Witiko

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Augen zum festen Herrscher [heran]bilden werde, wie er selbst ist. Das ist aber anders geworden, unser Herzog ist dem Tode nahe, und sein Sohn Wladislaw ist erst ein und zwanzig Jahre alt. Die Zeiten aber sind [unruhig] verwirrt, und die Meinungen wenden sich nach so verschiedenen Richtungen, daß ein junger Herzog sie nicht vereinigen wird können, daß er nach dem weichen Jugendherzen ihnen abwechselnd folgen wird, und daß wir dadurch Kriegen und Zerrüttungen entgegengehen. Wenn wir das Versprechen, welches wir in Sadska gegeben haben, nicht halten, so begehen wir keine Sünde; weil die Vorbedingung, welche wir uns alle bei dem Versprechen gedacht haben, nicht erfüllt worden ist. Durch die Haltung des Versprechens würden wir die Übel herbei führen, welche wir durch das Versprechen beseitigen wollten. Daher ist mein Glaube, daß wir einen andern Herzog wählen sollen, der jezt schon auszuführen im Stande ist, was wir erst in künftigen Zeiten von Sobeslaws Sohne erwarten könnten. Ich weiß einen Mann, der es kann. Wenn mein armes Leben für ihn zur Bürgschaft angenommen würde, und wenn [es] dieses Leben verlangt würde, daß man ihn wähle, so lege ich es hin. Es ist Wladislaw der Sohn unseres vorigen Herzoges Wladislaw, der gütig und weise geherrscht, und der uns auf seinem Sterbebette unsern jezigen [guten] Herzog gegeben hat. Der Sohn Wladislaw ist so jung, daß er zu edler That kräftig ist, und so alt, daß er Einsicht und Erfahrung hat, sein Körper ist schön und stark, daß er zu hohen Jahren gelangen kann, sein Geist ist hell und klug, sein Gemüth wohlwollend und leutselig, er liebt uns, er wird die Rechte des Landes achten, sein Wohl befestigen, und es ist etwas in ihm, daß er es vielleicht auch noch zu hohem Glanze heben kann. Ich rede aus sorgfältiger Beobachtung, und rede nicht für mich. Ich sage: Wählen wir Wladislaw den Sohn unsers vorigen Herzogs Wladislaw zu unserem nächsten Herzoge, und sezen wir ihn, wenn in Kürze der Tod Sobeslaws erfolgt, auf den Fürstenstuhl. Wenn es aber Gott dem Allmächtigen gefällt, unsern vortrefflichen erlauchten Herzog Sobeslaw aus seiner jezigen schweren Krankheit wieder zur Gesundheit zu führen, so soll der heutige Beschluß nichtig sein, und wieder das Versprechen in Sadska gelten. So rede ich, und ich bitte euch, beherziget es."

Nach diesen Worten ging Zdik zu seinem Size.

Es entstand nun wieder ein starkes Rufen und eine Bewegung der Körper, daraus nichts zu entnehmen war, bis einzelne Stimmen durchdrangen, die riefen: "Laßt weiter sprechen, laßt weiter sprechen."

Als es ruhiger geworden war, stand Diwis von seinem Plaze auf, und da sich alle gegen ihn wandten, um ihn zu hören, [sagte er] sprach er: "Ich bin ein alter [und] schlichter Mann, und sage: Bleibt bei eurem Worte."

Auch jezt folgten verworrene Rufe.

Da hierauf eine kleine Weile niemand geredet hatte, stand in der ersten Reihe der Mann mit [der kahlen Stirne] dem weißen Barte und dem weiten dunkelpurpurnen Sammetgewande auf, trat einige Schritte gegen den freien Raum, kehrte sich gegen die Versammlung und sagte: "Ich bin Nacerat der Sohn des Tas."

Ein allgemeiner Jubel[ausdruck]ruf folgte diesen Worten.

Als er verhallt, und tiefe Stille eingetreten war, sprach der Mann:
(1) "Liebe gewogene ansehnliche Herren! Ich bin ein unbedeutender Mann in diesen großen und [mächtigen Ländern] und in dieser hohen Versammlung. Meine Worte werden keine Triftigkeit haben, und werden in den Wagschalen, die ihr in euren weisen Händen haltet, und die ihr schon gerichtet haben werdet, nichts ändern; aber ich glaube, daß in diesen schweren Zeiten [jeder] reden muß, [wie groß oder klein er sei,]
(2) "Liebe gewogene ansehnliche Herren! Ich bin ein unbedeutender Mann in diesen großen und mächtigen Ländern [und in dieser hohen Versammlung. Meine Worte werden keine Triftigkeit haben, und werden in den Wagschalen, die ihr in euren weisen Händen haltet, und die ihr schon gerichtet haben werdet, nichts ändern; aber ich glaube, daß in diesen schweren Zeiten der Große und Kleine reden muß,]
(3) ["Liebe gewogene ansehnliche Herren! Ich bin ein unbedeutender Mann in diesen großen und mächtigen Ländern."

|"Der bedeutendste," rief eine Stimme.

"Ein unbedeutender Mann," fuhr Nacerat fort.

"Nein, nein, nein," rief eine Menge von Stimmen.|]
(4) Verweisungszeichen: (Hier folgt die Einlage zu 81)1
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1 Der Text der Stufe (4) findet sich in der Beilage zu H/S.81(Bzu81).