. Miterben – Miteigentumsgemeinschaft | |
Erben
mehrere Personen – kraft Gesetzes oder Erblasserwillens – entsteht
mit Einantwortung eine Miteigentumsgemeinschaft. Die Miterbengemeinschaft
ist Bruchteilsgemeinschaft; zum schlichten Mit-
oder Bruchteilseigentum → KAPITEL 8: Schlichtes
oder ideelles Miteigentum.
– Wie beim schlichten Miteigentum kann auch jeder Miterbe über seinen ideellen
Anteil frei verfügen, nicht aber über das Ganze oder reale
Teile. Auch hier ist nicht die Sache, sondern nur das Recht geteilt. | Bruchteilsgemeinschaft |
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Wie beim schlichten Miteigentum
entscheidet die Anteilsmehrheit über Fragen der
ordentlichen Verwaltung. – Die Rechtsgemeinschaft beginnt mit der
Einantwortung. Die Miterben werden schlichte Miteigentümer der körperlichen
(beweglichen und unbeweglichen) Sachen und Mitgläubiger allfälliger
Nachlassforderungen; §§ 889, 890 ABGB. | Rechtsgemeinschaft beginnt
mit der Einantwortung |
Zu erinnern ist daran, dass der Erbgang
der häufigste Fall der Entstehung von schlichtem Miteigentum ist. | |
2. Haftung für
Nachlassschulden | |
Für Nachlassschulden gilt für Miterben folgendes: | |
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Bei unbedingter
Erbserklärung haften Miterben im Außenverhältnis unbeschränkt
und solidarisch; § 820 Satz 1 ABGB. Im Innenverhältnis dagegen „nach
Verhältnis ihrer Erbteile”; § 820 Satz 2 ABGB. | |
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Bei bedingter Erbserklärung (samt
Rechtswohltat des Inventariums) haften Miterben – wenn die Schuld
teilbar ist – beschränkt (pro viribus hereditatis) und anteilig;
§ 821 Satz 2 ABGB. Bei Unteilbarkeit der Schuld haften Miterben
zwar betragsbeschränkt bis zur Höhe des Nachlasswertes, aber solidarisch. | |
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Kombination beider Möglichkeiten:
Haben einzelne Miterben eine unbedingte, andere eine bedingte Erbserklärung
abgegeben, kommt allen Miterben die Rechtswohltat
des Inventars, also eine beschränkte und anteilige Haftung zugute;
§ 807 Satz 1 ABGB. | |
3. Aufhebung der
Erbengemeinschaft | |
Die Erbengemeinschaft
kann durch Erbteilung aufgehoben werden. Dies geschieht
durch ein gerichtliches oder außergerichtliches Erbteilungsübereinkommen,
das Einstimmigkeit braucht. – Bei Nichteinigung ist mittels Erbteilungsklage vorzugehen;
§ 170 AußStrG. | Erbteilung |
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E. Erbvertrag
– Vermächtnisverträge |
G. Der
Erbschaftskauf |
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